Führungsnachwuchs fördern

Heute Student, in zehn Jahren IT-Manager

05.10.2012 von Nicolas Zeitler
IT-Führungskräfte von morgen finden und fördern: Das Ziel verfolgt das Projekt Software-Campus - und setzt bei Master- und Promotionsstudenten an.
Andreas Vogelsang promoviert an der TU München. Der 28-Jährige wird beim Software-Campus zwei Jahre lang gefördert, um später Führungsaufgaben zu übernehmen.
Foto: TUM

Andreas Vogelsang ist erst 28 Jahre alt und schon auf dem Weg, eine IT-Führungskraft zu werden. Seinen Master in Software Engineering hat er 2010 im Elite-Graduiertenprogramm von Uni Augsburg, Ludwig-Maximilians-Universität und TU München absolviert. Zurzeit arbeitet er an der TU München an seiner Doktorarbeit - und wird durch das Projekt Software-Campus gefördert, das die "IT-Manager von morgen" ausbilden will.

Vogelsang gehört zu den elf Teilnehmern aus dem ersten Jahrgang des Programms, das Universitäten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und die Bundesregierung ins Leben gerufen haben. Beteiligt sind außerdem die EIT ICT Labs, ein Netzwerk zur Förderung von Innovationen, an dem sich unter anderem Hochschulen wie die TU Berlin und Firmen wie SAP beteiligen. Der Anspruch klingt alles andere als bescheiden: Ziel ist, herausragende Master- und Promotionsstudenten durch ein IT-Forschungsprojekt zu begleiten und dabei "eine neue Generation von Topmanagern und Unternehmensgründern mit exzellentem IT-Hintergrund hervorzubringen". Mindestens jeder zweite Absolvent des Software-Campus soll binnen zehn Jahren auf eine Führungsposition gelangen, wie auf dem letztjährigen IT-Gipfel in München SAP-Co-CEO Jim Hagemann Snabe bei der Vorstellung des ersten Teilnehmer-Jahrgangs sagte.

Bosch, Deutsche Post und Siemens als Industriepartner

Außer SAP tragen als Industriepartner sieben weitere Unternehmen von Anbieter- wie Anwenderseite den Campus mit: Bosch, Datev, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Scheer Group, Siemens und die Software AG. Bei Bosch in Stuttgart erhofft man sich vom Software-Campus Führungsnachwuchs unter anderem für das eigene Software- und Systemhaus, wie der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung Siegfried Dais auf Anfrage mitteilt.

Mit Andreas Vogelsang betreut Bosch auch einen Studenten aus dem ersten Jahrgang des Software Campus. Der Informatiker forscht an der Entwicklungsmethodik für komplexe Systeme in der Kraftfahrzeugtechnik wie beispielsweise das autonome Fahren, also Autofahren ohne menschlichen Eingriff. "In den Anforderungen solcher Systeme gibt es viele Abhängigkeiten, die bisher erst in späten Testphasen ersichtlich werden", sagt Vogelsang. "Ich suche nach einer Methode, um solche Zusammenhänge möglichst schon vorher zu erkennen."

Dass die ausgewählten Studenten im Rahmen der Master- oder Doktorarbeit ein eigenes Projekt zusammen mit einem Unternehmen umsetzen, ist ein Pfeiler des Software-Campus. Das Bundesforschungsministerium fördert jedes Projekt über maximal zwei Jahre mit bis zu 100.000 Euro. Im Falle von Andreas Vogelsang stellte den Kontakt zu Bosch sein Doktorvater Professor Manfred Broy her, der ihn auch zur Bewerbung beim Software-Campus anregte.

Promotionsstudenten zu Führungskräften entwickeln

Siegfried Dais, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch, erwartet sich vom Software-Campus Nachwuchs zum Beispiel für das firmeneigene Systemhaus.
Foto: Robert Bosch GmbH

Neben der fachlichen Ausbildung soll in dem Programm auch vorangetrieben werden, dass sich die Master- oder Promotionsstudenten zu Führungspersönlichkeiten und Managern entwickeln - auch wenn der Titel Software-Campus das nicht auf den ersten Blick verrät. "Ein starker Fokus liegt auf den Management-Fähigkeiten", sagt Siegfried Dais von Bosch. Vermittelt werden soll den Teilnehmern dieses Rüstzeug in einem individuellen Curriculum.

Zu diesem Zweck begleitet jeden Studenten ein Mentor durch den Software-Campus. Andreas Vogelsang, für den nach der Präsentation auf dem IT-Gipfel im Dezember das Projekt offiziell Anfang Juli gestartet ist, wird seinen Mentor, einen Bereichsleiter von Bosch, zum ersten Mal dieser Tage treffen, wenn er das Unternehmen in Stuttgart besucht.

Von einer "geschützten Zweier-Beziehung" spricht Erik Neumann, der als Projektleiter bei den EIT ICT Labs für die Organisation des Software-Campus zuständig ist. Sprich: Der Mentor ist eine Führungskraft aus dem Unternehmen, mit dem der Student sein IT-Projekt umsetzt - aber nicht der Vorgesetzte, mit dem der Teilnehmer durch sein Projekt direkt zu tun hat. In regelmäßigen Treffen oder Telefonaten, so sieht es der Software-Campus vor, tauschen sich Mentor und Mentee über Führung und Management aus. "Das kann auch über die konkrete Tätigkeit im Unternehmen hinausgehen und sich zum Beispiel um allgemeine Fragen der Lebensplanung drehen", sagt Neumann.

Leute mit Unternehmergeist und Willen gesucht

Mit Master- und Promotionsstudenten schickt der Software-Campus junge Menschen auf den Weg in Richtung Führungsposition, die in der Regel noch keine oder zumindest keine mehrjährige Berufserfahrung mitbringen. Siegfried Dais von Bosch sagt, man suche in dem Projekt Menschen mit "ausgeprägtem Unternehmergeist und dem Willen zu gestalten". Wie lässt sich erkennen, ob ein Bewerber zur späteren Führungskraft taugt? Promotionsstudent Andreas Vogelsang sagt, er habe schon im Studium Seminare zu Führung und Gruppenleitung belegt. "Und ich habe in Projekten gemerkt, dass es mir Spaß macht, in einer Gruppe eine verantwortungsvolle Rolle zu übernehmen."

Erik Neumann von den EIT ICT Labs beobachtet, dass viele Bewerber zum Software-Campus in Forschungsprojekten schon Führungserfahrung gesammelt haben.
Foto: EIT ICT Labs

Laut Erik Neumann von EIT ICT Labs ist Vogelsang kein Einzelfall. Aus vielen Bewerber-Lebensläufen lese er erste Führungserfahrung heraus. "Als Projektleiter in der Forschung zum Beispiel haben sie schon eine führende Rolle gehabt." Was es im Laufe des Software-Campus noch herauszubilden gelte, sei der methodische Hintergrund für eine Führungsaufgabe. "Den Willen und das Talent zu Gestalten bringen die Bewerber mit. Wir geben ihnen dann das nötige Rüstzeug, um eine Führungsaufgabe übernehmen zu können, dazu."

Bis zu 100 Nachwuchs-Manager jährlich fördern

Genau diese "Management-Skills" erhofft sich Andreas Vogelsang vom Software-Campus, wie er sagt. "Und ich hoffe, später mal in eine Position zu kommen, dass ich dieses Know-how einbringen kann."

Mit diesem Wunsch haben sich für die zweite Laufzeit des Software-Campus 150 junge Leute beworben - laut Neumann allesamt "hochqualifiziert". Bestand der Pilot-Jahrgang nur aus elf Geförderten, werden in das Projekt zukünftig jährlich bis zu 100 neue Teilnehmer aufgenommen. Für dieses Jahr peilt Erik Neumann um die 80 an. Jeder Industriepartner werde zwischen zehn und 20 Studenten betreuen.

Zurzeit werden die eingegangenen Bewerbungen gesichtet. Eine Auswahlkommission entscheidet, wer grundsätzlich für den Software-Campus qualifiziert ist. Ende September stellen die Ausgewählten ihre Projekte auf einem dreitägigen Symposium in Berlin vor. Nach der Präsentation wird erneut ausgesiebt. Wer das Symposium erfolgreich absolviert, wird schließlich zum Software-Campus eingeladen und stellt zusammen mit seiner Universität oder Forschungseinrichtung beim Bundesforschungsministerium den Förderungsantrag für sein Projekt.

Ziel: Eine Führungsposition in 10 Jahren

Auch nach Ablauf des zweijährigen Programms werden die Organisatoren Kontakt zu den Alumni halten und deren Werdegang verfolgen. Ziel ist schließlich, dass jeder Zweite bis in zehn Jahren eine Führungsposition eingenommen hat. Erik Neumann sagt: "Der Weg dahin muss jedoch keineswegs geradlinig verlaufen."

Mehr Informationen zum Programm finden Sie unter www.softwarecampus.de