Big Data

So ermitteln Sie Ihr Kompetenzlevel

11.02.2015 von Olaf Riedel
Unternehmen durchlaufen fünf Kompetenzstadien, bis sie Big-Data-Initiativen optimal managen. Best-Practice-Beispiele bieten interessante Einblicke.
Um ihre Big-Data-Kompetenz voranzutreiben, müssen Unternehmen zuerst das Bewusstsein für die Wichtigkeit und den Nutzen von Big-Data-Analysen schaffen
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Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit dem Thema Big Data. Allerdings sind sie dabei unterschiedlich weit fortgeschritten. Es lassen sich fünf verschiedene Reifegrade bezüglich des Nutzens und des datenschutzrechtlich korrekten Handlings von Daten unterscheiden. Nur wenn ein Unternehmen das höchste Stadium beziehungsweise den höchsten Reifegrad erreicht, kann es die Möglichkeiten von Big Data voll ausschöpfen (siehe Abbildung 1).

Stadium 1: Verbesserungsbedürftige Analysen

Unternehmen, die das Potenzial von Big Data noch nicht erkannt haben, verfügen oft über Daten minderer Qualität und haben nicht die entsprechenden Daten- und Analysekompetenzen. Rechtliche Fragen in Bezug auf Daten-Handling werden außer Acht gelassen und - wenn überhaupt - wird Datenschutz auf Fallbasis betrieben.

Stadium 2: Lokale Analysen

Unternehmen in diesem Stadium nutzen Datenanalysen hauptsächlich zu Reportingzwecken. Sie sind sich allerdings bewusst, dass das Sammeln und Managen von Daten eine Herausforderung ist und dass die eigenen Datenbanken ein strategisches Asset sind, das es zu schützen gilt. Daher beachten sie Datenschutzrichtlinien und es gibt einen Chief Privacy Officer.

Abb. 1: Unternehmen, die sich mit Big Data beschäftigen, durchlaufen verschiedene Kompetenzstadien. Sie unterscheiden sich anhand strategischer und juristischer Faktoren.
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Stadium 3: Verbesserte Analysefähigkeiten

Fortgeschrittene Unternehmen sind sich der Relevanz datenschutzrechtlicher Fragestellungen bewusst. Sie nutzen Business-Intelligence-Lösungen und versuchen Big Data in die Geschäftsstrategie miteinzubinden, um so bessere Ergebnisse zu erzielen. Allerdings fehlen zum Teil noch unternehmensweite Big-Data-Richtlinien.

Stadium 4: Analytische Unternehmen

Unternehmen in diesem Stadium greifen auf hochwertige interne und externe Datensätze für ihre Analysen zu. Es gibt eine unternehmensweite Big-Data-Strategie und das Bewusstsein für datenschutzrechtliche Fragen ist im Unternehmen fest verankert.

Stadium 5: Analytische Wettbewerber

Für die beste rechtliche und analytische Herangehensweise nutzen Unternehmen Daten und statistische Analysen in allen Geschäftsbereichen und generieren Business-Vorhersagen aus den Erkenntnissen der Analysen. Zusätzlich haben sie sich dem Datenschutz verschrieben. Es gibt Kontroll- und Auditmechanismen, die sicherstellen, dass datenschutzrechtliche und interne Vorgaben beim Umgang mit Daten beachtet werden.

Um den bestmöglichen Analyse- und Datenschutzstandard im Unternehmen zu verankern, bedarf es einer gezielten Herangehensweise. Unerlässlich dafür sind ein Umdenken in Bezug auf das Verwenden von Daten und ein gesteigertes Verantwortungsbewusstseins für datenschutzrechtliche Fragen im gesamten Unternehmen.

Erfahrungen, Best Practices aus fünf Branchen

Verschiedene Branchen begegnen dem Big-Data-Trend ganz unterschiedlich, weil sie vor verschiedenen Herausforderungen stehen. Dabei handelt es sich nicht nur um Fragen des Datenschutzes, sondern auch um Hindernisse bedingt durch die Organisationsform oder durch unzureichende Datenversorgung. Aus diesen unterschiedlichen Bedingungen kann man Anregungen für den eignen Big-Data-Prozess ableiten und schon im Vorfeld mögliche Probleme erkennen und diesen begegnen.

Der Finanzsektor ist weit fortgeschritten in seiner Herangehensweise an Big-Data-Themen: Die Krise von 2008 erzwang ein branchenweites Umdenken. Investitionen in effektiveres Risikomanagement und in Compliance-Maßnahmen wurden durch neue gesetzliche Vorschriften nötig. Jetzt gilt es, Umsatz zu generieren. Allerdings sieht sich der Finanzsektor hier mit einer großen Hürde konfrontiert: dem Schutz personenbezogener Daten.

Durch den Reputationsverlust in der Finanzkrise sind viele Unternehmen sehr vorsichtig, wenn es um die persönlichen Daten ihrer Kunden geht. Versicherungen nutzen die Analysen ihrer Kunden- und Vertragsdaten, um den Kunden individuell auf sie passende Tarifoptionen anzubieten. Außerdem kommen Datenanalysen in Form von forensischen Big-Data-Analysen immer wieder bei der Schadensregulierung zum Zug, wenn es darum geht, Betrugsfälle aufzudecken.

Auch die Automobilindustrie ist beim Thema Big Data bereits weiter fortgeschritten. Sie nutzt schon seit Jahren die Erkenntnisse aus den Analysen großer Datenmengen. Nicht nur im Kundenkontakt, sondern gerade in der Konstruktion und in anderen technischen Bereichen helfen gezielte Datenauswertungen dabei, problematische Komponenten zu identifizieren und so die Produktionskosten zu senken. Daher wissen viele Unternehmen der Branche mittlerweile, dass die zentralisierte Sammlung und Auswertung der generierten Daten ihnen die meisten Vorteile sichert - gerade in Zeiten der immer stärker vernetzten Fahrzeuge.

In der Konsumgüterindustrie werden auch schon lange Daten von Konsumenten und Kunden für Marketing und Verkaufszwecke genutzt. Die Analyse von Big Data ist hier wesentlich weiter fortgeschritten als in anderen Sektoren wie der Life-Science-Branche. Das zentralisierte Verarbeiten und die Analyse von Daten ist eine Folge der langen Supply Chains mit vielen Zwischenhändlern und dient allen anderen Bereichen des Business.

Allerdings ist es oft schwer, die Daten zu generieren, da gerade von externen Zulieferern wenige Daten bereitgestellt werden. Hier gilt es, ein genaueres Verständnis der Kundenbedürfnisse durch Analysen zu gewinnen und damit Verkaufspotenziale und Marketingmethoden zu optimieren.

Die Life-Science-Branche ist zwar sehr erfahren im Sammeln großer Datenmengen, aber die meisten Unternehmen stehen noch am Anfang, wenn es darum geht, aus den Daten neue Einblicke für das Business zu gewinnen oder daraus neuartige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die üblicherweise in Silos ausgerichtete Organisation hat bis jetzt unternehmensübergreifende Big-Data- und Analyseinitiativen erfolgreich verhindert.

Allerdings beginnt ein langsames Umdenken und die Unternehmen versuchen, Big Data und Analytics in unternehmensweiten Centers of Expertise zu bündeln, in denen die verschiedenen Funktionen wie Vertrieb, Marketing und Forschung und Entwicklung zuarbeiten. Hierbei ist ein Feld besonders interessant: Big Data. Es ermöglicht die Entwicklung effektiverer Behandlungs- und Medikationsmethoden. Mit Regressionsanalysen können zum Beispiel benötigte Wirkstoffe schneller identifiziert werden, was die Kosten für Unternehmen und den Verbraucher senkt.

Auch der Energiesektor entdeckt gerade erst den Nutzen von Big-Data-Analysen. Dabei ist das Potenzial in dieser Branche groß, den Umsatz durch Big Data zu steigern. Allerdings verhindert auch hier die siloartige Organisation vieler Unternehmen die bereichsübergreifende Zusammenarbeit, die für Big-Data-Analysen unerlässlich ist. Deshalb werden generierte Daten oft nicht an die Bereiche weitergeleitet, die sie am besten nutzen könnten. Hier muss ein Umdenken insbesondere auf den höchsten Managementebenen stattfinden, um Big Data unternehmensweit zu nutzen und so gerade im momentanen Umbruch der Branche von den Einsichten aus diesem Analysen profitieren zu können.

Die Herangehensweise entscheidet über den Erfolg von Big-Data-Initiativen

Die unterschiedlichen Reifegrade bei der Big-Data- und Analysekompetenz in den Branchen zeigen, wie verschieden die Bedingungen für Big-Data-Initiativen sein können, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen. Wenn solche Initiativen nur halbherzig geplant und angegangen werden, ist ein Scheitern programmiert. Damit das Potential voll ausgeschöpft werden kann, müssen Unternehmen eine ganzheitliche, bereichsübergreifende Herangehensweise wählen.

Dazu müssen sie zuerst das Bewusstsein für die Wichtigkeit und den Nutzen von Big-Data-Analysen schaffen und festigen und darauf basierend unternehmensweite Strategien entwickeln. Um diese Prozesse gezielt zu steuern und zu koordinieren, sollten Unternehmen daher einen Chief Privacy oder einen Chief Information Strategy Officer einsetzen.