DSAG-Jahreskongress 2011

SAP: Support bleibt wunder Punkt für Anwender

25.10.2011 von Riem Sarsam
SAP und die Anwender zeigten sich in Leipzig einiger denn je. Die klare Roadmap für die Business Suite erntet Beifall. Konfliktthema bleiben die Support-Modelle.

Szenenapplaus für den SAP-Chef: Jim Hagemann Snabe gab bekannt, dass die Wartung für die Business Suite ausgeweitet wird. "Wir werden unsere bisherige Strategie weiterführen und den Kunden bis 2020 Funktionserweiterungen ohne Upgrade zur Verfügung stellen", sagte der Co-CEO auf dem DSAG-Jahrestreffen.

"Wir werden unsere bisherige Strategie weiterführen und den Kunden bis 2020 Funktionserweiterungen ohne Upgrade zur Verfügung stellen", sagte der Co-CEO auf dem DSAG-Jahrestreffen.
Foto: DSAG

Damit geht Walldorf auf eine der zentralen Forderungen der Anwendervereinigung ein: eine klare Roadmap für das Kernprodukt. "Die DSAG begrüßt es, dass SAP die Mainstream-Wartung verlängert", freute sich Vorstand Karl Liebstückel. "Damit erhalten Anwender die gewünschte Planungs- und Investitionssicherheit." Diese wurde in regelmäßigen Abständen von dem Software-Hersteller eingefordert.

Neuerungen alle drei Monate

Auch in puncto neue Funktionen bewegt sich SAP auf seine Kunden zu. Das bisherige Verfahren, einmal jährlich das Erweiterungspaket "Enhancement Package" auszuliefern, hat sich für viele als wenig praktikabel erwiesen. Die Fülle der Ergänzungen, die auf einen Schlag auftauchten, war zu unübersichtlich.

Künftig soll es einmal pro Quartal ein kleineres Bündel an Neuerungen geben. Wahrscheinlich unter dem Namen Continuous Innovations. Das jährliche Enhancement Package wird dann bloß noch die Konsolidierung aller vier Pakete sein. Um den Kunden die Übersicht zu erleichtern, will SAP die neuen Funktionen sortiert ausliefern, etwa nach Themen oder Branchen. "Das ist zunächst einmal ein Versprechen", sagt Frank Niemann, Principal Consultant Software Markets bei PAC. "Auch mit den Enhancement Packages hat SAP damals Erleichterung versprochen. Und dann sind die Pakete immer größer und komplexer geworden."

Zusammenarbeit institutionalisiert

Dennoch: SAP hat seinen Kunden die Türen geöffnet. Nicht nur den Anwendern am Heimatmarkt, sondern weltweit. Die Customer Engagement Initiative (CEI) beispielsweise richtet sich an alle SAP-Kunden. Wie
angekündigt, bindet SAP sie dort in einer besonders frühen Phase in die Softwareentwicklung mit ein. Bis heute haben sich knapp 1600 Personen bei CEI registriert, um sich an den Diskussionen zu beteiligen. Nahezu die Hälfte dieser Kontakte kommt aus dem deutschsprachigen Raum. "Damit sind wir die aktivste SAP-Anwendervereinigung weltweit", sagt Liebstückel.

Dass Engagement sich auszahlt, zeigt eine weitere Initiative, die DSAG und SAP inzwischen gestartet haben: das Continuous Improvement (von SAP auch als Customer Connections bezeichnet). Auf der Website Idea Place können die SAP-User ihre Schmerzen mit der Software abladen. Nicht um neue, sondern um Software im Einsatz geht es, um kleine, aber gemeine Unwägbarkeiten, die dem Anwender das Leben unnötig schwer und die Anwendung schwerfällig machen. Ein Beispiel: Im Bereich Instandhaltungsarbeiten gibt es keine Möglichkeit, eine Vorgangsübersicht mit allen Komponenten darzustellen. Termine, Kosten, Lieferanten, Erfüllungsdatum oder auch Bestellnummer: Welche Arbeitsvorgänge mit welchen Kriterien verknüpft sind, kann der Mitarbeiter nur herausfinden, wenn er umständlich zwischen verschiedenen Masken hin- und herspringt.

Dank der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten ließen sich diese und zig andere vermeintliche Kleinigkeiten erledigen. Die bisherige Bilanz von Idea Place: 38 Themengruppen wurden identifiziert, 750 Anträge gesammelt, 50 davon abgeschlossen und bereits 1400 Mal heruntergeladen. 300 weitere sind noch in Bearbeitung. Für die DSAG ist dies ein beachtlicher Schritt nach vorne in der Zusammenarbeit mit SAP. Zufriedengeben will man sich damit jedoch nicht. "Im Tagesgeschäft haben die DSAG-Mitglieder nun einmal akute Probleme", sagt Liebstückel. "Unser Wunsch ist, dass man dem Kanal für die Anwenderprobleme noch mehr Kapazitäten einräumt."

Bei diesem einen Wunsch bleibt es nicht, das geben die DSAG-Vertreter den rund 4000 Besuchern des Kongresses mit auf den Weg. Trotz der Erfolge dieser neuen Ära wartet auf den Softwarelieferanten und seine agilen Kunden noch viel Arbeit. Top-Priorität ist und bleibt die Bewältigung der Komplexität. Die Kernanwendungen handhabbar zu machen reicht nicht. Auch SAPs neue strategische Themen Cloud Computing und Mobile Business werden in die Erwartungen der Kunden eingeschlossen, ebenso die Frage nach Art und Höhe der Lizenzkosten.

ROADMAP- Kunden können Luft holen

Bislang galt die Aussage, SAP werde das Kernprodukt Business Suite 7 auf jeden Fall bis zum Jahr 2015 zum vereinbarten Basispreis warten. Danach drohte den Kunden eine Preiserhöhung, üblicherweise wären das ein Prozent im ersten und zwei bis vier Prozent in den folgenden Jahren. Mit der Verlängerung um fünf Jahre bis 2020 verschafft SAP seinen Kunden Luft - und Planungssicherheit. Konkret bedeutet das: SAP pflegt die Business Suite 7 bis zum Ende des Jahrzehnts. In dieses Versprechen eingeschlossen sind sämtliche Anwendungen der Business Suite, inklusive ERP 6.0, die Plattform Netweaver sowie alle SAP-Erweiterungspakete für die Suite.

SAP: Die Vier-Elemente-Strategie

Foto: DSAG

Jim Hagemann Snabe zur langfristigen Strategie von SAP:

1. Kernprodukt Unternehmenssoftware:
Diese soll künftig unter Berücksichtigung der Nutzerfreundlichkeit und der Gesamtkosten (TCO) weiterentwickelt werden. Neuerungen werden viermal im Jahr ausgeliefert, die Mainstream-Maintenance wird bis ins Jahr 2020 garantiert.

2. On-Demand-Geschäft:
Mit Business by Design sollen in diesem Jahr die ersten 1000 Kunden gewonnen werden. Zusätzlich fährt SAP einen sogenannten Line-of-Business-Ansatz in seinen On-Demand-Produkten. Darunter sind Lösungen zu verstehen, die einzelne Geschäftsprozesse per Cloud Computing unterstützen - wie das schon fertige Sales-on-Demand.

3. Mobile-Business
Technisch bedeutet Mobile Business vor allem die Integration und Weiterentwicklung der Sybase-Produkte. In Zukunft sollen SAP-Produkte auf allen Endgeräten laufen können, ohne dass die IT-Abteilung am Management der Infrastruktur verzweifelt. Dass daran kein Weg vorbeiführt, steht außer Frage. Jim Hagemann Snabes Kurzfassung: "Schon heute gibt es weltweit mehr mobile Geräte als Zahn-bürsten."

4. In-Memory Technolgie
SAPs In-Memory-Technologie zielt auf das große Ganze. Im Bereich Analyse muss sich die Walldorfer Lösung namens Hana jetzt in der Realität behaupten. Doch dabei soll es nicht bleiben. Die große Frage, die sich SAP stellt, ist, ob die Technik sich nicht sogar als Basis für alle Geschäftsanwendungen eignet.

Beim Support-Modell stockt es

DSAG: Die aktivsten Kunden der Welt.
Foto: DSAG

An diesem Punkt für viele Kunden wichtigen Punkt stockt die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten nach wie vor. Andreas Oczko, Vorstandsmitglied der DSAG und Sprecher des Arbeitskreises Service & Support, bleibt nichts anderes, als die Position der Kunden zu wiederholen: Mehr Flexibilität und Wahlmöglichkeiten bei den Support-Modellen. SAP könne beispielsweise unterscheiden, ob ein Unternehmen eine eigene Support-Mannschaft habe oder nicht, oder ob es sich um neue, also betreuungsintensivere Software handelt oder nicht. Kleines Trostpflaster für die Besucher des Kongresses: Die DSAG und SAP gründeten vor Ort eine Arbeitsgruppe, die sich nun gezielt mit der Thematik auseinandersetzen - und hoffentlich bald erste Ergebnisse liefern wird.

"Gut, richtig gut", fasste Werner Schwarz den ersten Tag der Jahresversammlung zusammen. Der CIO von Gerolsteiner ist als Mitglied des CIO-Beirats der DSAG auch an den Gesprächen zwischen der Anwendergruppe und SAP beteiligt. Er sieht noch genug Diskussionsstoff auf beiden Seiten. Aber: "Im vergangenen Jahr war es noch ein gegenseitige Beäugen und Abwägen", sagt er. "Jetzt, nach zwölf Monaten konkreter Zusammenarbeit kann man von einer 180-Grad-Drehung sprechen."

DSAG - Die aktivsten Kunden der Welt

Mehr als 2500 Mitgliedsunternehmen (Nummer 2500 war übrigens der FC Hoffenheim), über 40 000 registrierte Personen, annähernd 180 Arbeitskreise und Gruppen (im Foto oben: Ergebnispräsentation durch die Sprecher) und rund 200 Veranstaltungen pro Jahr: Die Deutschsprachige Anwendervereinigung DSAG darf sich als die weltweit aktivste Kunden-vertretung von SAP bezeichnen. Die DSAG-Mitglieder beteiligen sich am umfangreichsten SAP-Kundenprogramm Customer Engagement Initiative (CEI). Mit dem Programm löst SAP sein Versprechen ein, seine Kunden früher in die Produktentwicklung einzubinden. Aus der ganzen Welt fließen über CEI Verbesserungsvorschläge und Ideen zusammen. Sie werden in Walldorf geprüft und, wenn für gut befunden, auch umgesetzt. Ein Zwischenergebnis: Es laufen 200 aktive Projekte, 57 sind abgeschlossen, 100 neu gestartet - und 45 Prozent der Teilnehmer stammen aus der DSAG.