Studie: Social Software in Unternehmen

In 3 Schritten zum "Enterprise 2.0"

02.05.2013 von Bettina Dobe
Dass sich unternehmensinterne Social-Media-Plattformen lohnen, ist klar. Nur: Wie etabliert man sie sinnvoll? Der Leitfaden der BVDW schlägt drei Schritte vor.

Muss das sein? Brauchen wir wirklich eine unternehmensinterne Social-Media-Plattform, die Investition, die Zeit, die Nerven? Wer daran noch zweifelt: "In kreativen Kooperations- und Kollaborationsprozessen entstehen in der Alltagswirklichkeit der Kunden relevante Produkte, Leistungen oder Services, die wiederum Bausteine für den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens bedeuten", heißt es etwas umständlich im Leitfaden "Enterprise 2.0 - SocialSoftware im Unternehmen" der Fachgruppe Social Media im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V..

Immer mehr Unternehmen investieren in die Plattformen, aber das Change Management ist gar nicht so einfach, wie eine aktuelle Studie von IBM ergeben hat.

Enterprise 2.0

Will ein Unternehmen zu einem "Enterprise 2.0" werden, wie es die Studienleiter nennen, muss es die Zielgruppen, also auch Kunden und Stakeholder, mitnehmen. "Sie müssen während der Planungs- und Implementierungsphase erleben, dass die geänderten Bedingungen die Arbeitsprozesse erleichtern und die Effektivität steigern. Idealerweise gilt das auch für die Partner des Unternehmens", heißt es in der Studie. Das geht natürlich nur mit einem Wechsel der Unternehmenskultur einher.

Worauf Chefs sich einstellen müssen

Einige Veränderungen könnten so manchem Chef unangenehm sein: Im "Enterprise 2.0" sind die Entscheidungsstrukturen weniger hierarchisch, sondern vernetzt und flacher. "Statische Wissensinseln gehen in kollektivem Wissen auf, und zentral gesteuerte Prozesse werden abgelöst von Selbstorganisation und Eigenverantwortung", so die Studie. Die Vorteile liegen auf der Hand. Informationen verbreiten sich schneller, Entscheidungen werden vereinfacht. Aber wenn die Chefs nicht mitziehen, muss das Social-Media-Bemühen scheitern. Damit das nicht passiert: Legen Sie sich eine Strategie zurecht.

Mit Teamwork Wissen sammeln und sparen
Mit Social-Business-Software und der Integration von Anwendungen können Unternehmen ihre Effizienz und Gewinne steigern. Allerdings nur dann, wenn "Social Collaboration" von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Tipps zur Planung und Softwareauswahl finden Sie hier.
Akzeptanz für Teamarbeit schaffen
Bei zahlreichen Unternehmen und ihren Mitarbeitern konnte das Prinzip der Enterprise 2.0 aufgrund der schnelleren und geradlinigeren Kommunikation sowie einer größeren, geteilten Wissensbasis schon hohe Akzeptanz erlangen. Überzeugt hat ferner die kostensensible Kopplung verschiedener Funktionen, die früher in separaten Lösungen parallel gepflegt werden mussten.
Modulare Softwarelösungen sind von Vorteil
Ist dieser Punkt geklärt, empfiehlt es sich, Anbieter zu vergleichen und eine Social-Softwarelösung auszuwählen, die modular zusammengestellt werden kann. Auf diese Weise ist die Lösung nicht nur maßgeschneidert, sondern zudem jederzeit um zusätzliche Module erweiterbar.
Anwendungsgebiete für den Mittelstand
Eine "Rundum-Sorglos-Lösung", die wirklich jeden Unternehmensbereich abdeckt, ergibt für kleine und mittelständische Betriebe sicherlich erst ab einer gewissen Größe Sinn. So wäre es beispielsweise bei wenigen Mitarbeitern, die alle an demselben Standort arbeiten, eine Lösung überdimensioniert, die Buchhaltung oder Urlaubsverwaltung über eine Enterprise-2.0-Lösung zu betreiben. Hingegen kann es bereits in kleinen Teams sehr sinnvoll sein, Wissen zu sammeln und zu speichern, eine Datenbank zu pflegen und Dokumente zu verwalten.
Positive Gruppenbildung für mehr Kommunikation und Wissen
So greifen in einer Intranet-Enterprise 2.0-Lösung beispielsweise Kommunikationsbausteine ineinander, die ansonsten parallel gepflegt werden müssten. Der Austausch kann über Chats oder Messaging-Funktionen ebenso erfolgen wie über persönliche Nachrichten innerhalb des Systems, die der E-Mail ähnlich sind.
Activity Streams halten auf dem Laufenden
Social-Software-Angebote haben ihren Ursprung oft in Funktionalitäten, die sich an Social-Media-Netzen orientieren. So kann ein mittelständisches Unternehmen seine Mitarbeiter mit sogenannten Activity Streams auf dem Laufenden halten: Direkt auf der Portalstartseite eines Mitarbeiters blendet der Activity-Stream neue Postings oder Aktionen der Organisationsmitglieder ein, auch Aktivitäten in Gruppen werden angezeigt.
Wissens-Pool hilft Zeit und Geld sparen
Wikis, Blogs und Foren, die ihren Ursprung ebenfalls im sozialen Netz haben, können sich auf dieselbe Weise positiv auf die Kommunikation in mittelständischen Firmen auswirken. Klassische Anwendungsbeispiele sind hier Nachfragen zu einem Projektstatus, die für jeden Beteiligten einsehbar sind, Fragen zu Problemen oder Vorgängen, die über diese Wege direkt geklärt werden können, oder der Austausch zu fachspezifischen Themen.
Kundendaten verwalten und Projekte abwickeln
In einer Social-Software-Lösung können Kundenkommunikation, interner Austausch, organisatorische Aufgaben und vieles mehr gleichzeitig abgewickelt werden. So verfügen einige Anbieter über ein integriertes CRM-System, in dem alle Kontakte angelegt und verwaltet werden. Damit werden erforderliche Ansprechpartner über eine Suchfunktion inklusive aller Kontaktdaten schnell gefunden.
Dokumenten-Management integrieren
Auch in der Koordination von Projekten kann Social-Business-Software den Mittelstand unterstützen, und zwar auch über die bereits erwähnten Gruppen hinaus. Zum Beispiel führt ein in die Social-Software integriertes Dokumenten-Management-System dazu, dass Dateien und Dokumente sicher ausgetauscht und versionsgetreu oder parallel bearbeitet werden können.
Buchhaltung, Reisekosten, Urlaubs- und Projektplanung inklusive
Mittelständler, die ihre Buchhaltung intern abwickeln, können die Fibu bei einigen Anbietern direkt mit der Social-Business-Software verknüpfen - wovon auch Mitarbeiter über die Finanzabteilung hinaus profitieren. Dazu legen einige Lösungen zum Beispiel Personalakten je Mitarbeiter an, die jeweils die vertraglich geregelten Arbeitszeiten sowie Urlaubstage dokumentieren.

Schritt 1: Sie brauchen eine Strategie

"Unverzichtbares Werkzeug ist ein sauberes Stakeholder-Management", so die Studie. Das bedeutet, dass alle Entscheider und wichtigen Kunden an der Entstehung an der Planung des Change-Prozesses beteiligt sind. Haben Sie das erst mal hinter sich gebracht, müssen nun auch die Anwender im Unternehmen, also die Mitarbeiter, mit ins Boot geholt werden.

Die Studie nennt das eine "Change Mission". Sie können zum Beispiele eine Abteilungs- und Ebenen-übergreifende Task Force bilden, die "strategischen Überlegungen in einen Mitmach-Prozess im Unternehmen zu übersetzen und diesen Prozess zu steuern", so die Studie. Ein paar Leitlinien und Führungsprinzipien später, schon können Sie sich mit der technischen Seite auseinandersetzen. Das bietet gerade CIOs die Möglichkeit, neue Formen der Zusammenarbeit zu erstellen. Sie können Wissen und Innovation neu verwalten und neue Formen der Zusammenarbeit schaffen.

Wandel braucht Zeit

Klingt zu schön, um wahr zu sein? Stimmt, so einfach ist es natürlich nicht. "Bekannte Business Cases, zum Beispiel bei BASF, der Continental AG oder Bosch, planen mit Zeiträumen von zwei bis zehn Jahren", schreibt Carsten Rossi, Geschäftsführer der PR-Agentur Kuhn, Kammann & Kuhn GmbH im Leitfaden.

Schritt 2: Implementierung

Glückwunsch, Sie haben schon eine "Change Vision" und eine "Change Mission" und eine ausgearbeitete Strategie? Jetzt müssen Sie das Ganze nur noch umsetzen. Aber Vorsicht: Im Gegensatz zu ERP-Plattformen ist eine Social-Media-Plattform nicht "alternativlos". Damit Ihr "Enterprise 2.0" kein Rohkrepierer wird, rät Rossi: "Die wichtigste Aufgabe des Projektteams ist in dieser Phase deshalb, für eine direkte Feedback-Schleife zu sorgen."

So können kleinere und größere Störungen gleich behoben werden. Rossi schlägt Usecases, also Anwendungsfälle, vor. Diejenigen, die am meisten mit der Plattform arbeiten, sollten am Entwerfen der Anwendungsfälle beteiligt sein. Solche Usecases können auch mal das Rechte- und Zugriffsmanagement in Frage stellen, wenn sie abteilungsübergreifend sind. Darauf müssen sich Entscheider einstellen, denn auch das gehört zur neuen Unternehmenskultur dazu.

Schritt 3: Konsolidierung

Nach dem Launch ist vor dem Launch. Ist die Plattform einmal gestartet, müssen die Mitarbeiter sie auch nutzen. Rossi rät dazu, Awareness-Kampagnen zu starten. Eigentlich selbstverständlich: Die Community muss professionell gemanagt werden und die Anwendungsfälle ständig weiterentwickelt werden. Die Unternehmenskultur kann sich erst verändern, wenn geschäftsrelevante Prozesse auf die Plattformen verlagert sind. Damit einher geht natürlich auch eine Effizienzsteigerung, die ihr Unternehmen wettebewerbsfähig macht. Und Sie wollen den ganzen Aufwand ja nicht umsonst betrieben haben.

Und wie sieht so ein Enterprise 2.0 aus?

Idealerweise, so Rossi, steht der Mensch im Fokus. Das heißt natürlich auch, dass in einer dezentraleren Entscheidungskultur dem Einzelnen mehr Vertrauen entgegen gebracht wird. Das kann auf beiden Seiten Überwindung kosten - aber es lohnt sich. Das Unternehmen der nächsten Generation kennzeichnet eben eine flache Hierarchie.

Und für Mitarbeiter gibt es zudem die Möglichkeit, neben der klassischen Fachkarriere auch einen anderen Karriereweg einzuschlagen. Das setzt in der Firma mehr Innovationspotenzial frei. Auch die durch den CIO implementierten Plattformen eröffnen völlig neue Wissenswege. Die Fehlerquote sinkt, weil Prozesse offener und transparenter sind. Im Idealfall gewinnt ihr Unternehmen so an Innovationsgeschwindigkeit.

Machen Sie den Erfolg messbar

Um mit der Einführung auch glänzen zu können, müssen Kennzahlen her, zum Beispiel solche, die auch für andere Social-Media-Bemühungen gelten. Datenschutzrechtlich kann das natürlich Probleme geben.

Größere Unternehmen sollten das mit dem Betriebsrat klären, das pseudonyme Tracking möglichst offen mit den Mitarbeitern besprechen und vielleicht sogar Arbeitsverträge ergänzen. Denn schnell kann die Messung der KPIs sonst in Mitarbeiterüberwachung umschlagen. Und da die neue Unternehmenskultur eigentlich auf Vertrauen basiert, wäre das auch für das Betriebsklima schädlich.

Curt Simon Harlinghausen, Geschäftsführer der Marketing-Agentur AKOM360 GmbH schlägt als KPIs vor, Vernetzung, Aktivität und Relevanz der Aktivitäten zu messen. Konkret bedeutet das: Wie aktiv sind die Mitarbeiter auf den Plattformen? Messen Sie auch, wie sehr sie untereinander vernetzt sind, wie vollständig das Profil ist. Hilfreich kann es auch sein, zu messen, wann die Mitarbeiter am aktivsten sind und wie oft sie den Microblogging-Dienst, Apps und Gruppen nutzen, wie viele erfolgreich abgeschlossene Projekte vorhanden sind. Wie sehr bringt sich ein Mitarbeiter mit seinem Wissen ein, wie zuverlässig findet das System Treffer und Inhalte? Wenn das datenschutzrechtlich in Ordnung geht und die Mitarbeiter so nicht überwacht werden, dann können das sinnvolle KPIs sein.

Und wie misst man sie konkret?

Google Analytics können Sie in einem geschlossenen Netzwerk schlecht nehmen. Aber die meisten Hersteller bieten interne Statistik-Tools an, die pseudonymisiert arbeiten. So lassen sich Datenströme erfassen. Harlinghausen rät auch dazu, lieber weniger KPIs zu messen, als sich zu verzetteln.

Keine Frage, es ist nicht leicht, zu einem "Enterprise 2.0" zu werden. Aber wenn Sie einmal alle Hürden übersprungen haben, werden Sie sehen, dass es sich lohnt.