Lifecycle Management

Strichlisten auf der Streichliste

05.04.2004
Überlizenzierung und Berge ausrangierter PCs sind die Folge von Boom-Jahren. Lifecycle-Management-Systeme sollen jetzt damit fertig werden. Die Nachfrage ist groß.

Michael Henze ist seit Sommer 2003 CIO bei der Telekommunikationsfirma Tenovis mit ihren rund 15000 IT-Assets: PCs, Laptops, Server, Applikationen und Wartungsverträge. "Ich bin angetreten, um einen weitgehend automatisierten Betriebsprozess einzuführen", sagt Henze. Er gesteht, dass es in der Vergangenheit bei Tenovis kein Tool für die Verwaltung der IT-Bestände gab, die wurde manuell gestemmt - unterstützt lediglich durch Excel.

Das ändert der oberste Informations-Manager jetzt. Zunächst ließ er den Bestand von Hardware, Software und Lizenzen aufnehmen und auf der Basis von ITIL (IT-Infrastruktur Library) einen "IT-Lifecycle-Ablauf" definieren. Der Prozesse wurden dabei mit Hilfe der Hamburger Beratungsfirma Tireno Innovations abgebildet. Anschließend informierte sich Henze bei seinen IT-Kollegen von Axel Springer und EDS und entschied sich für das Lifecycle-Management-System "LCM Spider". Das Tireno-Team implementiert die Software gerade. Im Juni soll das Projekt abgeschlossen sein.

Henze ist kein Einzelfall. Für die Anbieter von Lifecycle-Management-Systemen stehen die Türen der CIOs derzeit weit offen. Die Hersteller der Tools, die im Idealfall sämtliche IT-Geräte und Applikationen über ihren gesamten Lebenszyklus von der Planung über die Anschaffung bis zum Ausrangieren erfassen, sind Gewinner der zurückliegenden Wirtschaftskrise. Lutz Köhler, Vertriebsmanager des Systemanbieters Peregrine: "Der Kostensenkungs-Druck ist der Auslöser für die derzeitige Belebung des Markts." Köhler rechnet für sein Haus in diesem Jahr mit einem Umsatzplus von mindestens 25 Prozent.

Ein Dutzend Anbieter in Deutschland

Thomas Gerick vom Konkurrenten USU: "Die Voraussetzung, um die Wertschöpfung der IT belegen zu können, ist Transparenz. Um die zu bekommen, braucht man Lifecycle-Management-Systeme." Neben den zwei internationalen Playern Peregine und BMC Remedy, die hierzulande von Frankfurt am Main aus agieren, tummeln sich auf dem deutschen Markt etwa zehn bis zwölf Herausforderer wie Spider und USU, Altiris und Syskoplan, MRO Software, Business Solution und Quadriga, die jedoch oft nur Teilbereiche abdecken.

Branchenkenner Stephan Pohlmann, Vorstand der Tireno Innovations: "Der Fokus der Arbeit liegt derzeit auf der Definition der notwendigen Prozesse und der Integration der Lifecycle-Management-Systeme in die bestehenden Landschaften. Dabei sei der Datenaustausch mit anderen Systemen wie zum Beispiel SAP zu beachten. So bekommen auch der Einkauf, die Anlagenbuchhaltung und das IT-Controlling wertvolle Informationen. Stephan Pohlmanns Consulting-Team hat in den vergangenen vier Jahren mehr als 20 Großunternehmen auf ihrem Weg zu einem Lifecycle-Management-System begleitet.

Lösung auf Basis von .Net

Roland Klose, CIO des Spiegel-Verlags in Hamburg, plant zwischen April und September die Einführung eines besonders schlanken Lifecycle-Management-Systems. Er möchte ein Produkt einführen, dass auf der .Net-Architektur von Microsoft basiert und das mit dem Microsoft-System-Management-Server (SMS) verknüpft werden kann. SMS geht alle am Netz hängenden PC automatisch durch und meldet die Zustandsdaten an eine Datenbank. "Wir lösen unsere alte, im eigenen Haus entwickelte Anwendung ab, denn diese kann zwar die Bestände verwalten, hat aber keine Schnittstelle zur automatisierten Inventarisierung", erläutert Klose das Projekt. "Mit dem neuen SMS und dem Lifecycle-Management-System wird die Pflege der Daten einfacher, wir können vernünftige Management-Reports erstellen und erhalten eine bessere Entscheidungsgrundlage." Neben den 800 PCs und 600 Macintoshs, die im Spiegel-Verlag installiert sind, sollen auch Software und Lizenzen verwaltet werden. "Das hilft dem Beschaffungsmanagement, es ermöglicht eine detaillierte Budgetierung", sagt Klose. Er möchte künftig eine automatisierte Softwareverteilung durchführen: "Hier gibt es ein enormes Einsparpotenzial."

Genau hinterfragt werden müssen dabei allerdings der Automatisierungsgrad und der Betriebsaufwand der angestrebten Lösung. Denn nicht selten werden erzielte Vorzüge negiert, weil hochkomplexe Tools zum Einsatz kommen, die das Unternehmen nicht in Eigenregie betreiben kann. Weil die Anforderungen an ein Lifecycle-Management-System zu etwa 80 Prozent bei allen Unternehmen gleich sind, ist die Orientierung an Best-Practice-Modellen ratsam. Wichtig: Die großen Marktauguren Gartner, KPMG und Meta Group gehen von einem Return on Investment (RoI) von etwa einem Jahr aus.

Zu den handfesten Verbesserungen, die Lifecycle-Management-Systemen bieten, gehört die Entlastung des Helpdesk. Er kann auf Tastendruck sehen, wann ein PC angeschafft wurde und wie weit er buchhalterisch abgeschrieben ist, welche Lizenzen vorliegen, welche Programme auf dem Gerät laufen und wo es in der Vergangenheit am häufigsten gehakt hat. Tenovis-CIO Henze: "Wir können jetzt überflüssige Hard- und Software ohne größere Diskussionen einziehen sowie Rekonfigurationen und automatische Upgradings bequem durchführen. Die teure Hot-Shoe-Hilfe gehört weitestgehend der Vergangenheit an. Kein Servicemitarbeiter muss mehr durch die Büros joggen.