Finanzbranche sieht Daten als Vermögenswert

Mehrheit plädiert für straffere Regeln

26.10.2009 von Werner Kurzlechner
Fast alle deutschen Banken und Versicherungen messen der Datenqualität hohe Bedeutung bei. Verantwortlich für die Pflege ist häufig die IT-Abteilung, während nur ein Bruchteil der Finanzunternehmen einen speziellen Datenbeauftragten für diese Aufgabe einsetzt. Das ergibt eine aktuelle Umfrage unter 60 Unternehmen.

Es erscheint verblüffend, wie konsequent ausgerechnet die Finanzbranche nach Einbruch der Krise auf den starken Arm des Staates hofft und das eigene Handeln in der Vergangenheit hinterfragt. Auch eine Umfrage zum Spezialthema Datenqualität, durchgeführt von Pierre Audoin Consultants (PAC) im Auftrag des Lösungs-Anbieters DataFlux, fügt sich in dieses Bild. Man hätte annehmen können, dass die Befragten aus der Banken- und Versicherungswirtschaft staatliche Gängelung scheuen und über Regularien schimpfen. Weit gefehlt: 91 Prozent sprechen sich beispielsweise für neue Richtlinien aus, um die Auswertung, Verwaltung und Wiedergabe von Daten nach branchenüblichen Standards zu garantieren.

Grafiken zur PAC-Umfrage
Zuständigkeit für Datenqualität oder Data Governance
Banken und Versicherungen erscheinen in Sachen Datenqualität naturgemäß reifer als andere Branchen. Umso bemerkenswerter, dass sich das Konzept eines Datenbeauftragten in den Unternehmen noch kaum durchgesetzt hat – und sogar sieben Prozent der befragten Unternehmen ohne spezielle Zuständigkeit für die Daten auszukommen meinen.
Nutzung von Data-Management-Tools
Einen Königsweg in Sachen Tools haben die Finanzunternehmen offenbar noch nicht gefunden. Im Einsatz sind die verschiedensten Anwendungen, mit einem leichten Übergewicht für Data Profiling und Data Quality.


Bei den bereits geltenden gesetzlichen Vorgaben sehnen sich die Befragten mehrheitlich nach einer konsequenten Durchsetzung dieser Regeln. 52 Prozent nennen dies als den entscheidenden Faktor dafür, dass die Branche von den Richtlinien auch profitiert. Nur 28 Prozent sind der Überzeugung, die Verantwortung liege nicht beim Staat, sondern bei den Unternehmen.

95 Prozent sehen in den Daten einen strategischen Vermögenswert

Dass die Regeln beim Datenmanagement einen schwer durchdringlichen Wust bilden, stört die Branche offenbar nicht. Abermals überraschend spricht sich nur ein verschwindend geringer Anteil von 3 Prozent mit hoher Priorität dafür aus, das derzeitige fragmentierte Regelwerk durch ein allgemein gültiges System zu ersetzen - obwohl ja das Navigieren in einem Meer von Regeln erheblichen Aufwand verlangt.

Ein knappes Drittel gesteht ein, dass mangelnde Aufmerksamkeit oder fehlende Kontrolle der Daten einen Beitrag zur Finanzkrise geleistet oder sogar eine wesentliche Rolle gespielt hat. Man kann das durchaus für einen Wert halten, der von nicht selbstverständlicher Selbstkritik auch auf diesem Gebiet zeugt. PAC kommt da allerdings, den internationalen Vergleich im Blick, zu einem anderen Ergebnis. "Es zeigt sich deutlich, dass deutsche Banken und Versicherungen zufrieden sind mit ihrem bisherigen Datenmanagement", heißt es in der Trendanalyse.

Offenkundig ist jedenfalls, dass sich in der Umfrage ein geringerer Nachholbedarf offenbart als in anderen Erhebungen. Selbstredend ist die Branche stärker auf das Sauberhalten von Daten geeicht als andere. Entsprechend betrachten 95 Prozent der Befragten ihre Daten als strategischen Vermögenswert. Die Datenqualität erscheint ebenso vielen Unternehmen extrem wichtig, um eine erfolgreiche Compliance sicherzustellen. 61 Prozent nennen Compliance auch als den entscheidenden Grund für Investitionen in die Datenqualität. Ein Data Governance-Projekt haben 90 Prozent bereits implementiert, 5 Prozent sind augenblicklich gerade dabei.

Schaut man genauer auf die Herangehensweisen beim Management der Datenqualität, ergibt sich ein disparates Bild. Zu fast gleichen Teilen managen die Unternehmen ihre Daten auf strategischer Unternehmensebene, über mehrere Business Units hinweg, in den einzelnen Fachbereichen oder auf Anwenderebene. Ebenso groß ist die Vielfalt der eingesetzten Tools. Jeweils etwa 30 Prozent setzen auf Data Profiling, das sich mit der Überprüfung auf Fehler und Redundanzen beschäftigt, und auf Data Quality, wozu generelles Korrigieren, Standardisieren und Verifizieren von Daten zählt. 18 Prozent nutzen Enterprise Content Management (ECM), 17 Prozent Data Integration. Während etwa zwei Fünftel auf eine Kombination aus Lösungen verschiedener Anbieter setzen, vertrauen 59 Prozent integrierten Suiten.

Verantwortlich für die Pflege der Datenqualität ist in der Hälfte der Firmen die IT-Abteilung. Jeweils ein Fünftel betraut entweder eine zentrale Informationsabteilung mit dieser Aufgabe oder die Anwender, die täglich mit den Daten zu tun haben. Ein spezieller Datenbeauftragter ist nur bei 4 Prozent der Firmen im Einsatz.