Oracle NGD Index

In Rechenzentren schlummern ungenutzte Potenziale

15.07.2011 von Buxton Ima
Beim effizienten Management ihrer Rechenzentren tun sich Unternehmen weltweit noch schwer. Wirksame Maßnahmen wie Konsolidierung und Virtualisierung bleiben allzu häufig ungenutzt. Stattdessen träumen viele IT-Leiter vom neuen Data-Center, wie der aktuelle Oracle NGD Index zeigt.
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Kosten- und Innovationsdruck stellen die IT-Verantwortlichen in Unternehmen gleichermaßen vor immer wieder neue Herausforderungen. So müssen Rechenzentren heute rasch wechselnden Anforderungen gerecht werden, die sich etwa aus wachsenden Datenvolumina, neuen Business-Cases, internen Vorgaben zu Kosten- und Energieeinsparungen oder Compliance-Vorschriften ergeben.

Deutschland und die Schweiz haben die Nase vorn

Die Rechenzentren der europäischen Unternehmen sind diesen Herausforderungen in ganz unterschiedlichem Maße gewachsen wie jetzt eine Studie des Marktforschungsunternehmens Quocirca im Auftrag des Software-Hauses Oracle zeigt. Danach führen Deutschland und die Schweiz in Europa die Riege der Länder mit Unternehmen an, deren Rechenzentren über einen hoher Reifegrad verfügen.

In der Gesamtwertung, die sich aus drei Einzelwertungen in den Bereichen Flexibilität, Nachhaltigkeit und Unterstützungsgrad zusammensetzt, erreichen die mittel- und nordeuropäischen Lander Deutschland, die Schweiz und Skandinavien Spitzenplätze. Frankreich, Italien und die iberischen Länder sind weit abgeschlagen unterhalb des Durchschnitts.
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Quocirca erstellte zur Ermittlung der Reife und Zukunftsfähigkeit von Rechenzentren einen Index - den Oracle Next Generation Data Centre (NGD) Index, der die Haltung von Unternehmen in Europa, den USA und im mittleren Osten in Bezug auf neue Technologien und deren Adaption berücksichtigt. Dazu führte Quocirca im Zeitraum von Februar bis März dieses Jahres 919 Telefoninterviews durch. Befragt wurden IT-Verantwortliche in neun verschiedenen Regionen: Großbritannien, USA, Frankreich, Italien, Deutschland und Schweiz, den iberischen Ländern (Spanien und Portugal), Benelux, dem Mittleren Osten (Saudi Arabien und VAE) sowie Skandinavien (Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden).

Fragen und Antwortmöglichkeiten der Interviewpartner wurden so angelegt so dass sie alle dem Skalenschema von null bis zehn folgen. Der Oracle NGD Indexwert setzt sich aus dem arithmetischen Mittel aller angegebenen Werte zusammen.

Dem Index zufolge positionieren sich europäische Firmen mit einem Wert von 5,28 im Durchschnitt knapp oberhalb der Mitte einer Skala von null bis zehn zu erreichender Indexwerte, wobei zehn die höchste Reifestufe eines Rechenzentrums angibt. Bemerkenswert dabei: Die meisten Firmen liegen bei der Einstufung entweder deutlich über oder deutlich unter dem Durschnittswert. Das heißt nichts anderes als dass Länder wie auch Branchen zweigeteilt sind: Eine Gruppe, die in allen drei Unterkategorien hohe Werte erzielt - in der Studie als "Gurus" bezeichnet, und eine zweite Gruppe, die Nachzügler, die konstant Werte deutlich unterhalb des Durchschnitts erzielen. Zu den Gurus zählen laut Umfrage Deutschland, die Schweiz (Index 6,1) gefolgt von den skandinavischen Ländern (5,95) und den USA. Am unteren Ende der Skala rangieren Frankreich, die iberischen Länder, Italien und der Mittlere Osten mit Werten zwischen 4,4 und 4,9.

Traum vom neuen Data-Center trübt Blick auf vorhandene Potenziale

58 Prozent der Befragten können einen Nutzungsgrad von über 20 Prozent vorweisen.
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Unternehmen weltweit sind sich der Bedeutung eines leistungsfähigen Rechenzentrums laut Studie durchaus bewusst. Zur Steigerung der IT-Performance will die Hälfte der Befragten innerhalb von zwei Jahren ihr Rechenzentrum komplett erneuern. Sieben Prozent halten sogar eine umgehende Erneuerung für notwendig. Doch nur 20 Prozent aller Teilnehmer haben ihre Pläne dahingehend konkretisiert. Den ambitionierten Zukunftsplänen stehen indes nur geringe Anstrengungen gegenüber, zunächst die Nutzungsintensität vorhandener Server zu erhöhen - ein einfacherer und direkterer Weg hin zu mehr Flexibilität und Leistungsfähigkeit, wie die Studienautoren meinen: Immerhin zehn Prozent der Befragten verzeichnen einen Nutzungsgrad ihrer Server von weniger als zehn Prozent, 58 Prozent nutzen ihre Server zu mehr als 20 Prozent.

Nur 15 Prozent der Befragten haben umfassende Maßnahmen zur Virtualisierung durchgeführt und können einen Virtualisierungsgrad von mehr als 70 Prozent vorweisen.
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Gerade einfache Schritte zur Performance-Steigerung aktueller Hardware wie Konsolidierungs- und Virtualisierungsprojekte sind eine glatte Fehlanzeige: Ein Viertel der Befragten hat sich bislang noch gar nicht mit derlei Themen beschäftigt und lediglich 15 Prozent verzeichnen einen Virtualisierungsgrad von mehr als 70 Prozent. Auch das Management der Rechenzentren greift in den meisten Betrieben zu kurz: Ein Fünftel der Befragten verfügt nur über einfachste Management-Systeme, und nur zehn Prozent können auf eine anbieterkonsistente Best-Breed-Lösung zurückgreifen, die verschiedene Bereiche abdeckt. Insgesamt betreibt die Mehrheit der Befragten den Studienergebnissen zufolge ineffiziente Plattformen und ergreift keine Maßnahmen, um Kosten, Energieverbrauch und den Raumbedarf ihrer Rechenzentren in den Griff zu bekommen.

Green IT - bei den Unternehmen noch nicht angekommen

Gerade im Hinblick auf die Themen der Green IT wie Energieverbrauch und Nachhaltigkeitskonzepte ist bei den Organisationen wenig Sensibilität vorhanden. Acht Prozent der Befragten wissen nicht, ob die Höhe ihres Energieverbrauchs nachvollziehbar ist, während 44 Prozent sicher sind, über diesen Wert keine Aussage treffen zu können. Nur elf Prozent der Unternehmen zeichnen den Energieverbrauch ihres Rechenzentrums auf.

Im Vergleich der Kontinente und Länder bescheinigt der Oracle NGD Index Europa und insbesondere Deutschland, der Schweiz und den skandinavischen Staaten einen hohen Reifegrad ihrer Rechenzentren. Im Detail betrachtet gliedern sich die Werte gerade der westlichen Industriestaaten jedoch nochmals auf: Firmen in Europa mit den genannten "Guru-Ländern" (D, CH, Skandinavien) können vor allem mit der hohen Flexibilität und den ausgeprägten Management-Funktionen ihrer IT-Zentren punkten. Sie weisen überdies hohe Werte in den Feldern Nachhaltigkeit, Unterstützungsvermögen der IT und Management-Systeme auf.

Bei der Fähigkeit ihrer Rechenzentren, die Geschäftsprozess im Unternehmen zu unterstützen, ergibt sich ein ähnliches Bild wie in der Gesamtwertung. Neben den mittel- und nordeuropäischen Ländern kann die USA punkten. Südeuropa undder Mittlere Osten belegen die unteren Plätze.
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Die USA hingegen belegt klar die Spitzenposition in Sachen Virtualisierung und erreicht dort 128 Prozent (100 = Durchschnittswert alles Unternehmen), während Deutschland und die Schweiz den Vereinigten Staaten mit einem Wert von 117 Prozent bereits dicht auf den Fersen sind (Skandinavien: 114, UK: 113 Prozent). Einer grundlegenden Konsolidierung ihrer Rechenzentren haben sich vor allem Betriebe in den USA, Deutschland und der Schweiz angenommen, während die Länder des Mittleren Ostens, Frankreich und Italien hier besonders schlecht abschneiden. Das Thema Nachhaltigkeit wiederum ist hingegen beim Innovationsführer USA noch nicht angekommen. Amerika kann sich in dieser Disziplin mit 97 Prozent gerade zu Beginn des unteren Drittels platzieren.

Nicht nur der öffentliche Sektor hat Nachholbedarf

Sowohl in der Gesamtwertung als auch in den meisten Unterkategorien erweisen sich die Telekommunikationsunternehmen als führend. Handelsunternehmen und der öffentliche Sektor arbeiten mit wenig effizienten Rechenzentren.
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Auch aus Branchenperspektive ergibt der Oracel NGD Index einen klaren Primus: Die Unternehmen des Telekommunikationssektors führen die Riege der Top-Performer mit Abstand an : Sie erreichen in der Gesamtwertung 6,5 Punkte, gefolgt erst von den Versorgungsunternehmen (Energie, Wasser, Strom) mit einem Wert von 5,9 und den Finanzdienstleistern mit 5,8 Punkten. Dieselben Industrien sind es auch, die den größten Fortschritt bei der Umsetzung von Konsolidierungs- und Virtualisierungsvorhaben verzeichnen können - und damit den von den Studienautoren gegenüber einer Kompletterneuerung favorisierten Weg beschritten haben. Erheblichen Nachholbedarf auf allen Feldern einer Rechenzentrumskonsolidierung im weiteren Sinne haben hingegen die Handelsunternehmen, der öffentliche und Medien-Sektor.