Vorgaben gefragt

Praxistipps für Social Media Guidelines

20.03.2015 von Inga Höfener
Entwickeln Unternehmen Leitlinien für den Umgang mit Social Media, sollten sie viele Aspekte berücksichtigen: Ob Geheimhaltung, Verhalten bei Fehlern oder ­Umgang mit Kundendaten, klare Vorgaben sind gefragt, zumal rechtlich noch nicht alles geklärt ist.

Zu verständlichen Social Media Guidelines gehört es, zwischen unverbindlichen Empfehlungen und verbindlichen Anweisungen zu unterscheiden. Firmen tun sich oft schwer, hier etwas verbindlich vorzuschreiben und Sanktionen für Verstöße festzulegen. Sie fürchten, dass Mitarbeiter dann Social Media Guidelines nicht akzeptieren. Diese Furcht ist unbegründet, da die meisten Anweisungen nur arbeitsvertragliche Verpflichtungen wiederholen.

Social Media Guidelines sollten auf klar und verständlich sein und zwischen unverbindlichen Empfehlungen und verbindlichen Anweisungen unterscheiden.
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Zu den Leitsätzen gehört es, den Mitarbeiter regelmäßig an seine Eigenverantwortung zu erinnern: Nur er ist für seine Äußerungen in sozialen Netzwerken verantwortlich. Diese soll er auch entsprechend kennzeichnen, damit sie nicht dem Standpunkt des Unternehmens zugeordnet werden. Oft lassen sich Menschen im vermeintlich anonymen Internet zu unbedachten Äußerungen hinreißen. Hinweise auf die lange Auffindbarkeit der Beiträge und die hohe virale Verbreitung dürfen nicht fehlen. Mitarbeiter sollten ihre Beiträge in sozialen Netzwerken vor Veröffentlichung überdenken. Der Hinweis, dass Beleidigungen juristische Folgen nach sich ziehen können, darf nicht fehlen.

Gedankenlose Preisgabe von Interna

In der beruflichen Social-Media-Kommunikation sollten Mitarbeiter ihre Klarnamen verwenden, um so Vertrauen in der Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern zu schaffen. Zur Transparenz gehört auch ein offener Umgang mit Fehlern. Statt Beiträge kommentarlos zu löschen sollte man sich für Fehler entschuldigen und diese öffentlich korrigieren. Auch Hinweise zur Einhaltung der Urheberrechte, zur Wahrung des Ansehens des Arbeitgebers, zu Respekt gegenüber Wettbewerbern sowie zu ethischen Grundsätzen des Unternehmens sollten Erwähnung finden.

10 Thesen wie Social Media Unternehmen verändert
10 Thesen
In der Analyse: "Wer teilt, gewinnt - zehn Thesen, wie Digitalisierung und Social Media unsere Unternehmen verändern" schreiben die Consultants von Roland Berger über den Status von Social Media heute.
1. Social Media sind kein Hype, sondern sozioökonomische Realität
Social Media zeigt Kennzeichen einer reifenden Industrie, so Roland Berger. Diese Kennzeichen sind: Ausdifferenzierung (eine Visualisierung des aktuellen Spektrums an Web-2.0-Plattformen listet rund 30 verschiedene Anwendungsbereiche auf), Substituierung (immer mehr Produkte und Services aus der analogen Welt finden eine Entsprechung im Social Web), das Auftauchen neuer Player (inzwischen werden Videos auf Dutzenden von Plattformen geteilt und selbst ein Subsegment wie Live-Streaming unterteilt sich in zahlreiche Spezialangebote, etwa für Game-Watching oder Life-Sharing) und Best Practices (Erfolgsfaktoren in der unternehmensinternen wie -externen Nutzung von Social Media treten zutage, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette).
2. Social Media ist ein Machtfaktor - und Nichtstun ist keine Option
"Definiert man Macht als die Fähigkeit, soziale Beziehungen zu kontrollieren, dann nimmt die Macht der Konsumenten im Web 2.0 tendenziell tatsächlich zu", schreiben die Consultants.
3. Social Media ist eine Schlüsselqualifikation
Vor allem im Hinblick auf Kundenorientierung und Wissensmanagement können sich Unternehmen verbessern. Social Media stellt neue Interaktionsmöglichkeiten mit den Kunden her. In punkto Wissensmanagement beschreibt Roland Berger den Nutzen, den Firmen durch die Kombination aus Partizipation und Vernetzung erzielen können. "Durch interdisziplinäre und crossfunktionale Zusammenarbeit in Verbindung mit neuen Customer Insights verbessert sich insbesondere das Innovationsmanagement", so die Analysten.
4. Social Media ermöglicht neue Formen der Kundeninteraktion
Zwei Punkte sind für eine CRM-Strategie (Customer Relationship Management) entscheidend: Der Grad des Kundenengagements und die Lebenszyklen von Kundenbeziehungen.
5. Social Media beeinflussen das Kaufverhalten – direkt und vor allem indirekt.
Markenwahrnehmung und Kaufentscheidungen lassen sich über Social Media und eine entsprechende Consumer Influence Metrics beeinflussen. Das zeigen empirische Studien.
6. Social Media verändern die Markenführung grundlegend
Eine wesentliche Veränderung beim Social-Media-Marketing sieht Roland Berger darin, dass die Markenmanager das Geschehen nicht mehr komplett allein bestimmen. Wie eine Marke wahrgenommen und eine sogenannte Brand Story weiterentwickelt wird, darüber entscheiden die Nutzer heute mit.
7. Social Media revolutionieren die Zusammenarbeit im Unternehmen
Ein großes Wertschöpfungspotenzial von Social Media liegt im innerbetrieblichen Einsatz: unternehmensweite Kollaboration, crossfunktionaler Wissensaustausch, interdisziplinäres Innovationsmanagement, präadaptive Agilitätssteigerung und aktivierendes Veränderungsmanagement.
8. Social Media ist kein Selbstläufer
Wer von Social Media profitieren will, muss die technologischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Das beinhaltet eine solide, skalierbare und universelle technische Plattform sowie materielle Anreizsysteme. Außerdem Ziele, Spielregeln und Vorbilder für eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
9. Social Media folgt eigenen Gesetzen
Weil Social Media dynamische, egalitäre und interaktive Organismen darstellen, gestaltet sich die Erfolgskontrolle schwierig. Roland Berger rät, vier Dimensionen zu untersuchen: Die Motive der Akteure sowie den intellektuellen, sozialen und kulturellen Wert, der generiert wird.
10. Social Media ist ein umfassendes Organisationsprinzip
Roland Berger versteht Social Media als eine Kultur des Teilens und Tauschens. Entscheider, die das umsetzen können, profitieren im Hinblick auf mehr Vielfalt, Dynamik, Führung und Identität in ihrem Unternehmen.

Bei der Regelung der privaten Nutzung von Social Media geht es auch darum, die Mitarbeiter an ihre Loyalitäts- und Verschwiegenheitsverpflichtungen zu erinnern. Eine große Gefahr besteht in der gedankenlosen Preisgabe von Wissen oder Interna. Gerade über soziale Netzwerke besteht die Gefahr des "Social Engineerings", des Aushorchens von Mitarbeitern. Hier werden über Fake-Profile Kontakte zu Mitarbeitern geknüpft und über vermeintlich gemeinsame Interessen Vertrauen aufgebaut.

Ehe das Opfer sich versieht, ist es in ein Gespräch über Betriebsgeheimnisse verstrickt. Social Media Guidelines sollen erläutern, welche Informationen für das Unternehmen besonders sensibel sind. Mitarbeiter sollten angehalten werden, ihre Postings zu überprüfen und eine Information nicht preiszugeben oder sich vorab beim Social-Media-Verantwortlichen zu versichern, ob die Information veröffentlicht werden darf.

Das Unternehmen darf festlegen, wer in seinem Namen auf den gewählten Social-Media-Kanälen kommuniziert. Die Guidelines sollten Zuständigkeiten für die offizielle Kommunikation definieren. Auch die Art der Kommunikation darf der Arbeitgeber vorgeben, etwa die Ansprache der Adressaten ("Du" oder "Sie"). Die eigenmächtige Kommunikation im Namen des Unternehmens auf anderen als den vom Unternehmen unterhaltenen Profilen sollte im Hinblick auf die Arbeitgeberhaftung untersagt werden.

Zudem sollten Mitarbeiter einzelne Anfragen, Reklamationen oder Beschwerden über persönliche Gesprächsangebote klären und nicht öffentlich führen, um das Unternehmen nicht der Gefahr eines "Shitstorms" auszusetzen. Dazu sollten auch kurze Reaktionszeiten für Anfragen festgelegt werden.

Wem gehören die Xing-Kontakte?

Kundendaten gehören zum wertvollsten Kapital eines Unternehmens. Dass diese Eigentum des Unternehmens sind und nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses herausgegeben werden müssen, auch wenn sie auf einem privaten Laptop gespeichert sind, ist seit langem ständige Rechtsprechung. Wem gehören aber die Kontakte, die der Mitarbeiter in seinem Xing- oder Linkedin-Profil gespeichert hat, das er aus privaten Mitteln unterhält? Seit dem Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg (vom 24. Januar 2013, Az. 29 Ga 2/13) ist klar, dass solche Kundenkontakte zum Betriebsgeheimnis eines Unternehmens im Sinne des Paragrafen 17 ­Absatz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gehören können.

In dem Fall hatte ein Unternehmen gegen eine Vertriebsmitarbeiterin geklagt, die zum Wettbewerber gewechselt war und über ihr Xing-Profil Kontakt zu Kunden des ehemaligen Arbeitgebers hielt. Wann die Kundendaten zum Geschäftsgeheimnis gehören, hängt laut Urteil von weiteren Faktoren ab, etwa davon, ob die Kontaktaufnahme im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für den Arbeitgeber erfolgte. Dies zu beweisen, dürfte aber für den Arbeitgeber nahezu unmöglich sein. Möglicherweise wäre der Fall anders zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber die Kosten für den Account bezahlt hätte, aber sichere Parameter sind juristisch noch nicht festgelegt.

Nach den durch das Gericht festgelegten Parametern ist es schwierig, an Kundenkontakte aus den privaten Social-Media-Profilen der Mitarbeiter zu gelangen. Insofern sollten die Mitarbeiter verpflichtet werden, die beruflich genutzten Kontakte in interne Kundenlisten zu übertragen. Selbst wenn es für Unternehmen nicht leicht zu beweisen ist, dass es sich bei den Social-Media-Kontakten eines Mitarbeiters um Geschäftsgeheimnisse handelt, ist der Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen ein Straftatbestand und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Häufig wird die Aufgabe der Pflege des Unternehmensprofils in sozialen Netzwerken nur bestimmten Mitarbeitern oder einer externen Agentur anvertraut. Problematisch kann es werden, wenn das Unternehmen die Zugriffsdaten auf die Social-Media-Profile aus der Hand gibt. Im Falle einer nicht einvernehm­lichen Trennung können Zugriffsdaten schnell als Druckmittel gegen das Unternehmen missbraucht werden. Möglich sind klare Regelungen über den Verbleib der Zugriffsdaten in den Social Media Guidelines. Keinesfalls sollten Passwörter nur einzelnen Personen zugänglich sein, auch die Unternehmensleitung sollte ­Zugriff darauf haben.

(Auszug aus dem Buch ­"Social Media Recruiting in der Praxis")

Buchtipp zum Thema Social Media Recruiting

Für Mittelständler ist es schwierig, sich im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter gegenüber Konzernen zu behaupten. Ein Grund dürfte ihre mangelnde Bekanntheit sein. Social-Media-Recruiting und Employer-Branding-Maßnahmen könnten ein Schritt in die richtige Richtung sein. Eigentlich sogar ein großer, wenn man die vielen gelungenen Beispiele der beiden Herausgeber Manfred Leisenberg und Nina Braunert aus ihrem Buch "Social Media Recruiting in der Praxis" liest.

Social Media Recruiting

Fazit vorweg: Wer mutig in die neue Internet-gestützte Recruiting-Welt geht, braucht vor der Konzern-Personalern keine Angst zu haben. Die Autoren vermitteln Fachwissen für die betriebliche Implementierung von Social Media Recruiting. Gleichzeitig stellen sie interessante Fallbeispiele vor, die aus der Arbeit zwischen Betrieben, Experten und der Fachhochschule des Mittelstands entstanden sind. Die Fachartikel wie die Praxisbeispiele entstammen den Erfahrungen eines EU-geförderten Projektes unter der Leitung von Manfred Leisenberg, Informatikprofessor an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld.

Das Buch "Social Media Recruiting in der Praxis" ist erhältlich im Computerwoche-Buchshop zum Preis von 39,95 Euro, als pdf-Download für 29,95 Euro.