Kampagnen präziser messen

Richtig werben in Zeiten von Big Data

19.11.2013 von Peter Neckel und Marcus Dill
Online-Werbung hat das Arsenal von Handlungsoptionen für Werbetreibende deutlich erweitert. Mit Hilfe von Daten zu Kundenreaktionen lässt sich der Erfolg von Kampagnen präziser messen und verlässlicher prognostizieren.

Akzeptanz und Wirksamkeit von Online-Werbung steigen stetig. Diese Entwicklung ist nicht überraschend, bieten sich doch auf der eigenen Homepage und in Newslettern vielfältige kostengünstige und agile Möglichkeiten, Angebote und Inhalte zu platzieren. Aber auch durch gezielte Bannerwerbung, den Einsatz eigener Apps, Suchwort-Marketing, Affiliate-Netzwerke und viele andere Maßnahmen lassen sich Reichweite und Wirkung der eigenen Botschaften deutlich erhöhen.

Marketing-Erfolg ist nicht leicht zu messen

Analytisch motiviertes Design einer Cross-Media-Kampagne: Aus verschiedenen Entscheidungsdimensionen wie klassischen Werbeträgern (TV) sowie Online-Medien (Adwords und Banner) lassen sich mit Hilfe von Analytik zielgenaue Kampagnen entwickeln.
Foto: Mayato

Diese Vielfalt der Werbemöglichkeiten im Online-Bereich in Verbindung mit dem Trend zur kleinteiligeren, kombinierten Nutzung verschiedener Kanäle innerhalb ein und derselben Kampagne macht jedoch die Aufgabe, den Erfolg von Marketing-Maßnahmen zu messen, deutlich komplexer. Kampagnen-Manager müssen heutzutage zwischen einer großen Zahl verschiedener Kanäle entscheiden und zudem bei jedem Medium noch viele Entscheidungen im Detail treffen. Sich dabei vom Bauchgefühl leiten zu lassen verbietet sich schon angesichts der schieren Zahl an denkbaren Konstellationen.

Aus analytischer Sicht ist die Aufgabe, einen optimalen Medienmix zu gestalten, jedoch lösbarer, als man auf den ersten Blick meint. Fernsehen, Radio, Print und Plakat fehlt im Normalfall schlicht der Rückkanal zur Messung der Kundenreaktion. Entsprechend wurde dort bisher mit klassischen Methoden der Marktforschung gearbeitet - wie Umfragen, Sehbeteiligungen, Auflagen, Messungen von Einstellungen und Markenbekanntheiten. In aller Regel ließ sich aber nicht feststellen, welcher Spot oder welche Anzeige den Erfolg der Kampagne trug, welcher Plakatstandort der beste war und welche Maßnahme vielleicht nur Geld kostete, ohne ihre gewünschte Wirkung zu entfalten. Folglich konnten sich Marketing-Leiter selten sicher sein, ob ihre Werbegelder wirklich effizient eingesetzt waren.

Anders als die klassischen Werbeträger erlaubt Online-Werbung den Zugang zu umfassenden, sehr granularen Daten über Reaktionen individueller Kunden auf der Ebene der einzelnen Interaktion. An die Stelle einer ungenauen Schätzung über Umwege tritt eine unmittelbare Messung, die ihrerseits die Basis für treffsichere Prognosen für den Erfolg zukünftiger Aktivitäten darstellt. Solche Prognosen sind wiederum wesentliche Voraussetzung für die Optimierung von Werbekampagnen und die effiziente Allokation von Budgets.

Unternehmen brauchen analytisches Wissen

Voraussetzung für diese Art von Analysen sind jedoch die entsprechenden Werkzeuge und deutlich mehr analytisches Wissen, als es klassische Reichweitenmessungen oder Sehbeteiligungs-Reports auf Excel-Basis bisher erforderten. Folglich dringen Data Scientists in die Werbebranche vor, bisher eher eine Bastion der Kreativen. Erfolg hat zukünftig, wer nicht nur kreativ ist und sich intuitiv oder vielleicht aufgrund von langjähriger Erfahrung in seine Zielgruppe hineinversetzen kann, sondern vor allem auch sehr gründlich und systematisch die vorliegenden Daten zu seinen Aktionen auswertet.

Online-Daten bieten interessanterweise auch Möglichkeiten, die Wirksamkeit von Offline-Maßnahmen zu bewerten. Beispielsweise nutzt man dazu das Vorhandensein zeitlicher Korrelationen: Laut einer repräsentativen Umfrage vom September 2013 verwenden 43 Prozent der deutschen Fernsehzuschauer, während sie fernsehen, parallel auch Smartphones, Tablets oder Laptops. Insbesondere junge Menschen greifen nach dem "Second Screen", wenn ein TV-Spot sie angesprochen hat. Zusammenhänge zwischen Fernsehwerbung und Online-Käufen lassen sich durch zeitliche Korrelationen gut nachweisen.

Bei Auswertungen von OfflineDaten zeigt sich oft auch ein hohes Maß an Interaktion von Effekten auf verschiedenen Kanälen (Cross-Media-Effekte). So lassen sich Einflüsse von Werbung in einem Kanal auf die Rezeption von Aktivitäten in anderen Medien erkennen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Zusammenhänge der Art, dass am Morgen nach der Ausstrahlung von abendlicher Fernsehwerbung die Zahl der Suchanfragen im Internet nach den beworbenen Produkten ansteigt. Der clevere Kampagnen-Manager leitet hieraus vielleicht die Erkenntnis ab, dass die gezielte Buchung bestimmter Suchwörter in diesem Zeitraum oder aber zeitgleiche Bannerwerbung auf relevanten Foren den Effekt der TV-Kampagne verstärken können. Wo andere ihre Budgets einfach nur nach Gefühl über verschiedene Medien streuen, designt ein solcher Werbeverantwortlicher also hocheffektive und kostengünstige Kampagnen und schafft Synergien über die Kanäle hinweg.

Das Marketing muss den Umgang mit Daten lernen

Was so einfach klingt, erfordert jedoch Investitionen in geeignete Techniken und andererseits planvolles Vorgehen und systematische, disziplinierte Arbeit. Große Datenmengen zu erfassen und zu speichern ist für viele Marketing-Abteilungen ebenso neu wie die Integration von Informationen unterschiedlicher Semantik und Granularität (TV-Werbung: tagesgenaue Daten - Online-Werbung: minuten- oder stundengenaue Daten) sowie mit nicht zueinanderpassenden Zeilenschlüsseln, Zeitbezügen und anderen Komplikationen.

Excel und Access stoßen schnell an Grenzen

Mit den immer noch weit verbreiteten Werkzeugen Excel und Access stößt man hier schnell an Grenzen. Tools für Business Intelligence (BI) und statistische Analysen sind ein Muss, um, zunächst auf Grundlage von Hypothesen, bestimmte Fragestellungen zu untersuchen (konfirmative Datenanalyse). Ohne Tools für Data Mining, Text Mining, Simulation oder auch für spezielle Analyseverfahren in sozialen Netzwerken (Social Network Analysis) würden aber viele Zusammenhänge unentdeckt bleiben, weswegen solche Techniken für explorative Datenanalyse ebenfalls unverzichtbar sind. Auf Hochautomatisierung abzielende Ansätze wie Self-Acting Data Mining schließlich erlauben effiziente Analysen auch für sehr große Datenmengen.