Förderbanken

ABAKUS-Modernisierung preiswerter als neue Plattform

21.11.2012 von Ursula Pelzl
Die zehn in der Bankenkooperation vereinten deutschen Förderbanken machen ihre gemeinsam genutzte Systemplattform ABAKUS fit für die Zukunft.
Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank: "Man muss nicht per se immer alles neu programmieren."
Foto: Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank)

"Viele Köche verderben den Brei!" - so lautet ein landläufiges Sprichwort. Dass es auch anders gehen kann, haben sich die in der Bankenkooperation zusammengeschlossenen zehn Förderbanken auf die Fahnen geschrieben. Sie wollen mit einem sukzessiven serviceorientierten Ausbau ihrer gemeinsamen Kernbankenplattform ABAKUS 8.0 aktuellen Bedürfnissen und den Anforderungen aus der anstehenden EU-Förderperiode 2014 bis 2020 gerecht werden und Synergien heben.

"Es ist alles immer leichter gesagt als getan", räumt Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) im Gespräch mit cio.de ein. Kiesewetter ist Sprecher der Kooperationspartner Bayern Labo, Bremer Aufbau-Bank GmbH (BAB), Investitionsbank Berlin (IBB), Wirtschafts - und Infrastrukturbank Hessen (WI-Bank), Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), Investitionsbank Schleswig-Holstein (IBSH), Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz GmbH (ISB), Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank (L-Bank) sowie die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt (WK). Und er weiß, worüber er redet: Seit zwei Jahren ist er bei der NBank und hat sich unter anderem den serviceorientierten Plattformumbau auf die Agenda gesetzt.

Ziel der gemeinsamen Initiative ist es, Synergien und Kostenvorteile zu heben, insbesondere bei der Implementierung und künftigen Wartungen der gemeinsamen, auf SAP basierenden Software ABAKUS, die alle Bearbeitungsprozesse von Förderanträgen für Wohnungsbau- und Wirtschaftsförderung abbildet.

Notwendig wurde das Modernisierungsprojekt, weil die bereits heute bekannten neuen Anforderungen auf der aktuellen Technologiebasis nicht mehr in der erforderlichen Geschwindigkeit umgesetzt werden können. Dazu gehören auch von außen vorgegebene oder marktgetriebene Anforderungen wie eCohesion und die Internetfähigkeit.

Ohne eine Beschleunigung der notwendigen Modernisierungsmaßnahmen wären die Institute gezwungen, die zeitkritischen und notwendigen Anforderungen eigenständig, lokal und ohne Nutzung von Kooperationssynergien umzusetzen - kaum eine geeignete Strategie bei Herausforderungen wie der Öffnung nach außen, der Verwobenheit von Oberfläche und Funktionalitäten und statischer Prozesssteuerung.

Leicht ist der Weg hin zu einer gemeinsamen modernisierten Plattform nicht. Geht es doch darum, die Wünsche der einzelnen Institute auf eine große und betriebswirtschaftlich sinnvolle Linie zu bringen - ohne dass dabei kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele der verschiedenen Häuser zu kurz kommen.

Unterstützung finden die Förderbanker bei SAP und IT-Dienstleistern wie der innobis AG, einem der Projektdienstleister in diesem Modernisierungsprojekt. Zudem zeichnet innobis als Systemdienstleister bis einschließlich 2014 für das Application Management nach ITIL auf Basis des SAP Solution Manager sowie für die Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur für das Entwicklungssystem verantwortlich. Für die Gewährleistung der leistungsfähigen Rechenzentrums-Infrastruktur steht die HanseCom GmbH als Partner an der Seite von innobis.

Ambitionierter Zeitplan

Der Zeitplan ist sehr ambitioniert. Die Vorbereitung auf die neue EU-Förderperiode drückt besonders und birgt die Gefahr, Lösungen schnell finden zu wollen, die dann wiederum nicht so durchdacht, modern und recyclebar sind, wie sie sein könnten. "Wir liegen nicht ganz im Zeitplan, den die ab 2014 geltende neue EU-Förderperiode vorgibt, denn der Aufwand ist erheblich. Den Verzug nehmen wir aber gern in Kauf, da wir überzeugt sind, mit unserer Lösung am Ende bestens aufgestellt zu sein", erklärt Kiesewetter.

So verlangt die anstehende EU-Förderperiode ab 2014 nach aktuellem Kenntnisstand u.a. die Fähigkeit zur elektronischen Antragsannahme - was mit ABAKUS aktuell nicht möglich ist. Die Internet- und Kommunikationsfähigkeit ihres Systems müssen die Förderbanken im kommenden Jahr umsetzen. Dann soll der Antragsprozess auf die Antragsteller verlagert werden.

Antragstellung künftig online

Ab dem 1.1.2014 sollen Unternehmen erstmals ihre Anträge bei der ILB (Investitionsbank des Landes Brandenburg) als Pilotbank selbst im Internet einstellen und auch den Bearbeitungsstatus online abfragen können. Die anderen Partner der Bankenkooperation werden folgen. Auch die Kommunikation zwischen Bearbeiter und Antragsteller soll via Internet möglich sein. Ferner sind Plausibilitätschecks für online eingegebene Daten geplant.

Zwar variieren die abzubildenden Prozesse bei den einzelnen Mitgliedern nicht so stark. Doch gilt es auch hier, Besonderheiten zu berücksichtigen, sagt Kiesewetter. Er schätzt die Diskussionen mit den Kooperationspartnern allerdings sehr, sieht sie als Bereicherung, denn die Zusammenarbeit bringt beispielsweise Referenzprozesse bei einzelnen Instituten an den Tag, von denen andere Mitglieder ebenfalls profitieren können. "Wenn ein Referenzprozess bei fünf oder sechs oder acht Banken funktioniert, warum sollte er dann bei der eigenen Bank nicht funktionieren?"

Doch welche Lösungen sind zukunftsfähig? Welche sichern den Instituten langfristig flexible Eingriffsmöglichkeiten, um regulative neue Anforderungen kostengünstig und effizient abbilden zu können? Nicht immer liegt die Lösung im schicken neuen oder individuellen Tool, betont Kiesewetter. Doch was kann als Referenz fungieren, und muss es immer eine neue Lösung sein?

Kiesewetter wägt ab: "Nicht jede Anforderung muss eine Individuallösung nach sich ziehen. Routinen, die man benötigt für diverse Berechnungs- und Datenbeschaffungsmodule lassen sich immer generischer über eine Bankenkooperation darstellen und zu Kostenvorteilen nutzen." In einem Prozess mit mehreren Banken zu fragen, was denn wirklich wichtig ist, was zum Kern gehört und was auf jeden Fall benötigt wird, öffnet die Augen bei den Verantwortlichen in jedem einzelnen Institut, ergänzt der CEO der niedersächsischen Förderbank mit Sitz in Hannover.

Einer der großen Stolpersteine, so Kiesewetter, sei die sorgfältige Prüfung und Formulierung der fachlichen Anforderungen. Auch in der bisher laufenden Software gebe es beispielsweise Routineabläufe, die man kapseln, in eine SOA überführen und dort als Service zur Verfügung stellen könne. "Man muss nicht per se immer alles neu programmieren", ist Kiesewetter überzeugt.

Modernisierung ist der kostengünstigere Weg

"Die Modernisierung des ABAKUS kostet nur ein Drittel bis die Hälfte des Preises, den uns die Einführung eines neuen Kernbankensystems kosten würde. Auch wenn man berücksichtigt, dass es gewisse lokale Adaptionen geben wird, die zusätzlich zu Buche schlagen. Selbst mit Blick darauf, dass die Modernisierung gradueller ist und länger dauert, aber auf mehreren Schultern getragen wird, ist dies der kostengünstigere Weg."

Viele Erfahrungen mit Individuallösungen haben ihn bewogen die Standardisierung für das eigene Haus und für die Kooperation zu suchen. Kiesewetter will so auch die Abhängigkeit von vielen verschiedenen Dienstleistern reduzieren, die möglicherweise konfliktäre Entscheidungen treffen würden.

"Eine Bank muss eine IT-Infrastruktur haben, die sowohl auf Hard- als auch auf Software-Seite gut durchläuft, verlässlich und sicher ist. Sicherheitswarnungen müssen in die tägliche Weiterentwicklung mit aufgenommen werden. Ist dies nicht der Fall, haben Sie mit Zitronen gehandelt", veranschaulicht er.

Die im Rahmen der Modernisierungsprojekte neu entstandene institutsübergreifende und qualitativ hochwertige Diskussionskultur zwischen externen Dienstleistern, IT-Fachabteilungen und DV-Koordinatoren der einzelnen Fachbereiche bezeichnet Kiesewetter bereits jetzt als Gewinn.

IT-Architekturleitbild gibt Prozess vor

Auf Empfehlung des fachlichen Projektleiters innobis orientieren sich nun alle künftigen Projekte und Designentscheidungen an einem gemeinsam erarbeiteten "Architekturleitbild" . Die Kernidee ist dabei die businessgetriebene, iterative Weiterentwicklung des ABAKUS in Richtung SOA unter Berücksichtigung unterschiedlicher Geschwindigkeiten der einzelnen Mitglieder der Bankenkooperation.

In einem dreistufigen Plan sollen zunächst einzelne Komponenten ein neues Design erhalten -allerdings noch ohne neue Prozesssteuerung. Im zweiten Schritt erfolgt das Redesign einzelner Komponenten mit neuer Prozesssteuerung und schließlich sollen (Teil)abläufe des ABAKUS neu gestaltet werden.

Die Steuerung des Modernisierungsprozesses in der Bankenkooperation sei "extrem herausfordernd", sagt ihr Sprecher und ergänzt: "Wenn man es schafft, Klippen und Kommunikationsschwierigkeiten zu umschiffen und ergebnisorientiert den Prozess voranzutreiben, dann ist das ein tolles Erfolgserlebnis."