Heterogene IT-Landschaft abgelöst

HSE24 verkauft mit SAP CRM 2007

28.08.2008 von Riem Sarsam
Der Shopping-Sender HSE24 tritt in die zweite Phase zur Integration seiner Service-Prozesse mit SAP CRM. CIO Norbert Paulus machte vorher allerdings einen Umweg und installierte zunächst die neue Version CRM 2007. Die damit verbundene Flexibilität war es ihm wert.
Norbert Paulus, Bereichsleiter IT & Broadcast und Mitglied der Geschäftsleitung bei HSE24.

Es geht um Sekunden. Sobald ein neues Produkt auf dem Bildschirm erscheint, laufen die Leitungen in den Call Centern heiß. Das Warenangebot ist begrenzt, der rote Pullover in Größe 40 könnte gleich schon wieder ausverkauft sein. Wie es um den sekundengenauen Bestand steht, weiß beim Shopping-Kanal HSE24 der Verkäufer am Telefon, und der Kunde erfährt es im Fernsehen.

In Millisekunden werden die Zahlen für beide Seiten aktualisiert. Ist ein Kauf im System eingebucht, flitzen die Informationen nicht nur in die IT-Systeme, sondern gehen auch an die Regie - und die wiederum gibt es an der Moderator der aktuellen Sendung weiter.

Das Geschäftsmodell rechnet sich: Von einer Kaufzurückhaltung bei den Kunden jedenfalls spürt man in dem nahe München ansässigen Unternehmen nichts. Vergangenes Jahr steigerte das virtuelle Kaufhaus seinen Umsatz um eine Rate im zweistelligen Bereich - andere Händler durften froh sein, wenn ihre Einnahmen stabil blieben.

Um weiteres Wachstum im TV-Versandhandel bewältigen zu können, hat sich HSE24 für die Installation einer einheitlichen Services-Infrastruktur auf Basis von SAP CRM entschieden. In Zusammenarbeit mit dem Implementierungspartner CM4 ist eine technische Plattform entstanden, die von der Fachberatung bis zur Reklamationsbearbeitung sämtliche Dienste in einer homogenen Systemlandschaft integriert.

In einer ersten, 16-monatigen, Projektphase stellte der Shopping-Spezialist bis März 2007 unter anderem das komplette Reklamationsmanagement auf die SAP-Software um. "Unsere Kunden erwarten nicht nur eine prompte Lieferung von uns, sondern auch erstklassigen Service." Das ist der Antrieb für Norbert Paulus, Bereichsleiter Produktion & IT bei HSE24.

Mittels Prozessautomatisierung und einem zentralen Informationsmanagement verbessert der Versandhändler die Bearbeitung von bis zu 60.000 Kundenanrufen durch maximal 800 Call-Center-Agents.

Ob TV, Online-Shop, das elektronische dialoggeführte Auftragssystem Easy oder über mobile Systeme wie Handy & Co.: HSE24 fungiert als sogenanntes Multichannel-Kaufhaus, nutzt also viele Wege, um seine Kunden zu erreichen. Die größten Anforderungen stellt dabei sicher das Teleshopping dar, es ist Versandhandel im Live-Betrieb. Dieses Konzept verlangt spezielle Leistungen von der Warenwirtschaft und dem Bestellwesen.

"Nächtliche Jobs oder stündliche Abgleiche können wir uns kaum leisten", erklärt Paulus. Für die Bearbeitung von bis zu 1.200 Kundenanfragen pro Stunde und einem Zugriff auf gut 20 Millionen Auftragshistorien, spielen hohe Verfügbarkeit und Elastizität des Systems eine ebenso entscheidende Rolle wie die Leistungsfähigkeit und Ergonomie der Benutzeroberfläche.

Um letztere weiter zu verbessern, änderte Paulus den Projektplan im vergangenen Jahr und beschloss, zunächst auf SAP CRM 2007 umzusteigen. "Die Vorteile der Anwendung liegen vor allem in der Flexibilität, die Nutzeroberfläche variabel zu gestalten", erklärt Paulus. Beispielsweise lassen sich nun mit Hilfe einer Toolbox die Eingabemasken individuell anpassen und arrangieren.

Für den Händler ist dies ein entscheidender Vorteil, denn je nutzerfreundlicher die Oberfläche desto flotter kann der Verkauf abgeschlossen werden, desto mehr Geld spart man im Call Center. Und das einer der größten Aufwandsblöcke des Unternehmens.

"Mit dem Modul KIK Sales kann die Order-Line schneller Aufträge bei gleichzeitig besserem Service entgegen nehmen können. Jede eingesparte Sekunde pro Anruf ist bare Münze wert", so Paulus. Die Summe, die HSE24 für das Upgrade investiert, wird sich also rechnen.

Nicht zuletzt konnte der Händler sich als Ramp-up-Kunde für CRM 2007 auch der besonderen Betreuung aus Walldorf bedienen - man profitiere also in mehrfacher Hinsicht. "Wir haben jetzt ein System in Betrieb genommen, das auf lange Sicht eingesetzt werden kann", ist Paulus sicher. Ergänzungen um neue Prozesse beispielsweise seien nun jederzeit problemlos machbar.

Mit der bereits zuvor erstellten Plattformarchitektur hatte die IT interne Fachbereiche, externe Dienstleister und Schnittstellen in die Backend-Systeme integriert. Etwa in die Warenwirtschaft, die bei HSE24 auf SAP for Retail läuft. Darüber hinaus verknüpfte die Mannschaft per Web-Services den Online-Shop, der auf der Software von Intershop läuft. "Über Web-Services stellen wir sicher, dass die kundennahen Prozesse in allen Bestellmedien der gleichen Logik folgen", sagt Paulus.

Es ist ungefähr Halbzeit für das unter dem Namen KIK - "Kunde ist König" - laufende Projekt. Nach dem Umstieg auf CRM 2007 bindet die IT seit Frühjahr den Bereich Sales in das System ein. Der zentrale Bestandteil, das neue Auftragserfassungssystem, wird Mitte nächsten Jahres live gehen.

In dieser Etappe folgt die Technik dem Motto "Auftrag vor Kunde". Paulus: "Es wird zuerst der gewünschte Artikel bestandswirksam in den Auftrag aufgenommen und erst danach die Kundendaten komplettiert." Eine weitere Zeitersparnis, denn die Erfassung der Informationen dauert - vor allem wenn es sich um Neukunden handelt.

Im Internet ist es heute schon so - bereits das Ablegen im Warenkorb löst eine Reservierung aus. Der Käufer sieht im Online-Katalog, im Livestreamings des TV-Programms oder in den einzelnen Produktvideos sein Wunschprodukt und legt es in den Warenkorb und schon ist es reserviert.

Durch KIK wird es künftig auch im Call Center so sein, dass der Kunde zuerst seine Produktwünsche nennt, die für ihn reserviert werden, und erst dann die Authentifizierung abläuft. "Auch bei Produkten, die kurz vor dem Ausverkauf stehen, hat also jeder die gleiche Chance seine Bestellung aufzugeben", erläutert Paulus. "Im Supermarkt füllen Sie ja auch den Einkaufswagen - und sichern sich damit die Ware - bevor Sie den Kauf an der Kasse abschließen."

Zum Vergleich: Früher wurde die Bestellung erst im System gebucht, wenn der komplette Bestellvorgang inklusive Registrierung abgeschlossen war. Wer zu lange brauchte, lief Gefahr, dass andere Kunden ihm seine Wünsche vor der Nase wegschnappten.

Obwohl das Gesamtprojekt noch nicht abgeschlossen ist, kann Norbert Paulus schon die ersten Effekte erkennen. Die Integration der Systeme erlaubt nicht nur den Überblick über alle notwendigen Informationen, die Mitarbeiter im Call Center verfügen nun auch über einen größeren Spielraum in den Kundengesprächen. Auf Reklamationen beispielsweise können sie noch während des Gesprächs verbindlich mit angemessenen Kulanzen reagieren. In der Folge ist die Zahl der Wiederkäufer gestiegen, die Abwanderungsquote (churn rate) gesunken.