Rechtliche Hindernisse versus Wirtschaftlichkeit

Wie CIOs mit gebrauchter Software sparen können

09.04.2008 von Alexander Galdy
Der Markt für gebrauchte Software erfährt ein dynamisches Wachstum. Das ist kein Wunder, denn der Second-Hand-Handel mit Software lohnt sich finanziell für Verkäufer und Käufer. Um als CIO damit nicht auf die Nase zu fallen, sind allerdings ein paar Spielregeln zu befolgen. Grundsätzlich gilt aber: Keine Angst vor neuen Wegen.
Axel Oppermann von der Experton Group: "Je höher die Software standardisiert ist, desto bessere Chancen hat sie auf dem Markt, einen Abnehmer zu finden."

Die meisten Unternehmen sind nach Expertenmeinung entweder über- oder unterlizenziert. So bildet sich ein Markt, bei dem die einen etwas loswerden wollen, um Geld zu sparen. Auf der anderen Seite stehen Firmen, die etwas dazu haben müssen, um Kosten zu verhindern. Im besten Fall ist der Handel mit gebrauchter Software also ein Geben und Nehmen.

Laut einer Studie der Experton Group aus dem vergangenen Jahr haben 14 Prozent der befragten Unternehmen diese Chance bereits erkannt und sind beim Second-Hand-Handel von Software bereits aktiv - Tendenz steigend. Dabei zeigt sich, dass vor allem größere Unternehmen bereit sind, ihre Software wieder zu Geld zu machen. Aber nicht alles geht gleich gut weg, wie die Erfahrung von Axel Oppermann von der Experton Group zeigt: "Je höher die Software standardisiert ist, desto bessere Chancen hat sie auf dem Markt, einen Abnehmer zu finden."

Beim Weiterverkauf sind laut Oppermann durchaus zwischen 30 und 50 Prozent des Neupreises für den Verkäufer drin. Aber auch die Käufer profitieren von dem Geschäft. Nicht nur, weil sie weniger für Lizenzen auf den Tisch legen müssen. Viele Unternehmen sind noch aus einem ganz anderem Grund auf gebrauchte Software angewiesen. Da von den Herstellern viele Systeme nicht mehr angeboten werden, müssten Anwender wie besonders im Handel auf neue Lösungen migrieren. Mit der gebrauchten Software bleibt ihnen das erspart.

Die Software-Hersteller spielen mittlerweile bei der Weitergabe von Software-Lizenzen mit. Es bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig, wollen sie nicht gegen Gesetze und Rechtsprechung verstoßen. Allerdings packen einige von ihnen Vorgaben in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei denen es mehr als fraglich ist, ob sie überhaupt rechtswirksam sind.

In einem offiziellen Statement von SAP heißt es: "Um die Qualität und Zuverlässigkeit der Software sicher zu stellen, hat SAP als Urheber ein besonderes Interesse, Einfluss auf die Weitergabe der von ihr entwickelten Software nehmen zu können." Weiter schreibt der Hersteller: "Unternehmen, die in Betracht ziehen, auf dem freien Markt angebotene SAP-Software-Lizenzen zu erwerben, sollten sich in jedem Fall vergewissern, dass die in den AGBs genannten Voraussetzungen vorliegen… ."

Grundsätzlich sieht SAP kaum Potenzial für einen Markt mit Gebraucht-Lizenzen in Deutschland. Es gäbe zwar immer mal wieder Einzelfälle, bei denen ein Kunde SAP-Lizenzen verkaufen will. In diesen Fällen sei SAP bestrebt, im Dialog mit dem Kunden einen für alle Seiten akzeptablen Weg zu finden.

Um ein solches Geschäfte sauber abzuwickeln, sollte der CIO einige Parameter beachten. Oppermann hat eine Checkliste für Anwender erstellt, die Software-Lizenzen verkaufen wollen:

Unternehmensstrategie mit einbeziehen

"CIOs müssen ermitteln, wie die Unternehmensstrategie mittelfristig aussieht", sagt Oppermann. Das heißt, welche Entwicklung wird es beim Personal und damit beim tatsächlichen Nutzungsgrad der Software geben. Wer heute zu viel verscherbelt, dem können schon morgen Lizenzen fehlen.

Auswirkungen prüfen

CIOs sollten auf jeden Fall ihre Rahmenverträge kontrollieren. Geringere Lizenzvolumen können zum Ausschluss aus Bonus- oder Leistungsprogrammen führen. Außerdem sind ältere Software-Generationen häufig Voraussetzungen für Upgrade-Pfade. Entsprechende Rechte müssen unbedingt überprüft werden.

Art und Umfang des Verkaufsprozesses

Ist die Strategie klar und keine negativen Auswirkungen zu befürchten, können Ankaufsangebote von verschiedenen Anbietern eingeholt werden. Dabei sind Vereinbarungen über Art und Umfang des Kapitalflusses ebenso wichtig, wie der absolute Betrag, der für die überzähligen Lizenzen gezahlt wird.

Vollständige Entfernung der Software

Eine vollständige Entfernung der Software aus bestehenden IT-Systemen ist eine Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Übertragung der Lizenzen. Anwender sollten alle mit der Basislizenz verbundenen Bestandteile deinstallieren. Wer diesen Prozess außerdem noch dokumentiert, steht auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Rechtliche Bedingungen

Für den geplanten Verkauf müssen die rechtlichen Hemmnisse wie Lizenz- und Kaufbedingungen geprüft werden. Gegebenenfalls sollte der Hersteller kontaktiert werden. Kontroverse Aussagen können mit dem Händler der angebotenen Software besprochen werden.

Nicht nur die Unternehmen, die ihre Software loswerden wollen, müssen sich an gewisse Spielregeln halten. Das gleiche gilt für Anwender, die gebrauchte Lizenzen kaufen wollen:

Nur vollständige und legale Lizenzen erwerben

"CIOs müssen darauf achten, nur vollständige Lizenzen zu erwerben", warnt Oppermann. Software-Lizenzen setzen sich häufig aus mehreren physikalischen Bestandteilen zusammen. Zum Datenträger gehören nicht selten auch Verpackung und Handbuch zur Lizenz beziehungsweise verschiedene Urkunden, Dongles oder Lizenznummern.

Rechtsanwalt Thomas Feil: "Die Hersteller schüren Unsicherheit bei Anwendern."

Welche Bestandteile die jeweilige Software-Lizenz enthält, ist bei den Software-Häusern zu erfahren. Außerdem sollte die Echtheit vom Händler nachgewiesen werden. Die Authentizität kann auch über standardisierte Web-Dienste des Herstellers überprüft werden.

Support- und Wartungskosten

Auf jeden Fall sollte man sich über verfügbare oder benötigte Support- und Service-Leistungen informieren. Dabei sind insbesondere TCO-Betrachtungen hilfreich. Müssen Wartungsgebühren nachgezahlt werden, reduzieren sich die wirtschaftlichen Vorteile erheblich.

Übertragung der Lizenzen

Käufer von gebrauchter Software müssen darauf achten, dass die Lizenzübertragung auch seitens des originären Herstellers bestätigt wird. Andernfalls sollten vergleichbare Unterlagen verlangt werden.

Rechtssicherheit

Auch als Käufer sollte der CIO vor Abwicklung des Geschäfts mit dem Produzenten der Software kommunizieren und sich informieren. Abweichende Aussagen sollten mit dem Anbieter der Gebraucht-Software diskutiert werden. Besonders beachtet werden sollten die Anforderungen der Compliance oder Regelungen im Rahmen der Corporate Governance-Strategie.

Bei den Unternehmen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, ist ein Umdenken zu erkennen. "Heute fragen sie vor allem nach der Wirtschaftlichkeit von Projekten mit Gebraucht-Software, früher ging es vorwiegend um rechtliche Fragen" berichtet Oppermann. Doch eine Unsicherheit, wie das denn nun rechtlich ist beim Kauf von Lizenzen, besteht immer noch bei vielen Unternehmen. "Diese Unsicherheit im Vorfeld eines solchen Projekts wird auch weiter gezielt von den Software-Herstellern geschürt", sagt Rechtsanwalt Thomas Feil.

Verschiedene Voraussetzungen beim Software-Verkauf

"Bedenken sind aber immer dann überflüssig, wenn Einzellizenzen gekauft werden sollen", sagt Feil. Allerdings sollte immer danach gefragt werden, ob die Lizenz nur zeitlich begrenzt vom Software-Hersteller zur Verfügung gestellt wurde. Eine solche Mietlizenz ist unveräußerlich.

Schwieriger wird es beim Kauf von Unternehmenslizenzen, vor allem wenn diese genau auf ein bestimmtes Unternehmen zugeschnitten sind. "Das bedeutet aber nicht, dass bei Einzelfallbetrachtung eine solche Übertragung völlig unmöglich ist", gibt Feil Entwarnung. Hier bedarf es aber einer genauen Kenntnis der Rechtslage und der einschlägigen Lizenzbedingungen.

Umstritten ist dagegen bisher, welche Anzahl von Lizenzen weiterverkauft werden kann, wenn eine Unternehmenslizenz mit unbeschränkter Nutzerzahl erteilt wurde. Nach herrschender Meinung wird hier aber die Möglichkeit zur Anpassung der Lizenzanzahl beim Verkauf nicht mit übertragen.

Im Terminal-Betrieb verwendete Mehrplatzlizenzen können wenig problematisch mit der Master-Kopie und den darin verkörperten Nutzeranzahlberechtigungen als Gebraucht-Software gekauft werden. Aber auch hier muss sichergestellt werden, dass die Master-Kopie vom Terminal-Server des Verkäufers gelöscht wurde, bevor sie auf dem Server des Käufers aufgespielt wird.

Wirtschaftlichkeit vor Risiko

"Der Erwerb von gebrauchter Software ist in vielen Punkten wenig problematisch", resümiert Rechtsanwalt Feil. Seiner Meinung nach sollten die hohen Einsparpotenziale dazu ermutigen, trotz vermeintlicher Hindernisse den wirtschaftlichen Weg zu wählen. Das Risiko für die Unternehmen ist nach einer genauen rechtlichen Überprüfung niedrig.