Banken und Versicherungen

Kein Konzept von Enterprise 2.0

19.04.2012 von Christiane Pütter
Beim Einsatz von Enterprise 2.0 fehlen der deutschen Finanzbranche Konzepte. Definition, Rollenbeschreibungen, Governance - Nachholbedarf in allen Punkten diagnostiziert zumindest der Frankfurter Berater Plenum.
Wie der Consulter Plenum Social Media sieht.
Foto: Plenum Management Consulting

Es scheitert bereits an der Begriffsklärung. "Social Media" oder "Enterprise 2.0" - hier werden Werkzeuge und Funktionen, Produkte und Anbieter werden oft in denselben Topf geworfen. Das beobachtet zumindest der Berater Plenum aus Frankfurt/M. Plenum hat unter dem Titel "Der Entwicklungsstand von Enterprise 2.0" eine Befragung durchgeführt.

Zielgruppe der Umfrage waren Banken und Versicherungen, für die Plenum arbeitet. Der Teilnehmerkreis ist mit weniger als 25 Unternehmen klein - allerdings zählt Plenum Größen wie die HypoVereinsbank (Unicredit) und die Commerzbank sowie die Ergo-Gruppe und die Signal Iduna-Gruppe zu seinen Kunden.

Die Frankfurter Berater hatten eigentlich 50 ihrer Kunden angeschrieben. Dass sich so Wenige an der Umfrage beteiligt haben, liegt daran, dass Enterprise 2.0 bei den anderen momentan "keine große Priorität" genießt oder noch unentwickelt ist.

Plenum versteht Social Media als Überbegriff von Web 2.0 und Enterprise 2.0. Web 2.0 wiederum bezieht der Berater auf das Internet und Enterprise 2.0 auf Intranet und Extranet. Die Umfrage-Teilnehmer verstünden Social Media "noch häufig als reines Marketing- und Image-Instrument", so Jörg Geißler von Plenum. Der interne Einsatz steht demnach weit weniger im Fokus.

Wer Social Media eingeführt hat, nennt als Motivation eine ganze Bandbreite: Die Banken und Versicherungen wollen einerseits Kosten sparen und schneller auf den Markt reagieren können. Gleichzeitig wollen sie Motivation und Zusammenarbeit der Angestellten verbessern. Nicht zuletzt wollen sie sich modernisieren und ihre Attraktivität bei Bewerbern steigern.

An der Technik liegt es nicht

Dabei hatten sie offenbar mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Manche Umfrageteilnehmer beklagen mangelnde Unterstützung durch die Geschäftsführung - das geht bis zu Blockaden durch Führungskräfte. Andere haben den Aufwand unterschätzt oder nicht verstanden beziehungsweise nicht vermitteln können, worin der Nutzen von Social Media liegt. Einig sind sich die Befragten in einem Punkt: An der Technik lag es nicht.

Geißler kommentiert denn auch, Social Media werde häufig als "Wunderwaffe" gepriesen. Wunsch und Realität klafften bei vielen konkreten Projekten dann teilweise jedoch weit auseinander.

Was die Einsatzgebiete betrifft, so nutzen die befragten Banken und Versicherungen Social Media vor allem für Kundenservice und Wissens-Management. Social Media gelte als Plattform für Kommunikation und Wissen, so Plenum.

Nach Beobachtung von Geißler gehen die Entscheider dabei wenig zielorientiert vor. "Der Großteil der befragten Unternehmen verfolgt entweder gar keine langfristige Roadmap oder entwickelt nur schrittweise das Thema Social Media", schreibt er. Nur Wenige verfolgten einen gezielten Stufenplan.

Auch Rollen und Verantwortlichkeiten seien in Bezug auf Social Media nur "allgemein definiert", wie Geißler schreibt. Er stellt einen "eher geringen" Detaillierungsgrad fest. Richtlinien für die Nutzung orientierten sich hauptsächlich auf bestehenden Regelungen und Anweisungen. Einen eigenen Kodex für den Umgang mit Social Media erstellen nur wenige Unternehmen.

Folgerichtig kann kaum ein Unternehmen den Nutzen von Social Media quantifizieren. Zudem fehlen Erfahrungswerte.

Wo sich Social Media lohnt

Aus ihren eigenen bisherigen Erfahrungen leiten die Befragten Folgendes ab: Social Media lohnt sich in den Bereichen (Empfehlungs-)Marketing, Service, Wiki im Helpdesk, Crowdsourcing, Wissensdokumentation, Wikis in der IT und E-Learning-Plattformen für die Vertriebsausbildung.

Facebook habe sich dagegen nicht bewährt, gaben die Umfrageteilnehmer zu Protokoll. Zuständigkeiten und Konzept seien schwer zu klären.