Russische Dienstleister im Kommen

IT-Outsourcing wird selektiver

26.09.2007 von Nina Gut
Im IT-Outsourcing zeichnet sich eine stärker werdende Tendenz zur Spezialisierung ab. Das hat die Unternehmensberatung Bain & Company in einer Studie ermittelt. Statt großer Mega-Deals mit einem IT-Service-Provider abzuschließen, greifen die Unternehmen verstärkt auf verschiedene spezialisierte Anbieter zurück, die neben Indien immer häufiger von Russland aus operieren. Die Firmen setzen auf einen neuen Trend: selektives Outsourcing.
Die Erfolgsquote bei Outsourcing-Projekten: Das selektive Outsourcing hat die Nase vorn.

Beim selektiven Outsourcing werden nur ausgewählte Prozesse oder Aufgaben ausgegliedert und die Vertragslaufzeiten verkürzt. Das Ziel dabei ist die gesteigerte Ergebnisqualität und die höhere Reaktionsfähigkeit des auslagernden Unternehmens. Davon versprechen sich die Betriebe deutlich mehr Erfolg. Diese Art des Outsourcings fordert die Weitsicht der IT-Manager. Entscheidend ist neben der Wahl des richtigen Outsourcing-Partners die präzise abgestimmte Aufgabenteilung zwischen dem auslagernden Unternehmen und dem IT-Service-Provider.

Die Zahlen sprechen für sich: Zwischen 2004 und 2006 hat sich die Zahl der Großabschlüsse, das heißt der Verträge mit einem Volumen von mehr als 800 Millionen Euro, in Nordamerika und Europa um mehr als 34 Prozent reduziert. Über 80 Prozent der Befragten IT-Manager in Nordamerika und Westeuropa bevorzugen inzwischen das selektive anstatt das komplette Outsourcing. Die Untersuchungen zeigen, dass selektives Outsourcing in punkto Kostenreduktion, Flexibilität und Service-Niveau um etwa 40 Prozent erfolgreicher ist als das klassische, ganzheitliche Outsourcing und die Misserfolgsquote um 15 Prozent niedriger liegt.

Auf Kundenseite gibt es drei Haupttreiber für selektives Outsourcing. Der erste Grund ist die Unzufriedenheit mit langfristigen Komplett-Deals. Sie sind vielen zu unflexibel, zu intransparent, machen zu stark abhängig und haben unflexible Preise. 80 Prozent von 214 IT-Entscheidungsträgern in US-Unternehmen waren mit ihren langfristigen Outsourcing-Beziehungen nicht voll zufrieden - sowohl was die Performance gegenüber SLA als auch die Kosten und das Innovationspotenzial betrifft.

Zweiter Grund ist die "erweiterte Sichtweise in Bezug auf Outsourcing". Die Senkung der Kosten ist nicht mehr der dominante Treiber. Stattdessen rücken auch andere Aspekte in den Fokus: Flexibilität, Anpassung an Geschäftsanforderungen, Zugang zu Best-of-Breed-Technologien. Dritter Treiber ist die Service-orientierte Architektur (SOA). Durch sie können interne und ausgelagerte Kompetenzen leichter integriert werden.

Russland ist der neue Player

Entscheidungsfelder der Outsourcing-Strategie.

Die Studie zeigt zudem, dass sich der Anbieterkreis erweitert. Neben Indien, das weiterhin führend bleibt, gewinnen Länder wie Brasilien, Südafrika und China beim Offshoring zunehmend an Bedeutung. Beim Nearshoring - aus zentraleuropäischer Sicht bedeutet es die Auslagerung in osteuropäische Länder - hat sich Russland bemerkenswert hervorgetan. Alternativ zu Indien bietet Russland aufgrund seiner geopolitischen Lage und des Anteils kompetenter IT-Dienstleister neue Kooperationsmöglichkeiten. Experten erwarten, dass sich der russische IT-Outsourcing-Markt (ITO) bis zum Jahr 2009 von momentan einer Milliarde auf 2,7 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln wird.

Bereits jetzt stellt Russland mit etwa 15 großen, auf ITO und BPO (Business Project Outsourcing) spezialisierten Dienstleistungsunternehmen einen interessanten Markt für namhafte Unternehmen wie SAP, Microsoft, IBM, Deutsche Bank oder die Londoner Börse dar. Die vier größten russischen IT-Dienstleister EPAM, Luxoft, IBA IT Group und Exigen beschäftigen heute zusammen bereits gut 10.000 Mitarbeiter. Tendenz steigend. Banking, Telekommunikation sowie Landwirtschaft/Bauwesen/Bergbau sind die drei größten Verticals für IT-Dienste in Russland. Auf sie entfallen 44 Prozent des Gesamtumsatzes.

"Diese Firmen stehen für einen neuen Unternehmergeist, der über die letzten Jahre in Russland herangewachsen ist", erklärt Dr. Thomas Gumsheimer von Bain & Company. Ein wohl überlegter Mix aus Off- und Nearshoring ermögliche es, die Schwächen des klassischen Outsourcings zu überwinden und mit einer selektiven, auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmten Outsourcing-Strategie den Anforderungen hinsichtlich Kosten, Flexibilität und Service gerecht zu werden.

Für die Studie "Blickpunkt: Selective Outsourcing im Finanzdienstleistungssektor" hat Bain & Company verschiedene Analysen und Studien ausgewertet.