Digitale Krankenakten

Mit flexibler IT vom Krankenhaus zum Service Provider

15.08.2006 von Oliver Weiss/CW at
Eines der größten Projekte von Krankenhausverwaltungen in ganz Europa ist die Einführung digitaler Krankenakten. Der größte private Krankenhausbetreiber Österreichs, der Orden der Barmherzigen Brüder, hat aus diesem Grund 2004 eine komplette Überarbeitung der IT-Struktur in die Wege geleitet. Der Orden unterhält in Österreich sieben Spitäler in Eisenstadt, Graz, Linz, Salzburg, St. Veit/Glan und Wien, Pflegeeinrichtungen bei Graz und Wien sowie ein Kneippzentrum im Innviertel.

Hauptziele der IT-Reform mit Planungshorizont bis Ende 2006 sind die Straffung und die Vereinfachung der IT-Verwaltung bei gleichzeitiger Gewährleistung der größtmöglichen Sicherheit der Patientendaten. Hintergrund ist nicht zuletzt das über die Jahre stark gestiegene Datenaufkommen. Österreichische Spitäler sind gesetzlich verpflichtet, jede Akte 30 Jahre aufzubewahren. Die Zuverlässigkeit und Sicherheit des digitalen Archivs hat folglich höchste Priorität. Schließlich müssen Patientendaten auch noch nach Jahren schnell wieder abrufbar, vollständig lesbar und unverfälscht sein.

Die Verteilung der Standorte der Barmherzigen Brüder auf mehrere Bundesländer trägt zur Komplexität der IT-Struktur bei. So hat jedes Spital eine eigenständige IT-Umgebung, geprägt von Servern mit direkt angeschlossenem Speicher. Die Storage-Verwaltung war entsprechend aufwändig. Zudem war keine zentrale Kontrollierbarkeit der Daten gegeben. Adolf Inzinger, Leiter IT und Controlling, nennt Konsolidierung als Mittel zum Erfolg: "Wir haben auf so gut wie allen Ebenen eine völlig neue Struktur eingeführt. Die Kommunikation läuft über eine Citrix-Umgebung mit zentralem Zugriff auf das Rechenzentrum in Eisenstadt. Zudem wird die Dokumentation und Archivierung aller Patientendaten in einem System zusammengefasst. Dahinter steht eine Speicherstruktur, die nicht nur Datenbankspeicher, sondern auch Backup, Restore und Archivierung zentralisiert." Für den Endausbau ist der Betrieb von 150 Servern geplant, die untereinander und mit dem Speicher über Lichtleiter vernetzt sind.

Sicherheit für Patientendaten

Das mehrstufige, flexible und vor allem langfristig ausbaufähige Konzept von Network Appliance überzeugte die Unternehmensleitung. Die Wahl fiel auf einen FAS920 MetroCluster mit fünf Terabyte (TB) Startkapazität und Support für CIFS, NFS und iSCSI für das Rechenzentrum in Eisenstadt und FAS250- oder FAS270-Systeme für die Spitäler in Eisenstadt, Graz, Linz, Salzburg, St. Veit/Glan und Wien.

Das neue Rechenzentrum wurde nicht nur mit modernster Technik vom Brandschutz mittels Oxy Reduct-Anlage bis hin zu umfangreichen Zutrittskontrollen abgesichert - ein Ausweichrechenzentrum, das über Dark Fibre-Leitung mit dem Hauptrechenzentrum verbunden ist, sorgt für Datenredundanz. Die Software Syncmirror synchronisiert die Datenspiegel und sichert so die Verfügbarkeit der Daten. Eine Nearstore R200 mit aktuell acht TB brutto im Ausweichrechenzentrum dient als Snapshot-Spiegel für das FAS920-System im Hauptrechenzentrum, wo auch die stündlichen Snapshot-Spiegel der FAS-Systeme auflaufen. Auf Tape wird nicht verzichtet, um zusätzlich ein leicht transportierbares Speichermedium zu haben. Backups-Sftware von Syncsort sichert die Nearstore-Snapshots zur Langzeitarchivierung auf Tape.

"Mit der Konsolidierung auf einer multiprotokollfähigen Plattform ist die Verwaltung deutlich einfacher geworden. Dem Network Appliance-Speicher ist es egal, ob er mit Windows- oder Unix-Servern kommuniziert, so dass wir flexibel bei der Ausrichtung des Datenzugriffs und der Wahl der Applikationen sind. Zudem haben wir das Backup und Disaster Recovery elegant gelöst. Alle Backup-Daten werden in Eisenstadt konzentriert, so dass wir auch die Datensicherung der Außenstellen zentral unter Kontrolle haben", so Inzinger.

Sicherheit durch Speicherkonzept

Das mehrstufige Konzept mit remoter Snapshot-Spiegelung für Backup und Disaster Recovery, synchronem Datenspiegel des Hauptspeichers, Zentralarchiv und Auslagerung der Backups auf Tape knüpft ein engmaschiges Sicherheitsnetz für die elektronische Patientenakte und die Applikationen sowie Datenbanken, die sie ermöglichen. So setzt das neue Visiten-Management, das Ärzten ergonomischen Zugriff auf Patientendaten gibt, einen schnellen und zuverlässigen Datenservice von stabilen Speichern voraus. Über die bestehenden Funknetze werden die Ärzte direkt am Bett des Patienten die Informationen aus der Akte wie Röntgenbilder, Laborergebnisse oder Krankheitsverlauf abrufen können.

Für die Archivierung kommt eine Lösung der Innsbrucker Firma Synedra zum Zug. Synedra AIM ist eine Archivlösung für sämtliche patientenbezogenen Daten einer Gesundheitseinrichtung. Sie integriert Daten aller Fachrichtungen wie Pflege oder Labor, aber auch digitales Bildmaterial, das in PAC-Systemen verwaltet wird. PAC steht für Picture Archiving and Communications und sorgt für die netzwerkgestützte Bereitstellung archivierter Bilder wie etwa Röntgenaufnahmen oder Laboranalysen. Hinzu kommen Audio- und Videodaten. Als Zentralarchiv für die Multimediadaten dient der Sekundärspeicher Nearstore in Verbindung mit der Software Snaplock Compliance. Diese sorgt per Mausklick dafür, dass auf Festplatten gespeicherte Daten auf einen vordefinierten Zeitraum weder verändert noch gelöscht werden können. Die Aufbewahrungsfrist für Dokumente beträgt in Österreich 30 Jahre, für Bilddaten sind es zehn Jahre.

"Mit dieser Lösung können wir die gesetzlichen Vorschriften erfüllen und profitieren von den Vorteilen eines Festplattenspeichers. Wir können sicher sein, dass die Daten schnell und zuverlässig bereitgestellt werden und auf Jahrzehnte hinaus exakt wie abgelegt abrufbar sind. Die Speicher sind hoch skalierbar, so dass wir auf das prognostizierte Datenwachstum von zehn TB jährlich vorbereitet sind", so Inzinger.

Darüber hinaus ist das Rechenzentrum mit der neuen Storage-Struktur so flexibel, dass nicht mehr nur der eigene Bedarf abgedeckt werden kann: Das Rechenzentrum der Barmherzigen Brüder bietet nun die Möglichkeit, auch als IT Service Provider für externe Gesundheitseinrichtungen auftreten.