Aufstieg in der IT

Mitarbeiter müssen Karriere selbst anstoßen

02.06.2014 von Peter Ilg
Ob als Führungskraft, Fachexperte oder Projektleiter, Aufstieg in der IT hat unterschiedliche Gesichter. Gemeinsam ist allen Wegen, dass die IT-Experten ihre Entwicklungschancen selbst einfordern müssen.

Bernd Ludwig gehört als Chief Technologist zu den gefragten Fachmännern bei HP Deutschland. Nicht nur intern, sondern auch für Kunden ist er ein wichtiger Ansprechpartner für Cloud und Cloud-Architecture-Projekte. Der 46jährige Informatiker ist heute froh, sich für eine Fachlaufbahn entschieden zu haben. „Das passt besser zu mir, als Mitarbeiter managen." Das hat er nur kurze Zeit versucht und festgestellt, dass seine Kompetenzen im Vermitteln technischer Themen liegen.

Bernd Ludwig hat sich für eine Fachlaufbahn bei HP entschieden.
Foto: Ludwig

Ludwigs Karriere hat sich nicht von selbst ergeben. Schon zwei Jahre nach dem Studium signalisierte der damalige Softwareentwickler, dass er sich weiterentwickeln möchte. „Ich habe meinem Vorgesetzten gesagt, dass ich gerne mal für einige Zeit im Ausland arbeiten würde", erinnert sich Ludwig. Wenig später schlug der ihm einen Job in Brüssel vor. „Ich sollte mein Fachwissen in der HP-Organisation in Brüssel einbringen und Projekte mit einem größeren Wirkungskreis als bislang betreuen." Diesem halben Jahr folgten mehrere Auslandseinsätze in Europa sowie drei Jahre in den Storage-Labs von HP in Kalifornien, USA. Schließlich betreute er acht Jahre lang globale Outsourcing-Projekte. Seit zwei Jahren ist Ludwig wieder zurück in der Softwareentwicklung.

Mitarbeiter gibt Initialzündung

Bei HP gibt es wie in vielen großen Unternehmen drei Karrierepfade: Experte, Projektleiter und Manager mit Personalverantwortung. „Informatiker beginnen klassisch als Fachmann in einem Projekt, steigen zum Projektleiter auf und nehmen dann eventuell eine Managementposition ein", sagt Katrin Scheurenbrand aus dem Personalbereich von HP. Wie aber macht man Karriere, wer gibt die Initialzündung? „Immer der Mitarbeiter", sagt sie. „Es ist wichtig, dass er Persönlichkeit mitbringt, einen Master-Plan für sich hat und sein Netzwerk nutzt, um sein Vorhaben zu kommunizieren." Kann er überzeugen, werde er in ein Talentprogramm aufgenommen, das zwischen drei und zwölf Monaten dauern kann. Personalfrau Scheurenbrand legt Wert darauf, dass für HP „alle drei Karrierepfade bezüglich der Stellung im Unternehmen gleich viel wert sind".

Die Gehälter der IT-Führungskräfte 2014
An der Studie von Personalmarkt haben sich 54 IT-Unternehmen und Anwenderfirmen beteiligt, die insgesamt 1958 Gehaltsdatensätze geliefert haben. Weitere 14.296 Datensätze stammen aus Direktbefragungen von Fach- und Führungskräften. Insgesamt sind so 16.254 Datensätze in die Studie eingeflossen.
Gehalt ist auch eine Frage der Branche
Ob eine IT-Führungskraft in einem Systemhaus oder bei einem Autokonzern arbeitet, macht auf dem Gehaltszettel einen großen Unterschied. Sehen Sie, was die einzelnen Führungskräfte, vom Projektleiter über den Abteilungs- bis zum Gruppenleiter in den einzelnen Branchen verdienen.
IT-Projektleiter...
...bewegen sich in der Regel hierarchisch zwischen Abteilungs- und Gruppenleitern. In den letzten Jahren haben sie gehaltlich aber mächtig aufgeholt und verdienen nun oft mehr als Gruppenleiter.
...verdient ein...
...Projektleiter im Softwarehaus...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 2,8Prozent.
...erhält ein...
...Projektleiter im Systemhaus...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen nur um 1,3 Prozent.
...bekommt ein...
...Projektleiter in der Automobilindustrie...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 2,9 Prozent.
...verdient ein...
...Projektleiter in der Telekommunikation
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 2,5 Prozent.
...erhält ein...
...Projektleiter in der Halbleiterindustrie...
DieHalbleiterindustrie gehört zu den Branchen, die IT-Fach- und IT-Führungskräfte überdurchschnittlich bezahlen.
...bekommt ein...
...Projektleiter in Banken.
Damit zeigt sich: Banken zahlen mit Abstand am besten.
Die Gehaltsaussichten von Gruppenleitern
Gruppenleiter sind die erste Hierarchiestufe in den Unternehmen. Die verdienstperspektiven in den einzelnen Branchen liegen zwischen 64.000 und 85.000 Euro.
...verdient ein...
...Gruppenleiter in der Bekleidungs- und Textilindustrie...
Sein Gehalt erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr nur um 1,1 Prozent.
...erhält ein...
...Gruppenleiter im Softwarehaus...
Im Vergleich zum Vorjahr verdiente er 2,4 Prozent mehr.
...bekommt ein...
...ein Gruppenleiter im IT-Systemhaus...
Hier fiel das Gehaltsplus mit 4,1 Prozent fast doppelt so hoch aus wie bei einem Gruppenleiter in einem Softwarehaus.
...verdient ein...
...ein Gruppenleiter in der Autoindustrie...
Damit erreicht er fast das Niveau wie der Projektleiter in der Autoindustrie (78.500 Euro)
...erhält ein...
...Gruppenleiter in der Konsum- und Gebrauchsgüterindustrie...
Die Konsumgüterindustrie gehört zu den Branchen, die IT-Fach- und IT-Führungskräfte überdurchschnittlich bezahlen.
...bekommt ein...
...Gruppenleiter in der Halbleiterindustrie...
Damit verdient er knapp 5000 Euro im Jahr weniger als der IT-Projektleiter in der Halbleiterindustrie.
...verdient ein...
...Gruppenleiter in Banken.
Im Vergleich zum IT-Projektleiter in Banken muss er sich mit 14.000 Euro im Jahr weniger begnügen.
Die Gehälter der IT-Abteilungsleiter...
...bewegen sich laut Personalmarkt-Studie in einer Range von 99.000 bis 116.000 Euro im Jahr. Hier sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen nicht so groß.
...erhält ein...
...ein Abteilungsleiter in Softwarehäusern...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 2,4 Prozent.
...bekommt ein...
...ein Abteilungsleiter in der Telekommunikation.
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen nur um 1,6 Prozent.
...verdient ein...
...ein Abteilungsleiter in der Halbleiterindustrie...
Sein Gehalt erhöhte sich um 3 Prozent.
...erhält ein...
...ein Abteilungsleiter im Systemhaus...
Die Gehaltssteigerung betrug hier 2,1 Prozent.
...bekommt ein...
...ein IT-Abteilungsleiter in der Autoindustrie...
Die Autoindustrie gehört zu den Branchen, die IT-Fach- und IT-Führungskräfte überdurchschnittlich bezahlen.
...verdient ..
...eine Abteilungsleiterin in Banken...
Ihr durchschnittliches Gehalt erhöhte sich moderat um 1,7 Prozent. In der Bankenwelt verdienen IT-Führungskräfte im Branchenvergleich am besten.
Der Karrieresprung zum IT-Bereichsleiter...
....zahlt sich in allen Branchen aus. IT-Bereichsleiter können ihr Gehalt fast verdoppeln und bewegen sich oft auf dem Niveau von IT-Vertriebsleitern in Unternehmen mit 1000 bis 5000 Mitarbeitern. Aber auch hier gibt es Ausnahmen.
...erhält ein...
...ein Bereichsleiter in Softwarehäusern...
Sein Bonus beträgt 44.000 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr stagnierte sein Einkommen. Er verdient gut 70.000 Euro mehr im Jahr als ein IT-Abteilungsleiter in einem Softwarehaus.
...bekommt ein...
...ein Bereichsleiter in der Telekommunikation...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 2,6 Prozent. Sein Bonus beträgt 43.800 Euro.
...verdient ein...
...ein Bereichsleiter in Systemhäusern...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 4 Prozent. Sein Bonus beträgt 51.000 Euro. Er verdient gut 90.000 Euro mehr im Jahr als ein IT-Abteilungsleiter im Systemhaus.
...erhält ein...
...ein IT-Bereichsleiter in der Automobilindustrie...
Mehr als ein Viertel seines Einkommens (57.250 Euro) sind variable Gehaltbestandteile. Er verdient 100.000 Euro mehr im Jahr als ein IT-Abteilungsleiter in der Autoindustrie.
...bekommt ein...
...ein Bereichsleiter in Banken...
Im Vergleich zum Vorjahr stieg sein Einkommen um 12 Prozent. Sein Bonus beträgt 55.000 Euro. Er verdient 150.000 Euro mehr im Jahr als ein IT-Abteilungsleiter in einer Bank.
Fazit von Tim Böger, Geschäftsführer von Personalmarkt:
"Die Bezüge der IT-Chefs sind weniger erfolgsabhängig und damit einplanbarer." Die Vergütungsstudie "IT-Funktionen 2013/2014" kann zum Preis von 599 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und Versandkostenpauschale über die Homepage von Personalmarkt bestellt werden.

Auch Spezialisten können in Vergütungsregionen der klassischen Führungskräfte vorstoßen, sagt die Berliner Karriereberaterin Martina Bandoly. Bevor sie sich selbständig machte, arbeite sie 20 Jahre als IT-Projektmanagerin und zuletzt als Geschäftsbereichsleiterin in einem ITK-Unternehmen. Dort hatte sie Experten im Team, „die verdienten mehr als ich, obwohl ich deren Vorgesetzte war." Karriere bedeutet für Bandoly viel mehr als Aufstieg. „Karriere ist, mit seinem Job zufrieden zu sein." Das kann auf Sachbearbeiter oder auf Manager zutreffen. „Entscheidend ist, welche Ansprüche man an sich selbst hat und wie man Karriere für sich persönlich definiert."

André Gampe erkannte schon früh, dass er Manager werden wollte.
Foto: Capgemini

André Gampe erkannte schon früh, dass er Manager werden wollte. Nach seinem Studium der Automatisierungstechnik mit Schwerpunkt Informatik startete er in einem mittelständischen Softwarehaus als Programmierer. Nach drei Jahren war er Projektleiter, sechs Monate später übernahm er die Leitung eines Teams. „In dieser Funktion habe ich festgestellt, dass es meine berufliche Richtung ist, Menschen zu führen", erinnert sich der heute 42-Jährige. Seit drei Jahren ist er bei Capgemini in Berlin und als Geschäftsbereichs-Manager Vorgesetzter von knapp 20 Mitarbeitern.

Seine Aufgabe: Personalführung, Portfoliomanagement und Ansprechpartner für Key-Account-Kunden. „Als Manager von Menschen muss man ein persönliches Interesse daran haben, Mitarbeiter und das Unternehmensportfolio weiter zu entwickeln." Also über den Tellerrand hinauszuschauen. Je mehr man Manager ist, umso weniger ist man Experte. Die Distanz zum Fachlichen steigt. „Hier die richtige Balance zu finden, ist der Spagat, den gute Manager schaffen", ist Gampe überzeugt.

Bei Capgemini gibt es fünf Karrierestufen, angefangen vom Consultant bis zum Principal. Diese Stufen können die Mitarbeiter sowohl auf Expertenebene als Projektleiter als auch im Management erreichen. „Wir haben ein Karrieremodell für jede Rolle und Stufe entwickelt. Das beschreibt die Erwartungen an die jeweiligen Positionen und die notwendigen Skills", sagt Sudan Jackson, bei Capgemini für Learning und Development zuständig. Anhand dieses Modells besprechen Mitarbeiter und Führungskraft, wer wohin passt.

„Führung heißt Kennzahlen, Konflikte, Konkurrenz und Kommunikation"

Eine klassische Führungskarriere ist auch für viele Informatiker eine Option. Karriereberaterin Martina Bandoly sammelte selbst viel Führungserfahrung in der ITK-Branche und weiß um die Vor- und Nachteile, die eine solche Laufbahn mit sich bringt.

Die Karriereberaterin Martina Bandoly hat 20 Jahre Berufserfahrung als IT-Projektmanagerin und Führungskraft. Seit fünf Jahren hilft sie Menschen, den für sie passenden Weg zu finden.
Foto: Bandoly

Vor allem große Firmen bieten Fach-, Projekt- oder Management-Laufahnen an. Wie findet man den richtige Weg für sich heraus?

Martina Bandoly: Man sollte sich fragen, was man wirklich gut kann. Nur das macht auf Dauer Spaß. Erfolgreich kann man nur darin sein, was einem leicht fällt. Man sollte sich die Gewissensfrage stellen: Interessieren mich eher Inhalte oder will ich mit allen Konsequenzen führen? Führung heißt Kennzahlen, Konflikte, Konkurrenz und Kommunikation. In einer Fach- oder Projektlaufbahn taucht man dagegen ganz tief in die Materie ein.

Was können Informatiker als Führungskräfte besser als Manager mit anderem Hintergrund?

Martina Bandoly: Fast alle Prozesse in Unternehmen sind computergestützt. IT-Sachverstand ist deshalb immer hilfreich, auch auf Führungsebene. Das Gefühl für Prozesse und Systeme bringen Informatiker mit, mit Komplexität und Unberechenbarkeit der Organisation können sie besser umgehen. Sie sind es gewohnt, dass eine Systemänderung zu unerwarteten Reaktionen führen kann, weil an einer anderen Stelle Bedingungen entstehen, die nicht planbar sind.

Wie macht man auf sich aufmerksam, wenn man Karriere machen will?

Martina Bandoly: Das Wichtigste ist, darüber zu sprechen und bekannt zu machen, was man kann. Kein Vorgesetzter wird sagen: Sie leisten so gute Arbeit, wir befördern Sie. Die Karriere muss man planen, Selbstmarketing und Networking betreiben. Es kommt darauf an, zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten an der richtigen Stelle zu sein. Man muss herausfinden, wer wirklich etwas zu sagen hat. Das ist nicht immer der Vorgesetzte, oft gibt es auch graue Eminenzen. Ein Mentor als Ratgeber hilft sehr beim Vorwärtskommen, Kollegen oder Vorgesetzte nicht. Das sind oft Konkurrenten.

Was bringt Karriere, was gibt man dafür auf?

Martina Bandoly: Karriere ist für denjenigen bereichernd, der Wert auf Status legt, gern Verantwortung trägt, Einfluß nehmen, also Macht im positiven Sinne ausüben möchte. Solange in Deutschlands Büro aber noch die Präsenzpflicht vorherrscht, gibt man viel Lebenszeit auf. Wer pünktlich Feierabend macht, hat gleich den Ruf weg, nicht engagiert und nicht fleißig zu sein. Familie und Hobbies werden zweitrangig.

Sichere Wege zum Burnout
Kein Privatleben
Wer kein Leben außerhalb des Büros hat, misst dem Job eine übertriebene Bedeutung zu.
Immer erreichbar
Auch im Urlaub Mails lesen? Wer sich erholen will, räumt den Job mal für zwei Wochen ganz raus aus dem Kopf. Der Chef will Sie erreichen können? Geben Sie ihm ("Für den äußersten Notfall") die Handynummer ihrer Frau. Er wird nicht anrufen ...
Nicht schlafen
Gesunder Schlaf ist der Schlüssel zu Wohlbefinden, Ausgeglichenheit und guter Arbeit. Wer mehr als eine Woche am Stück keine Ruhe findet, sollte sich helfen lassen.
Tschaka, Tschaka!
Seit dem letzten Motivationsseminar sind Sie mehr denn je davon überzeugt, dass Sie IMMER ALLES schaffen können. Sie sind auf dem richtigen Weg. Zum Burnout.
Nie gestresst wirken wollen
Sicher, ausrasten ist nicht gut. Aber sicher gesünder, als ständig entspannt wirken zu wollen, obwohl Sie keine Nacht mehr ruhig schlafen können.
Zu wenig Bewegung
Nehmen Sie sich nicht vor, dreimal pro Woche joggen zu gehen. Nehmen Sie sich gar nichts vor, und tun Sie es stattdessen einfach ab und zu.
Die Probleme lange ignorieren
Alle wollen wir leistungsfähig sein. Schaffen wir das nicht mehr, bezeichnen wir das meist als temporäres Problem, das von selbst wieder verschwindet. Das wird es nicht.
Immer ja sagen
"Müller, Sie schaffen das doch bestimmt bis Freitag, die Präsentation für den Kunden xy noch dazwischenzuschieben?" Versuchen Sie es bei solchen Ansagen einfach mal mit einem schlichten Nein. Spätestens beim dritten Mal wundern Sie sich, wie leicht das geht.