Ranking Offshore-Länder

Robotics bedrohen Offshore-Standorte

17.02.2016 von Christiane Pütter
Roboter und Automatisierung verdrängen Offshoring-Anbieter. Dieses Szenario eröffnet A.T. Kearney im Global Services Location Index. Indien liegt auf Rang eins vor China und Malaysia. Deutschland platziert sich im Mittelfeld.
  • Indien, die Philippinen, Sri Lanka, Costa Rica und Südafrika werden Robotics und Automatisierung nutzen können
  • Die Städte San Francisco, Berlin, Tel Aviv und Seoul punkten mit Innovation Hubs
  • Im globalen Service Location Index liegt Deutschland mit der Türkei und Bangladesch gleichauf
Die Top Ten aus A.T. Kearneys Global Services Location Index 2016. Spitzenreiter ist Indien.
Foto: A.T. Kearney

Die Konkurrenz zwischen Indien und China ist nicht mehr das Thema in puncto Offshoring. Denn der neue Trend heißt No-Shoring: Wer auf Robotik und Automatisierung setzt, braucht überhaupt nicht auszulagern. Das behauptet zumindest A.T. Kearney in dem Report "On the eve of disruption", wohl kaum zufällig an den 1965er-Protestsong "Eve of distruction" angelehnt.

Die Analysten verwenden die Abkürzungen Robotic Process Automation (RPA) und Business Process as a Service (BPaaS). Ihre These: Binnen einer Dekade werden diese Alternativen den Offshoring-Markt massiv verändern.

A.T. Kearney schätzt das Kostensenkungspotenzial von Robotern im Back-Office auf 25 bis 50 Prozent. Als Akteure nennt der Berater sowohl Spezialisten wie Blue Prism, Automation Anywhere oder WorkFusion, als auch Dickschiffe wie IBM und Xerox. Nach den Worten der Analysten setzt Telefónica O2 mittlerweile über 160 Roboter für 15 Kernprozesse ein. Sie führen mehr als eine halbe Million Transaktionen pro Monat durch. Telefónica O2 beziffert den Return on Investment (ROI) binnen drei Jahren auf rund 650 Prozent.

Ranking der Offshore-Standorte

Noch aber zeigt sich das bekannte Bild der Offshore-Standorte im Herzstück des Reports, dem Global Services Location Index 2016. A.T. Kearney hat insgesamt 55 Länder gerankt. Dem liegen drei Kriterien zugrunde: die wirtschaftliche Attraktivität des Standortes, die Verfügbarkeit qualifizierter Leute und das Geschäftsumfeld.

Demnach setzen sich Indien und China relativ deutlich vom Feld ab, sie erhalten einen Gesamtwert von 6,96 (Indien) und 6,49 Zählern. Dabei trauen die Analysten China mehr gut qualifiziertes Personal zu. Die Top Five werden ergänzt durch Malaysia (6,05), Brasilien (6,00) und Indonesien (5,99).

Deutschland hat Punkte verloren

Deutschland erreicht einen Platz im Mittelfeld. Die Bundesrepublik teilt sich Rang 20 mit der Türkei und Bangladesch. Allen drei Ländern schreibt A.T. Kearney einen Wert von 5,31 zu. Dabei hält sich die Vergleichbarkeit in Grenzen. So kommt Bangladesch bei der finanziellen Attraktivität auf 3,34 Zähler – Deutschland auf 0,84. Bangladeschs Business-Umfeld bewertet A.T. Kearney mit 0,87, das deutsche mit 2,32. Insgesamt hat Deutschland Punkte verloren, während die beiden Mitplatzierten hinzugewinnen konnten.

Software Robotic: Wenn der Kollege ein Roboter ist
Einsparungen in der Lieferkette
Die Grafik zeigt, dass in den kommenden Jahren besonders bei Finance & Accounting sowie in der Supply Chain mit Einsparungen durch Automatisierung zu rechnen ist.
Roboter ersetzen Menschen
Bei den horizontalen Prozessen konnten bereits im vergangenen Jahr zum Teil erhebliche Personaleinsparungen realisiert werden. Die Übersicht zeigt, dass dies wiederum besonders in der Lieferkette gelang.
Analytics matters
Cognizant betont in der Studie mehrfach die Bedeutung des Zusammenspiels von Automatisierung und Analyse. Letztere spielt neben der Kostensenkung aus Entscheidersicht vor allem eine wichtige Rolle beim Verstehen von Kundenbedürfnissen und bei der Verbesserung von Prozessen.
Transformatorische Kraft
In wenigen Jahr wird sich die transformatorische und signifikante Wirkung von Prozess-Automatisierung mit Wucht entfalten. Das sieht die Hälfte der Befragten so. Wobei die Bedeutung auch heute bereits hoch ist.
Erhöhte Glaubwürdigkeit
Der Einfluss von digitalen Prozes-Technologien macht sich laut Studie in Sachen Analytics über ganze Prozesse hinweg positiv bemerkbar. Das betrifft insbesondere die Datenqualität und -verlässlichkeit, aber auch die Integration von Daten wird einfacher.
Hürden und Hindernisse
Sechs Klippen benennen die Befragten als besondere Herausforderung bei der Digitalisierung von Prozessen. Die Datensicherheit ist das größte Problem.
Abwartende Banken
Drei Branchen nimmt die Studie ins Visier. Während die HealthCare-Firmen bei der digitalen Reise vorneweg maschieren oder zumindest den Zug nicht verpassen wollen, warten 39 Prozent der Banken erst einmal ab.

Zum Vergleich: das bestplatzierte europäische Land, Polen, erreicht mit 5,66 Zählern Rang zehn. Großbritannien kommt auf 5,28 Zähler und Frankreich auf 4,96 Indexpunkte. Die USA liegen bei 5,51 und Russland bei 5,38 Punkten.

Soft Skills, die Roboter nicht ersetzen können

Ländern wie Indien und den Philippinen, Sri Lanka, Costa Rica und Südafrika traut A.T. Kearney zu, das Potenzial von Robotics und Automatisierung nutzbar zu machen. Diese Standorte verfügten sowohl über Expertise in Business Process Outsourcing (BPO) als auch über Soft Skills, die Roboter nicht ersetzen können.

Außerdem nennen die Analysten einzelne Städte, die mit ihren Innovation Hubs finanzstarke Unternehmen anlocken. Es sind die geografisch verstreuten Metropolen San Francisco, Berlin, Tel Aviv und Seoul.