Ergo Versicherungen

Wie Ergo-CIO Krause die IT modernisiert

14.06.2021 von Wolfgang Herrmann
Ergo-CIO Mario Krause schafft den Spagat zwischen Legacy-Modernisierung und digitalen Transformationsprojekten.
Mario Krause, CIO von Ergo Deutschland: "Wir möchten alle Vertriebskanäle gleich behandeln und für den Kunden transparent nutzbar machen."
Foto: Ergo Deutschland

"Ich sehe mich nicht als obersten Technologiehüter", sagt Mario Krause, CIO von Ergo Deutschland und Geschäftsführer des konzerneigenen IT-Dienstleisters Itergo. "Meine Aufgabe ist es, Business-Anforderungen von Ergo Deutschland und IT-architektonische Notwendigkeiten auszubalancieren." Dieses Rollenverständnis hilft dem Diplom-Ingenieur in den großen Transformationsprojekten, die der Versicherer verfolgt.

Im Rahmen des "Ergo-Strategieprogramms" arbeitet das Unternehmen an mehreren digitalen Initiativen gleichzeitig. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat der zur Munich Re gehörende Versicherungskonzern rund 400 Millionen Euro in Digitalisierung investiert. Dabei geht es vor allem um Innovations-, Migrations- und Vertriebsprojekte. Die Hälfte der Investitionssumme floss in die IT.

Zu den wichtigsten Vorhaben gehörte der "hybride Kunde". Ergo hat damit in Deutschland die unterschiedlichen Vertriebskanäle integriert und eine einheitliche Sicht auf die diversen Produkte geschaffen. "Wir möchten alle Vertriebskanäle gleich behandeln und für den Kunden transparent nutzbar machen", erläutert Krause das Konzept. Kunden sollen Versicherungsprodukte über sämtliche Kanäle immer zu den gleichen Konditionen bekommen können, unabhängig davon, ob sie sich auf der Website bedienen oder etwa Verträge mit Versicherungsagenten oder Maklern schließen.

Vertriebskanäle integrieren

Viele Versicherer trennen derzeit das klassische vom Online-Geschäft, um im digitalen Vertrieb mehr Gas zu geben und so die Vertriebskosten zu senken. So entstand beispielsweise der Online-Versicherer HUK24 der HUK-Coburg. Krause: "Beim Online-Vermarkter gibt es dann aber oft andere Produkte als im klassischen Geschäft. Genau das wollen wir nicht." Die Frontend-Systeme der Ergo seien mittlerweile so gestaltet, dass Kunden und Vermittler gleichermaßen eine einheitliche Sicht auf alle Produkte hätten. Daraus ergäben sich Möglichkeiten, die Kundenbeziehungen zu erweitern, also Cross-Selling- und Upselling-Potenziale, die mit unterschiedlichen Vertriebsstrategien in den Kanälen kaum zu erschließen wären.

Krause nennt als Beispiel eine Zahnversicherung, die man Neukunden zu attraktiven Konditionen anbieten könne. Ist der Kunde durch solch ein Einstiegsprodukt gewonnen, könne man ihn danach auch auf weitere margenstarke Produkte aufmerksam machen. Krause: "Unsere Conversion-Rate für solche Maßnahmen liegt deutlich über dem Branchendurchschnitt."

Die Unternehmens- und IT-Fakten der Ergo Group.
Foto: cio.de

Aus IT-Sicht birgt der "hybride Kunde" einige Herausforderungen. Um schnell zu sein und attraktive Benutzeroberflächen für die Anwender zu bauen, packte die Ergo im ersten Schritt viel Business-Logik in die Frontend-Systeme. Doch das hat auch Nachteile. Wenn Versicherungstarife etwa im Frontend "hart" verdrahtet sind, ist der Anpassungsaufwand bei Tarifänderungen hoch. Krause will deshalb in einem zweiten Schritt die Vertriebskanäle nicht nur aus Kundensicht, sondern auch im Backend zusammenführen. Dazu arbeitet die IT an einer Integrationsschicht, eine Art Multichannel Layer in Form einer Middleware, die die Produkte mit den unterschiedlichen Vertriebskanälen verknüpft.

IT-Modernisierung im Backend

Ein anderes Kernprojekt in Sachen IT-Modernisierung für Deutschland dreht sich um die Systeme für Lebensversicherungen. Die Ergo nimmt dabei eine Trennung in Altverträge und neue Produkte vor. Das klassische Geschäft mit Lebensversicherungen stammt noch aus der Hochzinsphase mit entsprechend attraktiven Konditionen für Kunden, erklärt Krause die Hintergründe. Angesichts der mittlerweile wesentlich niedrigeren Zinsen schließt die Ergo, wie viele andere Ver­sicherer auch, keine Neuverträge mehr für die be­stehenden Produkte ab. Stattdessen stellt sie ein komplett neues Lebensversicherungsgeschäft mit anderen Produkten und Tarifen auf die Beine.

Die Top-CIOs der Versicherungsbranche
INTER Versicherungsgruppe
Roberto Svenda ist seit 1. Juli 2023 Vorstandssprecher der INTER Versicherungsgruppe und zuständig für das IT-Ressort.
AachenMünchener
Seit Juni 2014 verantwortet Helmut Gaul die Ressorts Betrieb und IT im Vorstand der AachenMünchener. Er kennt das Haus: schon 1984, kurz nach Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums an der Fachhochschule Köln, kam er zu der Aachener Versicherung. Dazwischen lag lediglich ein Jahr im Außendienst der Colonia Versicherung.
Talanx
Jens Warkentin ist seit Januar 2023 Talanx-CIO. Der Talanx-Finanzvorstand übernahm die Aufgaben von Christopher Lohmann.
ERGO Deutschland
Mario Krause ist seit Anfang 2019 CIO der deutschen IT-Einheiten von ERGO und Vorsitzender der Geschäftsführung der ERGO-IT-Tochter Itergo. Er war zuvor im Vorstand des Versicherungskonzerns Talanx AG in Hannover für IT zuständig und zugleich Vorstandsvorsitzender des IT-Dienstleisters Talanx Systeme.
Helvetia Deutschland
Seit August 2020 ist Andrea Sturmfels als CIO für das Ressort Informatik von Helvetia Deutschland verantwortlich.
ERGO Global
Tomasz Smaczny ist seit Anfang 2019 Vorstandsvorsitzender der Ergo Technology & Services Management und Global CIO für die gesamte IT bei Ergo. Smaczny ist zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der IT-Tochter Itergo.
Allianz SE
Seit 1. November 2023 hat der Versicherungskonzern Allianz mit Olav Spiegel einen neuen Group Chief Information Officer an Bord. Er folgt auf Ralf Schneider.
AXA Deutschland
Der neue IT-Chef der AXA Deutschland kommt aus den eigenen Reihen. Achim Dahlbokum agiert ab September 2023 als CIO des Versicherers. Der bisherige CIO der AXA Versicherung in Deutschland, Stefan Lemke, verlässt das Unternehmen zum 31. August 2023.
Wüstenrot & Württembergische
Seit Juli 2012 ist Jens Wieland IT-Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG. Gleichzeitig gehört er der Geschäftsführung der W&W Informatik GmbH an, der IT-Tochter der Versicherungsgruppe. Zuvor war Wieland fünf Jahre lang im Vorstand der AXA für das IT-Ressort zuständig.
Zurich Gruppe Deutschland
Seit Januar 2021 ist Jens Becker Head of IT der Zurich Gruppe Deutschland. Er folgte auf Dorothée Appel.
Signal Iduna
Stefan Lemke, CIO von Axa Deutschland, wechselt zum 1. Januar 2024 als IT-Vorstand zur Signal Iduna Gruppe
Debeka
Die Debeka hat eine neue IT-Vorständin. Laura Müller steigt intern auf und folgt auf Roland Weber, der das Unternehmen verlässt.
Alte Leipziger
Seit Januar 2018 ist Udo Wilcsek stellvertretendes Vorstandsmitglied im Alte Leipziger – Hallesche Konzern und für die IT zuständig. Davor war er – seit 2014 – Leiter des konzernweiten Zentralbereichs Betriebsorganisation.
VHV Versicherung
Seit Januar 2022 ist Arndt Bickhoff Generalbevollmächtigter für den Bereich IT bei der VHV Holding.
Sparkassen Versicherung
Der promovierte Mathematiker Thorsten Wittmann übernahm im Januar 2016 die Leitung des Ressorts Leben und IT der SV Sparkassen Versicherung (SV). Dazu gehört auch die IT-Tochter SV Informatik.
Hannover Rück
Jürgen Stoffel ist seit Januar 2013 Managing Director IT/ Group CIO der Hannover Rück SE. Der Diplom-Mathematiker Stoffel war vor seinem Wechsel zur Hannover Rück fünf Monate lang Associate Partner bei IBM IT Management Consulting, arbeitete zwei Jahre lang als Head of Consulting & Projects bei ITERGO und war 13 Jahre beim IT-Beratungsunternehmen Comma Soft AG unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung.
Generali Deutschland
Rainer Sommer übernahm im Mai 2015 als Vorstand der Generali Deutschland Holding die Aufgaben als COO und CIO. Außerdem wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Tochter Generali Deutschland Informatik Services GmbH.
HUK-Coburg
Daniel Thomas hat seit 2016 die Aufgaben Betriebsorganisation und IT von Jörn Sandig übernommen, der Ende 2015 nach Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand ging.
Swiss Life Deutschland
Beim Versicherungsunternehmen Swiss Life Deutschland hat Tobias Herwig zum 1. März 2023 die Position des Chief Technology Officer übernommen.
VPV Versicherungen
Jürgen Reinsch ist seit Juli 2010 CIO der VPV Versicherungen in Stuttgart. Seit Januar 2018 ist er CDO und CIO. Vor seinem Wechsel zu VPV war Reinsch zwölf Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der W&W Gruppe. Davor arbeitete er in zwei Systemhäusern und als freiberuflicher Berater.
Gothaer
Seit Juni 2016 ist Burkhard Oppenberg Geschäftsführer der Gothaer Systems GmbH, dem IT-Dienstleister im Gothaer Konzern, und CIO des Gothaer Konzerns. Er trat die Nachfolge von Volkmar Weckesser an.
R+V Holding
Mitte Juni 2018 ist Tillmann Lukosch in den R+V-Holdingvorstand berufen worden. Er übernahm die Verantwortung für das Zentralressort Informationssysteme sowie für die digitale Transformation. Lukosch ist Nachfolger von Peter Weiler, der in den Ruhestand ging.
Munich Re
Robin Johnson übernahm im April 2017 in Nachfolge von Rainer Janßen die Leitung des Zentralbereichs Information Technology bei der Munich Re. Johnson war vor seinem Wechsel zu Maersk von 2008 bis 2012 Global CIO beim US-Computerhersteller Dell.
LVM
Marcus Loskant ist seit dem 1. Juli 2019 Mitglied des Vorstands der LVM Versicherung und verantwortlich für das IT Ressort. Dieses beinhaltet die Vorstandsmandate der LVM a.G., LVM Kranken, LVM Leben und LVM Pension - also aller LVM Versicherungen. Zuvor war er Generalbevollmächtiger für das IT-Ressort der LVM Versicherung.
Baloise Group
Der promovierte Umweltwissenschaftler Alexander Bockelmann ist seit Februar 2019 Chief IT Officer (CTO) der Schweizer Baloise Group in Basel. Bockelmann kam von der österreichischen Versicherung Uniqua. Nach beruflichen Stationen bei der Boston Consulting Group und bei Versicherungsunternehmen in Deutschland und den USA wurde er 2013 Head of Group IT bei Uniqua. Seit Mitte 2016 war er dort Chief Digital Officer.
Provinzial Rheinland
Patric Fedlmeier ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns Provinzial Rheinland. Er ist seit 2009 im Vorstand, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender für die Ressorts Vertrieb und IT zuständig. Diese Aufgaben behält er.
Mobiliar
Thomas Kühne ist seit Januar 2019 Leiter IT und Mitglied der Geschäftsleitung beim Allversicherer Mobiliar in Bern in der Schweiz. Er war davor IT-Leiter bei Zurich Deutschland. Der Informatiker hatte diese Aufgabe im Dezember 2017 übernommen. Zuvor verantwortete er seit 2016 als Bereichsleiter Enterprise Transformation and Services bei der Zurich Gruppe Deutschland alle Shared Services sowie Betriebsorganisation, Real Estate, Einkauf und das Druckzentrum. Seit 2017 war er zugleich auch COO des Direktversicherers der Gruppe DA Direkt.
Viridium
Martin Setzer ist seit April 2018 CIO und Mitglied des Vorstands der Viridium Gruppe. Setzer war davor bis Mitte 2017 Mitglied des Vorstands und COO der Landesbank Baden-Württemberg. Im Anschluss beriet er Unternehmen im Bereich der Digitalen Transformation und übernahm Mandate in Start-ups der Finanzindustrie (Fintechs).
HDI Global SE
Die IT und den Bereich Operations im Vorstand der HDI Global SE führt seit Juli 2018 Thomas Kuhnt. Kuhnt kam von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
HDI Lebensversicherungs AG
Zum 1. März 2021 wechselte Dirk Böhme vom IT-Beratungshaus Silbury in den Vorstand der HDI Lebensversicherungs AG. Zugleich wird er Vorstandsmitglied der HDI Systeme AG, dem IT-Dienstleister der Talanx-Gruppe.
Zurich
Seit Frühjahr 2012 verantwortet Claudia Dill als COO (Chief Operation Officer) die IT der Sparte General Insurance beim Schweizer Konzern Zurich. Sie berichtet an Kristof Terryn, den obersten IT-Entscheider des Konzerns.
BayDit AG
Die Versicherungsgruppe die Bayerische bündelt seit Januar 2019 in der "die Bayerische Digital AG" (BayDit AG) ihre digitalen Aktivitäten. Das Unternehmen wird von einer Doppelspitze geführt: Der Vorstand besteht aus Michael Brand (l.) und Thomas Wolf. Michael Brand ist Diplom-Informatiker mit Schwerpunkt Software-Engineering und seit 1990 in der Versicherungs-IT tätig. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Bayerischen IT GmbH. Thomas Wolf, Diplom-Ingenieur Elektrotechnik, war von 2002 bis Oktober 2018 Vorstand der iS2 Intelligent Solution Services AG.
Süddeutsche Krankenversicherung (SDK)
Ralf Oestereich wurde im April 2019 IT-Vorstand der Süddeutsche Krankenversicherung a. G (SDK). Er ist als Vorstand für Informationstechnik für die Bereiche IT-Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb sowie die Betriebsorganisation zuständig.

Das Mainframe-basierte Kernsystem für bestehende Lebensversicherungen wird zusammen mit dem Partner IBM auf "msg.Life Factory" migriert. Dabei handelt es sich um eine Standardsoftware für die Bestandsführung von Lebensversicherern, die auf einer serviceorientierten Architektur und JEE-Technologie basiert (JEE = Java Enterprise Edition). Für die Ergo-IT bedeutet das: Es geht nur noch um die Abwicklung der Altverträge. Bei solchen "Run-off-Systemen" sei es entscheidend, die Betriebskosten mit einer schlanken Lösung niedrig zu halten, erläutert Krause. Das neue Geschäft mit Lebensversicherungen führt künftig eine eigene Gesellschaft. IT-seitig nutzt die Ergo dafür eine eigene Instanz von msg.Life Factory.

Die Modernisierung der Altsysteme ist auch für einen Konzern wie die Ergo Group ein dicker Brocken. Immerhin werden dort zirka vier Millionen Versicherungsverträge verwaltet. Laut Krause geht es um Millionen Lines of Code in verschiedenen Programmiersprachen. Die Ergo habe es also keineswegs nur mit klassischen Cobol-Anwendungen zu tun, für die es spezialisierte Dienstleister im Markt gibt. Hinzu kommt, dass die Komplexität in den Backend-Systemen durch diverse Fusionen, unter anderem der Hamburg-Mannheimer und der Karstadt-Quelle-Versicherungen, zugenommen hat.

Mit dem abgetrennten System für das "neue" Lebensversicherungsgeschäft geht die Ergo auch in der IT andere Wege. Das in der Standardsoftware abgebildete System soll viel enger mit anderen Ergo-Geschäftsbereichen und -Strukturen integriert sein. Das betrifft beispielsweise die Anbindung an unterschiedliche Maklersysteme, die für den Markterfolg entscheidend sind.

Digitalprojekte in der Pipeline

Auf der To-do-Liste stehen noch weitere Großprojekte. Mit der "Zukunftsarchitektur Vertrieb" (ZAV) entsteht ein einheitliches und automatisiertes Vergütungssystem. Es soll eine effektivere Vertriebssteuerung und eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen ermöglichen. Darüber hinaus will die Ergo sämtliche Prozesse im Versicherungsumfeld und der Schadensabwicklung Ende-zu-Ende digitalisieren.

IT-Governance

Krause hat in der komplexen Konzernstruktur gleich mehrere Hüte auf und sieht sich damit gut positioniert, Business- und IT-Anforderungen in Einklang zu bringen. Als CIO Germany sitzt er im Vorstand der deutschen Gesellschaft. Zugleich ist er Vorsitzender der Geschäftsführung des internen IT-Dienstleisters Itergo. Dieser wiederum gehört zur internationalen Holdinggesellschaft Ergo Technology & Services Management (ET&SM). Krause sitzt auch hier im Vorstand und kann die deutschen Interessen einfließen lassen: "Ergo Deutschland steht für einen Großteil des Ergo-Versicherungsgeschäfts", betont er. "Insofern hat die Versicherungs-IT für Deutschland einen sehr hohen Stellenwert."

Innovationen und Digital Ventures

Innovationen entstehen im Ergo-Konzern grundsätzlich auf drei Wegen: entweder in den einzelnen Sparten, wenn es etwa um neue Versicherungsprodukte geht, in den Technologieeinheiten oder in der Gesellschaft Ergo Digital Ventures. Sie agiert als "technologische Innovationsschmiede", sagt Krause, und solle neue Technologien wie Robotics und künstliche Intelligenz (KI) ins Unternehmen tragen. Ihre Aufgabe sei es auch, einen gewissen "Innovationsdruck" aufzubauen. Ein Beispiel ist der KI-Einsatz in der Leistungsabrechnung für Krankenversicherer. Dabei geht es etwa darum, Verdachtsfälle für nicht korrekte Abrechnungen aus dem Datenbestand herauszufiltern. "Ein Algorithmus kann so etwas deutlich besser als ein Mensch", so Krause.

Unter dem Dach von Digital Ventures entstand auch das Konzept für den digitalen Versicherer Nexible. Das Unternehmen positioniert sich als "Insurtech", das an der digitalen Zukunft der Versicherung arbeite. Nexible ist mittlerweile mit verschiedenen digitalen Versicherungsprodukten am Markt und agiert als Tochter von Digital Ventures.

New Work und Corona-Effekt

Zur digitalen Transformation der Ergo gehören auch agile Methoden und ein New-Work-Konzept mit neuen Kollaborationsmodellen, die für die verschiedenen Einheiten der Ergo Technology & Services Management entwickelt werden. Die Covid-19-Pandemie habe diese Entwicklung deutlich beschleunigt, berichtet Krause: "Vor Corona war Home-Office eher die Ausnahme." Nach dem Ausbruch des Virus habe man "brutal schnell umgeschwenkt" und fast alle Mitarbeiter nach Hause geschickt. Zum Zeitpunkt des Interviews mit Krause Ende April 2021 durften Mitarbeiter nur in dringenden Fällen ins Büro kommen.

Auch nach der Pandemie wolle man Führungskräfte "motivieren", den Mitarbeitern mobiles Arbeiten anzubieten, so der CIO. Dennoch sieht er auch die Schattenseiten der Arbeit im heimischen Büro: "Der permanente Fokus am Bildschirm macht Mitarbeiter müde, wir fühlen alle mehr Stress." Ein noch konsequenterer Home-Office-Kurs würde aus seiner Sicht zu viele Nachteile bringen: "Es gibt häufiger Kommunikationsprobleme, und es ist schwieriger, zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen, wenn Gestik und Mimik der Kollegen nicht erkennbar sind." Am Ende komme es auf die richtige Mischung aus physischer und virtueller Präsenz an.

Agile Transformation

In der IT-Organisation setzt der CIO sukzessive auf agile Methoden, die auch in der Ergo Technology & Services Management Holding international eingeführt werden. Davon betroffen ist auch das Mainframe-Umfeld, in dem noch nach dem klassischen Wasserfallmodell gearbeitet wird. Diese Entwicklung brauche aber Zeit, so Krause: "Wir sind nicht Spotify und können nicht auf der grünen Wiese anfangen, agile Teams aufzustellen." Die Ergo-IT entwickle die eigenen Standards auf Basis des agilen Frameworks entlang der Bedarfssituationen permanent weiter.

Mit agilen Methoden funktioniere vieles anders als in traditionellen Strukturen, erläutert der CIO. Das betreffe etwa die Budgetierung von IT-Vorhaben, für die es gerade in einem Versicherungskonzern etliche Regularien und Vorgaben gebe. Dennoch sei der Weg der agilen Transformation für die Ergo unabdingbar. Krause: "Am Ende geht es um Schnelligkeit und Flexibilität. Ohne agile Methoden könnten wir niemals die notwendige Geschwindigkeit aufnehmen."