Android 4 und x86-CPU

Smartphone-Test: Motorola Razr i mit Intel Atom

11.12.2012 von Moritz Jäger
Motorola setzt mit dem Razr i erstmals auf die Kombination Android und Intel-Plattform. Das Smartphone mit Atom-Prozessor will durch hohe Leistung und Akkulaufzeit überzeugen.

Der Chiphersteller Intel hat ein Problem: Im rapide wachsenden Smartphone- und Tablet-Markt spielt Intel Inside so gut wie keine Rolle, hier dominieren Chips auf ARM-Basis, die etwa von Qualcomm oder Samsung hergestellt werden. Mit dem Razr i von Motorola soll sich das ändern. Denn in diesem steckt der AZ210, ein Intel-Atom-Prozessor auf Basis des Medfield. Die Spezifikationen sind dabei durchaus beeindruckend: Bei den Taktraten sind bis zu 2 GHz möglich, außerdem unterstützt Intel Hyperthreading.

Dem Prozessor stehen außerdem 1024 MByte RAM zur Seite, Daten speichert das Gerät auf einem internen Speicher mit 8 GByte Kapazität. Nach der Installation des Betriebssystems bleiben davon maximal 4,9 GByte für den Nutzer übrig. Der Speicherplatz lässt sich aber via microSD-Karte um bis zu 32 GByte erweitern.

Chipsatz: Der Hinweis auf Intel verbirgt sich auf der Rückseite.
Foto: Motorola

In der Praxis reagiert das Smartphone angenehm schnell auf die Eingaben des Nutzers. Egal ob es um Zoom-Gesten oder den Start von Anwendungen geht, das Motorola Razr i kann mit aktuellen Top-Geräten durchaus mithalten.

Das bestätigt der AnTuTu CPU Benchmark. Hier erreicht unser Testgerät 8545 Punkte. Laut dem Ranking auf der Webseite muss es sich damit zwar Quad-Core-Smartphones wie dem LG Optimus 4X oder dem Samsung Galaxy S III geschlagen geben, liegt aber vor Dual-Core-Smartphones wie dem HTC One S. Das Intel-Design kann also durchaus mit Geräten auf ARM-Basis mithalten.

Motorola möchte im Razr i noch einen weiteren Punkt betonen: Das Display sei "nahezu randlos". Tatsächlich ist zwischen dem Rahmen und dem 4,3-Zoll-großen Bildschirm kaum ein zusätzlicher Rand zu sehen - zumindest wenn man es mit älteren Motorola-Smartphones vergleicht. In der Praxis ist diese Aussage wenig wichtig. Allerdings setzt Motorola auf Super AMOLED für den Bildschirm, was knackige Farben und einen guten Kontrast ermöglicht. Die Auflösung liegt bei 540 x 960 Pixeln und entspricht damit qHD. Schade, hier wäre deutlich mehr drin gewesen, das HTC Windows Phone 8X etwa zeigte, dass man bei 4,3 Zoll Bildschirmdiagonale sehr gut auf eine Auflösung wie 720 x 1280 Pixel setzen kann.

Razr i
Motorola Razr i
Das Smartphones besitzt einen 4,3-Zoll-Bildschirm.
Motorola Razr i
Die Rückseite ist mit Kevlar überzogen.
Motorola Razr i
Die Seitenansicht des Android-Smartphones mit Intel Atom.
Motorola Razr i
Motorola ist besonders auf den nahezu "randlosen" Bildschirm stolz.
Motorola Razr i
Das Smartphone bietet zwar Platz für eine Speicherkarte, allerdings ist kein HDMI-Port an Bord.

Kommunikation, Haptik, Laufzeit

Abgesehen von der neuen CPU-Architektur steckt im Razr i wenig Innovation. Das Smartphone funkt im WLAN per 802.11 a/b/g/n und unterstützt sowohl das 2,4- wie auch 5-GHz-Band. Wer mobil ins Web geht, der kann HSDPA nutzen. Leider gibt es keine Variante mit LTE, obwohl die Netze eigentlich inzwischen für die Technik bereit wären.

Bei Bluetooth muss man Abstriche hinnehmen, hier nutzt Motorola aus unerfindlichen Gründen nur 2.1 + DER; warum nicht auf den aktuellen Standard Bluetooth 4.0 gesetzt wurde, ist nicht bekannt. Dieser würde unter anderem das Low Energy Profil unterstützten. Mit Bluetooth-Headsets kann sich das Gerät dennoch unterhalten.

Intel Inside: Das Razr i
Foto: Motorola

Dafür gibt es die Funktechnik Near-Field Communication. In der Praxis hatten wir allerdings Probleme bei der Kommunikation mit einem Sony Xperia P: Android Beam, die Übertragungstechnik für NFC, weigerte sich beharrlich, ein Bild zwischen beiden Geräten auszutauschen. Für den Datenaustausch per Kabel setzt das Razr i auf Micro-USB. Leider fehlt ein Anschluss für HDMI, die Datenbuchse ist zudem nicht mit dem MHL-Standard kompatibel, der Inhalte per USB auf HDMI-Geräten ausgeben kann.

Beim Design kann Motorola dagegen wieder punkten. Das Smartphone steckt in einer Alu-Hülle, die Rückseite ist mit Kevlar überzogen. Diese Materialien sorgen außerdem für ein angenehm leichtes Gewicht von 126 Gramm.

Trotz Intel-CPU leidet die Laufzeit des Smartphones nicht. Im Praxiseinsatz während des Tests hielt der Akku mit 2000 mAh locker eineinhalb bis zwei Tage durch. Hier macht sich auch die App Smart Actions bezahlt, mit der sich das Verhalten des Smartphones in Abhängigkeit vom Akkustand steuern lässt. Geht der Ladestand zur Neige, kann man etwa stromhungrige Komponenten abschalten.

Android auf dem Razr i

Wie bereits eingangs erwähnt, ist Android eigentlich nicht für die Intel-Chipsätze gedacht. Dennoch hat Intel bei der Anpassung ganze Arbeit geleistet. Auf dem Razr i ist Android 4.0.4, Codename Ice Cream Sandwich, installiert. Als Anwender merkt man keinen Unterschied zu einer Android-Installation auf ARM-Basis, Apps lassen sich wie gewohnt installieren und nutzen. Im Test hatten wir lediglich bei der Musikerkennungs-App Shazam Probleme: Diese meldete ständig, dass sie keinen Zugriff auf das Mikrofon erhalten könne. Andere Apps, etwa SoundHound oder Skype brachten diesen Fehler nicht.

Auch Motorola verzichtet beim Razr i dankenswerter Weise auf überflüssige vorinstallierte Applikationen. Neben den Google-Anwendungen sind lediglich Motorola-eigene Apps wie etwa die Smart Actions, das Tisch-Dock, eine Fahrzeugansicht oder eine Anwendung zum (rudimentären) Videoschnitt mit an Bord.

Leider müssen sich Nutzer allerdings auch vom Webtop verabschieden. Diese App konnte in Verbindung mit einem speziellen Dock oder einem HDMI-Kabel einen Linux-Desktop auf einem Fernseher anzeigen. In Kombination mit einer Tastatur ermöglichte das komfortables Surfen, wie wir beim Test des Motorola Atrix feststellten.

Android auf dem Razr i
Android auf dem Razr i
Motorola legt eine neue Version der Blur-UI über das Ausgangs-Android.
Android auf dem Razr i
Mit einem Swipe nach links kommt man zu den Schnelleinstellungen.
Android auf dem Razr i
Zuerst bietet die Oberfläche nur eine Seite, lässt sich aber erweitern.
Android auf dem Razr i
Die Übersicht zu allen Apps.
Android auf dem Razr i
Die Hardware-Daten sind eher spärlich.
Android auf dem Razr i
Die App Shazam erhält keinen Zugriff aufs Mikrofon - andere Apps haben diesen allerdings.
Android auf dem Razr i
Im Benchmark schlägt sich das Gerät nicht schlecht.
Android auf dem Razr i
Übersicht über alle Videos.
Android auf dem Razr i
Unsere Test-Lieder: Das Smartphone erkennt FLAC und MP3 sofort.
Android auf dem Razr i
Der Musikplayer in Aktion.
Android auf dem Razr i
Die Benachrichtigungsleiste.
Android auf dem Razr i
Die Einstellungen.

Office und Multimedia

Beim Thema Office ist mit Quickoffice lediglich Android-Standardkost vorgesehen. Damit lassen sich Texte, Tabellenkalkulationen, Präsentationen oder PDF-Dateien auf dem Gerät anzeigen. Motorola integriert die Vollversion, so dass man auch eigene Dateien erstellen kann.

Beim Thema Multimedia muss sich das Smartphone nicht verstecken. Die Google-Apps Play Movies und Play Music sind bereits integriert. Diese können neue Inhalte in Google Play kaufen oder auf dem Gerät gespeicherte Daten wiedergeben. Unter Windows meldet sich das Razr i als MTP-Gerät, Dateien lassen sich also direkt im Explorer auf das Gerät schieben.

Dabei erkennt das Motorola Razr i Filme im Test alle unsere Video-Container (AVI, M4V, MKV, MP4 und WMV) und spielt Musik in den Formaten MP3 und FLAC ab, es scheitert allerdings an OGG-Formaten.

Fazit

Das Problem von Intel ist kein technisches. Im Gegenteil, der Intel-Atom-Prozessor ist solide und reagiert flott auf die Eingaben des Benutzers. Der "Adapter" zwischen Android und Atom-Chip fällt dabei kaum auf, von einzelnen Fehlern wie etwa Shazam-App abgesehen.

Das Problem von Intel ist der Partner Motorola. Denn tatsächlich ist das Razr i ein nur durchschnittliches Smartphone, das mit einem guten Bildschirm Eindruck schinden kann.

Doch wer soll das Smartphone kaufen? Motorola hat nicht nur einen schlechten Ruf, wenn es um Updates für das Android-Betriebssystem geht (das Razr i hätte etwa schon im Oktober Android 4.1 erhalten sollen). Auch Entwickler wurden erfolgreich vergrault, indem sich die Bootloader der Smartphones nur bei den deutlich teureren "Developer Editionen" einfach entriegeln ließen. Das ist zwar beim Razr i nicht der Fall, dennoch ist der entsprechende Forenbereich bei der Android-Entwicklercommunity XDA Developers nahezu gähnend leer.

Um richtig Aufmerksamkeit zu generieren, bräuchte Intel einen der populären Hersteller, etwa Samsung, oder Google selbst. So bleibt das Razr i ein interessantes Android-Smartphone, für das sich aber keine wirkliche Zielgruppe finden lässt. Leider.

Technische Daten

Quickinfo: Motorola Razr i

Prozessor

Intel Atom, 2,0 GHz

Speicher

intern: 8 GByte
RAM: 1024 MByte

Erweiterungs-Slot

Ja, bis zu 32 GByte

Display

540 x 960Bildpunkte

Kamera

8 Megapixel (plus 0,3-Megapixel-Frontkamera)

Größe (H x B x T)

60,9 x 122,5 x 8,3 mm

Gewicht

126 Gramm inklusive Akku

Akku

2000 mAh

Verbindung, Kommunikation und Betriebssystem

Mobilfunk

GSM / GPRS / EDGE / UMTS / HSDPA

WLAN / GPS

ja / ja

Bluetooth

ja, 2.1

Schnittstelle

Micro-USB

Synchronisation

Exchange, Google, Yahoo usw.

Betriebssystem

Vorinstalliert: Android 4.0.4

Vertrieb und Preis

Hersteller

Motorola

Preis mit Vertrag

ab 1 Euro (O2)

ohne Vertrag

Ab etwa 400 Euro

Vertrieb

O2

(Tecchannel)