Das Ende des Telefonierens naht

Warum Anrufen total uncool ist

03.11.2014 von Axel Gloger
Jeder kennt das: E-Mail an den Kollegen abgeschickt. Nur eine kleine Anfrage. Senden. Fertig. Die Angelegenheit ist vom Tisch. Doch dann klingelt das Telefon.

Der Kollege ist am Apparat. Die Mail hat er gesehen. Aber sie reicht ihm nicht. "Guten Tag, ich wollte nur schnell ...", grüßt er. Was dann folgt, dauert jedoch lange: Er erläutert, holt aus, kommt auf Sachen, die längst erledigt sind, plaudert. Dann fängt er noch von den bevorstehenden Ferien an. "Hör zu, Kollege, ich muss jetzt", sagt der Angerufene und würgt das Gespräch kurzerhand ab.

Als der Hörer aufgelegt ist, kommt ein erleichtertes "Uff" über die Lippen des Angerufenen. Das Telefonat hat gestört, sein Inhalt war völlig belanglos, überflüssig, verschwendete Zeit. Was mit einem Satz per E-Mail zu erledigen gewesen wäre, dehnte sich auf geschlagene 13 Minuten aus.

Eine kleine Begebenheit, die sich heute immer wieder in den Büros abspielt: Telefonklingeln, kleiner Adrenalinstoß, dann der Gedanke: "Nicht jetzt!" Fünf andere Sachen warten darauf, bearbeitet, durchdacht und zu Ende gebracht zu werden. Anrufe stören.

In vielen Büros hat sich deshalb in letzter Zeit ein neues Verhalten durchgesetzt: Man will nicht mehr überraschend hereinplatzen, auch nicht fernmündlich. "Es wird weniger telefoniert als noch vor zehn Jahren", konstatiert Martin Eppler, Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen. Anrufe wie im genannten Beispiel zeigen: "Solche Unterbrechungen können ein großer Produktivitätskiller sein."

Social-Business-Tools für Unternehmen
Wikis, Blogs, Activity Streams und Dokumenten-Sharing
Wikis, Blogs, Activity Streams, Dokumenten-Sharing - Social-Media-Funktionen und entsprechende Tools werden für Unternehmen immer wichtiger. Sie vernetzen Mitarbeiter, sorgen für den Wissensaustausch und verbessern die Zusammenarbeit. Der Beitrag stellt die beliebtesten Werkzeuge vor und zeigt, was bei der Einführung zu beachten ist.
Alfresco
Alfresco ist eine Plattform für Social-Content-Management für mittlere und große Unternehmen. Im Mittelpunkt stehen die Zusammenarbeit und die Verwaltung unternehmenskritischer Dokumente. Texte, Tabellen, Videos und Präsentationen lassen sich unmittelbar kommentieren, was den direkten Austausch fördert. Sämtliche Aktivitäten rund um ein Dokument werden mitprotokolliert, User können diesen Activity Stream in der Alfresco-Anwendung verfolgen.
BlueKiwi Zen
Mit der blueKiwi Enterprise Social Software können Unternehmensmitarbeiter Ideen, Kompetenzen, Ressourcen und Best Practices austauschen. Zu den Funktionalitäten der von Atos 2012 übernommenen Software gehören User-Profile mit Kontaktdaten und Kompetenzen, unternehmenseigene Lexika, Chat- und Diskussions-Plattformen, erweiterte gemeinschaftliche Notizfunktionen, "Likes", eine vollwertige Empfehlungs-Engine, Microsoft Office- und Outlook-Add-Ins sowie mobile Anwendungen für iOS, Android und Blackberry.
Chatter
Mit Chatter hat SaaS-Pionier Salesforce.com sein CRM-zentriertes Portfolio um eine Social-Plattform für Profile, Gruppendiskussionen und Filesharing ergänzt. Feeds informieren über relevante Daten, etwa Statusmeldungen wichtiger Geschäfte oder Änderungen in der Kundendatei. Das Tool lässt sich in die CRM-Lösung von Salesforce integrieren und kann so Geschäftsprozesse etwa im Vertrieb abbilden, ist aber auch als Stand-alone-Lösung einsetzbar.
Communote
Communote des gleichnamigen Dresdner Startups ist eine auf Java basierende Kommunikationslösung für projekt- und teamorientiertes Arbeiten. Ähnlich wie bei Twitter können Nutzer Nachrichten über ihre aktuellen Aktivitäten mit ihren Kollegen teilen. Kurznachrichten und Notizen lassen sich schnell erstellen, auch Dateien können angehängt und Bilder sowie Youtube-Videos angezeigt werden.
Connections
BM Conncetions ist eine All-in-on-Suite für Social Business, die Activity Streams, E-Mail, Kalender, Wikis, Blogs und viele andere Social-Media-Funktionen integriert. Die direkte Zusammenarbeit ist mit einem Klick möglich. Die neue Version enthält zusätzlich Analysefunktionen, Echtzeit-Daten-Monitoring und schnellere Netzwerke für die Optimierung der Zusammenarbeit. Mit den verbesserten Funktionen bekommen User Einblicke in Informationen aus Netzwerken, die sie in Echtzeit nutzen können.
Crowdworx
Einen innovativen Crowdsourcing-Ansatz hat das Berliner Startup Crowdworx mit seiner Software realisiert, die Kompetenz und Fachkenntnisse von Mitarbeitern im Intranet bündelt. Statt Know-how in Form von Texten zu speichern und abrufbar zu machen, wird das Fachwissen der Mitarbeiter in exakten Kennzahlen wie Prognosen, Risikobewertungen und Marktpotenzialen zusammengefasst. Das Spektrum reicht von Absatzplanungen und Innovations-Management bis hin zum Projekt-und Risiko-Management.
immer-uptodate
immer-uptodate ist eine einfach bedienbare, Cloud-basierte Social-Lösung aus Deutschland, die Mitarbeiter abteilungs- und standortübergreifend miteinander in Kontakt bringt. Wichtige Funktionen sind Posting, Teilen, Kommentieren, das Liken von Texten, Fotos und Umfrage-Tools für offene und geschlossene Gruppen. Beiträge können gleichzeitig im internen Netzwerk und in öffentlichen Netzwerken wie der Facebook-Fanpage des Unternehmens veröffentlicht werden.
Jabber und Quad
Unter dem Namen "Jabber" bündelt die Networking-Company Cisco sämtliche Communications- und Collaboration-Clients, die im Lauf der Jahre unter anderem durch Zukäufe ins Unternehmen kamen. Der Jabber-Client integriert Kommunikationsfunktionen wie Präsenzanzeige oder Instant Messaging und stellt mit Hilfe der hauseigenen Webex-Produktfamilie Audio- und Videoconferencing bei Bedarf auch in HD-Qualität bereit. Das zweite Standbein Quad integriert Features wie Blogs und Wikis.
Jam
Mit dem cloud-basierten SAP Jam können sich Mitarbeiter im Unternehmen in einer einheitlichen Umgebung mit Kollegen vernetzen und über Daten, Inhalte und Prozesse austauschen. Dadurch sollen sie produktiver werden und bessere Ergebnisse erzielen. SAP Jam unterstützt insbesondere auch zentrale Aufgaben im Personalwesen wie Onboarding, Weiterbildung und Talent-Management. Auch in anderen Unternehmensbereichen wie Vertrieb oder Marketing ist die Lösung einsetzbar. Jam ist aus der Zusammenführung von "SuccessFactors Jam" und "SAP StreamWork" entstanden.
Jive
Eine recht beliebte Social-Business-Lösung ist Jive Engage von dem 2001 gegründeten kalifornischen Unternehmen Jive Software. Das Tool kombiniert Collaboration- und Community-Features und stellt Lösungen für das Knowledge-Management zur Verfügung. Ständige Erweiterungen haben die Software zu einer ausgewachsenen Social-Business-Plattform anwachsen lassen. So kamen im Lauf der Zeit Funktionen für Instant Messaging sowie die Mobility-Unterstützung für iPhones und Blackberrys hinzu. Über zugekaufte Funktionen wie Business Analytics können Nutzer auch große Mengen an unstrukturierten Daten auswerten.
Just Connect
Just Connect ist eine professionelle Social-Intranet-Software-Lösung aus Hamburg. Die Plattform kombiniert traditionelle Intranet-Funktionalitäten mit modernen Web-2.0-Funktionen der sozialen Netzwerke zu einer Social-Intranet-Lösung. Das Programm bietet Web2.0-Funktionen wie Microblogs und Blogs, Wissens-Management in Form von Wikis und Dokumenten-Management sowie diverse Kommunikationsformen wie Chat.
Lithium
Das kalifornische Social-CRM-Anbieter Lithium stellt mit seiner Software Monitoring-Funktionen bereit, die vor allem für größere Unternehmen und Web-Agenturen von Interesse sind. Besonders interessant sind die integrierten Workflow-Funktionen. Sie machen auch für verteilte Arbeitsgruppen das Monitoring der unterschiedlichen Kanäle einfach. Ebenfalls überzeugen die Suchfunktionen (Keywords) inklusive Support für mehrere Sprachen und die Werkzeuge für die Auswertung.
Mixxt
Mixxt des gleichnamigen Bonner Startups erlaubt es, mit wenigen Mausklicks eigene Communitys zu generieren. Die erstellten Gemeinschaften können ihren Mitgliedern die gängigen Social- Networking-Funktionen anbieten wie Abstimmungen, Bildergalerien, Blogs, Datei-Downloads, Foren, Gruppen, Termine, Videos und Wikis. Für Unternehmen und Agenturen mit umfangreicheren Anpassungswünschen stellt mixxt auch White-Label-Community-Lösungen ohne jeglichen Hinweis auf mixxt bereit.
Podio
Das ursprünglich in Dänemark entwickelte und 2012 von Citrix übernommene Podio ist eine Collaboration-Plattform, die mit einem sonst nirgendwo zu findenden Killer-Feature aufwartet. Auf Podio kann jeder Anwender ohne technische Fachkenntnisse eigene Business-Apps erstellen. Auf dem Podio App Market stehen laut Anbieter Tausende solcher Apps zur Verfügung, die von Podio-Nutzern generiert und frei zugänglich gemacht wurden - von Kundenverwaltung über Personalbeschaffung bis hin zu Kundensupport und Issue Tracking.
Sharepoint
Neben vielen anderen Disziplinen positioniert Microsoft sein Sharepoint auch als Plattform für Enterprise Social Networking. Die Collaboration-Umgebung stellt Anwendern Dokumenten-Sharing und Kommunikationsmöglichkeiten bereit. Spezielle Social-Network-Angebote sind unter anderem integrierte Profile, Wikis, Blogs, Newsfeeds und interne Videoportale sowie Funktionen für die unternehmensinterne Suche, das Tagging, Rating und zur Kommentierung.
SocialCast
Mit dem von VMware 2011 übernommenen SocialCast können Nutzer interne Communities aufbauen und Diskussionsgruppen einrichten. Schnittstellen zu Lotus Notes, Outlook, Sharepoint sowie zum Active Directory schaffen ergänzende Kommunikations- und Integrationsmöglichkeiten. Neuerungen wie die Social-Applikation Strides bauen Socialcast zur integrierten Collaboration-Plattform aus. Die aktuelle Version beinhaltet zudem neue Funktionen wie integriertes Projekt-Management und sicheres Instant Messaging.
StreamWork
SAP bietet mit StreamWork seit einiger Zeit eine kollaborative Plattform an, die dazu dienen soll, die Vorbereitung und das Treffen gemeinsamer Entscheidungen zu unterstützen. Die Social-Business-Komponenten erstrecken sich auf News-Feeds für Geschäftsdaten und Monitoring-Dienste, die Aktivitäten und Ereignisse darstellen. Als Besonderheit kann man eine ganze Reihe unterschiedlicher "Business Tools" in eine Konversation einfügen, die für eine Entscheidungsfindung nützlich sind. Dazu zählen Agendaplanung, Prioritätenlisten, Ad-hoc-Umfragen, SWOT- und Kosten-Nutzen-Analysen sowie Verantwortlichkeits-Diagramme.
Talent Sourcing
Die Münchner IntraWorlds GmbH entwickelt Talent-Relationship- Management- und Community-Software-Lösungen. Das Hauptprodukt Talent Sourcing ermöglicht Mitarbeitern via Employer Branding, Personal-Marketing und Recruiting gezielt Talente zu identifizieren, zu binden und zu gewinnen. Mit dem Tool soll Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangels messbar erfolgreicher, besser planbar und zukunftssicher werden.
tibbr
Mit tibbr hat sich der SOA- und Integrationsspezialist Tibco in das Social-Business-Geschäft vorgewagt. Entsprechend verzahnen sich Anwendungen etwa von Oracle, SAP und Microsoft mit der Plattform, so dass sich beispielsweise der Activity-Stream durch Ereignisse und Veränderungen aus den Business-Applikationen speisen lässt. Ansonsten bietet tibbr soziale Services wie Mikroblogging, Profile, Instant Messaging und Voice-Memos, Videoconferencing und Communities.
Yammer
Yammer wurde 2012 von Microsoft übernommen und war ursprünglich ein Mikroblogging-Dienst. Inzwischen stehen das Teilen und die Bearbeitung von Dokumenten, der Austausch von Wissen sowie die unternehmensinterne und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation im Vordergrund. Mit dem aktuellen Release können Anwender Communities einrichten, Termine in Outlook und Google Calendar planen, in verteilten Teams kommunizieren und gemeinsam Dokumente bearbeiten. Die Version für Unternehmen stellt besondere Security-Features bereit.
Zimbra
Das bislang von VMware vertriebene Zimbra ist eine Open-Source- Plattform mit Funktionen für E-Mail, Kalender und Zusammenarbeit. Zimbra bietet eine speziell auf Virtualisierung und Portabilität abgestimmte offene Plattform für Private Clouds und Public Clouds. Die intelligente Mailbox hilft dabei, Informationen und Aktivitäten übersichtlich zu verwalten. Im Juli 2013 gab VMware bekannt, Zimbra an Telligent Systems verkauft zu haben. Der neue Besitzer will mit Unterstützung von Investment Partnern aus Zimbra die "erste vereinte soziale Kollaborationssuite für die Post-PC-Ära" machen.

Keine-Zeit-Arbeitswelt

Die Keine-Zeit-Arbeitswelt ist deshalb längst auf schriftliche Verständigung gewechselt. Textbotschaften sind schnell, weitgehend frei von Emotionen, verbrauchen weniger Zeit und stören nicht, wenn sie ankommen. Elektronische Kanäle wie E-Mail sind in vielen Büros der Kontaktkanal Nummer eins, der Kollege hätte es wissen müssen.

Am deutlichsten erkennbar ist das bei den Führungskräften von morgen. Ihr Medium Nummer eins ist die elektronische Post. Als zweitwichtigster Kanal werden Social Media wie Xing, Twitter und LinkedIn oder interne Tools wie Yammer und Jive eingesetzt. An dritter Stelle in der Hierarchie der Kommunikationsmittel stehen Messaging-Tools wie Whatsapp. Das Telefon, einst aus dem Geschäftsalltag nicht wegzudenken, rangiert nur noch auf Platz vier, ermittelte eine Studie des Dienstleisters Dimension Data unter jüngeren Berufstätigen. Die neue Regel lautet: Anrufen nur, wenn es sonst nicht geht. "Die Generation Y sagt ,Adieu' zum klassischen Telefonanruf", erläutert Andrew McNair, verantwortlich für die Studie, den großen Trend.

10 Basics für Projektmanager der nächsten Generation
Macher-Typen sind nicht mehr gefragt
Der Projektmanager mit rein technischer Expertise ist out, findet Mary Gerush von Forrester Research. Sie beschreibt den Projektmanager der nächsten Generation als kommunikativ, kompetent und stark in Soft-Skills.
1. Emotionale Intelligenz
Das meint die Fähigkeit, Augen und Ohren offen zu halten, um den Input von Projektmitarbeitern und Kunden in Zusammenhang mit dem Ziel in die Arbeit einfließen zu lassen.
2. Anpassungsfähige Kommunikation
Die Fähigkeit, seine Ideen - mündlich oder schriftlich - einem weiten Kreis von Interessenten zu vermitteln, egal, aus welcher Abteilung, aus welchem Kulturkreis und mit welcher Vorbildung sie stammen.
3. Fähigkeit, mit Leuten umzugehen
Die Begabung, schnell positive Beziehungen zu Team-Mitgliedern und Stakeholdern aufzubauen und zu pflegen.
4. Fähigkeit zu managen
Das Können, in einem Team zu arbeiten, es zu motivieren, auf das Ziel zu fokussieren und die Zusammenarbeit im Team zu fördern.
5. Flexibilität
Der Wille und die Fähigkeit, seinen Denkansatz zu überarbeiten, wenn es der Projektgegenstand und das Business verlangen
6. Business-Kenntnisse
Wissen über das Business des Kunden und seine Branche. Die Fertigkeit, seine Strategie zu verstehen und seine Projektarbeit an dieser Strategie auszurichten.
7. Analyse-Fähigkeit
Die Eignung, Probleme analysieren zu können und seine Entscheidungen aufgrund solcher Analysen zu treffen.
8. Blick für den Kunden
Das Vermögen, Kunden- und Anwenderbedürfnisse zu verstehen und den Drang, diese Kundenbedürfnisse im Projekt auch befriedigen zu wollen.
9. Ausrichtung am Ergebnis
Die Fähigkeit, das Projekt effizient und wirksam abzuschließen.
10. Charakter
Der Projektmanager der Zukunft sollte eine ansprechende Persönlichkeit sowie starke Wertvorstellungen und einen moralisch einwandfreien Charakter besitzen.

Mit iPhones telefoniert man nicht

Darüber hat sich auch Jacqueline Steffen Gewissheit verschafft. Sie ist Inhaberin von Steffen Coaching in Erlenbach und professionelle Telefontrainerin. Ihr Sohn eröffnete ihr kürzlich den Einblick in das Kommunikationsverhalten von morgen. Sie fragte den Filius, wen er anrufe, wenn er sein iPhone benutzt. "Eigentlich telefoniere ich nur noch mit euch, den Eltern", habe der 13-Jährige entgegnet. Für ihn ist das Gerät ein tragbarer, jederzeit verfügbarer Zugang zur digitalen Kommunikation - nur eben nicht für mündlich geführte Gespräche.

Dieser neue Standard, sagt die Studie von Dimension Data, hat längst auch die Älteren erreicht: "Auch die Gen X (geboren 1964 und jünger, Anm. d. Red.) verhält sich kaum anders als die Gen Y." Indizien dafür gibt es überall. In vielen Büros klingelt das Telefon immer seltener. In Großbritannien meldet es sich oft nur noch ein- oder zweimal am Tag. In den USA gehen manche Unternehmen schon dazu über, neue Schreibtische gar nicht mehr mit einem Telefonapparat auszustatten, wie das New-Economy-Magazin "Wired" meldet.

Ein Blick in die Berliner Coworking-Szene bestätigt den Trend. An den zahllosen Mietschreibtischen etwa im Betahaus oder bei Mobilesuite sitzen Web-Programmierer, IT-Tüftler und Startup-Unternehmer - und sie alle arbeiten meist still. Niemand telefoniert. Das Smartphone liegt zwar griffbereit neben dem Laptop, aber dort kommen allenfalls Textnachrichten an. Die Zahl der klassischen Sprachtelefonate pro Tag geht gegen null.

Klar, Gründer und Kleinunternehmer tun heute schon das, was andere erst morgen tun. Das gute alte Telefon ist noch längst nicht überall verstummt. In Traditionsbranchen wie dem Handwerk oder in Firmen, die viele Mitarbeiter im Blaumann beschäftigen, wird noch viel telefoniert. "Wer ein Problem mit einer Maschine oder an seinem Computer klären will, ruft im Zweifel den Service an", sagt Marcus Meloni, CEO der Avocis AG, die zahlreiche Call-Center betreibt. E-Mail sei hier nicht das Mittel der Wahl, für erklärungsbedürftige Sachverhalte ist der Kanal zu umständlich. Aber am generellen Trend ändert das nichts. Die Zahl der Telefongespräche erreichte im Jahr 2007 ihren Höhepunkt und sinkt seither, ermittelte eine Studie des Marktforschers Nielsen bei Mobilfunknutzern - und die Gespräche werden immer kürzer."Mein Zug ist aus dem Fahrplan geraten. Ich komme zehn Minuten später zum Meeting" - für Botschaften wie diese wählt der Büromensch immer noch am liebsten das Telefon.

Ansonsten aber gilt für Anrufe im Geschäftsleben dieselbe Regel, die für Besuche schon immer galt: Kontakt gerne, aber nur mit Anmeldung. "Wenn heute im Büro telefoniert wird, geht dem oft eine Verabredung voraus", stellt der St. Galler Kommunikationsexperte Eppler fest. Da werden erst einmal Mails des Typs "Können wir telefonieren?" oder "Wann hast du Zeit für einen Anruf?" durch den digitalen Äther gejagt. Man textet hin und her, einigt sich: Telko nächsten Donnerstag, 10.30 Uhr, eine Viertelstunde. Dieses Format ist verbreitet und wird weiter zunehmen, oft in Verbindung mit Telefonkonferenzen.

"Anrufen ist uncool"

Denn durch neue Services wie meetgreen.de, myTelco.de oder meeble.de wird es immer leichter, viele Personen zur Konferenz zusammenzuschalten. Aussterben werden dagegen die belanglosen Plaudereien aus unserem Beispiel.

Überraschende Anrufe sind in vielen Büros nicht erwünscht. Die Telekom etwa betreibt in Berlin einen Inkubator namens Hubraum, der mehrere IT-Startups des Konzerns beherbergt. "Anrufen ist uncool", lautet die Botschaft, die die Tochterfirma des größten Telefonunternehmens im Lande aussendet: Eine Telefonnummer von Hubraum findet sich auf der Homepage nicht.

Der Rückgang der Telefonate gefällt nicht allen, Call-Center oder Telefontrainer beispielsweise sind ernsthaft betroffen. Denn Verkäufe per Anruf sind in der neuen Kommunikationswelt ein No-Go. Privathaushalte anzurufen, um etwas zu verkaufen, verbietet inzwischen ohnehin das Gesetz. Im Geschäft sieht es auch ohne Regulierungseinflüsse kaum anders aus: "Sales-Anrufe in Büros, diese Praxis gerät immer mehr in die Ecke des Unseriösen", beobachtet Call-Center-Betreiber Meloni.

Deshalb spielt dieser Kontaktkanal in seinem Geschäft kaum noch eine Rolle: "Das wird aussterben." Fast alle Telefonagenten bei Avocis arbeiten nur noch "inbound", wie es in der Fachsprache heißt: Sie sind bereit, um Anrufe, etwa von Kunden, entgegenzunehmen.

Auch bei den Telefontrainern stehen die Zeichen auf Umbruch. Die Profession hatte ihre große Zeit, als das Telefon Kontaktkanal Nummer eins war - bequemer als Fax, schneller als der Brief. Da galt, was Ernst Z`Graggen, Telefontrainer und Inhaber des Dienstleisters Telefonpower.ch, so beschrieb: "Das Telefon ist die Visitenkarte des Unternehmens." Freundliche Stimme, positive Ansprache, den Anrufer nicht weiterleiten, sondern sein Problem sofort lösen - mit solchen Lehrsätzen machen Z`Graggen und Kollegen bis heute gute Geschäfte.

Aber der Wandel lässt sich nicht aufhalten. Bevor heute einer anruft, hat er sich längst im Netz schlaugemacht. Paket noch nicht angekommen? Mit welcher Taste gelingt der Neustart der Kamera? Antworten auf Fragen wie diese bekommt der digital vernetzte Verbraucher heute auf den zahlreichen Selbstbedienungsseiten. Amazon hat die Verbraucher längst umerzogen - sie rufen nicht mehr an, sondern versuchen erst einmal, die Antwort im Netz selbst zu finden. Der Anruf beim Bestell- oder Kundencenter wird weiter an Bedeutung verlieren und damit auch das Training für Telefonagenten.

Ganz aussterben wird das Telefongespräch dennoch nicht. Sobald es im Büro um komplexe Themen geht, ist der Griff zum Telefon auch in Zukunft der Weg der Wahl. "Kompliziertes am besten im Gespräch miteinander klären", empfiehlt Kommunikationsprofessor Eppler. Das vermeidet das digitale Pingpong, bei dem immer wieder hin- und hergemailt wird.

Im Gespräch mit Philippa Pauen, Gründerin und Geschäftsführerin der Wummelkiste

Die jungen Unternehmen von heute sind die Großkonzerne von morgen. Deshalb lohnt der Blick auf das, was Internet-Startups tun.

Wir sprachen mit Philippa Pauen, Gründerin und Geschäftsführerin der Wummelkiste, die Kinderspielzeug im Abonnement verschickt. Die 31-Jährige Startup-Gründerin aus Berlin erklärt, warum sie im Geschäft kaum telefoniert.

Philippa Pauen, Wummelkiste: "Es gibt kaum Gründe, sich gegenseitig anzurufen. Die Verständigung über Textkanäle ist viel besser."
Foto: Wummelkiste

Welche Bedeutung hat der Telefonanruf in Ihrem Geschäftsalltag?

Philippa Pauen: Eine sehr geringe. Es gibt kaum Gründe, sich gegenseitig anzurufen. Die Verständigung über Textkanäle ist viel besser. Heute ist E-Mail für uns die Nummer eins der Kanäle, mit weitem Abstand. Intern nutzen wir auch Skype. Für die Arbeit an Projekten gibt es spezialisierte Werkzeuge, zum Beispiel das Collaboration-Tool Asana.

Was ist das Problem von Telefonanrufen?

Philippa Pauen: Sie unterbrechen. Der Arbeitsfluss wird gestört. Deshalb bevorzuge ich Kanäle, die es erlauben, Nachrichten dann zu bearbeiten, wenn es gerade passt. Das gebietet auch die Rücksichtnahme auf den Empfänger der Kommunikation.

Was bedeutet die Telefonabstinenz für Ihre Firma?

Philippa Pauen: Wir haben intern sieben Mitarbeiter. Für die reichen zwei Festnetztelefone. Persönliche Durchwahlnummern gibt es bei uns nicht. Wir telefonieren noch mit einigen traditionellen Handwerksbetrieben, die uns beliefern. Da ist die digitale Welt noch nicht angekommen. Die wollen Aufträge am Telefon besprechen – und eine Bestätigung per Fax.

Erledigen Sie wirklich alles per E-Mail und Textkommunikation?

Philippa Pauen: Bei Standardabläufen ja. Aber wenn erklärungsbedürftige Themen anstehen, schätze ich das persönliche Gespräch. Man sitzt gemeinsam am Tisch, kann sich in die Augen sehen und die Dinge in Ruhe ansprechen und klären. Solche Begegnungen sind weder durch E-Mails noch durch Telefonate zu ersetzen.

Gibt es denn noch Momente, in denen Sie doch zum Telefon greifen?

Philippa Pauen: Klar. Wenn ich auf dem Weg zu einer Verabredung bin, kann ich von unterwegs aus anrufen: "Wo seid ihr gerade?" Oder auch in Fällen, in denen eine schnelle Entscheidung getroffen werden muss. Dann ist das Telefon einfach der direktere Kanal.