Großes Potenzial

Lizenzmanagement - unbeliebt, aber lohnenswert

14.03.2016 von Branimir Brodnik und Sascha Wolff  
Lizenzen und Wartungsgebühren machen rund ein Viertel des IT-Budgets aus. Im Software Asset Management stecken aber eine Menge Potenziale fürs Unternehmen. Das quer durch die Organisation transparent zu machen, ist ein lohnenswertes Unterfangen.
  • Lizenzbestimmungen und Nutzerrechte sind oft intransparente Einschränkungen nach ständig wechselnden Vorgaben; jeder Software-Hersteller erlässt eigene, kaum nachvollziehbare Regeln
  • Insbesondere das Eliminieren rechtlicher Risiken schafft schnell einen positiven Business Case, der im Unternehmen oft gar nicht bekannt war
  • Dafür muss Lizenzmanagement einen höheren Stellenwert im Top-Management und bei jedem Mitarbeiter bekommen
  • Wer von Mitarbeitern nicht nur Akzeptanz, sondern aktive Unterstützung will, muss internes Marketing betreiben

Kaum eine Aufgabe hat so wenig "Glamour", produziert so viel scheinbar überflüssigen Aufwand und wird deshalb als Bremsklotz empfunden. Und bei kaum einer Aufgabe sind Lieferanten und Provider so wenig hilfreich. Bei genauerer Betrachtung stecken im Lizenzmanagement aber eine Menge Potenziale und ein nicht zu unterschätzender Wertbeitrag fürs Unternehmen. Das quer durch die Organisation transparent und verständlich zu machen, ist ein lohnenswertes Unterfangen. Das Verständnis von Lizenzmanagement als Teil eines umfassenden Software Asset Managements ist nur der Anfang.

Ein guter IT-Verantwortlicher will Probleme lösen, Geschäftsprozesse unterstützen, den Mitarbeitern attraktive Anwendungen anbieten. Sich um das Lizenzmanagement zu kümmern, gehört üblicherweise nicht zu den Traumjobs der IT. Sicher: Die schiere Notwendigkeit von Lizenzmanagement ist unbestritten – aber die komplexe Umsetzung macht es zu einem der Stiefkinder der Branche.

Kaum nachvollziehbare Regeln der Anbieter

In der Tat scheint Lizenzmanagement, zumindest aus der Sicht der IT, dem Kampf gegen Windmühlen zu ähneln. So sind Lizenzbestimmungen und Nutzerrechte oft intransparente Einschränkungen nach ständig wechselnden Vorgaben. Jeder Software-Hersteller erlässt eigene, kaum nachvollziehbare und unverständliche Regeln, die im operativen IT-Alltag nur sehr schwer einzuhalten sind. Zur Umsetzung dieser Lizenzbestimmungen erlässt das Lizenzmanagement dann Vorgaben und Richtlinien, leider meist ohne die Machbarkeit und die technische Umsetzbarkeit zu hinterfragen.

Lizenzmanagement ist oft das hässliche Entlein unter den IT-Disziplinen. Ein Neustart ist überfällig - und lohnenswert.
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All das trägt zum schlechten Image bei. In der Wahrnehmung der Mitarbeiter blähen Lizenzmanagement und Software Asset Management Prozesse und Arbeitsabläufe auf, sie behindern die tägliche Arbeit und Umsetzung der IT-Strategie; und sie erzeugen Aufwand ohne einen messbaren Mehrwert in der täglichen Arbeit der Administratoren und End-User.

Hinzu kommt: Lizenzmanagement ist ein teures Datensilo - es werden viele Daten erfasst, verarbeitet und nur für die Aufbereitung der Lizenzbilanz verwendet. Eine Weiterverwendung wird nicht ermöglicht, da die Datenaufbereitung nicht kommuniziert und zur Verfügung gestellt wird. Die gewonnen Informationen gehen damit verloren.

Bereich ohne Lobby

Alle genannten Faktoren erzeugen Skepsis und Ablehnung. Lizenzmanagement hat oftmals keine Lobby in Unternehmen. Lizenzmanagement wird nicht in das Change und Demand Management eingebunden und kann deshalb nur reagieren, wenn Compliance-Risiken entstehen. Eine aktive Rolle ist nicht vorgesehen und das Lizenzmanagement wird nicht aktiv in die strategische Weiterentwicklung und Konzeption der IT(-Architektur) eingebunden. Änderungen an IT-Architekturen sind häufig hardwareorientiert und in der Regel nur unter rudimentärer Berücksichtigung von Software-Lizenzgebühren.

Unbestritten positive Effekte

Insgesamt ist das Lizenzmanagement also in einer Spirale der Geringschätzung oder sogar Ablehnung gefangen. Ein echtes Stiefkind der IT also. Nur: Wie kann es sein, dass das Management eines so schwergewichtigen Bereichs – immerhin rund ein Viertel der gesamten IT-Kosten gehen auf das Konto von Lizenzen und Wartung – einen so schlechten Ruf besitzt? Ist das Lizenzmanagement einfach nur verkannt? Immerhin ist auch eine ganze Reihe von positiven Effekten unbestritten:

Insbesondere das Eliminieren der rechtlichen Risiken schafft schnell einen positiven Business Case, der im Unternehmen oft gar nicht bekannt war. Lizenzmanagement hat also durchaus Schokoladenseiten – sie müssen nur angemessen zur Geltung gebracht und kommuniziert werden.

BME über Lizenz-Management
Lizenz-Management
Beim Lizenz-Management geht es nicht nur darum, Unter- sowie Überlizenzierung zu vermeiden. Ziel ist auch, Compliance-Vorgaben einzuhalten. Der BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik) hat eine Systematik der Rollen und Aufgaben im Lizenz-Management erstellt. Diese finden Sie auf den folgenden Seiten.
Lizenz-Management laut BME Teil 1
Zunächst geht es um die Kernrollen des Lizenz-Managements. Dabei unterscheidet der BME in Service Owner und Lizenz-Manager/Prozessmanager.
Lizenz-Management laut BME Teil 2
Fortsetzung der Kernrollen im Lizenz-Management.
Lizenz-Management laut BME Teil 3
Fortsetzung Kernrollen im Lizenz-Management
Lizenz-Management laut BME Teil 4
Fortsetzung Kernrollen im Lizenz-Management
Lizenz-Management laut BME Teil 5
Diese Rollen beziehungsweise Verantwortlichkeiten empfiehlt der BME für den Auditfall im Unternehmen.
Lizenz-Management laut BME Teil 6
Fortsetzung der Rollen, die im Auditfall benötigt werden

Attraktivität dank "Styling"

Dafür reicht der neue (zugegeben: umfassendere) Begriff "Software Asset Management" (SAM) statt Lizenzmanagement aber keineswegs aus: Nur wenn Lizenzmanagement im Rahmen von Software Asset Management ganzheitlich verstanden, umgesetzt und vermittelt wird, kann es sich einen angemessenen Stellenwert erarbeiten. Das beginnt mit dem Verständnis, dass Lizenzmanagement alle im Unternehmen betrifft – nicht nur das Top-Management, sondern jeden Mitarbeiter. Gefolgt von dem Verständnis, dass Lizenzmanagement keine Schikane des Controllings darstellt, sondern eine Pflicht, weil es ursächlich auf das Urheberrecht zurückgeht.

Wer aber von den Mitarbeitern nicht nur Akzeptanz, sondern aktive Unterstützung will, muss mehr tun: Ohne "Styling" bleibt die nötige Attraktivität aus, internes Marketing ist also gefordert. Dabei ist die Aufnahmebereitschaft der Mitarbeiter durchaus nicht zu unterschätzen – ein Grundverständnis für Compliance und Kostenreduktion ist oftmals vorhanden. Entscheidend dafür ist aber der Wille zur Transparenz. Die herstellerbedingten technischen und prozessualen Vorgaben müssen offengelegt werden – genau wie die Kosten, die bei Nichteinhaltung entstehen können.

Software Asset Management zieht sich durch die komplette Infrastruktur

Dass sich Software Asset Management durch die komplette Infrastruktur des Unternehmens zieht, ist vielen Kollegen gar nicht bewusst: Netzwerke mit Firewalls, Scanner für Server- und Client-Umgebungen, aber auch zentrale Services zur User-Verwaltung – und vieles mehr. Wurden alternative Software-Produkte oder Lizenzformen geprüft und verworfen? Dann sollte der Mitarbeiter das auch wissen (können). Eine Option ist auch die Auslagerung des Software Asset Management im Sinne von Reporting, Verwaltung und Prüfung der Einhaltung von Lizenznutzungsrechten.

Zeigt die Akzeptanz erst einmal eine aufsteigende Tendenz, treten die Chancen eines aktiven Software Asset Management erst richtig zu Tage:

SAM vermeidet überraschende Kosten bei neuer Hardware

Eine weitere, nicht zu unterschätzende Rolle kommt dem Software Asset Management aber auch in der "Beziehungsarbeit" zwischen IT-Strategie/IT-Architektur und Software zu. Die IT richtet sich häufig hinsichtlich der Hardware kostenoptimal aus, Software-Lizenzierung wird dagegen oftmals nicht oder nur eingeschränkt berücksichtigt. Dadurch entstehen nach der Umsetzung der Hardware-Planung nicht selten hohe ungeplante und nicht budgetierte Folgekosten für Software-Lizenzen, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vermeidbar sind (außer durch einen erneuten Hardware-Change). Konsequentes SAM vermeidet diese unangenehmen Überraschungen.

Ständige Kontrolle und Anpassung der Lizenzanforderungen

Klar muss aber auch sein, dass SAM eine angemessene Pflege und ausreichend Ressourcen erfordert. So ist eine ständige Kontrolle und Anpassung zur Abbildung der Lizenzanforderungen notwendig. Eine permanente und automatisierte Lizenzdatenverarbeitung entspricht quasi einer laufenden Inventur. Genauso wichtig ist die Rückführung der gewonnen Informationen aus dem SAM-Werkzeug in eine zentrale Datenbank zur Weiterverwendung und allgemeinen Bereitstellung. Das eröffnet auch die Möglichkeit zum Aufbau eines detaillierten Reportings.

Je mehr Information ins SAM integriert wird, desto präzisere Planungen und Auswertungen sind möglich. Ist die Mitarbeiterzahl präzise erfasst? Wie viele sind im Vorruhestand, wie viele in Mutterschutz/Elternzeit? Wie viele technische User gibt es? Wie viele User haben zwei oder mehr Benutzerkonten? Jede Antwort birgt finanzielles Potenzial beziehungsweise Risiken.

Software Asset Management – Das Stiefkind wird ein Mustersohn

Lizenzmanagement oder – neu: Software Asset Management – ist also keineswegs nur ein Klotz am Bein der Mitarbeiter und des Controllings. Richtig eingesetzt und intern richtig gefördert bietet es zahlreiche Möglichkeiten, Kosten ohne Einschränkungen für den Anwender zu reduzieren und Risiken zu vermeiden. Und das bei voller Wahrung der Flexibilität. Wenn die Mitarbeiter sich dieser Rolle bewusst sind, kann aus dem Stiefkind ein Mustersohn werden. Dieses Styling ist also nicht nur für die Optik da, sondern schafft Werte.