Cross-funktional

Agile BI braucht eine neue Organisation

11.05.2016 von Christiane Pütter
Forrester weiß um den Mangel an BI-Experten und rät, die Nutzer von Schatten-IT im Unternehmen aufzuspüren.
  • Berichteten 2014 noch 67 Prozent der BI-Verantwortlichen an den CIO, waren es 2015 nur noch 49 Prozent
  • Das BI-Center sollte Verbindungen zwischen Endnutzern und Entscheidern über Knoten laufen lassen (Hub-and-Spoke)
  • Im Idealfall erstellen die Endanwender 80 Prozent ihrer Reports und Dashboards selbst

Boris Evelson vom US-Marktforscher Forrester definiert Business Intelligence(BI) grob gesagt als Bedürfnis nach datengetriebenen Handlungsanweisungen. In seiner Analyse "Build an agile BI Organization" zerlegt er das Ganze in seine Einzelteile. Für Evelson stützt sich eine funktionierende BI auf vier Komponenten: Software-Entwicklung, Organisation, Prozesse und Technologie. Er spricht von einer BI-Tetrade. Den Ruf nach Agilität begründet Evelson damit, dass Anforderungen an die BI oft schon veraltet sind, sobald die Spezifikationen dafür entwickelt sind.

Evelson stützt sein Papier auf die hauseigene Global Business Intelligence Online Survey aus dem vierten Quartal 2015. Daran haben sich 112 Entscheider beteiligt.

Forresters Umfragen aus dem jeweils letzten Quartal der Jahre 2014 und 2015 zeigt den Machtverlust des CIO.
Foto: Forrester

Berichtswege haben sich geändert

Diese Umfrage erhob zunächst, an wen BI-Verantwortliche berichten. Die Antworten fallen anders aus als noch in einer vergleichbaren Vorjahresstudie. Sie verdeutlichen eine Verschiebung weg vom CIO. In Zahlen heißt das: Berichteten 2014 noch gut zwei Drittel (67 Prozent) an den CIO beziehungsweise IT-Entscheider, waren es 2015 nur noch knapp die Hälfte (49 Prozent).

Die Berichtswege laufen heute sehr unterschiedlich: 15 Prozent nennen den Linien-Manager (2014: zwölf Prozent), jeweils sieben Prozent (2014: jeweils drei Prozent) den Chief Analytics Officer und den Chief Marketing Officer (CMO). Außerdem berichten jeweils vier Prozent (2014: jeweils ein Prozent) an einen Chief Customer Officer und einen Chief Data Officer.

Business Intelligence Competence Center einrichten

Forrester-Analyst Evelson plädiert für ein Business Intelligence Competence Center (BICC). Es erfüllt vier Aufgaben: Data Governance, Design und Architektur, Anwendungs-Entwicklung und den technischen Support. Von dieser Basis aus müssen Unternehmen dann ein agiles BICC aufbauen. Es kümmert sich zusätzlich um Vorbereitung und Nutzung der Daten.

Business Intelligence: Die Trend-Top-Ten 2016
10. Neue Technologien
Es gibt eine Reihe neuer Technologien im Ökosystem der Business Intelligence. Mit ihrer Markteinführung werden auch Lücken sichtbar, die es noch zu füllen gilt. Neu gegründete Unternehmen werden genau das tun. Hadoop-Beschleuniger, NoSQL-Datenintegration, Integration von Daten des Internet der Dinge, verbesserte Social-Media - alles Ansatzpunkte für neue Start-Ups. In 2016 werden wir den Aufstieg dieser „Lückenfüller“ und damit einhergehend eine Konsolidierung des Marktes beobachten können. Unternehmen werden sich zunehmend vom Ansatz der Einzellösung verabschieden und auf einen offenes und flexibles Arsenal setzen, das neue Technologien beinhaltet.
9. Daten aus dem Internet der Dinge
Das Internet der Dinge (IoT) schickt sich an, 2016 den Mainstream zu erobern. Es scheint so, als hätte bald alles einen Sensor, der nach Hause telefoniert. Man muss sich nur die Masse an Daten vorstellen, die von Mobilgeräten rund um die Uhr erzeugt werden. Mit dem Wachstum des IoT-Datenbestands steigt auch das Potenzial für neue Erkenntnisse. Firmen werden nach Mitteln und Wegen suchen, Anwender Daten erforschen und ihre Ergebnisse teilen zu lassen - und das auf sichere, geregelte und interaktive Art und Weise.
8. Mobile Analytik-Lösungen werden eigenständig
Die Mobile Analytik ist erwachsen geworden. Sie ist nicht länger nur eine Schnittstelle der herkömmlichen Business-Intelligence-Produkte. In 2015 kamen Produkte auf den Markt, die eine fließende, auf Mobilgeräte optimierte Benutzererfahrung boten. Unterwegs mit Daten zu arbeiten wird von einer lästigen Pflicht zu einem dynamisch integrierten Teil des Analyseprozesses.
7. Kompetenzzentren für Analytik spielen zentrale Rolle
Immer mehr Unternehmen werden Kompetenzzentren (CoE) einrichten, um die Verbreitung und Implementierung von Self-Service-Analytik zu fördern. Diese Zentren spielen eine kritische Rolle bei der Umsetzung einer datengesteuerten Unternehmenskultur. Durch Online-Foren und Einzeltraining versetzen sie auch Nicht-Experten in die Lage, Daten in ihre Entscheidungsprozesse einzubinden. Mit der Zeit führt dies dazu, dass sich die Arbeitsabläufe im gesamten Unternehmen auf Daten stützen und an ihnen orientieren.
6. Cloud-Daten und -Analytics starten durch
2015 war das Jahr, in dem die Cloud salonfähig wurde. Die Unternehmen merkten, dass die Speicherung von Daten in der Cloud einfach und sehr gut skalierbar ist; und dass man mit Cloud-Analytik sehr agil ist. Nicht zuletzt dank neuer Tools, die es einfacher machen Daten aus dem Web zu verwenden, werden 2016 noch mehr Unternehmen in die Cloud wandern. Die Early Adopter lernen jetzt schon von diesen Daten, und alle anderen stellen fest, dass sie besser nachziehen sollten. Mehr Unternehmen werden dank der Cloud größere Datenmengen schneller analysieren - die Cloud etabliert sich als unternehmenskritisches System.
5. Advanced Analytics nicht mehr nur für Analysten
Auch die Nicht-Analysten werden immer anspruchsvoller. Sie erwarten mehr als nur ein Diagramm, das auf ihren Daten aufsetzt, sondern tiefer gehende und sinnvolle analytische Möglichkeiten. Unternehmen werden Plattformen implementieren, mit denen Anwender statistische Methoden anwenden, eine Reihe von Fragen stellen und im Fluss ihrer Analyse bleiben können.
4. Datenintegration wird agiler
Viele Firmen verlangen heutzutage sehr viel Agilität im Controlling. Sie wollen den richtigen Mitarbeitern die richtigen Daten zur richtigen Zeit liefern. Das ist keine Kleinigkeit, da Daten an vielen verschiedenen Orten generiert und gespeichert werden. Datenquellenübergreifend zu arbeiten kann mühsam, unmöglich, oder beides zugleich sein. 2016 werden wir viele neue Wettbewerber mit Lösungen zur Datenintegration sehen. Dank ausgeklügelter Werkzeuge und ständig neu hinzukommenden Datenquellen werden Firmen sich davon verabschieden, alle Daten an ein und demselben Ort speichern zu wollen. Wer Daten erforschen will, wird dort auf die einzelnen Datensätze zugreifen, wo sie sich befinden und sie mit agileren Werkzeugen und Methoden kombinieren, verschmelzen oder verknüpfen.
3. Demokratisierung der Daten-Wertschöpfungskette
Self-Service Analytikwerkzeuge haben unsere Erwartungshaltung für immer verändert. In 2016 werden Nutzer eine Wertschöpfung aus dem gesamten Lebenszyklus von Daten anstreben, insbesondere durch den Eintritt der Milleniums-Generation in den Arbeitsmarkt. Für sich wiederholende Aufgabenstellungen müssen Geschäftsanwender bestimmte Daten spontan umformen können. Dementsprechend wird als natürliche Folge von Self-Service-Analytik die Nachfrage nach Self-Service-Tools zur Datenaufbereitung und Self-Service Data-Warehousing steigen. Diese Demokratisierung wird es uns ermöglichen, schnell auf Prioritätenwechsel zu reagieren.
2. Visuelle Statistik wird zur Weltsprache
Daten verändern den Diskurs in Chefetagen, den Medien und in sozialen Netzwerken. Menschen visualisieren ihre Daten, um Antworten auf Fragen zu suchen, Erkenntnisse zu gewinnen und ihre Geschichten mit anderen zu teilen, egal ob diese Datenexperten sind oder nicht. Mit dem Anstieg der Nutzung von Daten wird auch die Zahl der Anwender steigen, die geschäftliche oder persönliche Fragestellungen mithilfe von Daten beantworten. Arbeitgeber werden verstärkt nach Kandidaten suchen, die in der Lage sind, sich kritisch mit Daten auseinanderzusetzen. Die visuelle Analytik wird dabei als die gemeinsame Sprache dienen, mit der Menschen schnell zu Erkenntnissen gelangen, sinnvoll zusammenzuarbeiten und eine Community auf der Grundlage von Daten aufbauen können.
1. Governance & Self-Service-BI werden beste Freunde
Viele sehen Governance und Self-Service als natürliche Feinde an. Deshalb dürften auch Viele überrascht sein, die beiden friedlich nebeneinander grasen zu sehen. Es wächst zusammen, was zusammen gehört: die kulturelle Kluft zwischen Business und IT schließt sich. Die Unternehmen haben verstanden, dass richtig auf- und eingesetzte Sicherheit eine analytische Unternehmenskultur fördern und die Anforderungen der Business-Abteilungen erfüllen kann. Man setzt sich schließlich viel eher intensiv mit seinen Daten auseinander, wenn man zentrale, bereinigte Datenquellen zur Verfügung hat und weiß, dass sich jemand (IT) um Sicherheit und Performance kümmert.

Unternehmen müssen einagiles BICC in jedem Fall cross-funktional besetzen. Evelson rät, die Organisation dieses Competence Centers nach dem Hub-and-Spoke-Prinzip (Speichenarchitektur, Nabe-Speiche-Architektur) auszurichten, Verbindungen zwischen Endnutzern und Entscheidern also über Knoten laufen zu lassen. "Spokes" aus den Fachabteilungen, regionale Hubs und das zentrale Hub sollen interagieren. Ziel dieser Struktur ist es, Zentrales und dezentrales immer nach dem jeweiligen Bedarf auszubalancieren.

Selbstorganisation und versteckte Talente aufspüren

Evelson weiß, dass viele Unternehmen mit fehlenden Skills kämpfen. Er setzt auf zwei Wege: zum einen die Selbstorganisation der Endnutzer und zum anderen das Aufspüren versteckter Talente im Unternehmen. Konkret: Je besser die Anwender mit Self-Services umgehen können, umso stärker die Entlastung für das BICC.

Der Analyst stellt das Ideal in den Raum, wonach die Nutzer 80 Prozent ihrer BI-Reports und Dashboards selbst erstellen. Was die versteckten Talente angeht, so bringt Evelson das Reizthema Schatten-IT ins Spiel. IT- und BI-Verantwortliche sollten die stärksten Schatten-IT-User ausfindig machen und deren Wissen für das Unternehmen nutzen.

Für den Forrester-Analysten ist eine solche Entwicklung unausweichlich. Evelson betont, dass schon im Jahr 2025 drei Viertel der Belegschaft aus der Millennial-Generation stammen wird. Diese sieht er nicht nur durch hohe Technologie-Affinität geprägt, sondern auch durch eine Arbeitshaltung, die ohnehin nach Agilität, Flexibilität und Geschwindigkeit verlangt.