Henning Stams: vom CIO zum CEO

"Wie hast du das denn gemacht?"

17.02.2016 von Johannes Klostermeier
Henning Stams hat es geschafft. Der CIO wurde jetzt CEO von Almatis. Ein Patentrezept für den Aufstieg kennt er zwar nicht, hat aber einige Empfehlungen für Kollegen parat.
Hennings Stams, wurde Ende 2015 als CIO zum CEO von Almatis berufen.
Foto: Almatis

Henning Stams (53) ist seit Dezember 2015 neuer CEO beim Aluminiumoxidhersteller Almatis mit Hauptbüro in Frankfurt. "Das ist kein ganz normaler Vorgang", findet auch Stams. Denn dass ein CIO zum CEO ernannt wird, passiert noch nicht allzu oft in Deutschland. Sein Vorgänger Taco Gerbranda war aus Altersgründen ausgeschieden, berät das Unternehmen aber weiterhin.

Viele Gratulanten und kein Neid

Nach Stams Ernennung gab es viele Gratulanten und keinen Neid. "Viele wollten von mir wissen, wie hast du das denn gemacht?", berichtet er. Für ihn ist es ein aber eigentlich ein ganz logischer Vorgang. Und auch wenn er kein Patentrezept für den Aufstieg kennt, das er seinen Kollegen verraten könnte, so hat er doch einige Empfehlungen für die daran interessierten Kollegen.

"Ein CIO sollte sich vor allem sehr intensiv um die Prozesse kümmern", sagt er. Stams war schon immer auf alle Dinge neugierig, auch über den IT-Tellerrand hinaus. Sowieso wird ja fast überall die IT zum Kern des Business erfolgreicher Unternehmen. Strategisch zu denken, nicht nur Enabler zu sein, sondern kreativer Gestalter, das sei besonders wichtig, sagt Stams.

Herauslösung der Alcoa-IT begleitet

Der Almatis-CEO stieg 2004 als CIO beim Tonerdehersteller ein. Er sollte vor allem die Herauslösung der IT des Spin-Offs der ehemaligen Aluminium-Chemiesparte des Alcoa-Konzerns begleiten. Für zwei Jahre war Stams dann 2006 Manager der europäischen IT-Services bei Alcoa. 2008 wurde er Vice President bei Almatis, zuständig für die Supply Chain und die IT, und arbeitete sich immer tiefer in alle Business-Bereiche ein.

"Meine Ausbildung zum zertifizierten Mitglied im Aufsichtsrat und im Beirat - über die Board Academy und vom TÜV Süd geprüft - war sicherlich nicht hinderlich", gibt Stams noch einen Hinweis unter Kollegen. Dadurch habe sich sein Blick auf Finanz- und Steuerthemen geschärft. In den Jahren beim "CIO-Circle" und später bei der CIO-Anwendervereinigung Voice e.V. habe er viel gelernt. Die Zeit habe ihm dabei geholfen, den Horizont zu erweitern. Seitdem wisse er, wie es gelingt, Themen ins Unternehmen und seine Entwicklung einzubringen.

Türkischer Pensionsfonds Oyak übernahm von DIC

Dazu kam allerdings auch der Kollege Zufall: 2010 wäre das Unternehmen fast zusammengebrochen; der ursprüngliche Mehrheitsaktionär Dubai International Capital (DIC) hatte kein Glück mit seinem Investment. Durch eine Chapter-11 Restrukturierung wurden weitere Banken und Investoren gefunden, die Almatis Ende August 2015 an den türkischen Pensionsfonds Oyak verkauften. "Sie haben ein langfristiges Interesse und schielen nicht auf einen schnellen Exit", sagt Stams.

Wer wird CEO?
Wie wird man CEO?
Wenn ein CIO ins Business will, sollte er einige CEO-Eigenschaften mitbringen. Denn die Unternehmenschefs Deutschland haben einiges gemeinsam.
Gerüstet für den Wettlauf
Das zeigt eine Datenanalyse rund um die Führungsriege börsennotierter Unternehmen in Deutschland und der Schweiz, die das Unternehmen Qlik mittels einer App durchgeführt hat. Um CEO zu werden, braucht es – im Schnitt – einige Grundzutaten.
Entscheidendes Studium
Die meisten CEOs haben Wirtschaftswissenschaften oder Jura studiert - und nur einer Informatik. Doch nicht nur das Studienfach, sondern auch ...
München
... der Studienort ist entscheidend. Die meisten CEOs haben entweder in München...
Hamburg oder ...
Köln
in Köln studiert. Und nicht nur das: Beinahe die Hälfte der CEOs...
Ab ins Ausland
... hat einen Auslandaufenthalt hinter sich. Wer es nicht im Studium schafft, kann dies ja während des Arbeitslebens nachholen.
Keine Angst vor der Kündigung
Wer CEO werden will, braucht außerdem gute Nerven: Zwischen ein und fünf Jahren bleibt er Vorstandschef, dann wechselt er die Firma.
Männer bevorzugt
Wer CEO werden will, sollte keine Frau sein: Nur zwei Prozent der CEOs in Deutschland sind weiblich. Die Herren bleiben vorerst unter sich.
Jüngere können sich Zeit lassen
Die Männer sind überdies meist nicht mehr ganz so jung: Der CEO ist im Schnitt 55 Jahre alt.
Entscheidendes Studium
Die meisten CEOs haben Wirtschaftswissenschaften oder Jura studiert - und nur einer Informatik. Doch nicht nur das Studienfach, sondern auch ...

Oyak besitzt inzwischen ein weltweites Industrie-Konglomerat mit rund 28.000 Mitarbeitern und ist in der Türkei der größte Stahlproduzent. Die neuen Eigentümer machten Stams zum Chef, nachdem er den Verkaufsprozess aktiv begleitet hatte.

Feuerfeste Auskleidungen für Anlagen und Öfen

Die Erzeugnisse des Spezialchemieherstellers findet man in feuerfesten Auskleidungen von Anlagen und Öfen, wegen der sehr guten Isoliereigenschaften auch in Zündkerzen und Hochspannungsisolatoren, aber auch in Katalysatorträgern, sogar in Autopolitur oder in Polituren für Töpfe und Pfannen - bis hin zur Zahnpasta.

Die Top CIOs der Chemie- und Pharma-Branche
Markus Schümmelfeder
Seit April 2018 ist Markus Schümmelfeder neuer CIO des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Er war zuvor Corporate Vice President IT im Unternehmen. Schümmelfeder berichtet an seinen Vorgänger im CIO-Amt, den CFO Michael Schmelmer.
Martin Richtberg
Seit 1. Januar 2022 bekleidet Martin Richtberg die Position des Senior Vice President Information Technology, CIO und CDO von Wacker Chemie. Zuletzt war er dort Leiter des globalen Project-Engineering.
Annette Hamann
Annette Hamann ist seit 2020 CIO bei der Hamburger Beiersdorf AG. Ihre Vorgängerin Barbara Saunier ist im Ruhestand.
Dirk Ramhorst
Seit dem 1. Mai 2022 ist Dirk Ramhorst, ehemaliger IT-Chef von Wacker Chemie, CIO beim Spezialchemiekonzern Evonik. Seine Vorgängerin Bettina Uhlich ging in den Vorruhestand.
Michael Nilles
Henkel hat Michael Nilles am 1. Oktober 2019 zum Chief Digital & Information Officer (CDIO) ernannt. Er berichtet direkt an Carsten Knobel, CEO von Henkel. In seiner Position ist Nilles für die Bereiche Digital, IT, Geschäftsprozessmanagement und Corporate Venture Capital verantwortlich.
Abel Archundia-Pineda
Abel Archundia-Pineda ist seit Mai 2017 Head of IT Business Partnering Pharmaceuticals bei Bayer im Geschäftsbereich Pharma bei Bayer. Zuvor war er Head of IT for Novartis Technical Operations and Global CIO der Sandoz Division, Novartis AG.
Michael Jud
Michael Jud ist seit April 2017 Leiter IT beim Pharmahersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH in Heppenheim im südlichen Hessen. Jud kommt vom Anlagenbauer Schenck Process in Darmstadt. Er berichtet bei seinem Arbeitgeber an den kaufmännischen Geschäftsführer. Neben dem Fokus-Thema IT-Sicherheit baut der gelernte Diplom Ingenieur SAP weiter aus und unterstützt das internationale Wachstum von InfectoPharm.
Alessandro de Luca
Alessandro de Luca war bisher Interims-Group CIO beim Pharmakonzern Merck. Der Konzern hat sich entschieden, de Luca dauerhaft in dieser Position zu beschäftigen.
Hermann Schuster
Seit 1. September 2021 ist Hermann Schuster Head of Information Technology bei der Lanxess AG. Er folgt auf Kai Finke. In seiner neuen Position will Schuster im Chemiekonzern ein Konzept für den Modern Workplace umsetzen und sich auf Cybersicherheit konzentrieren. Daneben steht der Rollout eines SAP S/4 Hana-Templates auf seiner Agenda. Schuster berichtet an den Lanxess-Finanzvorstand Michael Pontzen.
Bijoy Sagar
Bijoy Sagar ist ab Juni 2020 neuer Leiter IT und Digitale Transformation der Bayer AG. Er löst den bisherigen CIO und CEO der IT-Tochter Bayer Business Services (BBS) ab, der seine Konzernkarriere beendet. Die BBS wird aufgelöst. Sagar soll die Digitalisierung des Pharmakonzerns vorantreiben und die begonnene Neuaufstellung der IT ans Ziel führen. Er berichtet an den Finanzvorstand Wolfgang Nickl.
Martin Wiedenmann
Martin Wiedenmann ist seit Februar 2019 Head of Global IT/CIO der Atotech Group, einem weltweit agierenden Marktführer für Spezialchemie. Zuvor war er war seit Juli 2016 CIO bei Ledvance in München.
Andreas Becker
Andreas Becker ist seit April 2017 Vice President Information Technology/CIO beim Pharmakonzern Daiichi-Sankyo Europe in München. Im Oktober 2014 kam der Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik & EDV als Head of IT Strategy & Service Delivery ins Unternehmen.
Sandeep Sen
Sandeep Sen ist CIO der Linde Group. In dieser Funktion hat er Büros in Singapur und München. Weltweit führt Sen rund 1.100 Mitarbeiter. Er kam 1993 zu Linde Indien (vormals BOC India). Zuvor war er in der IT auf dem Finance-Sektor tätig. Dabei arbeitete er sowohl in Indien als auch in Großbritannien.
Peter Buchmüller
Seit Mitte Juni 2017 ist Peter Buchmüller IT-Leiter der Aenova Group, einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit Sitz in Starnberg bei München. Der genaue Titel lautet: Senior Vice President Corporate IT Aenova Group. Buchmüller wechselte von der Molkerei Meggle in Wasserburg, wo er zuvor als Leiter IT tätig war.
Berthold Kröger
Berthold Kröger hat im Juli 2015 die IT-Verantwortung bei der K+S AG in Kassel übernommen. Der neue Leiter Corporate IT berichtet an den Vorstand Thomas Nöcker. Der promovierte Informatiker hat sein Studium an der Universität-Gesamthochschule Paderborn absolviert. Er arbeitete danach mehr als drei Jahre im Forschungs- und Technologiezentrum der Deutschen Telekom und war später in verschiedenen Positionen bei der Hochtief AG und der Hochtief Solutions AG in Essen beschäftigt.
Alexander Bode
Im Juli 2014 hat Alexander Bode den CIO-Posten beim Farbenhersteller DAW SE angetreten. DAW (Deutsche Amphibolin-Werke) ist vor allem bekannt durch Farbenmarken wie Caparol und Alpina. Bode kommt vom Pharmahändler Celesio, wo er seit 2013 als Global Head of IT Governance tätig war. Davor arbeitete der Wirtschaftsinformatiker viele Jahre bei der Freudenberg-Gruppe, wo er auch seine berufliche Laufbahn 2002 begann. Zuletzt verantwortete er dort von 2008 bis 2013 als Director ERP Europe das SAP Competence Center von Freudenberg Sealing Technologies.
Torsten Müller
Seit November 2018 ist Torsten Müller Head of Information Technology (CIO) beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius AG mit Sitz in Göttingen. Zuvor war er Chief Digital Officer und Chief Information Officer sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Versicherung Helvetia Deutschland in Frankfurt.
Stephan Heinelt
Stephan Heinelt ist seit September 2018 Group CIO beim Spezialchemiekonzern Altana AG mit Sitz in Wesel. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker Heinelt war zuletzt Leiter Service Management Global IT Services bei der Evonik Industries AG in Essen.
Martin Kinnegim
Martijn Kinnegim ist seit März 2019 CIO der STADA Arzneimittel AG mit Sitz im hessischen Bad Vilbel. Kinnegim arbeitete zuvor bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Dort war er als Global CIO tätig und leitete die Integration der Gesellschaften DE Masterblender 1753 und Mondelez International in den weltweit führenden Kaffeekonzern.
Walter Grüner
Walter Grüner ist seit Mai 2019 Head of Information Technology beim Chemie-Unternehmen Covestro in Leverkusen. Zuvor war Grüner seit 2013 als Group CIO bei der KION Group AG tätig, einem Anbieter von Gabelstapler und Lagertechnik.
Tobias Günthör
Der Pharmakonzern Stada hat mit Tobias Günthör seit Anfang April einen neuen IT-Chef. Der Titel des 53-Jährigen lautet CIO/Senior Vice President IT at Stada Group.
Carsten Priebs
Zum 01.01.2024 wurde Carsten Priebs zum Digitalchef der Biesterfeld AG berufen.

1150 Mitarbeiter erreichten 2014 weltweit rund eine halbe Milliarde Dollar Umsatz. Zehn Werke in sechs Ländern gibt es, unter anderem in China, Japan, Indien und den USA. "Wir müssen die Prozesse über die Werke organisieren. Unsere gesamte Wertschöpfungskette, vom Rohstoff über Werk-zu-Werk-Transporte bis zur Auslieferung zum Kunden, dauert oft mehrere Monate. Das alles zusammenzubringen, ist auch eine IT-Herausforderung", sagt Stams.

Unter Innovationsdruck

Momentan kämpft der CEO dagegen an, dass einige der Almatis-Produkte von der Spezial-Chemie in Richtung Commodity gedrückt werden. Die Nachfrage in China sinkt, gleichzeitig gibt es Überkapazitäten, die ausgelastet werden müssen. In Folge dessen geraten die Preise unter Druck. Innovation ist gefragt. Wo kann man den Rohstoff Aluminiumoxid noch überall unterbringen? Mit dem neuen Almatis-CIO pflegt er übrigens ein freundschaftliches Verhältnis. "Ich verstehe ja worum es geht."

Sein Foto allerdings ist nicht mehr ganz aktuell. Stams hat inzwischen fünfzehn Kilo abgenommen. "Ich hatte aber noch keine Zeit, ein neues zu machen", sagt er. CEO zu sein, erfordert eben den ganzen Mann. Es mache ihm aber großen Spaß, und eine andere Aufgabe, die kann er sich inzwischen kaum noch vorstellen.