Mit IBM, HP, Intel

Red Hat schließt Bündnis gegen VMware

24.05.2011 von Hartmut  Wiehr
Eine Alternative zum Ökosystem von VMware propagiert die neue "Open Virtualization Alliance". Ihr Ziel: die Kernel-basierte Virtual Machine zu stärken.

VMware ist der eindeutige Marktführer für Virtualisierung bei x86-Rechnern, nachdem man als erster auf die Idee kam, diese Technologie aus der Mainframe-Welt auf die Wintel-Ebene herunterzubrechen. Alle anderen Mitbewerber oder Marktbegleiter haben es bisher nicht geschafft, den technischen Vorsprung von VMware einzuholen oder relevante Marktanteile zu erringen. Lizenz- und Preisgestaltung der EMC-Tochter gelten als durchaus umstritten und unterscheiden sich letztlich nicht von der anderer Monopolisten.

Die Open Virtualization Alliance gibt dem Linux-Anbieter Red Hat Auftrieb.
Foto: Red Hat

Ein Lock-in ist also durchaus im Interesse der Hersteller. Das gilt auch dann, wenn sie davon sprechen, dass es immer Alternativen und Konkurrenz am Markt geben müsse. Das gehört sich eben so und ist der gute Ton zum harten Geschäft. Im Falle von VMware ist das nicht anders als bei anderen, IBM oder HP eingeschlossen. Es ist ja auch irgendwie nachvollziehbar, dass jedes Unternehmen möglichst viele Abnehmer für die eigenen Produkte haben möchte und nicht für die der Wettbewerber.

Mit starker Unterstützung durch IBM hat sich der Linux-Distributor Red Hat nun daran gemacht, eine Koalition unter dem Namen "Open Virtualization Alliance" zu schmieden. Ziel: Ähnlich wie schon mit Linux eine Alternative zu etablierten Betriebssystemen, vor allem zu Windows, geschaffen wurde, geht es der Allianz um eine Stärkung der Kernel-basierten Virtual Machine (KVM). Bisher sind neben Red Hat und IBM folgende IT-Firmen dem Zusammenschluss beigetreten: BMC, HP, Intel, Suse/Novell und Eucalyptus Software. KVM soll technologisch aufgebessert werden und dadurch mehr Kunden gewinnen. Welche konkrete Unterstützung die Hardware-Schwergewichte IBM, HP und Intel hierfür leisten werden, ist noch unklar.

Offiziell geht es laut IBM darum, "weitere Unternehmen und Entwickler für die KVM-Technologie zu gewinnen und anhand von erfolgreichen Kundenimplementierungen ihren Nutzen herauszustellen". KVM und sein Hauptprotagonist Red Hat führen bisher ein Nischendasein im Virtualisierungsmarkt, obwohl der Ansatz von Experten und Analysten als ernstzunehmende Alternative gelobt wird.

Neben VMware spielen bisher nur Microsoft Hyper V und Xen von Citrix eine Rolle. Ihre Marktanteile sind noch klein, aber beide werden bereits als Konkurrenz zu VMware wahrgenommen. Viele Kunden setzen ihre Produkte neben VMware ein, um ein Lock-in zu vermeiden. Microsoft und Citrix vertrauen auf ihre eigene Kraft und ihre wechselseitige technische und marketingmäßige Kooperation. Beide sind nicht der Allianz beigetreten.

Offene versus proprietäre Virtualisierung

Nach außen hin gibt sich die "Open Virtualization Alliance" bescheiden. Von einer expliziten Anti-Haltung gegenüber VMware möchte man zunächst nicht sprechen. Stattdessen hört man viel von Open Source, freier Entwickler-Community, Interoperabilität und ähnlich hehren Zielen. Fakt ist hingegen, dass Red Hat mächtige Partner erhält, die dem Kernel-Ansatz der Virtualisierung unter Linux Unterstützung versprechen.

Hat gut lachen: Red-Hat-CEO Jim Whitehurst erhält Unterstützung von IBM, HP, Intel und anderen IT-Anbietern.
Foto: Red Hat

Doch das Ziel und damit die Positionierung gegen den Marktführer ist eindeutig. In der gemeinsamen Erklärung heißt es: "Indem die Mitglieder der Allianz eine offene Virtualisierungs-Alternative liefern, bieten sie ihren Kunden Wahlfreiheit für die ideale Virtualisierungstechnologie, die für ihre Geschäftszwecke tauglich ist."

BMC oder HP haben zum Beispiel schon jetzt eigene Angebote für das Management von virtuellen Umgebungen entwickelt, die ohne VMware-Tools auskommen.

Natürlich wird es keiner der Allianzpartner – außer Red Hat – versäumen, auf die bestehende Zusammenarbeit mit dem Marktführer zu verweisen. Man macht gemeinsame Geschäfte, bringt aber nun verstärkt eine Alternative ins Spiel, indem man der Red-Hat-Lösung offizielle Rückendeckung gibt.

"Coopetition" nennt man offiziell diese Verhaltensweise, gleichzeitig kooperieren und als Konkurrenten auftreten. Auf Deutsch: taktieren und abwarten. Man weiß ja nie, wie sich der Markt entwickelt. Aktuelles Beispiel: Die ehemals engen Bande zwischen HP und Cisco gibt es nicht mehr, offene Feindschaft ist an ihre Stelle getreten, und von "Coopetition" redet niemand der Beteiligten mehr.

Vom netten Wettbewerb zur harten Konkurrenz

Die Konkurrenz zwischen den großen Anbietern der IT-Industrie dürfte auch deshalb intensiver werden, weil sich alle ihren Anteil an dem Cloud-Kuchen abschneiden wollen. Und wie groß der überhaupt wird, ist derzeit völlig unklar.