Schrittweise Erhöhung bis 2012

SAP zwingt Kunden auf 22 Prozent

16.07.2008 von Riem Sarsam
SAP wird ab Januar 2009 den bisher nur für Neukunden geltenden "Enterprise Support" auf alle Kunden ausweiten. Die Servicegebühren steigen auf bis zu 22 Prozent im Jahr 2012 an. Den Kunden bleibt wenig, dem zu entgehen. Sie sollten daher das Angebot so weit wie möglich ausschöpfen, rät Gartner. Diskutieren Sie auch im Forum.

Die Briefe an die Unternehmen sind bereits verschickt. Damit bestätigt sich, was schon seit längerem gemutmaßt wurde. Den Probelauf zum Umstieg auf höhere Service-Gebühren startete SAP zu Beginn des Jahres, als bekannt wurde, dass Neukunden der Enterprise Support zu einer jährlichen Gebühr von 22 Prozent vom Lizenzkauf angeboten wird. Erste Stimmen, die dieses Modell auf alle Kunden zukommen sahen, wurden zunächst beschwichtigt. Prinzipiell wollte man den Schritt jedoch auch in Walldorf nicht ausschließen.

Nun ging es schneller, als manch einer befürchtet haben dürfte. Ab Anfang 2009 stiegen die Gebühren sukzessive: Zunächst auf 18,3 Prozent, dann auf 19,8 (2010), auf 21,4 (2011) und schließlich auf 22 Prozent im Jahr 2012. Mit dem neuen Support-Modell ersetzt SAP ab sofort die bestehenden Programme wie Standard und Premium Support. Für das laufende Jahr ist das Zusatzangebot kostenlos.

Grund: Komplexität der IT-Landschaften steigt

Die Gründe für diesen Schritt sind bereits genannt: Die steigende Komplexität der IT-Landschaften, zunehmende Verknüpfungen von Anwendungen verschiedener Hersteller, immer mehr Vernetzungen der Unternehmen untereinander. "Wir haben heute schon rund 100 Systeme mit mehr als 150.000 aktiven Anwendern", veranschaulicht Uwe Hommel, Executive Vice President für SAP Active Global Support.

Nicht nur für diese Extreme, sondern letztlich für alle Unternehmen gelte, dass SAP-Anwendungen immer mehr in geschäftskritischen Prozessen eingesetzt werden, ein Ausfall der Systeme daher mit zunehmenden Risiken verbunden ist. "Die Anforderungen sind dramatisch gestiegen", sagt Hommel.

Letztlich räumt SAP mit seinem Entschluss auch ein, dass die neuen Technologien, die man seinen Kunden seit Jahren schmackhaft macht, alles, nur nicht weniger Komplexität bringen. "Jahrelang hat man die neuen Architekturen als Segen verkauft", erinnert Christian Hestermann von Gartner. Dass der nicht wie versprochen eintritt, wird der Kunde nun auch an seinem Budget spüren.

Als Gegenleistung für die steigenden Kosten verspricht SAP unter anderem: Mit dem Enterprise Support besteht Anspruch auf eine durchgehende (24x7) Unterstützung für geschäftskritische Anwendungen auf Basis eines Service Level Agreements, inklusive kontinuierlicher Qualitätskontrollen sowie Beratung und Hilfe bei der Implementierung von Erweiterungspaketen (Enhancement Packages) für SAP ERP und Softwarekorrekturen (Support Packages). Für R/3-Kunden gilt außerdem, dass die erweiterte Wartung auf Basis der 5-1-2 Wartungsstrategie für Kunden, die die Releases 4.6c und 4.7 einsetzen, in den Enterprise Support eingebunden und um ein Jahr verlängert wird.

Analysten: Wechsel des Software-Anbieters lohnt sich nicht

Eine Alternative wird es für die wenigsten geben. IDC-Analystin Elaina Stergiades sieht in dem Schritt zum Enterprise Support eine zeitgemäße Weiterentwicklung: "Es verdeutlicht einen Trend, der sich bei Dienstleistungen im Software-Support abzeichnet", sagt sie. Auch Gartner-Kollege Christian Hestermann sieht daher für die Kunden keine Möglichkeit, der Gebührenerhöhung auszuweichen. "Fachlich lässt sich die Argumentation von SAP nachvollziehen", sagt er. "Die Kunden brauchen sicher mehr Unterstützung als das früher der Fall war." Von einem Wechsel des Softwarelieferanten rät er ab: "Bei anderen Softwareherstellern ist die Situation für die Kunden nicht unbedingt besser."

Angesichts dessen bleibt SAP-Anwendern nicht viel übrig, wie sie reagieren können. Eines vielleicht: "Wenn sie die Kröte schon schlucken müssen", so Hestermann, "dann sollten sie das neue Angebot von SAP wenigstens so weit wie möglich ausschöpfen." Vielleicht lässt sich ein Teil des gestiegenen Aufwands dadurch reduzieren, dass nun SAP Aufgaben übernehmen wird, die zuvor die eigenen Mitarbeiter erledigen mussten.