IT-Projekte blockiert

Woran BYOD und Social Media scheitern

01.02.2013 von Andreas Schaffry
Unternehmen kommen 2013 mit strategisch wichtigen IT-Projekten zu BYOD, Datenqualität und Social Media nicht voran, prognostiziert Marktforscher Saugatuck.
ByoD-Projekte kommen 2013 kaum über den Teststatus hinaus.
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CIOs werden in diesem Jahr viele strategisch bedeutsame und langfristige IT-Projekte bestenfalls als "Work in Progress" betreiben können. Der Grund: Sie müssen kurzfristig angesetzte taktische IT-Vorhaben vorziehen, von denen sich die Business-Seite mehr Agilität und schnellere Reaktionszeiten verspricht.

Diese Ansicht vertritt das US-Beratungshaus Saugatuck Technology in einem aktuellen Marktbericht. Saugatuck-Berater Alex Bakker zeigt am Beispiel der IT-Initiativen für "Bring your own Device" (BYOD), Datenqualität und Social Networks, welche Hindernisse IT-Chefs speziell bei diesen Themen außerdem im Weg stehen.

BYOD zu vielschichtig und komplex

Erstens: Unternehmen, die BYOD-Projekte durchführen, werden 2013 kaum in der Lage sein, diese auch effektiv abzuschließen. IT-Leiter und -Organisationen stehen dabei vor vielfältigen Herausforderungen. Das reicht von den verschiedenen mobilen Betriebssystemen über die "Self-Service-Natur" mobiler Geräte und Apps bis hin zum Übergang vom technischen Mobile Device Management zu einer integrierten Umgebung für mobile Applikationen inklusive Datenmanagement.

Darüber hinaus muss eine BYOD-Strategie dazu führen, dass einerseits die Risiken für den Verlust von Geschäftsdaten, einhergehend mit Geschäftsprozessen, auf einer Vielzahl unterschiedlicher Endgeräte verringert oder eliminiert werden. Gleichzeitig müssen die Maßnahmen so einfach zu implementieren sein, dass Mitarbeiter nicht von zu komplexen Sicherheitsfeatures abgeschreckt werden.

BYOD - CIOs müssen reagieren
Private iPhones und iPads akzeptieren oder aussperren? Über diese Frage zerbrechen sich viele IT-Verantwortliche die Köpfe. Trägt man die Empfehlungen der verschiedenen Analysten zusammen, ergibt sich folgendes Bild:
Tipp 1:
IT-Leiter sollten offen für die Wünsche der Anwender sein. Der Trend zur Consumerisierung lässt sich nicht aufhalten. Nur wer sich darauf einlässt, wird den wachsenden Druck meistern und die Vorteile umsetzen können.
Tipp 2:
Die IT-Organisation sollte eine Strategie ausarbeiten, wie sie ihre Client-Landschaft gestalten will und welche Techniken - etwa Desktop-Virtualisierung - sie dafür benötigt. Wichtig dabei ist auch festzulegen, welche Geräte wozu genutzt werden dürfen.
Tipp 3:
Sicherheit ist ein wichtiges Thema: Doch wer den Gebrauch privater Geräte rigoros zu reglementieren versucht, riskiert im Endeffekt ebenso viele Sicherheitslecks, weil die Devices dann an der IT vorbei ihren Weg ins Unternehmen finden werden.
Tipp 4:
Die Security-Infrastruktur muss in Ordnung sein. Die IT sollte Richtlinien aufstellen, wer auf welche Informationen zugreifen darf. Zudem sollte es Notfallpläne geben, für den Fall, dass Geräte mit sensiblen Daten abhandenkommen.
Tipp 5:
Beweisen Sie Fingerspitzengefühl bei der Definition der Regeln. Wer beispielsweise damit droht, die Geräte in bestimmten Situationen zu beschlagnahmen, treibt die User dazu, die Devices unter dem Radar der IT-Abteilung durchzuschleusen.
Tipp 6:
Angesichts der wachsenden Komplexität rund um neue Endgeräte und Apps empfiehlt Forrester Research, die Verantwortlichkeit für das Management der damit verbundenen Infrastruktur zu bündeln und beispielsweise die Position eines Chief Mobility Officer einzurichten.

Social-Media-Initiativen liefern Firmen noch kaum einen Wertbeitrag und sind nicht in die Kernsysteme integriert.
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Laut Saugatuck werden durch BYOD zwar keine IT-Kosten gesenkt, doch das Engagement der mobilen Nutzer erheblich gesteigert. Schließlich könnten diese mit ihren eigenen, modernen Mobilgeräten arbeiten, statt mit den antiquierten Devices ihres Betriebes.

Datenqualität bleibt ein Ärgernis

Zweitens: Die Qualität von Geschäftsdaten wird sich, trotz eines kurzen wieder aufflammenden Interesses an diesem Thema, auch 2013 nicht signifikant verbessern. Und das, obwohl die IT-Abteilungen in Unternehmen sich verstärkt um die Optimierung von Stammdaten kümmern, die Aktivitäten in Marketing, Business Intelligence (BI) und Big Data unterstützen sollen, und die Softwarehersteller neue Lösungen für das Master Data Management anbieten.

Hauptsächlich werden die Data-Quality-Vorhaben dadurch behindert, dass die Anzahl neuer Datentypen und der Business-User, die mit diesen Daten arbeiten, ständig zunimmt. Dazu zählen Sensor-Daten, unstrukturierte Informationen aus dem Web aber auch Daten aus Steuerungssystemen von Produktionsanlagen. Ebenso steigt die Informationsflut durch eine Vielzahl neuer Datenquellen wie Mobilgeräte, Cloud-Dienste oder Partnernetzwerke. Für Betriebe wird es daher zunehmend schwierig, die extrem ansteigenden Datenmengen in einem Data Warehouse zu sammeln, strukturiert zu speichern und zu verwalten sowie zu analysieren.

Kein Wertbeitrag durch Social Media

Drittens: Auch Social Media wird 2013 noch kein Bestandteil der Kern-IT-Systeme in Unternehmen sein, obwohl die Projekte in den IT-Organisationen vorankommen. Trotz dieser Fortschritte und erfolgreicher Installationen liefern laut Alex Bakker soziale Unternehmensnetzwerke nach einer initialen Erprobungsphase bisher keinen wirklich messbaren Wertbeitrag für das Business.

Außerdem lässt sich deren Return on Investment (RoI) nur schwer kalkulieren. Das gilt insbesondere für Firmen die soziale Netzwerke sehr frühzeitig als "Early Adopters" eingeführt haben. Sobald die Social-Network-Provider für ihre Social-Software-Angebote mehr Programmierschnittstellen (Application Programming Interface, APIs) und vordefinierte Integrationsszenarien in Kern-Applikationen bereitstellen, soll sich dies ändern, meint Alex Bakker.

Der Dauer-Checker
So erkennen Sie ihn: Alle paar Minuten greift die Hand des Dauer-Checkers nach dem Smartphone. Egal, mit wem er gerade spricht oder wo er sich gerade befindet, der Dauer-Checker muss wissen, ob jemand auf seinen Tweet geantwortet hat oder ob seine Freunde sein gerade hochgeladenes Foto auf Facebook mögen. Entzugserscheinungen können auftreten. Die Folgen seiner Sucht: Die Freunde des Dauer-Checkers wollen nicht mehr mit ihm ausgehen. Wer will schon sein Abendessen auf Facebook wiederfinden? Eine gute Unterhaltung mit ihm ist kaum möglich. Außerdem muss man den Dauer-Checker wahrscheinlich noch von zuhause abholen: Weil er hinter dem Steuer sitzend seinen Facebook-Status geändert hat ("Unterwegs ins Kino, yeah!"), hat er leider seinen Führerschein verloren.
Der Benachrichtigungs-Junkie
So erkennen Sie ihn: Alle paar Minuten piepst es aus der Hosentasche oder der Tisch vibriert gleich mit dem Smartphone mit. Der Benachrichtigungs-Junkie will immer sofort wissen, wenn jemand mit ihm digital interagiert und hat sein Telefon deswegen auf laut und nervig gestellt. Die Folgen seiner Sucht: Leider kann sich der Benachrichtigungs-Junkie auf nichts mehr voll konzentrieren. Ständig muss er auf Nachrichten reagieren. "Schatz, rrrrrrm, was ich dir, biep, noch sagen, biep, wollte, rrrrrrm - entschuldige, da muss ich kurz drauf antworten, der Kommentar auf meinen Post ist einfach zu lustig. Schatz?" Biep.
Der Jähzornige
So erkennen Sie ihn: Ein Urschrei hallt durch den Raum: Leider ist LinkedIn kurz nicht erreichbar. Das bringt den Jähzornigen völlig aus dem Lot. Für wenige Minuten kann er nicht sehen, ob ihm nicht jemand zufällig seinen Traumjob angeboten hat. Ganz klar, das Leben des Jähzornigen steht auf Messers Schneide. Die Folgen seiner Sucht: Bluthochdruck, Tinnitus, zerbrochene Kaffeetassen. Der Jährzornige flippt aus - aber nur, wenn eine seiner Seiten gerade nicht laden kann. Dass das nie irgendwelche Konsequenzen hat, merkt er nicht. Der Jährzornige kann sich noch Stunden weiterärgern, obwohl längst alles wieder funktioniert. Die Chance, dass er mit solchen Wutanfällen seine Lebensdauer verkürzt, ist groß. Und dass irgendwann mal ein Smartphone bei einem Wutanfall kaputt geht, darauf muss man nicht lange warten.
Der Blog-Zitierer
So erkennen Sie ihn: "Und, wie geht's deinem Freund?" "Steht in meinem Blog." "Das Wetter ist ja nicht so toll, was meinst du?" "Lies mal meinen Blog, da hab ich was dazu geschrieben." "Kaffee oder Tee?" "Sag mal, du liest wohl meinen Blog überhaupt nicht! Da steht es doch drin." Die Folgen seiner Sucht: Der Blog-Zitierer ist keine Unterhaltung mehr wert. Was in seinem Leben passiert, steht ohnehin alles in seinem Blog. Die Freunde frustiert das zusehends und sie lesen am Ende nicht mal mehr seine Einträge. Die einzige Unterhaltung, die der Blog-Zitierer noch vollständig führt, ist mit seiner Oma, die keinen Internetzugang hat. Die ruft er aber nur alle paar Wochen an. Und erzählt ihr von seinem Blog.
Der Liker
So erkennen Sie ihn: Dem Liker gefällt alles, jedes gepostete Bild, jedes Status-Update und jeder Check-In in einem Restaurant. Aber statt eines Kommentars gibt es nur ein "Gefällt mir". Die Folgen seiner Sucht: Der Liker differenziert nicht. Das Foto des ersten Kindes nach schwieriger Geburt bekommt durch sein "Gefällt mir" die gleiche Aufmerksamkeit wie der Status "Meine Gardinenstange hängt wieder gerade". Aber manche fühlen sich da schon mal durch diese Gleichbehandlung zurückgesetzt. Und mal ehrlich, ein kurzer Kommentar á la "Herzlichen Glückwunsch!" sollte auch dem Liker keinen Zacken aus der Krone brechen. Oder wie wäre es mit einem Anruf? Gefällt der frischgebackenen Mama bestimmt!
Der Einchecker
So erkennen Sie ihn: Der Einchecker ist überall - zumindest, wenn man seinem Foursquare-Konto glaubt. Selbst wenn er nur an einem Restaurant vorbeifährt, checkt er ein. Sonst hält er seinen Status als "Mayor" nicht, den Foursquare an besonders fleißige Besucher vergibt. Die Folgen seiner Sucht: Weil der Einchecker immer nur damit beschäftigt ist, in Lokalen einzuchecken, verliert er irgendwann den Überblick darüber, was in seinem Leben wichtig ist. Außerdem: Wer ständig seinen Standort verrät, der kann auch Einbrecher anlocken. Und die Versicherung zahlt nicht. Aber der Einchecker war wenigstens mal "Mayor" von Starbucks.
Der Geltungssüchtige
So erkennen Sie ihn: Der Geltungssüchtige überprüft ständig, wie hoch sein sozialer Einfluss ist. Wie viele Index-Punkte hat er nun mehr bekommen, wie viele hat er verloren und was muss er tun, um auf der Skala des digitalen Einflusses nach oben zu klettern? Die Folgen seiner Sucht: Wer seinen Hirsch-Index die ganze Zeit überprüfen muss, hat vermutlich keinen. Ein Mensch mit echtem Einfluss will seinen Mitmenschen tatsächlich mehr Nutzen bringen. Dem Geltungssüchtigen ist das nicht klar.
Der Social Guru
So erkennen Sie ihn: Dass Ihr Gegenüber ein Social Guru ist, erkennen Sie sofort. Es steht ja schließlich auf seiner Visitenkarte. Die Folgen seiner Sucht: Wer sich selbst als Social Guru bezeichnet, ist allenfalls peinlich. Finden jedenfalls seine Freunde. Jeder, der sich heute in einem sozialen Netzwerk bewegt, ist ein Social Guru. Und die 85-jährige Großtante macht sich Sorgen, welcher Sekte der Großneffe beigetreten ist.
Der Vokal-Verachter
So erkennen Sie ihn: Der Vokal-Verachter hat einfach keine Zeit, weder für Rechtschreibung, nch fr Vkl. Alle seine Posts, Tweets und sonstige Kommentare kommen allein mit Konsonanten aus. Schließlich will der Vokal-Verachter die 140 Zeichen Platz optimal ausnutzen. Weil Vokale überschätzt sind, geht es auch ohne. Dann ist mehr Platz für die wichtigen Dinge im Post. Seine Freunde und Follower brauchen Stunden, um die kryptischen Benachrichtigungen zu entziffern. Die Folgen seiner Sucht: Eines Tages wird der Vokal-Verachter wahrscheinlich von einem wütenden Duden-Mitarbeiter heimgesucht. Außerdem haben sich seine grauenhaften Schreibgewohnheiten in seinen offiziellen eMail- und Briefverkehr eingeschlichen.
Der Verbinator
So erkennen Sie ihn: Der Verbinator neigt zu Wortneuschöpfungen, die nur ausgebuffte Social Media Junkies verstehen. Vor allem Verben sind seine Leidenschaft: Er tweetet, dass er die instagrammte Flickr-Strecke gepinnt hat. Die Folgen seiner Sucht: Der Verbinator hält sich mit Sätzen wie "Ich reddite das mal" für verdammt cool. Seine Freunde empfinden das leider gar nicht so - sie verstehen ihn ja nicht mal. Seine ganze Credibility, wie der Verbinator sagen würde, ist im Eimer. Dabei hat er doch so hart dafür gearbeitet! Der Verbinator würde gern seine Enttäuschung über so wenig Verständnis instagrammen.