Finanzbranche im Umbruch

Sichere Geschäfte mit der Blockchain

21.06.2017 von Martin Bayer
Transparente, schnelle und vor allem sichere Transaktionen – das verspricht die Blockchain. Viele Experten sind überzeugt, dass die Technik die Abwicklung von Geschäften transformieren wird.
Die Blockchain wird die Art, wie weltweit Geschäfte gemacht werden, verändern.
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Der Finanzbranche steht die vielleicht größte Umwälzung ihrer Geschichte ins Haus. Auslöser ist die Blockchain-Technik, mit deren Hilfe sich Transaktionen verschiedenster Art viel effizienter als bislang abwickeln lassen. Es braucht damit keine Intermediäre oder Treuhänder mehr. Den Finanzhäusern droht "Banking without banks" - wenn es ihnen nicht gelingt, die darin liegenden Chancen selbst zu nutzen.

Blockchain ist eine Datenbank für die Speicherung von Daten, Informationen und Dokumenten. Die Grundlage dafür bildet ein dezentral ausgelegtes Peer-to-Peer-Netz. Hier werden die Transaktionen verifiziert, validiert und zu Blöcken zusammengefasst.

Damit lassen sich auch komplexe Transaktionen vornehmen und automatisieren. Zudem gilt die Technik als sicher, weil der Aufwand, der für eine Manipulation betrieben werden müsste, immens hoch ist und in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen würde.

Die Funktionsweise von Blockchain
Blockchain
Blockchain wird in den kommenden Jahren zur Schlüsseltechnologie in der IT werden.
(1) Transaktion
Die Transaktion ist die elementare Grundeinheit der Blockchain. Zwei Parteien tauschen Informationen miteinander aus. Dies kann der Transfer von Geld oder Vermögenswerten, der Abschluss eines Vertrags, eine Krankenakte oder eine Urkunde sein, die digital gespeichert wurde. Transaktionen funktionieren im Prinzip wie das Versenden von E-Mails.
(2) Verifizierung
Die Verifizierung prüft, ob eine Partei die entsprechenden Rechte für die Transaktion hat. Die Prüfung erfolgt augenblicklich oder es wird in eine Warteschlange geschrieben, die die Prüfung später durchführt. An dieser Stelle werden Knoten, also Computer oder Server im Netzwerk, eingebunden und die Transaktion verifiziert.
(3) Struktur
Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, wobei diese mit einer Hash-Funktion als Bit-Nummer verschlüsselt werden. Die Blöcke können durch die Zuweisung des Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden. Ein Block enthält einen Header, eine Referenz auf den vorhergehenden Block und eine Gruppe von Transaktionen. Die Abfolge der verlinkten Hashes erzeugt eine sichere und unabhängige Kette.
(4) Validierung
Bevor die Blöcke erzeugt werden, müssen die Informationen validiert werden. Das am meisten verbreitete Konzept für die Validierung von Open-Source-Blockchains ist das „Proof of Work“-Prinzip. Dieses Verfahren stellt in der Regel die Lösung einer schweren mathematischen Aufgabe durch den Nutzer beziehungsweise dessen Computer dar.
(5) Blockchain Mining
Der Begriff Mining stammt aus der Bergbau und meint das „Schürfen“. Bei diesem Vorgang wird der Block erzeugt und gehasht. Um zum Zug zu kommen, müssen die Miner ein mathematisches Rätsel lösen. Wer als Erstes die Lösung hat, wird als Miner akzeptiert. Der Miner erhält für seine Arbeit ein Honorar in Form von Kryptowährung (Bitcoin).
(6) Die Kette
Nachdem die Blöcke validiert wurden und der Miner seine Arbeit verrichtet hat, werden die Kopien der Blöcke im Netzwerk an die Knoten verteilt. Jeder Knoten fügt den Block an der Kette in unveränderlicher und unmanipulierbarer Weise an.
(7) Verteidigung
Wenn ein unehrlicher Miner versucht, einen Block in der Kette zu ändern, so werden auch die Hash-Werte des Blockes und der nachfolgenden Blöcke geändert. Die anderen Knoten werden diese Manipulation erkennen und den Block von der Hauptkette ausschließen.

"Blockchain wird die Art, wie weltweit Geschäfte gemacht werden, verändern", prognostizierte jüngst Wolfgang Hach, Partner von Roland Berger. Das Beratungshaus hat Ende März die Studie "Enabling decentralized, digital and trusted transactions - Why blockchain will transform the financial services industry" vorgestellt. Darin analysieren die Experten Chancen und Risiken der Technik.

Viele Anwendungen in der Finanzbranche möglich

"Gerade in der Finanzbranche mit ihren großen Datenmengen, zahlreichen Intermediären und Dienstleistungen, die abgesichert und verifiziert werden müssen, ergeben sich für Blockchain viele Anwendungsmöglich­keiten", konstatierte Roland-Berger-Partner Sebastian Steger. Aus Sicht der Experten bieten sich den ­Finanzdienstleistern vielfältige Perspektiven, neue Geschäfte zu generieren - zum Beispiel im Fernhandel: Bisher müssen Verkäufer und Käufer über ihre Banken zahlreiche Dokumente organisieren, die festhalten, welchen Wert die Ware hat, wie sie verladen und transportiert wird und wer bis zu welchem Zeitpunkt haftet. Solche Unterlagen müssen bis dato im Original vorliegen. Mit Blockchain ließen sie sich unveränderbar, mit Zeitstempel und nachverfolgbar digital speichern.

Ebenso effizient lassen sich Versicherungsfälle regeln. Mit Hilfe der Blockchain können Versicherungen anhand von Fahrer- und Fahrzeugdaten maßgeschneiderte Policen anbieten und schnell helfen, wenn Unfälle oder Pannen passieren. Das Fahrersystem meldet den Vorfall in Echtzeit bei der Versicherung - Reparaturdienst, Taxi oder andere Dienstleister werden sofort benachrichtigt. Über intelligente Sensoren werden Autoschäden sofort erfasst und der Versicherung gemeldet.

Rechtliche Grundlagen nötig

Bis die Blockchain Business-Realität wird, müssen jedoch nach Ansicht der Roland-Berger-Experten noch einige Hürden überwunden werden. Unter anderem brauche es einheitliche Standards als Voraussetzung für die Kooperation über Länder-, Branchen- und Unternehmensgrenzen hinweg. Zudem müssten sich auch noch die rechtlichen Grundlagen und Sicherheitsaspekte etablieren. "Sowohl Politik, Regulatoren und Blockchain-Aktivisten als auch die Industrie arbeiten an diesen Themen", sagte Steger. Momentan befinde sich die Blockchain-Technik in der Finanzbranche noch in der Testphase. Mit einer breiteren Nutzung rechnen die Roland-Berger-Experten in drei bis fünf Jahren.