iPad zu teuer

Apple eröffnet den Kampf um Schulen

09.02.2012 von Hartmut  Wiehr
Schicke Geräte zu verkaufen, reicht nicht für Apple. Viel hängt vom verfügbaren Content ab. Digitale Schulbücher für den iPad könnten einen Riesenmarkt eröffnen.

Zunächst in den USA hat Apple angekündigt, dass es nun auch digitalisierte Schulbücher für das iPad geben wird. Die Idee leuchtet auf Anhieb ein und hat sofort viele Fürsprecher gefunden.

Das Geschäft von Apple läuft extrem gut - auch unter dem neuen CEO Tim Cook. Doch was macht Apple mit den 100 Milliarden Dollar Cash in der Kriegskasse?
Foto: Apple

Klassische Schulbücher sind schwer, teuer und bald schon wieder veraltet, ohne dass sie wegen der damit verbundenen hohen Kosten in neuen Auflagen herauskommen. Digitale Schulbücher für das iPad wiegen gar nichts, sollen nur bis 14,99 Dollar kosten und können sehr schnell in Updates oder neuen Versionen zur Verfügung gestellt werden. Und auf ein Tablet passt die ganze Ausbildungsbibliothek. Vor allem sollen die neuen interaktiven Schulbücher das Lernen zu einem Erlebnis machen – mit bunten Grafiken, multimedialen Anwendungen, Musik, Videos und so weiter. So der Grundgedanke, der noch auf Steve Jobs zurückgehen soll, und der in der Tat eine kleine Revolution auf dem Markt für Schulbücher und Lernmaterial für Studenten auslösen könnte.

Verlage wollen am Projekt mitarbeiten

Neben den drei großen amerikanischen Schulbuchverlagen Pearson, McGraw Hill und Houghton Mifflin Harcourt haben auch kleinere Gruppen wie die EO Wilson Biodiversity Foundation ihre Mitarbeit an dem Projekt in Aussicht gestellt. Es sollen schon mehrere digitale Bücher für Schulfächer wie Mathematik, Biologie oder Chemie erhältlich sein. Apple verweist darauf, dass es überdies bereits etwa 20.000 Apps zum Lernen gibt. Damit sei bewiesen, dass man mit dem iPad auch ernsthafte Dinge machen kann.

Marktforscher der Firma Outsell erwarten, dass der weltweite Umsatz mit Lehrbüchern im Jahr 2013 bereits etwa 20 Milliarden Dollar betragen wird. Der Anteil der digitalen Werke soll von 3,4 Prozent (für 2010) auf 18,3 Prozent steigen. Alle Lehrbücher für das iPad sind als iBooks in dem entsprechenden Apple-Store erhältlich. Wie bei allen digitalen Inhalten, die über die eigenen Shops verkauft werden, kassiert man 30 Prozent des Verkaufspreises.

Apple hat zugleich den internationalen Schulbuchmarkt im Visier. Es wird erwartet, dass Kontakte zu Verlagen in anderen Ländern bereits angelaufen sind. Von Gesprächen mit deutschen Schulbuchverlagen ist noch nichts bekannt geworden. Erste Kommentare von Verlagsseite hierzulande geben sich eher vorsichtig-überrascht. Allein das System der deutschen Buchpreisbindung stellt eine institutionelle Barriere für eBooks dar. Diese sind auf dem hiesigen Buchmarkt meistens fast ebenso teuer wie ihre gedruckten Varianten – bei deutlich niedrigeren Herstellungskosten.

Das iPad ist zu teuer

Dennoch klingt der Vorstoß von Apple sehr verlockend. Es gibt da aber einen kleinen Haken, und der ist das iPad selbst. Die Geräte sind teuer, zu teuer für die meisten Schulen. Und nur ein kleiner Teil der Schüler oder Studenten ist bisher im Besitz eines iPad. Es dürfte Jahre dauern, bis es eine flächendeckende Verbreitung in den Schulen geben wird – zumindest bei den jetzigen Preisen.

Laut einem Bericht der Financial Times äußern sich denn auch viele Analysten skeptisch über das baldige Gelingen des Projekts. Viele Schulen in den USA hätten nicht einmal genügend Geld, um ihre Gebäude richtig zu heizen. Geschweige denn etwas übrig für die Anschaffung von iPads. Bisher ist von Apple nichts zu vernehmen über Sonderangebote für den Schul- und Universitätssektor.

Schon jetzt bemüht sich Apple um digitale Lerninhalte.
Foto: Apple

Es bleibt zudem abzuwarten, ob und wann sich die Konkurrenz ebenfalls für den Lehrmittelsektor zu interessieren beginnt. Neben Google mit der Android-Plattform und den diversen Tablet-Herstellern dafür sind dies Amazon (Kindle), Barnes & Noble (Nook) und diverse weitere Anbieter von eBook-Readern. Wie schon so oft werden sie alle dem Beispiel von Apple folgen. Verschiedene Versionen mit unterschiedlichen Seitenzahlen oder Darstellungsformen passen aber nicht gerade zu Schul- oder Unibüchern.

Kostenloses Programm iBooks Author

Eine weitere Ankündigung von Apple betrifft die Herstellung der digitalen Lehrbücher: Mit dem kostenlosen Programm iBooks Author lassen sich interaktive Versionen produzieren. Fertige Werke kann man dann über den iBook Store verkaufen. Parallel wird es eine neue Applikation für den Dienst "iTunes U" geben, mit dem Universitätskurse einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können.

Apple baut systematisch das Angebot an eigenen Stores aus. Im Bild der vor kurzem eröffnete Laden in dem New Yorker Bahnhof Grand Central.
Foto: Apple

Apple tut also einiges, um sein Eco-System im Publishing-Bereich zu erweitern. Mit den iPhones und den iPads hat man innerhalb kurzer Zeit so große Gewinne gescheffelt, dass sich allerdings immer mehr Marktbeobachter fragen, wie man den bisherigen Erfolg fortsetzen kann. Immer neue Inhalte wären eine Möglichkeit, den Geräteverkauf nicht absacken zu lassen.

Apple hat rund 100 Milliarden Dollar Cash

Apple hat außerdem etwa 100 Milliarden Dollar Cash in den Kassen. Da könnte man schon ein paar Milliarden für einigen Content oder einige Content-Produzenten springen lassen. Sogar für ein paar biedere Schulbuchverlage.