Forschung bei Boehringer Ingelheim

KI entwickelt Antikörper

20.03.2024 von Jürgen  Hill
Auf der Suche nach neuen Antikörper-Behandlungen, um schwere Krankheiten zu bekämpfen, setzt Boehringer Ingelheim auf die Unterstützung durch KI.
Bei der Forschung nach neuen therapeutischen Antikörpern setzt Boehringer Ingelheim auf die Unterstützung durch KI.
Foto: Corona Borealis Studio - shutterstock.com

Um die Entwicklung neuer Medikamente zu beschleunigen, setzt das 1885 gegründete Familienunternehmen Boehringer Ingelheim auf Künstliche Intelligenz, Analytics und Data Science. Dazu schuf das Unternehmen auch den eigenen Bereich Global Computational Biology and Digital Sciences (gCBDS), um große Datenmengen für die Suche nach neuen Wirkstoffen zu nutzen.

Suche nach Antikörpern

Dazu gehört auch, nach neuen therapeutischen Antikörpern zu forschen. Antikörperbehandlungen sind eine wichtige Waffe im Kampf gegen schwere Krankheiten wie Krebs, Autoimmun- und Infektionskrankheiten. Zudem scheinen sie weniger Nebenwirkungen als klassische Medikamente zu haben, was die Hoffnung auf neue Behandlungsmöglichkeiten weckt.

Allerdings ist die Entwicklung neuer Antikörper sehr zeitaufwändig und arbeitsintensiv. Dabei ist nicht nur akribische Präzision gefordert, sondern auch langwierige Versuchsreihen im Labor.

KI statt Laborversuch

Warum diesen Prozess nicht mit In-silico-Methoden beschleunigen, so die Überlegungen bei Boehringer. Also die Suche nach neuen Antikörpern durch Simulationen im Computer schneller vorantreiben? Das Ziel dabei, so Andrew Nixon, Global Head of Biotherapeutics Discovery bei Boehringer Ingelheim, war klar: "Die In-silico-Entwicklung soll es Boehringer ermöglichen, neue Behandlungen für Patienten mit hohem ungedecktem Bedarf zu entwickeln und anzubieten."

Um dies zu realisieren, so Nixon weiter, entschied sich das Unternehmen dazu, "mit dem Forschungsteam von IBM zusammenzuarbeiten, das unsere Vision teilt, die In-silico-Entwicklung von biologischen Arzneimitteln Wirklichkeit werden zu lassen." Als Grundlage sollten die Sequenz-, Struktur- und molekularen Profilinformationen krankheitsrelevanter Ziele sowie Erfolgskriterien für therapeutisch relevante Antikörpermoleküle wie Affinität, Spezifität und Entwicklungsfähigkeit dienen, um In-silico neue menschliche Antikörpersequenzen zu generieren.

Vortrainierte Modelle

In Sachen KI verwendet Boehringer ein vortrainiertes Modell von IBM, das mit eigenen proprietären Daten angereichert wird.
Foto: Boehringer Ingelheim

Boehringer will hierzu ein von IBM entwickeltes, vortrainiertes KI-Modell verwenden, das mit zusätzlichen proprietären Daten von Boehringer weiter verfeinert wird. Dabei stützt man sich auf neue Foundation-Modell-Technologien von IBM, die die Antikörperentwicklung schneller und effizienter machen sowie die Qualität der vorhergesagten Antikörperkandidaten erhöhen sollen.

Diese Foundation-Modelle, die sich bei der Generierung von Biologika und kleinen Molekülen mit relevanten Zielaffinitäten als erfolgreich erwiesen haben, werden verwendet, um Antikörperkandidaten für die definierten Zielmoleküle zu entwerfen. Anschließend werden die Ergebnisse mit einer KI-gestützten Simulation geprüft, so dass die besten Binder für das Ziel ausgewählt und verfeinert werden können.

In einem Validierungsschritt will Boehringer dann die Antikörperkandidaten im Labormaßstab herstellen und experimentell bewerten. Im Weiteren werden die Ergebnisse der Laborversuche dann eingesetzt, um die In-silico -Methoden über Feedbackschleifen zu verbessern.

Proprietäre Daten als Ergänzung

Die hierzu verwendeten biomedizinischen Foundation-Modelltechnologien von IBM basieren auf einer Vielzahl heterogener, öffentlich verfügbarer Datenbestände. Dazu zählen unter anderem Protein-Protein-Interaktionen und Arzneimittel-Ziel-Interaktionen, mit denen vortrainierte Modelle entwickelt werden. Diese vortrainierten Modelle können dann Partner wie Boehringer anhand spezifischer proprietärer Daten weiter verfeinern, um neu entwickelte Proteine und kleine Moleküle mit den gewünschten Eigenschaften hervorzubringen.

Weitere KI-Projekte

Die Zusammenarbeit mit IBM ist nur eines von zahlreichen KI-Projekten bei Boehringer Ingelheim. Das Unternehmen ist derzeit dabei, mit Partnern aus dem akademischen und gewerblichen Bereich ein digitales Ökosystem aufzubauen, um Medikamente schneller zu entdecken und zu entwickeln sowie neue Möglichkeiten zu schaffen, die das Leben von Patienten verbessern können.

So arbeitet man etwa mit der Medizintechnik von Zeiss zusammen, um prädiktive Analysen zu entwickeln, die eine Früherkennung von Augenkrankheiten und individuelle Behandlungen ermöglichen. Ziel ist es, den Verlust der Sehkraft bei Personen mit schweren Augenerkrankungen zu verhindern.

Dabei setzen die Partner auf die KI-gestützte Analyse großer Bilddatensätze. Damit soll die Grundlage für klinische Studien geschaffen werden, um personalisierte und präzisere Behandlungen in frühen Stadien chronischer Netzhauterkrankungen zu entwickeln. Ferner will man so mit KI-Hilfe eine frühere Erkennung und Prognose zum Erhalt des Sehvermögens durch neue Behandlungswege ermöglichen.

Boehringer Ingelheim | KI in der Forschung
Branche: Pharma
Use Case: Medikamente und Heilmethoden schneller erforschen und entwickeln
Lösung: Laborversuchsreihen mit KI-Modellen simulieren
Partner: IBM

Die Top-CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Dirk Ramhorst
Seit dem 1. Mai 2022 ist Dirk Ramhorst, ehemaliger IT-Chef von Wacker Chemie, CIO beim Spezialchemiekonzern Evonik. Seine Vorgängerin Bettina Uhlich ging in den Vorruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.