IT-Verzögerungen schaden dem Unternehmen

Schnelle IT erhöht den Profit

05.07.2007 von Nina Gut
In vielen IT-Organisationen verzögert sich die Einführung von zu vielen Projekten und Services. Außerdem verfehlen sie zu oft die geschäftlichen Vorgaben. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie, die die Economist Intelligence Unit (EIU) im Auftrag von HP erstellt hat.
Der Anteil der Befragten, bei denen nicht einmal die Hälfte der IT-Projekte die geplanten Geschäftsziele erreichten.

Die neu erwachte globale Wirtschaftsdynamik zwingt Unternehmen dazu, möglichst schnell auf sich laufend ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Der IT kommt in dieser Situation eine Schlüsselrolle zu, da sie heute alle Geschäftsprozesse unterstützt. Resultat der Befragung: Statt Sparzielen zu folgen, muss sie nun auf eine neue Gangart umschalten und möglichst schnell Projekte realisieren und Services bereitstellen, damit die Unternehmen die gesetzten Wachstumsziele erreichen.

In der Studie wurden die Teilnehmer gefragt, ob eine schnellere Bereitstellung von IT-Diensten auch den Profit des Unternehmens signifikant verbessern würde. Weltweit stimmte eine Mehrheit von 62 Prozent der Technologie-Führungskräfte zu. Unter den deutschen IT-Managern erachteten sogar 71 Prozent die Geschwindigkeit ihrer Initiativen als einen zentralen Erfolgsfaktor für das Unternehmen. Die Botschaft für die IT ist klar: Ein Unternehmen, das sein Geschäftsmodell umsetzen, ein neues Produkt vorstellen oder auf ein Sicherheits- oder Geschäftsrisiko reagieren möchte, muss sich auf agile Services verlassen können.

IT-Ergebnisse bleiben hinter den Erwartungen

Die Frage nach dem geschäftlichen Nutzen von IT-Initiativen förderte bereits in den vergangenen Jahren durchwachsene Ergebnisse zutage. Auch dieses Mal gaben 57 Prozent der untersuchten Unternehmen zu Protokoll, dass nur knapp jede zweite ihrer IT-Initiativen ein positives geschäftliches Ergebnis erzielt. Deutschland schneidet etwas besser ab. Hier klagten 49 Prozent der IT-Manager über nicht erreichte Geschäftsziele bei IT-Projekten.

Die Studie gibt auch Auskunft über die Zahl der verzögerten IT-Projekte. Von den deutschen Befragten konnten sich 19 Prozent darüber freuen, dass sich keines ihrer IT-Projekte verspätet hat. Deutsche Pünktlichkeit: Denn damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich deutlich vorn. Weltweit gaben nur neun Prozent an, dass alle IT-Projekte im Zeitplan lagen. 33 Prozent der hiesigen Firmen meldeten eins von zehn Projekten als unpünktlich. Bei 27 Prozent war eins von vier außer Plan. Bei immerhin 22 Prozent war mindestens die Hälfte aller IT-Projekte verspätet.

Eine Verzögerung von IT-Projekten führt auch zu einer Verzögerung bei der Einführung neuer Produkte - und hat Einfluss auf den Umsatz des Unternehmens.

Die Studie zeigt auch die gravierenden Folgen auf. Aus Sicht der befragten deutschen Führungskräfte führt eine lahmende IT in erster Linie zu Verspätungen bei Produkteinführungen, gefolgt von Umsatzeinbußen und verfehlten Sparzielen. Daneben rechnet man auch mit Beeinträchtigungen von Firmenfusionen und Schäden an der Reputation und dem Markenimage sowie mit dem Verlust von IT-Jobs. Außerdem können Projektversäumnisse einschneidende Folgen für Führungskräfte nach sich ziehen. Weltweit befürchten 56 Prozent der IT-Manager eine Beeinträchtigung ihrer Karriereperspektiven, 55 Prozent rechnen mit finanziellen Einbußen.

Entdeckung der Langsamkeit: Warum sich IT-Projekte verzögern

Welche Faktoren sind schuld an verzögerten Projekten und überzogenen Deadlines? Die Studie nennt zwei Hauptursachen: Als wichtigsten Störfaktor identifizierte sie Änderungen an den geschäftliche Prioritäten während der Projektlaufzeit. Zweite IT-Projektbremse ist die mangelnde Koordination zwischen IT- und Business-Managern. Aus Sicht der deutschen Technologie-Verantwortlichen wiegen diese beiden Punkte sogar überdurchschnittlich schwer (48 und 45 Prozent). 36 Prozent nannten Outsourcing als Ursache, 20 Prozent zu wenig Business Ressourcen. 19 Prozent sehen die Schuld in einer mangelhaften Definition von Anforderungen. 13 Prozent machen Stress in der IT-Abteilung geltend.

Wenn es darum geht, ein zeitlich aus dem Ruder laufendes IT-Projekt wieder auf Kurs zu bringen, reagieren Unternehmen je nach Region unterschiedlich. In Europa herrscht die Tendenz vor, kurzfristig die Zielsetzung des Projekts oder des Services zu verändern oder den Umfang zu reduzieren. 77 Prozent der deutschen Befragten bevorzugen diese Maßnahme bei Verspätungen. Die Studie konstatiert, dass nach wie vor Abstimmungsprobleme zwischen dem Geschäft und der IT bestehen und beide Bereiche nicht im gewünschten Maße synchronisiert sind.

Diesen Antworten ist zwar zu entnehmen, dass Geschwindigkeit zunehmend als wichtig erachtet wird. Dennoch dürften nur wenige Unternehmen die Qualität zugunsten eines pünktlichen Projektfahrplans aufs Spiel setzen. Schließlich nennen die IT-Verantwortlichen die "Verbesserung der Qualität bei Service-Einführungen" als wichtigstes Anliegen in den nächsten zwölf Monaten. Zumindest die Deutschen und ihre US-Kollegen lassen aber gleich danach das Thema "schnellere Einführung von Services" folgen. Die drittgrößte Bedeutung haben Projekte, die das Umsatz-Wachstum fördern.

Wie beschleunigt man IT-Initiativen? Die europäischen IT-Manager - vor allem die deutschen -machen kurzen Prozess. Ihre bevorzugte Reaktion: "Änderungen an den Business-Prioritäten ignorieren". Diese "Augen-zu-und-durch"-Haltung bevorzugen ganze 44 Prozent der deutschen und gut ein Drittel der EMEA-Manager. Ein weiterer Hinweis für die bereits genannte mangelhafte Synchronisation von Geschäft und IT. An zweiter Stelle der Beschleunigungsmaßnahmen rangiert die "stärkere IT-Automatisierung". Für sie plädieren 33 Prozent der deutschen Führungskräfte. Auf Platz drei und vier rangieren die "bessere Anforderungs-Definition" und die "Verbesserung der IT-Kompetenzen der Mitarbeiter".

Wer ist schuld an verzögerten IT-Projekten? Eine Änderung der Geschäfts-Prioritäten und fehlende Koordination mit dem Business - glauben die Befragten.

Die EIU-Studie hat sich auch mit dem Zusammenhang zwischen schnell eingeführten IT-Projekten und einem starken Gewinnwachstum befasst. Ergebnis: 55 Prozent der beteiligten deutschen Unternehmen mit einem Ertragszuwachs von 25 Prozent und darüber verzeichneten eine leicht bis stark gesteigerte Einführungsgeschwindigkeit von IT-Services. Bei den restlichen 45 Prozent blieb die Geschwindigkeit zumindest auf dem gleichen Niveau. Verschlechtert hat sich keiner der Top-Perfomer.

Die richtigen Werkzeuge

Firmen implementieren heute eine Reihe von Technologien und Methoden, um die IT besser mit Geschäftsprojekten in Einklang zu bringen. Mit einer Zustimmungsquote von knapp über 50 Prozent verlassen sich die deutschen IT-Manager auf diesem Gebiet vor allem auf Serviceorientierte Architekturen (SOA), dicht gefolgt von den Disziplinen Business Service Management und Qualitätsmanagement. Etwas anders sieht es diesbezüglich in der EMEA-Region aus, wo man zu über 50 Prozent das Qualitätsmanagement als probates Mittel für ein besseres IT- und Business-Alignment erachtet.

Projekt-, Portfolio- und Infrastrukturmanagement werden insbesondere im Raum Asien-Pazifik bevorzugt, während die Befragten im weltweiten Durchschnitt Techniken wie Anforderungsmanagement, Business-Service-Mangement sowie IT-Service-Management bevorzugen. SOA etabliert sich zunehmend auch auf weltweiter Ebene. Das wichtigste Motiv für deren Einführung liegt darin, IT-Risiken für das Business zu verringern.

Fazit der Analysten: Viele Unternehmen haben bereits die Erfahrung gemacht, dass sich Qualität mit einer schnelleren Einführung von IT-Projekten und Services vereinbaren lässt. Wie sich mit Hilfe einer effizienteren IT auch Geschäftsergebnisse verbessern lassen, zeigen die Beispiele einiger Banken, in denen heute schon IT-Entwickler an der Seite von Händlern arbeiten. Änderungen an Software und Systemen lassen sich so unmittelbarer vorführen. Gleichzeitig kann die Technikseite neue Ideen aufgreifen und diese schneller umsetzen. Firmen mit einer derart agilen und hochentwickelten IT sind in der Lage, laufend innovative Services einzuführen, die zudem nur schwer vom Wettbewerb nachgeahmt werden können.

Für die diesjährige Studie "IT at the Speed of Business" wurden von März bis April 1.125 IT-Manager aus kleinen, mittleren und großen Unternehmen befragt. 500 Teilnehmer kamen aus dem EMEA-Raum, 275 aus Amerika und 300 aus der Region Asien-Pazifik