Videoüberwachung - aber DSGVO-konform

Vorsicht: eine Fake-Kamera kann rechtswidrig sein

03.04.2019 von Michael Rath  
Das LG Essen hat ein Urteil zum Betrieb einer Kamera-Attrappe gesprochen. Vor allem das Persönlichkeitsrecht spielt eine große Rolle. Wie Sie ein echtes Videoüberwachungssystem rechtskonform betreiben, lesen Sie ebenfalls in diesem Beitrag.

Die Anforderungen an die Videoüberwachung im öffentlichen Raum sind hoch. Das Landgericht Essen in einem Urteil vom 30.01.2019 (Az.: 12 O 62/18) erst kürzlich entschieden, dass auch eine unechte Videokamera den strengen Anforderungen der DSGVO unterliegt und letztlich rechtswidrig sein kann.

Für einen Laien ist es schwer erkennbar, ob eine blinkende Videokamera tatsächlich aktiv ist.
Foto: Sensay - shutterstock.com

Kamera im gemeinsamen Hausflur

Die beteiligten Parteien sind Nachbarn eines Mehrfamilienhauses. Dabei war die Beklagte nicht nur Nachbarin, sondern zugleich auch Eigentümerin und Vermieterin der Wohnungen. Sie stellte im gemeinsamen Hausflur eine Videokamera-Attrappe auf, welche mit einem rot leuchtenden Licht bestückt war, das den Beginn einer Videoaufnahme simulierte.

Die Kamera erweckte so den Anschein von Echtheit. Der Kläger fühlte sich dadurch gestört und sah sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Als Konsequenz folgte eine Klage auf Unterlassung.
Die Beklagte berief sich dagegen darauf, als Wohnungseigentümerin dazu berechtigt zu sein, ihr Eigentum zu schützen. Vor allem sei es in der Vergangenheit zu wiederholten Einbrüchen gekommen.

Gericht verbietet Fake-Kamera

Das LG Essen sprach den benachbarten Mietern Recht zu und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung. Zwar fand gar keine tatsächliche Überwachung durch eine echte Kamera statt. Jedoch erzeuge die Kamera-Attrappe einen entsprechenden Überwachungsdruck für die Mieter, da die Kamera-Attrappe den Verdacht aufkommen lasse, tatsächlich aufzuzeichnen und eine Überwachung dadurch für einen Außenstehenden ernsthaft zu befürchten sei.

Es war bei der verwendeten Kamera-Attrappe von außen nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, ob sie ein bloßer Fake oder eine echte, filmende Überwachungskamera war.

Vor allem gab es für den Kläger keine zumutbare Möglichkeit, regelmäßig zu überprüfen, ob es sich immer noch nur um eine Attrappe handele oder ob die Vermieterin zwischenzeitlich eine echte Videokamera installiert habe. Das Aufstellen der Kamera-Attrappe stellt somit nach Ansicht des LG Essen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht dar.

Zulässigkeit der Videoüberwachung muss geprüft werden

Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf Achtung und freie Entfaltung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenwürde. Umfasst sind dabei der Schutz der Intims-, Privats- und Sozialsphäre.

Dahinter steckt auch eine hohe datenschutzrechtliche Relevanz im Sinne der DSGVO. Es ist daher bei einer Videoüberwachung generell zu prüfen, ob berechtigte Interessen gewahrt sind und ob die Videoüberwachung überhaupt erforderlich ist. Anschließend ist eine Interessenabwägung durchzuführen.

Ein berechtigtes Interesse liegt beispielsweise vor, wenn es in der Vergangenheit zu Einbrüchen kam. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist zudem zu fragen, ob die Videoüberwachung dazu geeignet ist, die berechtigten Interessen zu wahren, also zum Beispiel Einbrüche zu verhindern oder leichter verfolgbar zu machen, oder ob es eine datenschutzfreundlichere Maßnahme dafür gibt.

Bei der Interessenabwägung ist der Maßstab die subjektiven Erwartung der betroffenen Person im Einzelfall und daneben, was ein objektiver Dritter vernünftigerweise erwarten kann und darf. Entscheidend ist also auch, ob die Videoüberwachung in bestimmten Lebensbereichen typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Ein bloßes Abstellen auf vergleichbare Fälle ohne Einzelfallbetrachtung reicht nicht aus.

Vorliegend stand der Schutz der Privatsphäre der Klägerin dem Recht auf Schutz des Eigentums der Beklagten gegenüber und überwog dieses.

Echte Videoüberwachung: Das müssen Sie beachten

Beim Einsatz eines aktiven Videoüberwachungssystems müssen personenbezogene Daten in einer für die Betroffenen nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden.
Außerdem müssen dem Betroffenen

zugänglich gemacht werden.Dies ist zum Beispiel mit einem vollständigen Informationsaushang umsetzbar. Dazu kann ein von der Aufsichtsbehörde erstelltes Muster verwendet werden.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen anweisen, den Mangel zu beheben oder die Videoüberwachung vorübergehend oder endgültig untersagen. Außerdem droht ein Bußgeld. Die Daten der Videoüberwachung sind unverzüglich zu löschen, wenn sie für den beabsichtigten Zweck nicht mehr notwendig sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Die Aufsichtsbehörde verlangt dazu eine Löschung nach 48 Stunden.

Lesetipp: Videoüberwachung vor Hackern schützen

Des Weiteren muss das Videoüberwachungssystem möglichst sicher und datenschutzfreundlich beschaffen und installiert sein. Dazu hat der Verantwortliche zu prüfen, inwieweit eine Videoüberwachung zeitlich eingeschränkt werden kann und welche Bereiche der Überwachung ausgeblendet oder verpixelt werden können.

Schon bei der Beschaffenheit der Videotechnik selbst ist auf "eingebauten Datenschutz" zu achten. Nicht benötigte Funktionen, zum Beispiel freie Schwenkbarkeit oder Zoomfähigkeit, sollten, sofern vorhanden, zumindest bei Inbetriebnahme deaktiviert werden.
Zudem ist ein Verarbeitungsverzeichnis zu erstellen, welches die Videoüberwachung dokumentiert und festhält, welchem Zweck diese jeweils dient. Und es ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen, wenn die Videoüberwachung ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen bewirkt.

Insbesondere bei einer systematischen umfangreichen Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche wird das Persönlichkeitsrecht vieler Personen betroffen sein, sodass eine Datenschutz-Folgenabschätzung unerlässlich ist.

Fazit

Anhand dieses Urteils wird wieder einmal deutlich, welch hohen Stellenwert das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich hat. Entscheidet man sich also, dieses durch eine Videoüberwachung zu tangieren, sind zwingend die entsprechenden Datenschutzanforderungen zu beachten. Denn selbst eine bloße Videokamera-Attrappe kann bereits rechtswidrig sein. Die eigenen vier Wände sind jedenfalls tabu.