IT-Strategietage 2017

Wie Anwenderunternehmen Fachkräfte finden

17.02.2017 von Andrea König
Unternehmen müssen im Wettrennen um IT-Talente kreativer werden. Bei der HR-Lounge sprachen Anwender über ihre Strategien bei der Talentsuche und trafen auf Absolventen.
Computerwoche-Redakteurin Karen Funk moderierte die Diskussion in der HR Lounge auf den Hamburger IT-Strategietagen 2017.
Foto: Foto Vogt

"Der Teich ist übersichtlich und alle fischen dort" sagt Computerwoche-Redakteurin Karen Funk in ihrer Anmoderation der ersten HR Lounge auf denHamburger IT-Strategietagen. Die Digitalisierunghat den Wettkampf um die besten IT-Talente weiter verschärft. In der HR Lounge zeigen Anwenderunternehmen, wie sie Fachkräfte finden und welche Karrierechancen sie bieten können. Besonders spannend machte das Format die Teilnehmermischung, denn auch interessierte Hochschulabsolventen kamen, um dort in unkomplizierter Atmosphäre auf potenzielle Arbeitgeber zu treffen.

Den Start der Vortragenden macht Andreas Schubert, der Geschäftsführende Gesellschafter von Great Place to Work Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Frage, was Arbeitgeber nachhaltig attraktiv macht. Digitale Talente, so Schubert, wünschen sich individuelle Aufmerksamkeit, eine starke Vertrauenskultur und Teamgeist. Sie möchten ein vollwertiges Mitglied sein, mit kompetenten Führungskräften arbeiten und mit den Kollegen und Vorgesetzten an einem Strang ziehen und so ihre Fähigkeiten optimal einsetzen. Unternehmen steigern ihre Attraktivität unter anderem, indem sie ihre Mitarbeiter dazu animieren, eigene Ideen und Lösungen zu entwickeln, Erfolge feiern und Fürsorge leben, etwa mit gesundheitlichen Angeboten.

Blick in die HR Lounge der Hamburger IT-Strategietage 2017.
Foto: Foto Vogt

Die Sicht der Anwenderunternehmen bringen Dr. Roger Nolting, Geschäftsführer von EOS Technology Solutions GmbH, und Dr. Matthias Trabandt, Chief Operating Officer von SwissLife. Beide machen schnell klar, dass der klassische Weg zu neuen Mitarbeitern kaum IT-Talente lockt. "Offizielle Stellenausschreibungen funktionieren nicht", sagt Nolting. Trabandt zeigt eine ganzseitige Anzeige, die das Unternehmen in der Fachzeitschrift c't geschaltet hat. Die erhoffte Bewerberresonanz darauf blieb aus.

Mit kreativen Wegen zu IT-Talenten

Seine Technologie-Einheit habe im vergangenen Jahr 50 gute Bewerber eingestellt, berichtet Nolting. Obwohl das Tätigkeitsfeld der Gruppe - Finanzdienstleistungen wie Inkasso - an sich kein Bewerbermagnet ist, hat das Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern kreative und erfolgreiche Wege gefunden, Bewerber zu rekrutieren und zu halten. Übliche Benefits wie flexible Arbeitsmöglichkeiten bezeichnet Nolting als "Hygienekriterien". Sie sind selbstverständlich, geben aber noch nicht den Ausschlag. Den gibt bei EOS Technology Solutions unter anderem ein Prozess, durch den Bewerber nach einem überzeugenden Erstgespräch innerhalb von 72 Stunden einen unterschriftsreifen Vertrag vorliegen haben. Das kann den entscheidenden Unterschied machen, wenn sie mehrere parallele Zusagen erhalten.

Nolting beschäftigt außerdem einen Mitarbeiter im Bereich Direct Search, der seinen Arbeitsplatz zwischen den IT-Experten hat. So bekommt er die Atmosphäre selbst mit und kann potenziellen neuen Kollegen von eigenen Erfahrungen berichten. Besondere Wirkung auf Bewerber hätte zudem der persönliche Kontakt zu seinen Entwicklern, etwa bei Veranstaltungen wie den code.talks. Schließlich hätten auch spannende Projekte mit Branchenimpact große Anziehungskraft auf Bewerber.

Der Mitarbeiter als Unternehmer

Bei SwissLife wurde vor zwei Jahren damit begonnen, kulturelle Weiterentwicklung im Unternehmen voranzutreiben. Heute stehen drei Leitsätze für diese Entwicklung, sie dienen als Orientierung für alle Mitarbeiter:

Die Teams setzen in ihrer täglichen Arbeit auf agile Entwicklung.

Umfeld ist Absolventen wichtiger als Geld

Auch die anwesenden Absolventen kamen zu Wort und sprachen über ihre Wünsche und Erwartungen an ihre künftigen Arbeitgeber. Darin fielen unter anderem die folgenden Sätze:

Dass auch die Arbeitgeber nicht nach starren Rastern auf Bewerbersuche gehen, zeigt ein abschließendes Beispiel von Roger Nolting von EOS Technology Solutions GmbH. Das Unternehmen hat gerade einen 19-Jährigen als Entwickler eingestellt. Der junge Mann habe nicht studiert aber schon lange programmiert und so überzeugt, dass er angestellt wurde, erzählt Nolting.

Hamburger IT-Strategietage Umfrage "It's all about speed"
"It's all about speed"
Für die Hamburger IT-Strategietage 2017 hat das CIO-Magazin Manager gefragt, was sie über das Motto "It's all about speed" denken. Was steht in Sachen digitale Transformation ganz oben auf der Agenda?
Ralf Gernhold, Miles & More
Der CIO von Miles & More, Ralf Gernhold, stellt eine Gegenthese auf: "Digital Transformation: It’s all about Speed? It’s all about Culture!"
Roger Kehl, Festo
Festo-CIO Roger Kehl nennt zwei Stichworte: "Erstens Cloud first – Umbau der bestehenden IT-Landschaft in eine hoch skalierbare, flexible und schnelle IT-Infrastruktur. Und zweitens Big Data & Analytics Plattformen für real time Datenanalyse, Machine Learning et cetera – wichtig für Produktion oder unsere eigenen Produkte (IoT) und die neuen Geschäftsmodelle."
Martin Niemer, VMware
Martin Niemer, Europa-Marketingleiter bei VMware, erklärt: "In einer Studie, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, gaben fast die Hälfte der knapp 4.000 weltweit befragten Entscheider an, dass sie nicht sagen könnten, wie es um ihr Business in drei Jahren aussieht. Um den schnellen Veränderungen begegnen zu können, gilt es, die IT sowohl auf der technischen wie organisatorischen Seite dafür vorzubereiten, so dass sie auf die sich schnell verändernden Anforderungen reagieren kann."
Martin Wibbe, Atos
Senior Vice President & COO bei Atos Martin Wibbe sagt: „Mit unseren Kunden entwickeln wir gemeinsam neue Umsatzmöglichkeiten durch neue Geschäftsideen, ermöglicht durch neuste Technologie! Wir unterstützenmit unserem Netzwerk und unseren Erfahrungen und Methoden! Wichtig ist zu sehen wo die Digitale Transformation am ehesten Werte schafft für die Unternehmen, sowohl kurzfristig als auch mittelfristig. Dabei gibt es keinen Standard! Es braucht nur Mut! “
Matthias Spott, Kaskilo
CEO der Kaskilo AG ist Matthias Spott. Für ihn heißt Speed, "schnellstmöglich die Raumfahrt nicht mehr nur als Selbstzweck, sondern als Enabler für die Digitalisierung all unserer Industrien zu positionieren. Früher war Raumfahrt zumeist staatlich getrieben, teuer und langwierig. Heute wird Raumfahrt zunehmend kosteneffiziente, zielgerichtete und leistungsfähige Infrastrukturen bereitstellen, die wir für alle Arten von Anwendungen und Dienstleistungen nutzen werden."
Daniel Hartert, Bayer
Bayer-CIO Daniel Hartert bringt es schnell auf den Punkt: "It’s all about value creation for the consumer / customer."
Jochen Fauser, Deloitte
Jochen Fauser, Partner Technology Strategy & Architecture bei Deloitte, sagt: "Für eine erfolgreiche digitale Transformation muss schnellstmöglich die Integration von Kernsystemen vorangetrieben werden, um dem Kunden tiefgehend nutzenbringende Funktionalitäten zur Verfügung zu stellen – und nicht nur auf grafisches Begeisterungsmoment zu setzen."
Matthias Frühauf, Veeam
Matthias Frühauf ist Regional Presales Manager CEMEA bei Veeam Software. Er sagt: "Im Rahmen der digitalen Transformation werden immer mehr Businessmodelle durch Servicedienstleistungen ergänzt oder abgelöst. Die Fehlertoleranz auf Seiten der Kunden – oder besser gesagt: User – ist gleich Null: Services müssen 24x7 zur Verfügung stehen… und das 365 Tage im Jahr. Ein gut strukturiertes Hochverfügbarkeitskonzept mit minimalen Ausfallzeiten ist deshalb essentiell für den Erfolg."
Michael Hilzinger, Klöckner
Auf der Agenda von Michael Hilzinger, Managing Director bei Klöckner, stehen vier Punkte: "Erstens Bau einer skalierbaren Plattform für digitales Geschäft, zweitens insbesondere Digitalisierung der Kommunikationskanäle und des Datenflusses Richtung Kunden und auch Richtung Supplier sowie drittens vertikale, digitale Tiefenintegration mit Systeme von Kunden und viertens Öffnung der Plattform für Dritte."
Heiko Packwitz, Lufthansa Industry Solutions
Heiko Packwitz, Chief Marketing & Communications Officer bei Lufthansa Industry Solutions, sagt: "Unsere Aufgabe ist es an allererster Stelle, unsere Kunden in die Lage zu versetzen, mit dem rasanten Tempo des Wandels umzugehen. Dabei müssen unsere Berater die richtigen Technologien und Methoden der digitalen Transformation zum passenden Zeitpunkt sicher beherrschen. Labs und eine strategische Entwicklung der Mitarbeiterkompetenzen sind hier wichtige Maßnahmen."
Burkhard Kaufmann, Bitmarck
Bitmarck-Geschäftsführer Burkhard Kaufmann sagt: "Auf der Prioritätenliste ganz oben steht die Ausrichtung der Organisation und des Mindsets der Mitarbeiter. Ohne das Verständnis für die Notwendigkeit der massiven Veränderungen und die Bereitschaft sich auf diese einzulassen und diese aktiv zu gestalten, wird keine digitale Transformation gelingen."
Lumir Boureanu, Eurodata
Für Lumir Boureanu, Geschäftsführer von Eurodata, bedeutet Speed: "Weg zum Nischendenken, hin zur Vernetzung! Eigene Kompetenzen in digital Value umsetzen."
Oliver Blüher, Dropbox
Oliver Blüher, Country Manager DACH & Nordics bei Dropbox, sagt: "Der Mitarbeiter – in dem ganzen Hype um Plattformen, verbundene Geräte, selbststeuernde Fahrzeuge und Geräte wird der Mensch gerne vergessen. Es wird eine gewaltige Herausforderung sein, den Menschen auf diesem Weg des Wandels mitzunehmen."
Thomas Fischer, All for one Steeb
Thomas Fischer, Digital Strategist und Managing Director bei All for one Steeb, erklärt: "Frei nach Bill Clinton: It’s the unternehmenskultur, stupid! Ob man es Speed, Agilität oder Innovationsfähigkeit nennt – Sie werden hier nichts wirklich bewegen, wenn Ihr Unternehmen von starrer Hierarchie und Sicherheitsfokussierung bestimmt wird."