Anwenderfehler

Virtualisierung erhöht Datenrettungsrisiko stark

14.04.2010 von Thomas Pelkmann
Cloud Computing und Virtualisierung fordern einen veränderten Umgang mit dem Thema "Datenrettung", meint der Spezialist Kroll Ontrack. Die Menge der gespeicherten Daten wachse stark an; damit steige die Zahl möglicher Anwenderfehler.

Im Jahr 2005 haben die Böblinger Datenrettungsspezialisten von Kroll Ontrack nach eigenen Angaben 3,2 Petabyte an Daten wiederhergestellt. Im vergangenen Jahr 2009 wuchs diese Menge auf stolze 14 Petabyte an. Das entspricht einer Menge von 14 Millionen Gigabytes.

Vor allem bei kleineren Unternehmen und im SOHO-Bereich (Small Office, Home Office), so Kroll, würden immer mehr Daten angehäuft. Zudem zeigten sich auch die Risiken, die von Technologien wie Virtualisierung und Cloud Computing ausgehen: 2009 stieg allein bei Kroll die Zahl der Datenrettungs-Anfragen in virtualisierten Umgebungen gegenüber dem Vorjahr um 58 Prozent an. Neun von zehn dieser Anfragen (87 Prozent) waren „Folgen menschlichen Versagens“.

Im Detail lassen sich aus den Erhebungen der Datenretter von Kroll Ontrack die folgenden Trends ablesen:

1. Datenrettung aus Cloud-Umgebungen ist längst Realität. Ein sorgfältiger Umgang mit damit ist Pflicht.

Cloud-Speicher haben sich längst zu einer interessanten Option für die Speicherung geschäftskritischer Daten entwickelt. Wer auf solche Internet-basierte Dienste setzt, kommt in den Genuss von IT-Services, ohne an eine bestimmte EDV-Infrastruktur gebunden zu sein.

Doch auch Cloud-Technologien basieren auf Hardware. Die ist ebenso wenig vor Datenverlusten geschützt wie traditionelle Systeme. So musste etwa ein Unternehmen auf die Datenrettung zurückgreifen, das die Cloud für das Hosting einer Entwicklungs- und Test-Umgebung einsetzt. Unbeabsichtigt wurde dort die Verbindung zu einem virtuellen Speichermedium getrennt, während die Administratoren sich in der Cloud-Umgebung bewegten.

Cloud-Technologien schützen nicht vor Datenverlusten

Nach der Rekonstruktion der Verbindung wies der Windows-Host die versehentlich getrennte Speichereinheit als nicht zugewiesenen Speicher aus. Das betroffene Dateisystem war nicht mehr verfügbar und musste über ein Datenrettungs-Tool wiederhergestellt werden.

2. Die Zahl der Anfragen zur Datenwiederherstellung aus virtualisierten Systemen nimmt drastisch zu. Ursache sind meistens Anwenderfehler.

Die Steigerung der Datenrettungsanfragen sowie der hohe Anteil menschlichen Versagens zeigen, wie schwierig es ist, virtuelle Umgebungen zu implementieren, zu managen oder zu migrieren. Bei virtualisierten Umgebungen mit ihren zahlreichen Sessions liegen durchschnittlich wesentlich mehr kritische Informationen auf einem einzigen physischen System. Damit wächst auch der potenzielle Schaden durch einen Datenverlust.

Umso wichtiger ist schnelle, effiziente und leistungsstarke Datenrettung. „Wer virtuelle Speicher nutzt, bewegt sich in einer hochkomplexen Welt. Folglich tragen bei diesem Speicherkonzept auffallend häufig Anwenderfehler die Schuld an Datenverlusten“, kommentiert Edmund Hilt, Managing Director bei Kroll Ontrack. „Entscheidend ist nicht nur, dass wir solche Datenrettungs-Projekte erfolgreich bewältigen, sondern auch, dass uns dies mit Remote-Techniken und im besten Fall ohne Downtime gelingt. So können wir beschädigte Volumes wieder herstellen, während der Rest des Systems ohne Beeinträchtigung weiter läuft.“

3. Kleine Unternehmen und Home Offices sind die maßgeblichen Treiber für das große Datenwachstum.

Die von 3,2 Petabyte auf 14 Petabyte um mehr als das Vierfache gestiegene Datenmenge stammt vor allem aus dem SOHO-Bereich.

Größere Unternehmen und Konzerne gingen im Vergleich zu Kleinstunternehmen erheblich selektiver bei der Frage vor, welche Daten archiviert beziehungsweise entsorgt werden müssten, hat Kroll Ontrack herausgefunden. „Zu den Faktoren, die bestimmen, welche digitalen Inhalte eine Firma wie lange vorhält, zählen verfügbare Speicherkapazitäten sowie Effizienz, Kosten und gesetzliche Bestimmungen“, so Edmund Hilt.

Auf der anderen Seite sei es bei SOHO-Unternehmen weit verbreitet, private Datensätze wie Bilder, Video- und Audio-Dateien einfach mit geschäftlichen Informationen zu vermengen. Entsprechend groß seien die betroffenen Datenvolumina im Falle eines Datenverlustes.

Ohne die Erkenntnisse von Kroll Ontrack zu bezweifeln, beziehen sich drohende Datenverluste dennoch wohl vor allem auf private Clouds und virtualisierte Umgebungen in kleinen Rechenzentren. Alle großen Cloud-Anbieter schützen ihre Systeme durch Redundanz vor Datenverlusten.

Sicherheit in der Cloud ist nach wie vor ein Problem

Allerdings: Für die Sicherheit ihrer Systeme fühlen sich Cloud-Anbieter nicht unbedingt verantwortlich. So erklärte der Leiter der Microsoft-Rechtsabteilung, Dervish Tayyip, kürzlich auf einer Veranstaltung zu den rechtlichen Aspekten von Cloud-Computing, man könne keine finanziellen Garantien abgeben für den Fall, dass in der Cloud abgelegte Firmendaten entwendet würden. Und Dell-Rechtsberater Nick Hyner sekundiert, es sei beispielsweise nicht möglich, sich individuellen Sicherheitsrichtlinien der Unternehmenskunden anzupassen.

Neben der Sorge um mögliche Datenverluste müssen Anwenderunternehmen daher vor allem um die Sicherheit ihrer Daten fürchten: Ausfall durch technische Störungen, Malware oder Hackerangriffe – das sind tatsächlich die größeren Gefahren, die in den öffentlichen Clouds drohen.