IT-Sicherheit 2030

Kaspersky: Bald ist nichts mehr privat

16.01.2013 von Bettina Dobe
Datenbrillen, die Facebook-Profile anderer Passanten anzeigen: Kaspersky-Analyst Magnus Kalkuhl warnt vor Gefahren von IT-Innovationen, die so fern nicht sind.
Die "Augmented Reality" gibt es schon jetzt auf vielen Smartphones. Die Technik hat noch Lücken - wie wird es 2030 sein?

Wie prägt IT die Welt von morgen und welche Gefahren entstehen dadurch? fragt Magnus Kalkuhl, Deputy Director des "Global Research and Analysis Team" beim Virenspezialisten Kaspersky. Erstes Anzeichen für Kalkuhl, dass die Zukunft schon da ist: Cloud Computing hat die Welt erobert. Statt nur auf einem stationären PC haben wir schon jetzt von überall Zugriff auf alle unsere Daten. Kalkuhl glaubt, dass "Augmented-Reality"-Brillen das nächste große Ding werden. Smartphones und Tablets seien dann nicht mehr so gefragt wie heute.

Kameras in der Brille zeichnen ständig auf, wo man geht und steht und projizieren nützliche Informationen auf die Gläser, etwa Straßennamen, Öffnungszeiten von Gebäuden oder das Facebook-Profil des Gegenübers. So weit entfernt wird das nicht sein: Schon dieses Jahr will Google angeblich seine Brillen ausliefern, auch andere Firmen haben Interesse angemeldet, die Brillen auf den Markt zu werfen. Mit den Brillen verschmilzt die virtuelle mit der realen Welt vor den Augen des Betrachters.

Szenario: Alle überwachen sich gegenseitig

Das kann auch gefährlich sein, warnt Kalkuhl. Wenn alle diese Brille tragen, "ist abseits der eigenen Wohnung nichts mehr privat", schreibt er in seiner Analyse. Damit überwachen sich alle, die diese Brille tragen, gegenseitig und ermöglichen den Zugriff auf die eigenen Daten. Sorgen macht sich der IT-Spezialist vor allem darüber, wie sich Sicherheit und Bequemlichkeit die Waage halten. Denn Informationen über das Gegenüber mögen zwar nützlich sein - sie gefährden aber unsere Sicherheit im Alltag. Denn wollen wir wirklich ständig alles von uns preisgeben? Kakuhl schlägt darum etwa vor, an bestimmten Orten die Kameras zu deaktivieren. Die Frage ist nur, ob sich alle daran halten würden und ob alle die Risiken der Technik überhaupt verstehen. Jeder Entscheider, der schon einmal mit BYOD (Bring Your Own Device) zu kämpfen hatte, kennt das Problem.

Ein weiteres großes Problem dieser Technologie mag sein, dass die Gefahr steigt, Fehlinformationen zu unterliegen. Das können mutwillige und schädliche Änderungen in Restaurant- und Hotelbewertungen sein, auf die Nutzer der Augmented Reality unter Umständen hereinfallen. Natürlich ist das Problem mit manipulierten Bewertungen bereits hinlänglich bekannt und den meisten Nutzern dürfte klar sein, dass solche Bwertungen ohnehin bereits manipuliert sind. Schwierig wird es erst dann, meint Kalkuhl, wenn das System als Ganzes gehackt würde. Dann fällt es schwer, die Wirklichkeit von der "Verbesserten Wirklichkeit" zu unterscheiden. Die Brillen sind aber nicht das einzige, was bis 2030 auf uns zu kommt.

Siri als Vorbote Künstlicher Intelligenz

Kalkuhl glaubt an den Durchbruch der künstlichen Intelligenz und führt dabei etwa Apples "Siri" als virtuelle Assistentin an. Auch Google versucht sich an der Erschaffung eines solchen Systems. Aber Hirnforscher bezweifeln derzeit, ob es möglich sein wird, tatsächlich Denkstrukturen nachzubauen. Dazu sei das menschliche Gehirn einfach noch nicht gut genug verstanden. Ebenfalls in naher Zukunft möglich: Die Automatisierung unserer Umgebung, glaubt Kalkuhl. Putzroboter und vielleicht auch bald halbwegs intelligente medizinische Hilfsroboter gibt es schon, und auch automatisches Autofahren könnte, wenn man sich am "Google-Car" ein Beispiel nimmt, bald möglich sein, so Kalkuhl. Aber wie sieht es dann in Zukunft mit der Sicherheit aus?

Sicherheitsrisiken steigen

Kalkuhl geht davon aus, dass die Rechenleistungen von PCs immer weiter steigen werden. Das gilt auch für die Quantencomputer-Technik. Die macht zwar ungeahnte Rechenleistungen möglich - aber die Gefahren steigen ebenso an. Dank Quantencomputern könnten Hacker in Zukunft selbst RSA-Verschlüsselungen knacken, glaubt Kalkuhl. Und die gängigen Schadprogramme werden ohnehin nicht verschwinden. Wobei sich vielleicht doch eine Veränderung ergibt: Die Angriffe werden sich vermutlich eher auf die Server als auf die Endgeräte konzentrieren. Daran schuld ist auch Cloud Computing, denn alle wichtigen Daten sind bereits in der Cloud unterwegs. Wozu sollte ein Hacker dann versuchen, ein Endgerät zu knacken? Sicherheit in der Cloud bewegt schon jetzt die Gemüter, bis 2030 wird die Frage deutlich brisanter sein.

Wenn Häuser, Kampfdrohnen und sogar medizinische Einsatzroboter vollständig selbst agieren, wäre ein Crash oder ein Virus-Angriff umso gefährlicher. Das beschränkt sich aber nicht auf die ferne Zukunft von 2030. Schon jetzt ist ein Großteil unseres Geldes virtualisiert. Ein Hacker-Angriff kann schon jetzt Existenzen und Firmen zerstören. Und dass Daten manipuliert werden können und so unser Leben aufgrund von fremdbestimmter Informationen geführt wird, ist auch jetzt schon nicht abwegig.