Software-Anbieter haben Defizite beseitigt

Rechnungswesen: Zertifikate oft veraltet

16.08.2007 von Werner Kurzlechner
Wenn Firmen Rechnungs-Software anschaffen, sollten sie sich nicht allein mit Zertifikaten zufrieden geben. Die Berater von Softselect empfehlen, tunlichst auch Einblick in die entsprechenden Prüfberichte zu verlangen. Denn nur dort seien mögliche Einschränkunen und das genaue Datum der Zertifizierung dokumentiert. Die Firma rät dazu in seiner alljährlichen Studie zu Rechnungswesen-Systemen.
Diese Kern-Funktionen bieten die von Softselect untersuchten Lösungen.

Zertifikate liefern Entscheidern in der Regel den ersten Überblick, welche rechtlichen Normen die Anwendungen erfüllen. Genügen sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS), die die Aufbewahrungspflicht regeln? Entsprechen sie den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GdPDU)? Liegen TÜV-Bescheinigungen oder Bewertungen von Wirtschaftsprüfern vor? Leider sind unliebsame Überraschungen möglich, selbst wenn die Zertifikate all das beinhalten.

Denn wenn eine bestimmte Release-Version geprüft wurde, ist damit über die Nachfolger-Lösung nichts gesagt. Softselect erlebte sogar einen Fall, in dem ein Anbieter ein zehn Jahre altes Wirtschaftsprüfungs-Testat vorlegte. Über Umfang und Aktualität sollten sich Unternehmen deshalb in jedem Fall explizit erkundigen. Verweigert ein Anbieter tieferen Einblick, ist Vorsicht geboten.

Wie wichtig diese Kriterien sind, hängt davon ab, ob die Firma ein eigenständiges Produkt sucht oder ob die Rechnungs-Lösung ins Enterprise Resource Planning (ERP) eingebettet ist. Dann geben andere Kern-Prozesse wie etwa die Materialwirtschaft den Ausschlag. Michael Gottwald, Autor der Studie, warnt allerdings vor der Fehlannahme, "die eingesetzten Systemlösungen müssten aufgrund der gesetzlichen Anforderungen automatisch die oben genannten Sicherheitsansprüche erfüllen".

In Sachen Revisionssicherheit weist die Studie darauf hin, dass regelmäßige Backups alleine den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Wegen fehlender maschineller Auswertbarkeit können sie eine Archivierung nicht ersetzen. Auch PDF-Formate und andere Bild-Dateien erkennen die Finanzbehörden nicht an.

Spezifische Funktionen im Überblick.

Zwei Drittel der Lösungen werden derzeit im Application Service Providing (ASP) angeboten. Damit werden acht Prozent der Anwendungen mehr als im Vorjahr als Komplett-Lösung über Internet gemietet. Die Studie belegt jedoch eine höhere Nachfrage nach Outsourcing-Modellen und Shared Service Centern. Von der Shared Service-Variante, die versucht sämtliche Dienstleistungen in einem Zentrum zu bündeln, profitieren insbesondere Betriebe mit dezentralen Strukturen.

Service-Zentren und externe Dienstleister meist kostengünstiger

Hilfreich ist diese Methode auch für international tätige Unternehmen, die einer Vielfalt von Vorschriften genügen müssen - nicht nur IAS/IFRS oder dem Sarbanes-Oxley-Act. Softselect lobt in diesem Zusammenhang eine spezielle Anwendung des Anbieter CODA Financial Systems, der die Abläufe in den Zentren automatisiert und länderspezifische Vorgaben berücksichtigt. Dass externe Dienstleister oder Service-Zentren die Finanzbuchhaltung kostengünstiger bewältigen als herkömmliche Abteilungen in den Firmen, steht für den Berater fest.

Insgesamt merzen die Anbieter vorhandene Defizite kontinuierlich aus. Mit einem integrierten Kassenbuch - für Geschäftsreisende inzwischen ein unabdingbarer Komfort - können inzwischen alle untersuchten Lösungen aufwarten. Vergangenes Jahr war dies bei sieben Prozent noch nicht der Fall.

Deutlich gestiegen ist die Verbreitung von integriertem Electronic Banking, (jetzt 90 Prozent), Rechnungs-Eingangs-Büchern (98 Prozent), Workflow-Unterstützung (82 Prozent), Business Intelligence (78 Prozent) und Kennzahlen-Frühwarn-Systemen (76 Prozent).

Nachholbedarf besteht indes auf mehreren Feldern. Nur ein Drittel der Lösungen erfüllt beispielsweise die behördlichen Vorgaben für Firmen, die im geregelten Kapital-Markt notiert sind. Gemeint sind die Vorschriften im Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, die über das Handelsgesetzbuch und das Aktiengesetz hinaus gehen. Die Inhalte des für börsennotierte Firmen in den Vereinigten Staaten zentralen Sarbanes-Oxley-Act deckt ebenfalls nur ein Drittel der Lösungen ab.

Alles in allem arbeiten die Anbieter aber an der Transparenz. Ein Beispiel stellt die innerbetriebliche Leistungsverrechnung dar, die mehr Lösungen integriert haben als im Vorjahr - ein Zuwachs von sechs Prozent.

Softselect analysierte für die "Softtrend Studie 250: Rechnungswesensysteme 2007" 49 Lösungen von 42 Anbietern.