VWware, Cisco, NetApp

Was die neue Virtualisierungs-Allianz will

18.02.2010 von Hartmut  Wiehr
Die IT-Industrie tritt in eine neue Phase ein. Es bilden sich neue Konglomerate und Partnerschaften, die alles aus einer Hand anbieten. Für Anwender könnte die verschärfte Konkurrenz eine größere Produktauswahl bedeuten – und sinkende Preise.
Der neue NetApp-Chef Tom Georgens will mit der Allianz mit Cisco und VMware die Position seines Unternehmens am Markt stärken.

Was dem einen seine „Koalition“ ist, ist dem anderen seine „Allianz“. Promotet vom neuen NetApp-Chef Tom Georgens wurde Ende Januar eine „Allianz“ mit VMware und Cisco vorgestellt. Dieses Bündnis, von manchen auch als VCN tituliert, erinnert nicht zufällig an VCE, die „Koalition“ von VMware, Cisco und EMC, die sich ebenfalls gemeinsam auf das Feld der Rechenzentrumsvirtualisierung vorgewagt hat. Für Anwender könnte die verschärfte Konkurrenz unter den Anbietern eine größere Produktauswahl bedeuten – und sinkende Preise.

Zurzeit erleben wir eine neue Phase der IT-Industrie: Neben den alten bilden sich neue Konglomerate, die - lange war es verpönt – "alles aus einer Hand" anbieten. Angesagt sind auch Partnerschaften, die ebenfalls Pakete oder Gesamtlösungen geschnürt haben, die nun mit gemeinsamen Channel-Anstrengungen und viel Marketing auf den Markt geworfen werden.

Neben der momentan mehr abwartenden IBM tut sich vor allem HP hervor: durch viele Einkäufe bei Software, Netzwerkkomponenten und bei Services nun ebenfalls zum Rundumanbieter mutiert. Dell, noch immer eine Nummer kleiner, hat sich ebenfalls neu aufgestellt durch den Kauf einer eigener iSCSI-Storage-Technologie (EqualLogic) und von Professional Services (Ross Perot).

Die "Koalition" aus VMware, Cisco und EMC (VCE) ist erst im Herbst letzten Jahres ins Leben gerufen worden, mit neuem gemeinsamen Unternehmen Acadia und eigenen Produkten namens vBlock (siehe auch CIO.de: Cisco und EMC greifen IBM, HP & Co. an). Und Oracle ist mit der Übernahme von Sun ebenfalls auf dem Sprung, ein Konzern für Alles zu werden.

NetApp, letztes Jahr mit seinem Übernahmeversuch von DataDomain an dem mächtigeren Konkurrenten EMC und dessen "Kriegskasse" gescheitert, setzt nach der verstärkten Kooperation mit Fujitsu, die in gemeinsamen Produkten münden soll, nun auf eine "Allianz" mit den langjährigen Partnern VMware und Cisco. Es handelt sich zunächst schlicht um eine Neuauflage und Intensivierung bestehender Beziehungen zu zwei alten Partnern. Ihr angekündigter Inhalt:

End-to-End-Infrastruktur für sichere Mandantenfähigkeit

Virtualisierte Umgebungen – Die Partner offerieren nun eine Architektur für virtualisierte Rechenzentren, die Kunden mehr Effizienz, Dynamik und Sicherheit bieten soll. Im Mittelpunkt steht dabei eine End-to-End-Infrastruktur für sichere Mandantenfähigkeit ("secure multi-tenancy design architecture"). Diese soll für private und öffentliche Clouds geeignet sein und dafür sorgen, dass bei der gemeinsamen Nutzung einer Cloud-Infrastruktur durch Kunden oder einzelne Geschäftsbereiche und Abteilungen die IT-Ressourcen und Anwendungen sicher bereitstehen.

Dafür werden keine neuen Produkte oder gemeinsame technische Lösungen angeboten, sondern es wird Wert auf eine erweiterte gegenseitige Prüfung und Validierung ausgewählter eigener Produktlinien für den Aufbau solcher Architekturen gelegt.

Mandantenfähigkeit – Diese soll das Kernstück der gemeinsamen Architekturanstrengungen darstellen und die "Rahmenbedingungen für private und öffentliche Cloud-Services" einschließlich des Verschiebens von Daten und Applikationen erlauben. Dazu will man die Trennung der Ressourcen verschiedener Nutzer von Cloud-Services anbieten. Für jeden Kunden könne eine sicher abgetrennte Cloud-Umgebung eingerichtet werden, je nach vertraglich festgelegten SLAs (Service Level Agreements).

Modell einer Trennung zwischen verschiedenen Mandanten in der virtuellen Infrastruktur von NetApp, Cisco und VMware.

Sieht man sich diese Architektur näher an, so besteht sie aus einem hierarchischen Aufbau von NetApp-Storage-Komponenten für die unterste Speicherebene, darüber dann Cisco-SAN-Switches, die die Verbindung zu den Cisco-Blades UCS herstellen, und schließlich on top ganz viel Software von VMware: vSpere, vShield, vCenter sowie Management-Tools von Cisco (UCS Manager, DC Network Manager) und NetApp (Operations Manager).

Der Architektur-Ansatz erscheint typisch für virtuelle Umgebungen unter Einsatz von VMware-Software, die ja mit der formellen Abtrennung von der Mutter EMC in möglichst vielen Server- und Speicherarchitekturen eingesetzt werden kann. Die Besonderheit der gegenseitigen Überprüfung und Abstimmung der Komponenten, die NetApp und seine Partner für ihren Ansatz ins Feld führen, verspricht den Kunden lediglich, dass sie auf eigene Tests und Probephasen verzichten können. Eine Besonderheit ist der Architektur aber nicht abzusprechen: Sie basiert auf dem neuen Blade-Server UCS von Cisco, mit dem sich der Netzwerkhersteller einen Eintritt in den Server-Markt verspricht.

Vorteil: ein neues Support-Modell

Support - Für Kunden der drei Hersteller dürfte das weltweite, gemeinsame 24-Stunden-Support-Modell von besonderem Interesse sein, da hier ein unbürokratischer zentraler Support-Zugang versprochen wird. Bei Fragen zu den Lösungen der Secure Multi-Tenancy Design Architecture sollen, so NetApp, Antworten von Cisco, NetApp und VMware koordiniert erfolgen. Eine der Firmen nimmt einen Service-Call auf und betreut ihn, wenn es um Probleme mit dem neuen Architekturansatz gehen sollte.

An den bisherigen herstellerzentrierten Support-Modellen der drei Hersteller wird sich laut Alexander Wallner, Senior Director Germany bei NetApp, nichts ändern, sofern es um besondere Probleme mit einzelnen Produkten geht.

Es bleibt abzuwarten, wie das Angebot der Allianz aus VMware, Cisco und NetApp (VCN) vom Markt aufgenommen wird. Besonders Cisco und NetApp haben ein gesteigertes Interesse, ihre Präsenz bei den Unternehmen zu erhöhen – Cisco will seine UCS-Server verkaufen (und sieht sich deshalb einem Gegenangriff von HP ausgesetzt, wo man mit der 3Com-Übernahme die eigene Netzwerk-Kompetenz verstärkt hat), und NetApp ist nach dem gescheiterten Versuch, sein Storage-Kerngeschäft durch die DataDomain-Übernahme auszubauen, auf eine Verbesserung des eigenen Marktauftritts angewiesen.

Trotz einiger Marketing-Anstrengungen wie neuem Logo, verkürztem Namen (NetApp statt Network Appliance) und vieler SAN-Angebote verharrt der Anbieter noch immer in der alten NAS-Ecke. Man hat seine Stammkunden, aber eine schon vor zwei Jahren angekündigte Ausdehnung in die Top-5.000-Kunden auf dem Globus hat bisher noch nicht die gewünschten Resultate erbracht. Außerdem besteht die Gefahr, nach der gegenwärtigen Ausbildung großer Blöcke und Kartelle in der IT-Industrie, die (fast) alles aus einer Hand anbieten (IBM, HP, Dell, Oracle/Sun und VMware/Cisco/EMC (VCE)) zwischen den Großen zerrieben zu werden.

Cisco und VMware werden ihre Erfahrungen mit der Abschirmung virtualisierter Umgebungen auch in andere Partnerschaften einbringen. Und dann gibt es da ja noch Microsoft und Citrix, die alles tun, um den technischen Vorsprung von VMware einzuholen.

Bündnisse von VMware/Cisco/EMC sowie HP/Microsoft und Oracle/Sun

Während VMware, Cisco und EMC (VCE) mit den vBlocks ein gemeinsames Produkt herausbringen und sich zudem mit dem von ihnen gegründeten Joint Venture Acadia um dessen Implementierung kümmern, läuft es momentan bei VMware, Cisco und NetApp mehr auf ein erweitertes Partner- und Support-Abkommen hinaus. Was für die Kunden erfolgversprechender zu sein scheint, lässt sich im Moment nicht beurteilen.

So teilen sich NetApp, Cisco und VMware die Stacks in ihrer gemeinsamen Infrastruktur auf.

Außerdem gibt es da noch die jüngst angekündigte verstärkte Partnerschaft von HP und Microsoft und die zu erwartenden Oracle/Sun-Intiativen – ebenfalls zwei Blöcke mit viel Server-, Storage- und Virtualisierungs-Know-how. Für Kunden mit Cloud-Aspirationen erhöhen sich letztlich die Auswahlmöglichkeiten am Markt. Und die Preise werden wohl sinken.