Von IT-Beratung bis Standard Software

Übersicht deutscher IT-Markt 2006

24.05.2006 von Thomas Zeller
Der Aufwärtstrend im deutschen IT-Markt hat sich im vergangenen Jahr fortgesetzt. Das geht aus den aktuellen Listen der Beratungsfirma Lünendonk hervor. Durch Veränderungen in der Methodik kommt es allerdings zu deutlichen Umschichtungen bei den Platzierungen der 25 größten Anbieter in den Kategorien IT-Beratung und Systemintegration, IT-Services, Standard-Software und Business Innovation/Transformation Partner.

Die deutlichste Veränderung zu den Erhebungen der Vorjahre basiert vor allem darauf, dass für die Lünendonk-Listen 2006 die Inlandsumsätze internationaler Unternehmen in Deutschland mit den Inlandsumsätzen von deutschen Unternehmen verglichen werden. In der Vergangenheit waren die deutschen Umsätze internationaler Unternehmen mit den Gesamtumsätzen deutscher Firmen verglichen worden.

IT-Beratung und Systemintegration

Dieses Marktsegment wuchs im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ingesamt wurde damit nach Angaben des Branchenverbandes Bitkom für 2005 ein Marktvolumen von 14,3 Milliarden Euro erreicht.

Die 25 größten Unternehmen in diesem Segment konnten ihre Umsätze im vergangenen Jahr durchschnittlich um rund zehn Prozent steigern. Sie erreichen mit ihren Inlandsumsätzen einen Marktanteil von etwa 44 Prozent. Damit können diese Firmen ihren Marktanteil um zwei Prozent steigern.

Die Veränderung in der Methodik der Listen trifft dieses Segment besonders. Sie führt zu einigen Verschiebungen in der Reihenfolge gegenüber dem bisherigen Ranking, bei dem die Gesamtumsätze der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen mit deutschem Hauptsitz zugrunde lagen. Deutsche Beratungs- und Service-Firmen, mit großen Auslandsumsatz-Anteilen gehören somit zu den Verlierern des neuen Rankings.

Das trifft vor allem die Gedas AG, die IDS Scheer AG, die GFT Technologies AG und Itelligence AG, die wesentliche Teile ihrer Gesamterlöse im Ausland erzielen. Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt, dass die Entory AG, Karlsruhe, nicht mehr in der Liste vertreten ist, da sie inzwischen von der Softlab GmbH übernommen wurde. Neu auf der Liste positioniert sich die Tietoenator Deutschland GmbH, die durch die Übernahme der S.E.S.A. Software und Systeme AG aufgerückt ist.

Die IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen weisen im Vergleich mit den Standard-Software-Anbietern zwar relativ geringe Auslandsumsatzanteile auf. Insgesamt erbrachten die zwölf IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen aus der Liste, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben, Dienstleistungen im Wert von für 1,1 Milliarden Euro für ausländische Kunden. Daraus ergibt sich für 2005 ein Exportanteil am Gesamtumsatz dieser zwölf Unternehmen von 34 Prozent, womit das Vorjahresergebnis gehalten wird.

Die Inlandsumsätze der Top 25 der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Branche legten 2005 im Durchschnitt um elf Prozent zu. Nur fünf der 25 Unternehmen mussten im Jahr 2005 niedrigere Gesamtumsätze als 2004 hinnehmen. Die extrem hohen Zuwachsraten einiger Unternehmen erklären sich durch Zukäufe.

Rund 46.000 Mitarbeiter waren 2005 bei den Top 25 der Branche in Deutschland beschäftigt. Das sind rund 1.500 mehr als 2004. Da der Umsatz der Unternehmen im Mittel deutlich stärker gestiegen ist als die Mitarbeiterzahl, ging der durchschnittliche Pro-Kopf-Umsatz von rund 130.000 Euro in 2004 auf rund 137.000 Euro in 2005 nach oben.

IT-Services-Anbieter

In den vergangenen Jahren wurde dieses Marktsegment überwiegend von den so genannten IT-GmbHs dominiert. Die ausgegliederten IT-Bereiche von Großunternehmen haben vor allem konzerninterne Kunden. Sie wenden sich aber mit ihren Dienstleistungen zunehmend auch an externe Kundenmärkte. Zu diesem Segment gehören zum Teil sehr große IT- und Beratungskonzerne wie Aareon, Bayer Business Services, DB Systems, Deutsche Börse IT, Fiducia IT, Finanz IT, GAD, Services for Business IT Ruhr, Sparkassen Informatik und Vattenfall.

In diesem Geschäft sind schwerpunktmäßig auch die großen Hardware-Produzenten wie IBM, Fujitsu, Hewlett-Packard oder Siemens erfolgreich tätig. Wegen der Vielfalt des Leistungsangebots lassen sich die meisten dieser großen IT-Unternehmen nicht den üblichen Kategorien der IT-Software- und Service-Anbieter zuordnen.

So gehören, gemessen an ihren spezifischen Umsätzen, einige der Firmen auch zu den größten Systemintegratoren und Standard-Software-Anbietern in Deutschland. Ihre speziellen Umsatzanteile liegen jedoch unter 60 Prozent, weil die Umsätze mit anderen Leistungen, zum Beispiel Outsourcing oder Hardware-Geschäft, erheblich ins Gewicht fallen. Inzwischen übertreffen bei den großen Hardware-Herstellern die Erlöse mit Dienstleistungen und Software die Geräteumsätze.

Große Bedeutung für den IT-Service-Markt im engeren Sinne haben auch Spezialunternehmen, die ganz überwiegend Outsourcing- und Prozess-Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel EDS, Info AG oder TDS. Eine weitere Gruppe von IT-Service-Anbietern bilden Firmen, die in der Vergangenheit als Systemhäuser sehr große Hardware- und Software-Handelsanteile aufwiesen und sich inzwischen immer stärker in Richtung Beratung, Implementierung und sogar Managed Services bewegen. Dazu zählen in der Liste ADA, Cenit, Computacenter, Controlware und Dimension Data.

Einige führende Anbieter in diesem Teilmarkt veröffentlichen keine aufgeschlüsselten Daten für die einzelnen Leistungskategorien. Deshalb hat die Liste mit den großen IT-Service-Anbietern nur beschränkte Aussagefähigkeit. Die 25 in die Liste aufgenommenen Unternehmen werden deshalb nicht als Ranking nach Umsatzgröße, sondern alphabetisch aufgeführt.

Die Top-25-Unternehmen weisen im Mittel eine Zunahme ihrer Inlandsumsätze gegenüber 2004 von 2,5 Prozent aus. Dabei bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen. Während bei einem Fünftel der Unternehmen zweistellige Umsatzzuwächse auftreten, weisen 40 Prozent der Unternehmen Erlösrückgänge gegenüber 2004 auf.

Für das laufende Jahr 2006 erwarten sie im Durchschnitt ein Wachstum ihrer Umsätze von knapp fünf Prozent.

Standard-Software-Unternehmen

Sowohl der Umsatz mit System-Software, Tools, Middleware und Datenbank-Software (plus fünf Prozent) als auch die Nachfrage nach Standard-Anwendungs-Software (plus vier Prozent) wiesen 2005 Steigerungen gegenüber dem Vorjahr auf. Insgesamt stieg in Deutschland im vergangenen Jahr der Umsatz mit Standard-Software nach Ermittlungen des Branchenverbandes Bitkom um rund 4,5 Prozent auf 16,1 Milliarden Euro.

Die 25 größten Unternehmen in diesem Bereich erzielten einen Inlandsumsatz von 5,5 Milliarden Euro. Das sind im Mittel rund zwei Prozent mehr als 2004 und entspricht einem inländischen Marktanteil von rund 34 Prozent.

Auch in diesem Marktsegment trifft die Veränderung der Methodik vor allem deutsche Software-Anbieter mit großen Auslandsumsatz-Anteilen, insbesondere die Software AG und die Mensch und Maschine AG.

Im Vergleich zum Vorjahr sind einige Standard-Software-Unternehmen nicht mehr in der Liste vertreten, da sie inzwischen in ihre Muttergesellschaften integriert wurden. Das sind Microsoft Business Solutions (Microsoft Deutschland), Peoplesoft (Oracle) und MIS (Systems Union). Neu in der Standard-Software-Top 25-Liste tauchen SSA Global GmbH, Schleupen AG, Hyperion Solutions Deutschland GmbH und Technidata AG auf.

Insgesamt verkauften die 13 Standard-Software-Unternehmen aus der Liste, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben, für 7,4 Milliarden Euro Software-Produkte an ausländische Kunden. Der Exportanteil dieser Unternehmen wuchs im vergangenen Jahr damit um rund 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Inlandsumsätze der Top 25 stiegen nur um durchschnittlich zwei Prozent, wobei Übernahmen einerseits und Strukturbereinigungen andererseits zu sehr unterschiedlichen Veränderungsraten zwischen plus 25 Prozent und minus 34 Prozent führten. Nur knapp ein Viertel der Top 25 der Standard-Software-Unternehmen weist 2005 Umsatzrückgänge im Deutschlandgeschäft auf.

Business Innovation/Transformation Partner

Im Informations- und Kommunikationstechnik-Markt haben neben Hardware und Software die Dienstleistungen ständig an Bedeutung gewonnen. Dazu zählen neben Beratung und Systemintegration vor allem die IT-Services im engeren Sinne, wie Outsourcing, Application Management, Facility Management sowie Equipment Services, Maintenance und Training.

Die Abgrenzung zwischen den IT-Dienstleistungs-, Software- und Unternehmensberatungs-
Märkten wird zunehmend schwieriger. Während einerseits Management-Berater auch IT-Know-how anbieten, weist andererseits die Leistungspalette der IT-Berater auch unternehmensorganisatorische und strategische Themen auf.

Seit einigen Jahren treten einige Unternehmen deshalb als Business Innovation/Transformation Partner (BITP) auf. Sie verstehen sich als Gesamtdienstleister und bieten einen Mix aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, Outsourcing und Business Process Management (BPM) bzw. Business Process Outsourcing (BPO) aus einer Hand an.

Die zwölf gelisteten Unternehmen erwirtschaften mindestens zwei Drittel ihrer Umsätze in Deutschland mit der Kombination von Beratung und Dienstleistungen. Von ihren Erlösen entfallen jeweils mindestens zehn Prozent auf die drei Leistungskategorien Management- bzw. IT-Beratung, System-Realisierung bzw. -Integration sowie Betrieb von IT-Systemen (Outsourcing) oder Geschäftsprozessen (BPM bzw. BPO) im Auftrag des Kunden.

Bei den beiden großen IT-Anbietern IBM und Hewlett-Packard wurden nur die Service-Umsätze berücksichtigt, um die Zahlen mit den übrigen Anbietern vergleichbar zu machen. Die Erfüllung der BITP-Leistungen setzt eine bestimmte Größenordnung voraus. Deshalb wurden in das Ranking nur Anbieter aufgenommen, die als Gruppe weltweit mindestens eine Milliarde Euro an Einnahmen erwirtschaften.