Google Dashboard

Was Google über mich preisgibt

11.11.2009 von Thomas Pelkmann
Mit dem neuen Google Dashboard wird deutlich, wie viele Spuren Internet-Surfer im Netz hinterlassen. Ob der neue Service ein echter Beitrag zum Datenschutz ist, wie Google es verstanden wissen will, ist zumindest fraglich. Denn Google macht längst nicht alle Daten transparent.
Keiner weiß, was Google alles weiß. Aber mit Dashboard gibt der Datensammler wenigstens einen kleinen Einblick.

Das soziale Netzwerk Facebook schlägt schon direkt nach der Anmeldung jedem Benutzer eine Reihe möglicher Freunde vor, mit denen sich eine Kontaktaufnahme lohnen könnte. Woher Facebook solche mitunter erstaunlich treffenden, aber weit entfernten Ideen hat, bleibt im Verborgenen.

Beim Suchmaschinenbetreiber Google ist das seit neuestem anders. Mit Google Dashboard hat das Unternehmen einen Service frei geschaltet, auf dem angemeldete Benutzer einen detaillierten Überblick über die Datensammlung erhalten, die bei Google anfällt.

Die Faustregel dabei ist: Je mehr ein Benutzer die meist kostenlosen Dienste von Google nutzt, desto dichter ist das Informationsnetz, das der Suchmaschinenbetreiber um seine Kunden knüpft. Die erhobenen Daten werden Unternehmensangaben zufolge zwar nicht dauerhaft gespeichert. Für eine intensive Profilierung der Besucher reicht das aber dennoch aus.

Wer zum Beispiel die Adwords von Google (Suchanfragen-bezogene Werbeeinblendungen) im Einsatz hat, analysiert ein Blogger, gebe zumindest ein wenig davon preis, was sein Unternehmen für Marketing-Schwerpunkte setzt und auf welche Keywords der Kunde schielt. Wer mit der Google Toolbar arbeitet, verrät noch sehr viel mehr über sich: welche Webseiten man besucht, welche Dateien heruntergeladen und sogar an welchen Dokumenten man aktuell gearbeitet hat. Von der Sammelleidenschaft des Suchmaschinenriesen sind auch Google-eigene Dienste wie das Videoportal Youtube und das Online-Grafikprogramm Picasa betroffen. Selbstverständlich speichert Google auch die Suchanfragen der angemeldeten Besucher.

Der Gipfel ist in diesem Zusammenhang der kostenlose E-Mail-Service Google Mail. Dort lesen zwar keine Menschen, aber immerhin wohl Maschinen mit, was sich die Leute per elektronischer Post zu sagen haben. Nur so sei es erklärlich, so der zitierte Blogger, "dass sich die eingeblendeten Adwords-Anzeigen auf den Inhalt der Mails beziehen".

Google reagiert auf Kritik von Datenschützern

Google reagiert mit dem Dashboard auf zunehmend drängende Fragen von Datenschützern, was das Unternehmen wirklich über seine Kunden weiß und was Google mit den Daten macht. "Das ist ein großer Schritt, Nutzern Transparenz und Kontrolle über ihre Daten zu geben", so Wieland Holfelder, Leiter des Google Entwicklungs-Zentrums in München. "Es ist wichtig, dass sich Nutzer bewusst sind, welche Daten online sind und wie sie diese steuern können - das Google Dashboard hilft ihnen dabei."

So richtig neu ist Dashboard nicht; die Informationen über Aktivitäten wie Besuche bei Youtube, bei Google-News und wo weiter bot Google auch vorher schon feil, wenn auch nicht so konzentriert wie jetzt.

Von Daten- und Verbraucherschützern wird der Google-Vorstoß relativ positiv bewertet. Johannes Caspar etwa, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, lässt sich in einer Pressemitteilung von Google so zitieren: "Hinter dem Google Dashboard steht die Idee, den Nutzern künftig einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Daten sie Google anvertraut haben und welche Einstellmöglichkeiten hierfür bestehen". Dies, so der Professor, stärke die eigene Verantwortung im Umgang mit den Daten und führe zu einer größeren Transparenz für die Nutzer.

Etwas differenzierter in der Wertung zeigt sich auch der Datenschutzberater Steffen Schröder in seinem Blog Datenschutzalltag. "Ist das nun schon Datenschutz oder nicht?", fragt sich der Experte unter der skeptischen Überschrift "Ich traue Google nicht". Die versöhnliche Antwort liefert er dennoch gleich mit: "Ja, denn die Auskunft über gespeicherte Daten ist eine wesentliche Voraussetzung, damit ich mein Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Ja, denn Google realisiert, wozu viele andere Datenverarbeiter nicht willens oder in der Lage sind".

Keiner weiß, was Google alles weiß

Kritischer zeigt sich der Internet-Experte Falk Lüke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen: "Von einem neuen Datenschutzinstrument zu sprechen ist übertrieben", sagt er im Tagesspiegel angesichts der auch vorher schon einsehbaren Protokolle. "Schön daran ist, dass viele erstmals merken werden, was inzwischen alles zu Google gehört", sagt der Verbraucherschützer und fügt hinzu. "Einen Blumenstrauß wird Google dafür von uns nicht bekommen."

Interessanter für viele Analysten ist, was Google nicht über seine Datensammlungen preisgibt: Laut Lüke protokolliere Google Suchanfragen und Seitenaufrufe auch nicht angemeldeter Nutzer sowie IP-Adressen und Nutzerprofile. "In diese Bereiche hat niemand Einblick."

So bleibt ein zwiespältiger Eindruck. So gut der Überblick über die eigenen Datenspuren im Internet auch sein mag: "Ein wenig mulmig fühlt es sich dann doch an, wenn das komplette virtuelle Google-Leben am realen Auge vorbei zieht", findet nicht nur das Online-Magazin zeitjung.de und rät denjenigen, die Google nicht trauen mögen, auf andere Dienste umzusteigen: "Mit Bing suchen, über GMX mailen, auf Flickr Fotos archivieren und MyVideo statt Youtube nutzen". Ob die hinter diesen Diensten stehenden Unternehmen wie Microsoft, 1&1, Yahoo oder die ProSiebenSat1 AG aber vertrauenswürdiger seien als Google, daran zweifeln nicht nur die zeitjung-Macher.