Wie man Innovationen zeitnah umsetzt

Heillos überforderte IT

20.07.2011 von Uwe Dumslaff
Eine IT-Abteilung ist überfordert, wenn sie die Technik für schnelle Innovationen selbst entwickeln und bereitstellen will. Aber nicht alles sollte man outsourcen, meint CTO Uwe Dumslaff von Capgemini in seiner Kolumne.
Uwe Dumslaff ist CTO von Capgemini in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Foto: Capgemini

Die Konjunktur in Deutschland ist sehr positiv und viele Unternehmen versuchen jetzt, Kunden mit neuen Angeboten zu überzeugen und an sich zu binden, um den Umsatz zu erhöhen. Was sie dazu am dringendsten benötigen sind Innovationen, und zwar viele. Gemeint sind nicht die revolutionären neuen Technologien, die alles verändern.

Aus Sicht der Fachabteilung geht es um "Details": Zum Beispiel um die Möglichkeit, Bandbreite je nach Ort der Netzeinwahl abzurechnen, per Drag & Drop neue Flatrates zusammenzustellen oder um die Vermarktung von Desktop-Applikationen als Software-as-a-Service.

Ein weiteres Beispiel für solche Innovationen sind zielgruppenspezifische Produkte - beispielsweise speziell für Facebook-Communities, buchbar ausschließlich über diese Plattform. Bei der Entwicklung der neuen Services ist Eile geboten, denn die Wettbewerber haben auch gute Ideen.

Nicht für die Ewigkeit gedacht

Der Lebenszyklus solcher Innovationen ist meistens kurz: Sie müssen nicht nur zeitnah umgesetzt werden, sondern verschwinden teilweise auch schnell wieder aus dem Portfolio. Das ist häufig Sinn der Sache, denn Innovation in diesem Tempo eröffnet die Möglichkeit, Angebote vorab in Nischen zu testen. Außerdem können Unternehmen so ereignisbezogene Services anbieten, beispielsweise speziell für die olympischen Spiele oder die Fußballweltmeisterschaft, ausgerichtet auf große Messen, den Sommerurlaub oder die kalte Jahreszeit.

Eine IT-Abteilung, die die für diese Innovation notwendige Technik komplett selbst entwickeln und bereitstellen will, ist heillos überfordert. Zum Beispiel erfordert die Bereitstellung von Desktop-Anwendungen im Web nicht nur Entwicklungsarbeit, gleichzeitig müssen die entsprechenden Server aufgebaut, die Datenbanken eingerichtet, eventuell ein neues Zahlungssystem entwickelt und alles in die Anwendungslandschaft integriert werden. Das geht in der Regel nicht von heute auf morgen, allein die Berechnung des Business Cases dauert Wochen.

Warum also nicht die Tatsache nutzen, dass andere Unternehmen diese Zeit bereits investiert haben? Dass sie die Technologie entwickelt und aufgesetzt haben und die Services bereits durchkalkuliert sind? Neben dem Zeitvorsprung, den diese Art von Innovations-Beschaffung mit sich bringt, gibt es außerdem noch Flexibilitäts- und Budgetvorteile: Die Kosten lassen sich einfach kalkulieren und die Ausgaben belasten das Budget in der Regel nur solange, wie man den Service benötigt. Im Rechenzentrum stehen keine überflüssigen Server und es gibt keine Altanwendungen, über deren Pflege oder Entsorgung man sich Gedanken machen muss. Saubere Sache.

3 Aufgaben für die IT-Abteilung

Trotz Zukauf der Innovation bleibt für die IT-Abteilung dennoch genug zu tun:

Der CIO findet die Innovationen, die das Unternehmen voran bringen könnten, und stellt den Fachabteilungen immer wieder neue Anwendungsszenarien vor, die sie mit dieser oder jener Technologie umsetzen könnten. Wenn die Fachabteilung Bedarf anmeldet und das Projekt kalkuliert hat, kann es innerhalb weniger Tage losgehen.

Klick & Play für Geschäftsprozesse

Auf diese Weise könnte eine Art Klick & Play für Geschäftsprozesse entstehen. Die Fachabteilungen entwickeln neue Ideen und suchen anschließend auf ihrem Anwendungs-Dashboard nach den entsprechenden Services, die sie für die Umsetzung benötigen. Und die IT wirkt als Plattform, die schnelle Veränderungen möglich macht.

Bei dieser Art von Innovation ist die Frage "Make or Buy?" also schnell zugunsten des Kaufens entschieden. Vollkommen anders ist die Situation, wenn es um Innovationen mit langem Lebenszyklus geht: Beispiele dafür sind die aktuell laufende Einführung der elektronischen Briefvarianten, die Einführung eines neuen ERP-Systems nach einem Merger oder die Umstellung der Architektur auf moderne Paradigmen. Diese Projekte sind auf Jahre ausgelegt und wirken teilweise Jahrzehnte nach. So etwas kann man nicht einfach einkaufen und solche Vorhaben wird man auch nicht komplett aus der Hand geben, sonst geht zu viel Know-how verloren.

Wo Outsourcing gefährlich wird

Aber vielleicht ist auch das eine Perspektive, mit der sich die IT-Abteilung auf die Dauer auseinandersetzen wird: Mit einer Rolle als Experte für neue Technologien, der Innovationen zielgerichtet mit tiefem Geschäftsverständnis aufspürt, ihr Potenzial bewertet, die Partner beurteilt und den größten Teil der Entwicklung und Einführung den Spezialisten überlässt. Wer weiß?

Uwe Dumslaff ist CTO von Capgemini in Deutschland, Österreich und der Schweiz.