TUI-CDO Elke Reichart

Mit der Cloud durch die Krise

29.06.2020 von Jens Dose
Eine 100-prozentige Cloud-Strategie, global aufgestellte IT-Teams und internes Know-how helfen der TUI durch die Corona-Krise. Für Chief Digital Officer (CDO) und IT-Chefin Elke Reichart sind Legacy-Abbau, Standardisierung und intensive Trainings das Erfolgsrezept.
TUI-CDO Elke Reichart
Foto: TUI

"Unser Geschäft wurde mit Schließung der Grenzen von heute auf morgen gestoppt und der Umsatz ging auf null herunter," erinnert sich TUI-CDO Elke Reichart an den Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland. Die Touristik war eine der am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Branchen. TUI beantragte einen Staatskredit in Milliardenhöhe. Für die Managerin hieß das: Kosten reduzieren und eine Feuertaufe für die bisherige IT-Strategie.

100 Prozent in die Public Cloud

Im Februar 2018 hatte TUI mit der "Agile Cloud Journey" begonnen, seine gemischte IT-Infrastruktur aus verteilten Rechenzentren in ganz Europa in die Cloud zu verlagern. Neuanschaffungen wie SAP Success Factors sollten von da an von Haus aus Cloud-fähig sein. Ziel war es, in fünf Jahren zu 100 Prozent in der Public Cloud zu operieren. Dabei arbeitete der Konzern mit Amazon Web Services (AWS) zusammen. Geplant war, in einem "Lift and shift"-Ansatz zunächst die gesamte TUI-IT in die Cloud zu schieben. Anschließend sollten die einzelnen Komponenten dort optimiert und Überflüssiges abgeschaltet werden.

Das änderte sich 2019. TUI startete zusätzlich zur technischen Konsolidierung damit, auch seine dezentrale IT-Organisation neu aufzustellen. Mit dem "Domain Model" sollten lokale Insellösungen durch globale Anwendungen ersetzt und über alle Märkte hinweg ausgerollt werden. Dadurch wurden große Teile der alten Applikationen in der Cloud überflüssig.

"Wir sparen uns den Aufwand, die alten regionalen Anwendungen in die Cloud zu migrieren, sondern werden die Data Center einfach abstellen," sagt Reichart. "Die neuen globalen Applikationen entwickeln wir bereits Cloud-native ausschließlich in der AWS-Cloud parallel zur bestehenden Landschaft." Die IT sortiert demnach alte redundante Apps aus und migriert nur noch diejenigen, die jetzt schon zukunftsfähig sind.

Bei den Neuentwicklungen legt Reichart großen Wert auf Effizienz. "Für Infrastruktur und Standard-Anwendungen wie Backup nutzen wir, wo es geht, Tools von AWS," berichtet die CDO. "So können wir uns ganz auf unser Kerngeschäft konzentrieren und Touristik-Applikationen weiterentwickeln, die uns am Markt differenzieren."

Die Top-CIOs der Transportbranche
Bernd Rattey
Als Nachfolger von Christa Koenen übernahm Bernd Rattey Mitte November 2021 die Position des Konzern-CIO der Deutschen Bahn.
Christa Koenen
Seit 1. September 2021 ist die ehemalige Bahn-CIO Christa Koenen Digitalvorständin von DB Schenker. Sie ist Nachfolgerin von CIDO Markus Sontheimer.
Thomas Rückert
Seit Anfang 2021 ist Thomas Rückert für die IT Lufthansa Group verantwortlich. Er soll unter anderem die Airlines des Konzerns dabei unterstützen, kundenzentriert zu werden.
Dominik Fürste
Dominik Fürste (35) ist seit August 2017 CIO beim Europäischen Eisenbahnlogistikunternehmen TX Logistik AG. Als Mitglied der Vorstandssitzung verantwortet er die Transformation der TX zu einer digitalen Güterbahn. Dabei setzt er auf die gleichzeitige Betrachtung von Geschäftsprozessen und modernen IT Lösungen. Für die ganzheitliche Umsetzung der Transformation hat er ein agiles Portfolio- und Deliverymanagement auf Basis des Scaled Agile Framework etabliert. Fürste kam von der DB Cargo AG, wo er unter anderem die Sanierung der französischen Tochtergesellschaft begleitete und ein IT-Projekt des DB Konzerns zur Einführung eines Kapazitätsmanagementsystems für das Transportnetzwerk verantwortete.
Sabina Kusmin-Tyburski
Zum 1. Februar 2024 übernimmt Sabina Kusmin-Tyburski den CIO-Posten bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG).
Markus Sandbrink
Ende 2022 hat Markus Sandbrink, seit 2020 Leiter der Corporate IT der Rhenus-Gruppe, zusätzlich den CIO-Posten und damit die gruppenweite IT-Leitung des Logistikkonzerns übernommen.
Ralf Morawietz
Das Logistikspezialist Dachser hat mit Ralf Morawietz seit dem 1. Januar 2023 einen neuen IT-Leiter an Bord. Er folgt auf Stefan Selbach, der in Altersteilzeit ging.
Wolfgang Standhaft
Wolfgang Standhaft ist seit Januar 2019 CIO beim Flughafenbetreiber Fraport in Frankfurt/Main. Von 2006 bis Ende 2017 hat er für den Baustoffkonzern HeidelbergCement AG als CIO und Group Director Information Technology gearbeitet. Von 1998 bis 2005 war Standhaft Leiter Betriebswirtschaftliche Systeme Europa der Rewe KGaA, von 1995 bis 1998 arbeitete er als Berater bei der SAP AG.
Jasmin Kaiser
Seit Anfang Mai 2023 leitet Jasmin Kaiser die IT der Lufthansa Cargo. Sie kommt von der Lufthansa Group.
Isabelle Droll
Isabelle Droll ist CIO der TUI Airline. Seit Oktober 2021 ist sie zudem Group IT Director TUI Musement, Corporate und Sustainability.
Hugo Pluess
Hugo Pluess ist seit August 2019 CIO der Spedition Imperial Logistics International. Pluess ist damit für die gesamte IT-Landschaft aller Aktivitäten von Imperial Logistics International verantwortlich. Er war zuletzt Executive Vice President Global IT Infrastructure bei CEVA Logistics in der Schweiz.
Werner Toennessen
Als Geschäftsbereichsleiter IT ist Werner Toennessen der Chef über die Systemwelten der DER Touristik. Toennessen verantwortete als Bereichsleiter bereits seit 2010 die IT der DER Touristik Köln mit ihren Pauschalreiseveranstaltern ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg. Er gilt als profunder Kenner der IT der touristischen Unternehmen des zweitgrößten deutschen Reiseveranstalters. Toennessen startete seine IT-Laufbahn 1987 in der EDV bei Meier’s Weltreisen.
Ralf Gernhold
Seit Oktober 2018 ist der Ex-Miles & More-CIO Ralf Gernhold technischer Programmleiter Vendo bei der DB Vertrieb GmbH. Vendo beschäftigt sich mit der Digitalisierung des Vertriebs und gehört zu den strategischen Projekten des Personenverkehrs der Deutschen Bahn.
Donya-Florence Amer
Donya-Florence Amer ist CIO und CHRO und die erste Frau im Vorstand von Hapag-Lloyd. Sie übernahm den Posten zum 1. Februar 2022. Amer folgte auf Martin Gnass.
Dirk Tietz
Die DER Touristik hat ihr Führungsteam um die neue Funktion des Chief Transformation Officer (CTO) erweitert. Dirk Tietz (40) ist seit Juli 2015 auch Mitglied des Executive Boards. Er trägt damit die Gesamtverantwortung für die Digitalisierung und für die Verzahnung der Einzelunternehmen.
Petra Clemens
Seit Februar 2022 ist Petra Clemens für die IT-Transformation beim Eisenbahn-Logistiker VTG zuständig. Sie bringt fundierte Expertise auch in Sachen Change Management mit.
Oliver Wittmaier
Oliver Wittmaier folgt auf Claudia Plattner, die bei der EZB eingestiegen ist. Er konzentriert sich auf skalierende Plattformen und Datenverfügbarkeit.
Arlene Bühler
DB Cargo hat mit Arlene Bühler eine neue Digitalisierungschefin. Anfang November 2021 übernahm Bühler die Funktion mit dem Titel IT and Digitalization, CIO/CDO. Der Logistik-Konzern hat diese Position neu geschaffen, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.
Dorothea Brons
Seit Januar 2022 leitet Dorothea Brons als CIO die IT-Geschicke am Hamburg Airport. Sie ist zugleich Geschäftsführerin der IT-Tochter AIRSYS.
Frank Winkenwerder
Frank Winkenwerder ist seit Mitte Dezember 2014 Leiter des Zentralbereichs Informationssysteme der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Er war davor Leiter der Containerinformationssysteme bei HHCT, verantwortlich für die strategische Gestaltung der IT-Landschaft für das Segment Container. Von 1987 bis 2006 arbeitete Winkenwerder bei einem System- und Softwarehaus, seit 1999 als verantwortlicher Projektbereichsleiter für die Logistikbranche.
Michael Lütjann
Die Nagel-Group ernannte zum 1. Oktober 2019 Michael Lütjann zum Chief Information Officer (CIO). Er berichtet an den CEO der Nagel-Group Carsten Taucke. Zuletzt war Lütjann vier Jahre lang CIO bei Imperial Logistics International. Davor hat der 50-jährige fünf Jahre als Senior Vice President IT Management Logistics bei Schenker die globale IT Organisation verantwortet. Im Lauf seiner Karriere hat er zudem mehr als zwölf Jahre lang die IT der Fiege Gruppe in diversen Verantwortungsbereichen geprägt, zuletzt als CIO.
Bernhard Götze
Bernhard Götze ist seit Februar 2022 Vice President IT beim Kreuzfahrtanbieter AIDA Cruises in Rostock, der deutschen Niederlassung von Costa Crociere S.p.A.
Martin Kolbe
Martin Kolbe übernahm im November 2005 die CIO-Position beim Schweizer Logistikkonzern Kühne + Nagel. Zuvor arbeitete Kolbe bei der Deutschen Post World Net, wo er Bereichsvorstand und CIO der DHL Express Deutschland war.
Pieter Jordaan
Nach dem Ausscheiden von IT-Vorstand Frank Rosenberger hat der Touristikkonzern TUI die CIO-Position zum 1. Januar 2023 mit Pieter Jordaan besetzt.
Hans Fabian
Hans Fabian ist seit Januar 2017 als CIO für das Hotelvergleichsportal HRS in Köln tätig. Zuvor war Fabian CIO bei der Wirtschaftsauskunftei Schufa Holding AG in Wiesbaden. Über zehn Jahre hat Fabian davor im Bereich IT-Management bei Deutsche Post DHL in Bonn gearbeitet, zuletzt als Vice President.
Hanna Huber
Hanna Huber hat die Branche gewechselt. Die Ex-CIDO des Modehändlers Calida stieg im April 2024 beim Reiseunternehmen Flix ein.
Björn Richter
Björn Richter ist CIO von DPD Deutschland. Er kam vom Paketdienst GLS. Sein Vorgänger Dirk Tiemann bleibt als Director IT bei DPD.
Hanno Boekhoff
Hanno Boekhoff ist seit Oktober 2017 neuer IT-Leiter bei der Reederei Hamburg Süd. Sein genauer Titel: Global Head of Information Technology & Services (ITS). Vor seiner Tätigkeit für die Hamburg Süd war Boekhoff in verschiedenen Bereichen der IT als Berater und als Manager tätig.
Ralf Morawietz
CIO beim Logistikdienstleister Panalpina mit Sitz in Basel ist ab Juli 2015 Ralf Morawietz. Er startete seine Karriere als IT-Experte 1998. Im Jahr 2002 kam Morawietz zu Deutschen Post, wo er verschiedende Management-Aufgaben wahrnahm. Im Januar 2010 wechselte Morawietz als Mitglied des nationalen IT Managementeams des Logistikers Kühne + Nagel. Zuletzt war er dort Senior Vice President Global IT Products.
Carsten Bernhard
Carsten Bernhard ist seit September 2016 Group CIO/CTO beim E-Commerce-Anbieter eDreams Odigeo mit Sitz in Barcelona. Er kommt von der TUI Deutschland, wo er seit August 2013 IT-Chef war. Zu eDreams Odigeo gehören die Marken eDreams, Opodo, Travellink, Go Voyages und Liligo.
Bernd Gemein
Seit 1. September 2018 ist Bernd Gemein neuer CIO für den Unternehmensbereich Post, E-Commerce, Parcel (PeP) bei der Deutschen Post DHL. In seiner neuen Funktion ist Gemein Mitglied des Executive Committee PeP. Er berichtet an PeP-COO Tobias Meyer. Gemein hatte seit 2003 bei der Deutsche Post DHL diverse Funktionen in den Bereichen IT Development und IT Customer Integration inne. Seit 2013 war er Geschäftsbereichsleiter IT Service Management PeP.
Alexander Brandmeier
Seit Juni 2019 ist Alexander Brandmeier neuer Leiter Informationstechnologie/CIO bei der DB Energie GmbH, dem Energieversorger der Deutschen Bahn AG in Frankfurt am Main. Zuvor war Brandmeier Leiter Architekturmanagement und Unternehmensarchitekt im Unternehmensbereich der Deutsche Bahn Fernverkehr AG.
Andreas Hamprecht
Seit August 2018 ist Andreas Hamprecht Leiter IT und CIO bei DB Regio und in Personalunion weiter Leiter Geschäftsentwicklung Schiene. Hamprecht ist seit März 2017 Leiter Geschäftsentwicklung Schiene bei der DB Regio AG, von 2010 bis 2017 war er Leiter Geschäftsentwicklung bei der DB Station & Service AG. Im DB-Konzern ist er bereits seit 2001 beschäftigt, mit bisherigen Funktionen in der Konzernstrategie, im internationalen Fernverkehr sowie beim Bahnhofsbetreiber DB Station & Service.
Falko Hagebölling
Falko Hagebölling ist seit Januar 2019 Senior Director Product Development & IT bei der Lufthansa-Tochter Miles & More GmbH in Frankfurt am Main. Der promovierte Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik war bei Miles & More zuletzt seit Mai 2016 als Director Product Delivery für Projekt-, Portfolio- und Prozessmanagement verantwortlich. Im Juli 2018 übernahm er zusätzlich interimsweise die Funktion als Director IT.
Sami Awad-Hartmann
Sami Awad-Hartmann hat im März 2019 die Position des CIOs bei der Spedition Hellmann übernommen. Er war bereits von 2008 bis 2016 in verschiedenen führenden Positionen in der IT bei Hellmann tätig. Zuletzt war er stellvertretender Leiter IT global. Im Oktober 2016 hatte Awad-Hartmann die Spedition verlassen und war in das familiäre Geschäft im Fleischhandel bei Global Meat in Münster mit eingestiegen.
Horst Ulrich Mooshandl
Horst Ulrich Mooshandl ist seit April 2019 neuer CIO der Österreichischen Post. Sein genauer Titel lautet: Leitung Konzern-IT & Konzern-Einkauf. Zuvor schon hatte Mooshandl die Konzern-Einkauf geleitet sowie den Konzern-Fuhrpark gemanagt.

Die Entwickler bedienen sich aus der sogenannten Landing Zone, in der Entwicklungs-Tools und vorkonfigurierte Komponenten standardisiert zur Verfügung stehen. Damit will TUI sicherstellen, dass alle neuen Anwendung einheitlich sind, weltweit eingesetzt werden können und denselben Anforderungen, etwa an die Sicherheit, entsprechen. Zudem beschleunige diese Methode den Development-Prozess und damit die Time-to-market.

Im März 2020 war etwa ein Drittel der IT-Landschaft in die Cloud migriert, mehr als die Hälfte der IT-Organisation operierte im Domain-Modell.

50 Prozent weniger Kosten

Als der Lockdown kam, setzte Reichart einen Reaktionsplan in drei Phasen in Gang. Zuerst kam die Response-Phase, in der auf die wegbrechenden Umsätze reagiert werden musste. "Unsere erste Reaktion war, massiv auf die Kostenbremse zu treten," erinnert sich die IT-Leiterin. Die TUI stellte Investitionsprogramme zurück, startete Kurzarbeit und legte Verträge mit externen Dienstleistern und Beratern auf Eis.

"Bereits vor Corona haben wir die Vorteile der variablen Kosten in der Cloud bemerkt. Als beispielsweise Thomas Cook 2019 insolvent ging, konnten wir sofort die Kapazitäten hochfahren, um die zusätzliche Nachfrage abzubilden," so Reichart. "Nun können wir ebenso schnell einsparen." Binnen weniger Tage habe TUI seine Cloud-Kosten um etwa 50 Prozent reduzieren können, indem beispielsweise Test- und Entwicklungsumgebungen nicht mehr genutzt wurden. Einsparungen dieser Größenordnung seien bei den verbleibenden On-premises-Teilen der Infrastruktur nicht möglich gewesen. Hier habe die Konzern-IT weiterhin dieselben Kosten wie vor der Krise.

Auch auf personeller Ebene helfe die Cloud, die Krise zu stemmen. "Da wir standardisiert auf der AWS-Plattform entwickeln, konnten wir Aufgaben, die bisher von externen Partnern erledigt wurden, nahtlos an eigene Mitarbeiter vergeben," sagt Reichart. Die Kombination aus Cloud und Domain-Modell gebe einen Rahmen vor, in dem alle IT-Kollegen gleichermaßen arbeiten, einspringen und sich gegenseitig helfen könnten.

Neustart und Wandel

Auf die Sofortmaßnahmen folgte die Restart-Phase, in der sich TUI gegenwärtig befinde. Im Zuge der schrittweisen Wiedereröffnung der Grenzen nimmt der Konzern einige gestoppte Programme wieder auf. "Allerdings wird es so schnell wie es runter gegangen ist, in der Touristik nicht wieder nach oben gehen," sagt Reichart. "Wir gehen eher von einem graduellen langsameren Hochfahren aus."

Nach dem Wiederaufbau will die Managerin in der dritten Phase das Business neu strukturieren, um auf die nachhaltigen Veränderungen durch die Krise zu reagieren. Dabei spielen Erfahrungen aus den letzten Monaten eine Rolle. So stieß TUI bei Ausbruch der Pandemie an organisatorische Grenzen. Die Menschen in den Call Centern konnten die Menge an Rückholaktionen für Urlauber und Stornierungen kaum mehr koordinieren. "Die Kommunikation mit den Kunden musste eng sein, wir mussten uns mit ihnen abstimmen und sie regelmäßig mit vielen Informationen versorgen," so Reichart.

Also setzte TUI auf digitale Kommunikationstools. Die Urlauber bekamen Updates zu ihren Flügen oder Hotels via App, E-Mail und zum Großteil über SMS. Die Informationen wurden automatisiert aus der Datenbank generiert. Dafür entwickelte TUI analytische Tools, die interne und externe Daten, etwa des Auswärtigen Amtes, korrelierten und automatisiert an die betreffenden Kunden versendeten.

"Da solche Notmaßnahmen bei den Kunden auf große Resonanz gestoßen sind, wollen wir auf dem Gebiet unser Angebot weiter ausbauen," sagt die Managerin. So gäbe es Überlegungen, große Teile der Kommunikation während der Reise digital zu gestalten. Anstelle eines TUI-Mitarbeiters, der die Kunden vom Flughafen zum Shuttle-Bus in das Hotel lotst, wären Push-SMS mit der genauen Wegbeschreibung denkbar. Auch Gesundheits-Themen spielen dabei eine Rolle: "Wahrscheinlich wollen Kunden nach Corona aus hygienischen Gründen eher kein ausgedrucktes Papier mehr, von dem sie nicht wissen, wie viele es davor schon in den Händen hatten," so die Managerin.

Die Krise hat TUI auch dazu angeregt, ihr Angebot rascher zu diversifizieren. Das bisherige End-to-end-Geschäftsmodell, in dem die komplette Reise inklusive Flug und Hotels gebucht wird, soll modularer gestaltet werden. Gäste sollen zukünftig auch nur ein Hotel oder einen Flug buchen können, wenn sie selbst anreisen oder bereits eine Unterkunft am Zielort haben. Die Basis dazu hatte der Konzern bereits vor COVID in der Roadmap des Domain-Modells gelegt. "Mit der Krise sehen wir nun eine Spitze in der Nachfrage nach Hotel-only-Angeboten in den Nachbarländern Österreich und Schweiz. Da treffen wir mit dem modularen Angebot genau den richtigen Nerv," sagt Reichart.

Investment in eigene Mitarbeiter

Sowohl die Migration in die Public Cloud als auch das Domain-Modell waren für die IT-Chefin wichtige Voraussetzungen, um sich schnell auf die Krise einzustellen. Dabei komme TUI zugute, dass das Unternehmen seit 2018 die IT-Teams intensiv weitergebildet habe.

"Ich werde oft von CIO-Kollegen, die mit erheblichen Wiederständen gegen die Cloud in ihrer Organisation zu kämpfen haben, auf unsere Strategie angesprochen," berichtet sie und erklärt, wie TUI vorgegangen ist: "Wir wollten von Anfang an alle Mitarbeiter mitnehmen, auch um einige Vorbehalte gegen den Schritt in die Cloud abzubauen." Zwar hätten die internen Trainings viel Zeit in Anspruch genommen, doch für die Akzeptanz der Belegschaft seien sie ein zentraler Faktor gewesen. "Wir sind bewusst den langsameren, aber nachhaltigeren Weg gegangen, damit unsere Teams verstehen, welche Vorteile die Cloud für die IT und das Business bringt und welche zusätzlichen Möglichkeiten sich dadurch auch für die Mitarbeiter ergeben."

Das intern aufgebaute Know-how habe bei Ausbruch der Pandemie nicht nur dazu beigetragen, dass Mitarbeiter sofort externe Aufgaben übernehmen konnten. Sie sähen darin auch eine Chance, ihre Expertise in neuen Projekten auszubauen. "Viele Kollegen heben von selbst die Hand und wollen an ehemals extern vergebenen Projekten mitarbeiten, die sie interessieren," so Reichart. "Durch die standarisierte Cloud-Umgebung sind wir in der Lage, unsere Kolleginnen und Kollegen dorthin zu bewegen. Das macht unsere IT kompetenter und auch zufriedener."