Männer anfälliger

Zwanghaftes E-Mail-Checken

06.03.2015 von Werner Kurzlechner
Aus Angst vor Arbeitsstau und Karriereknick können viele in der Freizeit nicht von ihren beruflichen E-Mails lassen. Selbst bei Krankheit schauen sie in ihr Postfach, wie eine Studie von Harris Interactive zeigt.
Kontrollfreak? Jedenfall sind Männer süchtiger nach E-Mails als Frauen.
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Schläfst du schon oder mailst du noch? Hört sich nach einer absurden Frage an, trifft aber zielsicher die Lebenswirklichkeit vieler, vorwiegend junger Berufstätiger, wie eine Studie von Harris Interactive im Auftrag des Anbieters Xobni zeigt. Vor dem Einschlafen und direkt nach dem Aufwachen checken viele US-Amerikaner ihre E-Mails vom Bett aus. Exakt ist es ein Fünftel derjenigen, die überhaupt außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten aus beruflichen Gründen ins Postfach schauen.

Die Umfrage belegt das mittlerweile schon berüchtigte Phänomen, dass die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten die klassische Grenze zwischen Arbeit und Freizeit mit Wucht sprengen. Für immer mehr Menschen ist der Arbeitstag von 9 bis 17 Uhr passé. Erhellend ist die Studie, was das Ausmaß dieser Entwicklung und was die noch bestehenden Unterschiede angeht. Befragt wurden nämlich neben US-Amerikanern auch Briten, die dem Vorbild Vereinigte Staaten bekanntlich fleißiger nacheifern als andere, aber immerhin doch Europäer sind.

Deshalb gönnen sie sich in der Regel den Luxus, zumindest an Krankheitstagen die Mails zu vergessen. Nur 25,8 Prozent der Briten überprüfen ihren Posteingang, wenn sie bettlägerig sind. Wen das trotzdem erschreckt: In den USA sind es 42 Prozent. Zur Beruhigung sei darauf hingewiesen, dass konsequente Verweigerer von Arbeits-E-Mailing in diesen Vergleichszahlen nicht erfasst sind.

Am Wochenende und an arbeitsfreien Tagen ist das Checken der E-Mails hingegen diesseits und jenseits des Atlantiks für viele Routine. Insgesamt 72 Prozent der Amerikaner und 68 Prozent der Briten schauen immer wieder nach, obwohl sie eigentlich frei hätten. Der Urlaub ist den Briten deutlich heiliger als ihren Kollegen aus Übersee. 29 Prozent der Befragten im Vereinigten Königreich sagten, dass sich auch in dieser Zeit gelegentlich in ihre Mails schauen; jeder Zweite ist es hingegen in den USA.

Ihre größere Relaxtheit im Urlaub bezahlen die Engländer, Schotten, Waliser und Nordiren aber nach der Rückkehr. 86 Prozent fühlen sich völlig erschlagen vom aus allen Nähten platzenden Posteingang, wenn es wieder ans Werk geht. In den USA leidet darunter nur jeder Vierte. 18 Prozent tun sich nach dem Urlaub schwer, sofort wieder produktiv zu sein.

Je jünger, umso anfälliger

Alles in allem sind Männer anfälliger für Kontrollklicks außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit als Frauen. Für die USA ermittelte die Studie zwanghafte Checks in der Freizeit bei zwei Drittel der männlichen Befragten, aber nur bei der Hälfte der weiblichen. Im Bett kontrollieren 21 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen ihre Mails.

Je jünger, umso ausgeprägter ist der Zwang zum fortlaufenden E-Mail-Lesen. 31 Prozent der Unter-35-Jährigen fühlen sich dazu gezwungen. In der Altersgruppe zwischen 35 und 54 sind es hingegen nur 15 Prozent.

Vor allem die Sorge, wichtige Informationen zu verpassen, treibt die Befragten ständig an den Rechner. 37 Prozent der Befragten in USA und 45 Prozent in Großbritannien nannten dieses Motiv. 27 Prozent respektive 20 Prozent fühlen sich verpflichtet, prompte Antworten auf Anfragen zu liefern.

Ganze 43 Prozent der Amerikaner nennen als Triebfeder, dass sie einen Arbeitsstau vermeiden wollen. 18 Prozent glauben, ohne andauerndes E-Mailing in der Freizeit ihrer Karriere zu schaden. Immerhin denken nur weniger als 5 Prozent, dass sie durch permanentes Abrufen der Mails ihre Vorgesetzten beeindrucken.