Kosten nicht mehr wichtig

Gründe für Cloud Computing ändern sich

06.05.2011 von Holger Eriksdotter
IDC hat IT- und Business-Entscheider in Deutschland nach ihren Plänen und dem Für und Wider von Cloud Computing befragt. Die Bedenken und Antriebsfaktoren im Überblick.

Nach Einschätzung der IDC-Analysten ist der Erfolg von Cloud Computing auch eine Antwort auf die strukturellen Probleme der Anwenderunternehmen mit der eigenen internen IT-Infrastruktur: Applikations-Dschungel, hohe Administrations- und Wartungskosten, unbefriedigende Auslastung und Nutzung der Hardwareressourcen, zu hoher Energieverbrauch und fehlende Flexibilität und Agilität, um auf veränderte Geschäftsanforderungen auch seitens der IT schnell reagieren zu können: So sieht heute die IT-Landschaft in vielen Unternehmen aus. Erst vor dieser Ausgangslage erklärt sich der große und anhaltende Anstieg von Cloud Computing in Anwenderunternehmen.

Die Zahl der kompletten Cloud-Verweigerer hat in den letzten zwei Jahren rapide abgenommen.
Foto: IDC

Der Anteil der kompletten Cloud-Verweigerer („Weiß nicht, kein Interesse und keine Pläne, Cloud Computing einzuführen“), ist innerhalb von zwei Jahren auf 15 Prozent zusammengeschmolzen. In der IDC-Erhebung aus dem Jahre 2009 lag diese Zahl noch bei knapp 80 Prozent. „Diese Entwicklung ist nicht zuletzt eine Antwort auf die oftmals tiefen strukturellen Probleme der IT-Infrastruktur der Anwenderunternehmen“ erklärt Lynn Thorenz, Director Research & Consulting bei IDC und Autorin des Whitepapers „Cloud Computing in Deutschland 2011.“ Für ihre Untersuchung hat sie 157 IT- und Business-Entscheider in Deutschland nach ihren zukünftigen Plänen und dem Für und Wider von Cloud Computing befragt.

"Der Erfolg von Cloud Computing ist auch eine Antwort auf die strukturellen Probleme der Unternehmen mit ihrer IT-Infrastruktur", sagt Lynn Thorenz, Director Research & Consulting bei IDC.
Foto: IDC

Dabei zeigt sich auch, dass sich bei der Nutzung von Diensten aus der Cloud die Gewichte langsam verschieben. Waren es zwei Jahren noch vor allem Kostengründe, die die Unternehmen über den Einstieg in Cloud-Technologien nachdenken ließen, sind laut des neuen IDC-Whitepapers - wie auch in anderen aktuellen Erhebungen - heute die zunehmende Flexibilität und Agilität von Cloud Infrastrukturen das entscheidende Argument. Als wichtigste Gründe für Cloud Computing nannten die von IDC befragten IT-Verantwortlichen die „schnelle Installation/Implementierung“, die „Nutzung neuester Technologie und Funktionen“ sowie die „höhere Standardisierung“.

Erst darauf folgt das Kostenargument „keine zusätzliche Anschaffung von IT-Infrastruktur“, knapp vor der „schnelleren Erfüllung der Anforderungen von Fachabteilungen“. Zwar gehören auch die Punkte „Geringerer Bedarf an eigenem IT-Personal/Ressourcen“ sowie „geringerer TCO als bei Bezug traditioneller IT“ für die Unternehmen zu den Antriebsfaktoren – sie scheinen aber nicht mehr der herausragenden Beweggrund zu sein. „Die Kostenvorteile lassen sich nicht immer klar von anderen Gründen abgrenzen; denn natürlich gehen sie mit anderen Argumenten wie schnellerer Implementation, höherer Standardisierung oder besseren SLAs einher“, kommentiert IDC-Director Thorenz.

Interessanterweise spielt die Abrechnung nach Verbrauch („Pay-per-Use“), die immer wieder als ein zentrales Argument für Cloud Computing ins Feld geführt wird, für die Unternehmen offenbar keine besonders wichtige Rolle. Auf der Liste der zehn entscheidenden Antriebsfaktoren für die Nutzung von Public Cloud Services lag die „verbrauchsabhängige Abrechnung statt Einmalzahlung von Lizenzen“ auf dem letzten Platz.

Pay-per-Use ist Anwendern nicht so wichtig

Auch auf die Frage nach der Sicherheit bringt das IDC-Whitepaper eine erstaunliche Erkenntnis hervor: Zwar sind Sicherheitsbedenken nach wie vor der wichtigste Hemmschuh bei der Einführung von Cloud-Lösungen. Auf die Frage „Welche Barrieren sehen Sie bei der Nutzung von Public Cloud Services“ lag das Thema Sicherheit mit Abstand vorn. Auf einer Skala von 1 („keine Barriere“) bis 4 („sehr hohe Barriere“) lagen die Sicherheitsbedenken (3,3) mit Abstand auf dem ersten Platz, vor der „Abhängigkeit vom Provider“ (3,0) und der „mangelnden Kontrolle oder Kenntnis über Datenstandort“(3,0).

Trotz aller Diskussion um mangelhafte Sicherheit in der Cloud: Für viele Anwenderung ist gerade die "höhere Sicherheit als beim Eigenbetrieb" ein Argument für Cloud Computing.
Foto: IDC

Auf der anderen Seite nannten die Befragen die „Höhere Sicherheit als bei Eigenbetrieb“ als einen Antriebsfaktor für die Einführung von Cloud Lösungen. „Beim Thema Sicherheit scheiden sich insgesamt die Geister, Sicherheit ist aus Sicht sowohl der IT- als auch der Business-Entscheider gleichzeitig Antriebs- als auch Hemmfaktor“, sagt IDC-Analystin Thorenz. Denn auf der einen Seite sähen die IT-Verantwortlichem, die in den meisten Unternehmen auch für das Thema IT-Sicherheit zuständig sind, in der Nutzung von Cloud Services auch die Chance, das immer komplexere Thema IT-Sicherheit zumindest für den Service an den jeweiligen Anbieter "abzugeben" und so Ressourcen und Zeit für andere Aufgaben zu haben.

Mehr Sicherheit in der Private Cloud?

Auf der anderen Seite führe die Mischung aus Bedenken und Antriebsfaktoren dazu, dass die befragten Entscheider heute Private Cloud Szenarien gegenüber dem Einsatz von Public Cloud Services bevorzugten. Denn die geäußerten Bedenken richteten sich vor allem gegen Services aus der Public Cloud.

Auf die Frage, wie die Entscheider die Hindernisse für Private Cloud Services beurteilen, fielen etwa die Sicherheitsbedenken oder die Einschätzung zum Datenstandort deutlich positiver aus. „Die Nutzung einer Private Cloud stellt für die Anwender demnach durchaus einen Lösungsansatz zur Überwindung der Barrieren dar, welche gleichzeitig die positiven Eigenschaften von Public Cloud Services mit sich bringt – wenn auch in einem geringeren Ausmaß“, sagt Studienleiterin Thorenz.

Die Befragung zeigt: Cloud Computing ist das Top-Thema der IT-Industrie und wird den IT-Markt in den nächsten Jahren den IT-Markt prägen. Nichtsdestotrotz ist der Weg in die Cloud bei den Anwenderunternehmen meist eine Entwicklung, die schrittweise vonstatten geht. IDC geht davon aus, dass zukünftig ein Mix aus verschiedenen Beschaffungsmodellen für die IT, lokaler IT-Infrastruktur, virtualisierten Private Clouds und der Nutzung von einzelnen Public Cloud Services die IT-Landschaften in den Unternehmen bestimmen werden.

Mit kleinen Schritten in die Cloud

Das Whitepaper basiert auf den wichtigsten Ergebnissen einer telefonischen Befragung, die IDC im November und Dezember 2010 unter 157 deutschen Unternehmen durchgeführt hat. Dabei wurden ausschließlich Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern befragt; die Auswahl der Branchen orientierte sich an der gesamtwirtschaftlichen Verteilung. Voraussetzung für die Teilnahme war, dass die Unternehmen sich bereits eingehend mit Cloud Computing beschäftigt haben oder den Einsatz von Cloud Services planen, einführen oder nutzen. Dies war bei den 157 ausgewerteten Antworten (von 185 insgesamt angefragten Unternehmen) der Fall.