6 Charakteristika

So arbeiten digital affine CIOs

16.02.2015 von Christiane Pütter
Der Diskussion um Chief Digital Officers setzt Ernst & Young (EY) eine Studie über CIOs entgegen. An sechs Merkmalen erkennt man einen digital affinen CIO.
In der Studie "Born to be digital" identifiziert EY sechs Charakteristika digital affiner CIOs.
Foto: Ernst & Young

Der Diskussion um eine möglicherweise neu entstehende Rolle eines Chief Digital Officers setzt Ernst & Young (EY) eine Studie über CIOs entgegen, die als besonders digital affin gelten können. Der Report "Born to be digital" basiert auf einer quantitativen Umfrage unter 467 IT-Entscheidern und auf qualitativen Interviews mit ausgewählten CIOs.

"Aufgrund ihres Fachwissens haben CIOs die besten Voraussetzungen, um großen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung zu nehmen - gerade angesichts der erheblichen Umwälzungen im Zuge der digitalen Transformation", sagt Olaf Riedel, verantwortlicher Partner für EY in der DACH Region. Führende CIOs beschreibt er als "sehr offen" gegenüber Ratschlägen und neuen Trends. "Das ist wichtig, da sie ansonsten Gefahr laufen, dass andere Manager oder neue Spezialisten wie der Chief Digital Officer sie abhängen und sich als interne digitale Experten etablieren", so Riedel.

Führende CIOs beschreibt Olaf Riedel von EY als "sehr offen" gegenüber Ratschlägen und neuen Trends.
Foto: Matthias Sandmann - www.sandmann-fotografie.de

Die Befragten selbst halten die Mitarbeit an der Unternehmensstrategie für die wichtigste Fähigkeit eines digital affinen CIO (83 Prozent der Nennungen). Gute Kenntnisse der jeweiligen Branche und Schlüsselmärkte nennen 70 Prozent.

CIOs, die den digitalen Wandel in ihrem Unternehmen mitgestalten, legen vor allem auf einen engen Austausch mit dem CEO wert. Außerdem pflegen sie - zumindest laut Selbsteinschätzung in der Umfrage - einen engen Austausch mit dem CMO (Chief Marketing Officer).

Die 6 Merkmale des CIO

Aufgrund der Befragung und den CIO-Gesprächen benennt EY sechs Charakteristika als typisch für einen digital affinen CIO:

1. Vision und Umsetzung

Ein digital affiner CIO entwickelt eine Vision davon, wo sein Unternehmen hin will - allerdings ist diese umsetzungstauglich. Das heißt: Der CEO entwirft eine Vision neuer geschäftlicher Aktivitäten, der CIO arbeitet an der technologischen Umsetzung dieser Vorgaben.

Laut Philipp Erler, CIO von Zalando, kann sein Team weit mehr als nur Prozesse unterstützen. "Wir sind in der Lage, geschäftskritische Prozesse zu beschreiben und zu definieren, wie wir sie verändern werden."

2. Innovation

Sowohl im Hinblick auf ganze Geschäftsmodelle als auch auf einzelne Produkte und Services treibt der digital affine CIO Innovationen voran. Dabei kann es beispielsweise um neue mobile Schnittstellen gehen, um den Einsatz von Social Media in der Kommunikation mit den Kunden des Unternehmens oder neue Erkenntnisse aus intelligenter Daten-Analyse.

EY zitiert den CIO einer großen chinesischen Versicherungsgesellschaft, der sich Anonymität ausbedungen hat, mit den Worten: "In unserem Geschäft erwartet der Vorstand, dass die IT genug Innovationskraft aufbringt, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen."

3. Wachstum und die nötige Kooperation

EY betont, wie stark digital affine CIOs das Wachstum ihres Unternehmens zu ihrem eigenen Ziel machen. Dafür suchen sie den Schulterschluss mit Top-Entscheidern wie etwa dem Chief Marketing Officer (CMO). Als Beispiel einer solch gelungenen Zusammenarbeit gelten Michael Golz, der CIO Americas von SAP, und CMO Jonathan Becher.

Becher verweist auf den vielzitierten Spruch, wonach die Hälfte des Werbe-Budgets hinausgeschmissenes Geld sei - man wisse nur leider nicht, welche Hälfte. "Das zählt nicht mehr als Entschuldigung", sagt er. Heute sei es durch intelligente Daten-Analysen möglich, die Wirksamkeit aller Marketing-Aktivitäten zu messen.

4. Verständlichkeit

Das Entwickeln einer technologischen Vision ist das eine - das andere ist, diese auch verständlich zu machen. Laut EY sind digital affine CIOs auch in kommunikativen Skills überdurchschnittlich stark.

Diego Calegari, Spanish South American CIO Executive bei IBM, formuliert das so: "Storytelling is a key skill."

5. Mehr als Operations und Infrastruktur

EY will keinem CIO nahelegen, Operations und Infrastruktur seien unwichtig. IT-Chefs müssen sicherstellen, dass diese Bereiche so effizient wie möglich laufen - brauchen sich aber nicht zwingend selbst darum zu kümmern.

"Wir haben pro Jahr 150 Projekte am Laufen", sagt etwa CIO Herman de Prins vom belgischen Pharmakonzern UCB. "Ich traue meinem Team zu, diese gut zu managen." Dadurch könne er sich auf die Gebiete konzentrieren, auf denen er die digitale Transformation mitgestalten will. Positiver Nebeneffekt: mehr Zeit für externes Netzwerken.

6. Mut zum Risiko

Digital affine CIOs brauchen einen gewissen Mut zum Risiko, konkret zur Einschätzung neuer Technologien. Das erfordert Experimentierfreudigkeit und das Bewusstsein dafür, dass nicht alleDigitalisierungsprojekte den erhofften Nutzen bringen werden.

Nicht einfach - zumal angesichts des allgegenwärtigen Kostendrucks, wie EY selbst einräumt. Kronzeuge ist hier nochmals de Prins. Ihm sei es gelungen, die IT-Betriebskosten um ein Viertel zu senken. Dieses Geld stehe nun für Innovationen bereit.

Gartner: 2015 CIO Agenda - A Germany Perspective
Prioritäten
Die Top Drei in der Bundesrepublik sind ERP, Infrastruktur und Rechenzentrum sowie Business Intelligence/Analytics. Im Europa-Vergleich sind die Plätze eins und drei „vertauscht“. Cloud und Mobile folgen in Gesamteuropa auf den Rängen vier und fünf. In Deutschland nehmen sie nur Platz sieben (Mobile) und neun (Cloud) ein.
Metriken
Der wichtigste Maßstab für die IT-Performance sind in Deutschland die Kosten, wie 91 Prozent der deutschen Befragten angeben. Im europäischen Vergleich sind es 83 Prozent. IT-related Risk Levels nennen 20 Prozent der Deutschen als wichtige Metrik, in Gesamteuropa sind es 32 Prozent.
Smarte Technologien
Immerhin lobt Gartner, dass deutsche Unternehmen beim Einsatz smarter Technologien gut abschneiden. Zur Erläuterung: dunkelblau = im Moment nicht relevant, grün = auf dem Radar, aber im Moment nicht geplant, orange = in Planung, hellblau = in der Experimentierphase und grau = im Einsatz.
Kontakt zum Business
Laut Gartner verbringen deutsche CIOs zu wenig Zeit mit Entscheidern aus dem Business. So könnten sie sich nicht in eine Rolle des Visionärs oder zumindest Change-Makers entwickeln.
Gartner über deutsche CIOs
In der Studie "2015 CIO agenda: a germany perspective" beschreibt Gartner deutsche IT-Chefs als konservativ, kostenfixiert und kontaktarm. Die US-Berater stützen sich auf Angaben von mehr als 1000 Entscheidern in Europa.
Frank Ridder, Gartner
Frank Ridder, Managing Vice President bei Gartner, appelliert an deutsche CIOs, ihre Komfortzone zu verlassen. Sich hinter einer effizienten IT zu verstecken, reiche nicht mehr aus.