BYOD und GDPdU

Gerichte bewerten Firmendaten auf Privatgeräten kritisch

16.07.2013 von Christiane Pütter
CIOs müssen sich stärker um die Aufbewahrung digitaler Unterlagen in den privaten Handhelds der Mitarbeiter kümmern. Zumindest in den USA zeichnet sich ab, dass der BYOD-Trend ("Bring your own device") auch Richtern bewusst wird. In Deutschland betrifft das beispielsweise die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen).
Auf welchen privaten Handhelds liegen welche geschäftlichen Daten - solche Fragen müssen Unternehmen beantworten können.
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Den Begriff Narrenfreiheit will Ajith Samuel nicht verwenden. Letztlich aber spricht der Vice President Process Innovation von der Software-Firma Exterro darüber - über die bisherige Praxis von US-amerikanischen Gerichten, Unternehmen beim Thema Datenschutz ein gewisses Herausreden auf die Komplexität der IT zuzugestehen. Das sei allerdings immer seltener der Fall, so Samuel in seinem Beitrag "Bracing for the E-discovery dangers of BYOD" (für "Bring your own device") auf cmswire.com.

Denn der Trend, wonach Mitarbeiter Unternehmensdaten zunehmend auf ihren privaten Geräten nutzen, sei in den Köpfen der Richter angekommen. Samuel geht davon aus, dass sich die Rechtsprechung updaten wird. In den USA betrifft das vor allem E-Discovery, in Deutschland beispielsweise die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU).

Samuel sieht Unternehmen dringend gefordert, Policies und Richtlinien für den Umgang mit BYOD aufzustellen. Dafür müssen sich CIO, Rechtsabteilung und Management zusammensetzen. Samuel rät, zunächst einmal folgende Daten zu unterscheiden:

1. Unternehmensdaten: das betrifft sämtliche Informationen (Mails, Dokumente, Präsentationen etc.) dienstlicher Art,

2. private Daten: alle Dokumente, Fotos etc. die rein privater Natur sind sowie

3. vom Nutzer erstellte Daten: alle Notizen, Kontaktlisten etc., die der Anwender selbst erstellt hat und

4. vom Gerät erstellte Daten: Informationen, die das Gerät automatisch erstellt, etwa Zeitpunkt des Ein- und Ausschaltens, Setting-Informationen und anderes.

Wie Samuel beobachtet, konzentrieren sich Entscheider oft nur auf Unternehmensdaten und auf nutzergenerierte Daten. Es gebe jedoch auch Fälle, in denen vom Gerät erstellte Daten wichtig seien. Unternehmen sollten diese dokumentieren können.

Checkliste für den IT-Chef

Der IT-Chef muss eine Menge Informationen einholen: Die Anzahl der privaten Smartphones, Tablets und anderer Geräte samt der jeweiligen Modelle, die Anwendungen und ihre jeweiligen Versionen, die Plattformen, die der einzelne Mitarbeiter nutzt, und Anderes. Die Dinge werden zusätzlich kompliziert durch die Frage nach dem "Aufenthaltsort" der Daten. Denn diese befinden sich nicht unbedingt im Gerät, möglicherweise liegen sie in der Cloud oder auf einem separaten Server.

Wie ein Unternehmen seine BYOD-Richtlinien ausgestaltet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen folgende: wie setzt sich die Belegschaft zusammen (Kopfarbeiter, Kreativarbeiter, gewerblich-technischer Bereich etc.) und welche Bedürfnisse in puncto IT leiten sich daraus ab, als welche Rechtsform operiert das Unternehmen, welche Compliance-Vorgaben hat es zu erfüllen und, natürlich, mit welcher Art Daten arbeitet es, nutzt es ausschließlich eigene IT-Ressourcen oder arbeitet es mit externen Providern.

Für Samuel geht es nicht darum, das Mitbringen beziehungsweise die dienstliche Nutzung eigener Geräte zu verbieten. CIOs sollten eine differenzierte Nutzung erlauben. Beispielsweise kann es zulässig sein, dass ein Mitarbeiter vom privaten Handheld Mails verschickt - aber verboten, Meetings aufzuzeichnen. Auch kann es die Arbeit der unternehmenseigenen Datenschützer erleichtern, wenn die Belegschaft die nicht-privaten Daten regelmäßig in vorgegebenen Orten speichert.

Samuel warnt davor, dieses viel diskutierte Thema auf die lange Bank zu schieben. Im Zweifelsfalle dürften Gerichte davon ausgehen, dass die Problematik bekannt ist - und die Entscheider einen Plan entwickelt haben.

Die 12 Typen des BYOD-Mitarbeiters
Viele Mitarbeiter nutzen BYOD schon. Dabei haben sich im Alltag einige Typen herauskristallisiert. Wer BYOD voran getrieben hat und wer BYOD ausnutzt, erfahren Sie hier.
1. Die Millennials
Die Generation Y ist schuld daran, dass BYOD überhaupt gestartet ist. Immer mehr Millennials kommen von der Uni in der Arbeitswelt an. Sie fordern von IT und Management, dass sie ihre eigenen Geräte im Beruf nutzen dürfen - und nicht etwa einen zwei Jahre alten Blackberry. Das wäre nicht mal retro. Die Millennials arbeiten lieber flexibel und zu ungewöhnlichen Zeiten, auch mal am Wochenende. Dafür dürfen sie dann auch während der Arbeitszeit privat surfen. Dass Privates und Berufliches immer mehr miteinander verschmelzen, ist ihnen egal und vielleicht sogar recht.
2. Die Techies
Techies sind begeistert von BYOD. Noch bevor es BYOD gab, hatten sie immer schon eigene Geräte im Unternehmen am Laufen - nur hatte sich niemand dafür interessiert. Der Techie hat, was BYOD angeht, klare Vorlieben: Android vor Apple. Die Marke mit dem Apfel, mitsamt den iPads und iPhones, ist ihnen zu simpel. Android dagegen bietet den Techies viel mehr Möglichkeiten und hat ein paar nette Apps, die Technikfans lieben, etwa Software, die eine Fernsteuerung ermöglichen und andere IT-Funktionen.
3. Die CEOs
Die CEOs sind auch in Sachen BYOD die Chefs. Sie wollen ein bestimmtes Gerät nutzen, das die Firmensoftware eigentlich nicht unterstützt? Da sollte sich die IT besser ranhalten. Der Entscheider bestimmt auch bei diesen Geräten, wo es langgeht. Der Geburtsort von BYOD ist obersten Stockwerk des Unternehmens anzusiedeln.
4. Die Generation X
Nicht jeder Mitarbeiter mag BYOD oder kommt damit zurecht. Trotzdem verdonnern einige Firmen ihre Mitarbeiter dazu. Eine Umfrage von Gartner unter CIOs hat ergeben, dass 2017 die Hälfte aller Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu zwingen, ihre eigenen Geräte zu nutzen. Sie müssen das teure Smartphone und das kompatible Notebook selbst anschaffen. Wie gut die Generation X damit zurecht kommt, ist vielen Firmen egal.
5. Die Sales-Mitarbeiter
"Darf ich Ihnen die neue Präsentation auf dem neuen iPad mit Retina-Display zeigen?" Ein Satz, den man von Sales-Mitarbeitern garantiert häufiger hört. Zwar wurden in den Anfangsjahren des Tablet-Hypes die Geräte noch von den Firmen gestellt. Inzwischen erwarten die Unternehmen, dass die Mitarbeiter sich selbst um die Geräteanschaffung kümmern. Die tun das auch prompt. Die Präsentation ist einfach zu schön mit einem Tablet. Der Trend: Sales-Mitarbeiter und BYOD ist bald Selbstverständlichkeit.
6. Die Stundenarbeiter
In Deutschland das gängige Modell: Die 36-Stunden-Woche. Wer, anders als Führungskräfte, nicht nur nach Leistung, sondern auch auf Zeitbasis bezahlt wird, bekommt meistens kein Gerät von der Firma. Die Stundenarbeiter, die dem deutschen Durchschnittsarbeiter entsprechen, nutzen BYOD mit Begeisterung. Sie genießen damit deutlich mehr Freiheiten. Andererseits: So bekommen sie auf einmal E-Mails nach Feierabend, wenn sie sich schon längst ausgestempelt haben.
7. Die chronischen Nörgler
"Das ist doch alles Mist, so kann das nicht funktionieren, ich mache da nicht mit." Kennen Sie diesen Satz? Dauernörgler gibt es in jedem Unternehmen. Sie sind mit nichts zufrieden - vor allem nicht mit BYOD. Dabei waren sie eine der treibenden Kräfte hinter dem Ganzen. Unbedingt wollten sie ihre eigenen Geräte nutzen, weil sie nicht ständig zwei Smartphones herum schleppen wollten. Jetzt beschweren sie sich, dass sie Sicherheitsbestimmungen einhalten müssen und auf den Geräten nicht jede Anwendung laufen lassen dürfen, die sie wollen.
8. Die Sozialen Netzwerker
Wer ständig auf Facebook, Twitter und Co. unterwegs ist, liebt BYOD. Der Typus "Sozialer Netzwerker" ist für Firmen ein großes Problem: Sie fürchten, dass die Produktivität der Mitarbeiter sinkt. Einige Unternehmen verbieten daher die Facebook-App.
9. Die schwarzen Schafe
In den falschen Händen kann BYOD katastrophal sein. Eines ist sicher: In jeder Firma gibt es Angestellte, die gern woanders arbeiten möchten. Verlassen sie die Firma, nehmen sie gern vertrauliche Daten mit. BYOD erleichtert es ihnen, Informationen zu stehlen, schließlich verschwimmen persönliche und berufliche Informationen auf den Geräten und die Nachverfolgung wird schwieriger. Diese Gefahr war zwar früher nicht kleiner, heute fällt der Informationsklau im Unternehmen aber leichter.
10. Die Freelancer
Selten stellt den Freelancern die Firma ein Gerät zur Verfügung. Das war vielleicht mal - heute wird erwartet, dass der Freelancer schon alles hat. Die meisten arbeiten lieber mit ihren eigenen Geräten, als sich von anderen etwas aufdrücken zu lassen. Fremdbestimmt arbeiten mag der Freelancer überhaupt nicht.
11. Die Home Office Mitarbeiter
Wer zum Teil oder ganz von zuhause aus arbeitet, für den ist BYOD ohnehin schon Alltag. Anstatt sich vor das kleine Firmen-Laptop zu quetschen, arbeitet man lieber bequem vorm großen Bildschirm aus. Wenn das Firmentelefon immer auf das Smartphone umgeleitet ist, nimmt man doch lieber gleich das Privathandy.
12. Die CIOs
Er hat den Überblick über alle Geräte im Unternehmen: der CIO. Zumindest sollte er ihn haben, denn er ist dafür verantwortlich, dass BYOD funktioniert. Er muss sich zunächst um eine Policy kümmern, die eine Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Firma und der Wahrung der Privatsphäre der Mitarbeiter darstellt. Zudem muss der CIO eine schöne neue Welt basteln aus mobiler Device-Management-Software, Sicherheits-Tools, Know-how unterschiedlichster Geräte, Enterprise-App-Stores und sozialen Support-Netzwerken statt der traditionellen Help Desks. Gleichzeitig muss er mit der Personal-, der Rechts- und der Finanzabteilung sowie den Fachbereichen zusammenarbeiten. Viel Glück!