Viele nutzlose Angebote im Gesundheitswesen

IDC-Studie: 4 App-Trends

10.09.2012 von Hartmut Wiehr
Nur jeder Zehnte, der sich eine medizinische App aufs Smartphone lädt, benutzt sie nach einem Jahr noch. Die Anbieter streben laut IDC nun nach besserem Nutzen.

Nach Untersuchungen des Health Insights Survey gehen die Analysten von IDC davon aus, dass sich die Investitionen in mobile Geräte für den Einsatz im Gesundheitswesen bis Ende 2012 deutlich erhöhen werden. Bis zum Jahr 2015 sollen außerdem viele neue medizinische Applikationen für mobile Geräte auf Konsumentenseite herauskommen.

Wellness trägt sicher zur Vorbeugung gegen Krankheiten bei. Doch nicht alle mobilen Apps zu diesem Thema können überzeugen.
Foto: MobiHealthNews

IDC geht von folgenden Entwicklungen aus:

1. Während viele Investitionen in mobile Technologien in Krankenhäusern und Arztpraxen zunächst dem allgemeinen Trend in Richtung "mobile Apps“ folgten, verlagert sich nun die Entwicklung auf spezielle Anwendungen für die Bereiche Medizin und Wellness. Was anfangs nur im Bürobereich und zwischen Ärzten und Pflegern für Kommunikation und Collaboration eingesetzt wurde, soll nun auch für Patientendaten, Bilderfassung (PACS) und ähnliche medizinische Arbeitsgebiete taugen.

2. Neue medizinische Anwendungen außerhalb der Kliniken sind von den Konsumenten bisher nur in geringem Maße angenommen worden. Neue Zahlen von "MobiHealthNews“ besagen zwar, dass die Zahl der Gesundheits-Apps im Apple App-Store von 2.993 im Februar 2010 auf 13.619 im April 2012 angestiegen ist. Aber nur zehn Prozent der Konsumenten, die solche Anwendungen herunterladen, benutzen sie noch nach einem Jahr. Das liegt laut IDC meistens daran, dass man offenbar keine direkten Vorteile für sich erkennt. Viele Angebote sind lediglich scheinbar informativ, wie zum Beispiel die Umrechnung von gelaufenen Kilometern in Kalorien und Gewichtsverlust, wie sie so genannte "Pedometer“ liefern.

3. Die Software-Hersteller haben laut IDC daraus ihre Konsequenzen gezogen und legen mehr Wert auf den individuellen Nutzen. Als Beispiel wird die mobile App "Blue Cross Blue Shield“ von Premera genannt. Nutzer dieser Anwendung könnten persönliche Gesundheitsinformationen verfolgen, einen geeigneten Arzt finden, Mitgliederrabatte beziehen oder Kontakt zu anderen Patienten und zu einem Kundendienst aufnehmen. In Deutschland wird eine Arztsuche zum Beispiel von der Stiftung Gesundheit angeboten. Generell will man von der Fitness-Ebene wegkommen und Apps für "Mobile Health“ anbieten. Dazu können auch Online-Kontakte zu Ärzten (eventuell als Videokonferenz) oder persönliche Datensammlungen gehören.

4. Andere Lösungen helfen dabei, geeignete Ärzte und Krankenhäuser zu finden, die hohen Qualitätsansprüchen genügen und keine Extrakosten verursachen. Mit der weiteren Privatisierung des Gesundheitswesens und der Verlagerung der Gesundheitskosten auf die einzelnen Patienten fällt es nicht schwer, solchen mobilen Apps eine glänzende Zukunft vorauszusagen. Allerdings stellt das ärztliche Berufsgeheimnis eine Barriere für breit gestreute und seriöse Online-Informationen dar. Persönlich gefärbte Bewertungen oder gar Schulnoten-Systeme, die von Patienten eingerichtet oder bestückt werden, sind eher kontraproduktiv.

Durcheinander bei mobilen Plattformen

Die Arztauskunft der Stiftung Gesundheit vermittelt einen seriösen Charakter.
Foto: Stiftung Gesundheit

Hersteller und Institutionen des Gesundheitswesens sollten laut IDC mehr darauf achten, mobile Apps zu entwickeln, die konkrete Vorteile für die Interessenten und Patienten bereit halten. IDC geht allerdings nicht ein auf das sich abzeichnende Durcheinander der Plattformen für Blackberry, Microsoft, Apple/iOS und Android. Da die Entwicklung von Apps sehr teuer werden kann, werden diese häufig nur für eine Plattform angeboten. Berücksichtigt man noch die Auswirkungen von BYOD ("Bring Your Own Device“), dann verkehren sich die Vorteile mancher Apps ins Negative: Statt allgemein zugänglicher Gesundheitsinformationen und freiem Erfahrungsaustausch könnte es zur Entwicklung von privilegierten Reservaten kommen.