Professor Arnold Picot zu BI

"Mangel im Überfluss"

15.06.2010 von Thomas Pelkmann
Das Interesse an Business Intelligence ist groß, in der Praxis hapert es aber noch gewaltig. Besser ist dabei, wer BI zur zentralen Aufgabe macht und die an ein Competence Center delegiert.

Arnold Picot, Professor an der Universität München, wundert sich: Trotz der nie dagewesenen Datenfülle in und außerhalb von Unternehmen macht der Wissenschaftler einen Mangel an entscheidungsrelevanten Informationen aus. "Es zeigt sich ein merkwürdiges Paradox: Mangel im Überfluss", so Picot im Vorwort zur Studie "BI Challenge", die er zusammen mit dem IT-Dienstleister Cirquent verfasst hat.

In der Umfrage unter 153 Vertretern deutschsprachiger Unternehmen zeigt sich in der Tat, dass es trotz des anhaltend großen Interesses für Business Intelligence (BI) große Schwächen in der Umsetzung und der strategischen Planung gibt.

So bezeichnen rund zwei Drittel der Befragten ihre bestehende BI-Landschaft als "heterogen". Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer hat mehr als ein Backend-System im Einsatz, 48 Prozent mehr als ein Frontend. "Heterogenität" - stattdessen könnte hier auch von "Durcheinander" die Rede sein. Im Backend dominieren ebenso SAP-Lösungen zu 73 Prozent wie im Frontend mit einem Anteil von 55 Prozent.

Zur Heterogenität (vulgo: Durcheinander) trägt auch die Tatsache bei, dass die Firmen zum Erstellen von Berichten "weitere Produkte" einsetzen. Meist ist das Excel: Neun von zehn Unternehmen setzen auf die Tabellenkalkulation von Microsoft Office.

Das liegt offenbar daran, dass Office auf fast allen Arbeitsplätzen schon vorhanden ist, wirkt sich aber nicht förderlich auf das Ergebnis aus: So kritisieren die Autoren der Studie, dass "Excel-Berichte in der Regel nicht im Rahmen von Business Intelligence entstehen beziehungsweise im Nachgang umfassen überarbeitet werden müssen". Zudem werde das Ziel "Single Source of Truth" durch die Weiterverarbeitung und Ergänzung gefährdet.

Qualität von BI-Reports lässt zu wünschen übrig

Entsprechend bescheiden ist die Qualität solcher Berichte, die sich aus dem Aufwand für die Nachbearbeitung ergibt. So geben nur 13 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie keine Nacharbeit mit den Berichten hätten. Ein Viertel muss dagegen bei 40 bis 80 Prozent der Reports nachbessern, sieben Prozent sogar bei mehr als 80 Prozent. Erfahrungsgemäß sei das auf mangelnde Konsistenz und auf Mängel in der Qualität der Daten zurückzuführen.

Mängel stellt die Studie auch bei den strategischen Aspekten von BI fest. So würden die vorhandenen BI-Systeme vor allem zur Bereitstellung operativer Informationen "und damit zur eher kurzfristigen Unternehmenssteuerung" eingesetzt.

Daten hingegen, die zur strategischen Steuerung benötigt werden (aus Markt und Wettbewerb), gebe es zwar, allerdings lägen diese meist unstrukturiert vor. Für die Verarbeitung solcher Daten, konstatieren die Autoren der Studie, seien gängige BI-Systeme aber "nur bedingt" geeignet.

Dabei sei genau das eine der "wesentlichen Herausforderungen im BI-Umfeld", mahnt die Studie und kritisiert, dass "die bisherigen Ansätze über die Suchfunktionen von Google kaum hinaus" gehen. "Auch wenn dieses Thema seit Jahren diskutiert wird, (...) ist es bis heute keinem der BI-Anbieter gelungen, eine adäquate Lösung zu entwickeln."

Allerdings scheint das Bewusstsein für diese Herausforderungen auch in den Unternehmen noch nicht so recht angekommen zu sein. Immerhin jeder dritte Studienteilnehmer hält Informationen zu Trends, Entwicklungen und Erfindungen, die Rat bei unternehmerischen Innovationsprozessen geben könnten, für "nicht erforderlich".

Besser ist, wer BI zentral verwaltet

Schuld am Ergebnis dieser bescheidenen Bestandsaufnahme ist nicht nur die heterogene System- und Anwendungslandschaft. So erhielten die Autoren der Studie immer dann bessere Ergebnisse, wenn die BI-Landschaft in den Unternehmen von zentraler Stelle aus in speziellen Competence Centern verwaltet wird.

Zwar gibt es durchaus strategische Ziele mit Business Intelligence. Fast alle befragten Unternehmen begründen ihren Wunsch nach BI damit "ein aussagefähiges und standardisiertes Berichtswesen zu schaffen, das transparent und nachvollziehbar ist". Im Detail heißt das: bessere Entscheidungsunterstützung, einheitliche und verbindliche Datenquellen sowie effiziente Bereitstellung von Berichten.

In der Praxis bestünden dagegen im BI-Umfeld aber fachliche, und/oder organisatorische Probleme, "die die Leistungsfähigkeit maßgeblich beeinträchtigen".

Eins der größten Schwierigkeiten machen Cirquent und Uni München das Fehlen eines zentralen Anforderungsmanagements aus. Das könne dazu beitragen, "uneinheitliche Anforderungen zu konsolidieren, sich ändernde Anforderungen zu sammeln und zu bewerten und deren Umsetzung zu begleiten". Der meist unsystematische Umgang mit den Anforderungen führe in der Folge zu Performance-Problemen und zu Inkonsistenzen in den Berichten.

Angesichts dieser bescheidenen Bilanz sprechen sich die Autoren der Studie für die Einrichtung von Competence Centern für BI aus. Die Ergebnisse der Studie unterstrichen die Notwendigkeit, solche Center zu etablieren. "Eine solche ‚BI-Schaltzentrale’ ist nicht nur für Entwicklung, Konzeption und Implementierung von Themenbereichen im Bereich Business Intelligence zuständig, sondern integriert und koordiniert auch sämtliche Anforderungen aus fachlicher, organisatorischer sowie technischer Sicht".