Auszeichnung für die IT der Santander Gruppe

Arroyo europäischer CIO des Jahres

11.08.2006 von M. J. Marzal
Führung, Qualität, Innovation und Exzellenz sind die Merkmale, die Eduardo García Arroyo von der Santander Gruppe zum Gewinner des Preises Europäischer CIO des Jahres 2006 noch vor Paul Coby, CIO von British Airways und Martin Frick, CIO von Winthertur, gemacht haben.

Der Wettbewerb, ausgerufen vom IDG-Verlag, hat zum Ziel, die Arbeit der CIOs in ihren Organisationen zu würdigen und zu stärken. Dieses Mal setzte sich die Jury aus den CIO- und Computerworld-Zeitschriften aus Österreich, Dänemark, Finnland, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien, der Schweiz und Großbritannien zusammen. 60 Bewerbungen wurden ausgewertet. Bei der Wahl von García Arroyo lobten die Juroren vor allem die Innovationen der Santander Gruppe. Überzeugt, durch Technologie einen deutlichen Wertzuwachs zu erreichen, hat die Santander Gruppe risikoreiche und innovative Projekte in Angriff genommen, was ihre Position als eins der Unternehmen mit den besten Effizienzraten konsolidiert hat.

Mit García Arroyo sprach unser spanischer Kollege M. J. Marzal.

Sie wurden gerade zum ersten europäischen CIO des Jahres gewählt. Was sind die Gründe hierfür?

Als Erstes muss ich sagen, dass diese Auszeichnung, auch wenn sie an eine Person verliehen wird, an die Arbeit und die Effizienz eines gesamten Teams gerichtet sein sollte. Diese beiden wichtigen Punkte machen den Unterschied aus.

Gibt es ein Projekt, das entscheidend für Ihre Nominierung war?

Nun, ich könnte viele Projekte nennen, die wir in Angriff genommen haben, aber ich glaube, dass der Umstellungsprozess des ganzen Banksystems besonders zufriedenstellend für die Gruppe war. An diesem Prozess war nicht nur das Team der Bank beteiligt, sondern auch das Team von Banesto, die Gesellschaften Produban und Isban sowie unsere Kunden, also ein Team von 3.000 Personen. Das Management eines solchen Personalvolumens war eine herausfordernde Aufgabe. Wir haben es geschafft, auch wenn es nicht einfach war. Außerdem fiel der Projektstart zeitlich mit der Schaffung der "Finanzstadt" zusammen. Dies bedeutete u.a. die Zusammenlegung der 21 Niederlassungen, welche die Bank überall in Madrid hatte, einschließlich der EDV-Zentren. Das Ergebnis war ein voller Erfolg: Wir brauchten nur sechs Stunden Stopp für die Umstellung.

Was war das Ausschlaggebende für diesen Erfolg?

Viel Planung, viel Teamarbeit und viel Projektbegleitung. Auf alle Fälle sind wir heute auf einem Niveau, auf dem wir mit jedem den Wettbewerb aufnehmen können. Was ich sagen möchte, ist, dass die erzielten Ergebnisse uns geholfen haben, das Gefühl zu überwinden, der Wettbewerb außerhalb unserer nationalen Grenzen sei schwierig. Wir haben bewiesen, dass wir erfolgreich große Projekte meistern können.

Auch wenn das Team sehr wichtig ist, nehmen die Anforderungen an den CIO heutzutage immer mehr zu. Er muss nicht nur Technologieexperte sein, sondern auch ein hervorragender Manager, der perfekt Geschäft und IT in eine Linie bringt. Ist diese Anforderung zu hoch?

Nein, ich glaube nicht. Das Wissen über Technologie ist noch immer sehr wichtig, aber das Entscheidende ist, Konzepte in Einklang mit den Bedürfnissen des globalen Marktes zu entwickeln. Ich betone aber nochmals, das Schwierigste und Aufwändigste ist das Personalmanagement. Die unterschiedlichen Bestrebungen der Menschen mit den Gesamtzielen der Organisation zusammen zu bringen ist etwas wirklich Schwieriges. Wir müssen erreichen, dass alle Mitarbeiter der Gruppe sich als wichtiger Teil an den Erfolgen der Gruppe fühlen.

Haben Sie als CIO der Santander Gruppe auch eine aktive Funktion im Geschäft?

Ja. Das Ziel ist, sich mehr in Richtung Geschäft zu bewegen.

Vor kurzem hat der Vorsitzende der Santander Gruppe die Schlüsselrolle der Innovation für den Erfolg des Unternehmens betont. Hat Ihnen das die Arbeit erleichtert?

Die Santander Gruppe ist deutlich auf Innovationskurs. Wir haben ein innovatives Technologiemodell, wobei innovativ die reale Umsetzung vieler Konzepte bedeutet, die zwar in der Theorie vorhanden sind, an die sich aber nur wenige heranwagen. Unser Modell ist nicht nur perfekt strukturiert, es erlaubt uns etwas wirklich Wichtiges: Kosten auf die verschiedenen Unternehmen zu verteilen. Das ist enorm wichtig und könnte zu einer gemeinsamen Systemlösung für Santander, Banesto, Abbey und Banken in Portugal führen. Wenn wir nicht verteilen können, werden wir höhere Kosten, weniger Integration und Standarisierung und weniger gemeinsame Lösungen haben. Alles in allem verfügen wir über ein Technologiemodell, das perfekt für verschiedene Niveaus strukturiert ist und außerdem sind wir in der Lage, das Modell für alle Aktivitäten der Bank einzusetzen: in Spanien, Portugal, England und in der Zukunft vielleicht auch in Lateinamerika.

Wie ist dieses Modell entstanden?

Der Ursprung liegt in der technologischen Lösung von Banesto. Damit haben wir ein Umfeld geschaffen, das die Transaktionen der Bank verarbeitet und dabei Kosten teilt.

Wie bewerten Sie die Technologie heute?

Im Mittelpunkt des Managements der Bank steht heute die Information und nicht mehr das Geld, so wie es früher war. Lange Zeit wurde die Technik lediglich als ein Faktor der Effizienz von manuellen Prozessen angesehen, aber sie ist viel mehr als das. Sie ermöglicht es uns jetzt, unseren Kunden neue Produkte anzubieten und unsere internen Prozesse effizienter zu gestalten. Die Santander Gruppe hat es verstanden, in der Technologie einen Wertzuwachs zu finden und wir machen daraus einen Stützpunkt für viele unserer Zukunftsprojekte.

Eins der letzten Großprojekte der Santander Gruppe war Partenón. Welche Faktoren waren am wichtigsten für die Durchführbarkeit eines solchen Projektes?

Beim Projekt Partenón hatten wir sehr klare Zielsetzungen. Das erste Ziel war, ein Systemmodell zu schaffen, in dem der Kunde im Mittelpunkt steht. An zweiter Stelle wollten wir die Qualität des Kundenservices optimieren, um letztendlich in der Lage zu sein, 120 Millionen Euro Kosten sowohl für Personal als auch für Infrastruktur jährlich einzusparen.

Wie war das Ergebnis?

Das erste Ziel wurde erreicht. Wir haben ein Modell geschaffen, in dessen Mittelpunkt der Kunde steht und das eine hohe Qualität an Informations-Management aufweist. Das zweite Ziel haben wir ebenfalls erreicht. Sowohl beim Roll-Out des Systems auf unser gesamtes Filialennetz als auch in unserem jetzigen System haben wir deutlich niedrigere Fehlerquoten als mit dem alten Modell, weniger Vorkommnisse, und wir haben unsere Ziele auch im Hinblick auf Einsparungen und Ausgaben erreicht, und das alles unter Einhaltung der geplanten Termine.

Welche Anforderungen stellt die Santander Gruppe an IT-Lieferanten?

Ich stehe zwar nicht direkt in Verbindung mit den Herstellern, da wir über zwei Gesellschaften, Produban und Isban, verfügen, mit denen wir Abkommen über Dienstleistungen und Qualität abgeschlossen haben, aber ich kann darauf etwas ganz einfaches antworten: Einhaltung der Qualitätsverpflichtungen.

Sah sich die Gruppe Santander gezwungen, zwei neue Unternehmen wie Produban und Isban zu gründen, damit ihr das geboten werden konnte, was die Branche nicht anbot?

Nein, es handelt sich eher um eine strategische Frage. Wir haben zwei spezialisierte Gesellschaften gegründet, damit sie uns mit Dienstleistungen beliefern, sei es Entwicklung oder Produktion, mit dem Ziel, das Know-how an alle Banken innerhalb der Gruppe weiter zu geben. Wir haben diese Unternehmen auch deshalb gegründet, weil wir der Meinung waren, dass wir Skalenerträge hatten, die groß genug waren, um uns selbst mit dieser Dienstleistung zu versorgen. Und ja, ehrlich gesagt glaube ich, dass wir selbst es besser machen als der Markt. Auf jeden Fall handelt es sich nicht um eine Externalisierung, sondern viel mehr um eine Internalisierung.

Stehen Sie der Externalisierung gewissermaßen zurückhaltend gegenüber?

Nein, es ist nur so: Wenn Sie über etwas verfügen, das an sich schon ein vorteilhafter Faktor ist, dann ist die Verlagerung auf Dritte ein hohes Risiko.

Wird der Moment kommen, an dem Produban und Isban Dienste außerhalb der Bank anbieten?

Das ist nicht vorgesehen. Wir würden dann über ein anderes Geschäftsmodell reden.

Wie hoch sind die IT-Investitionen in der Santander Gruppe?

Wir benutzen den Begriff der cash-out Ausgabe. Die beinhaltet drei Posten: Personalausgaben, allgemeine Ausgaben und Investition. Unter Investition verstehen wir jeden Erwerb, der bei der Leistung bestimmter Dienste über eine bestimmte Zeit amortisiert wird. Intern liegt die Bank heute bei 6,5 Prozent der Bruttogewinnmarge, was sich wahrscheinlich auf einem niedrigerem Niveau als der Branchendurchschnitt bewegt. Und es konnte auch nicht anders sein, wenn man die Effizienzraten der Bank betrachtet, die in einigen Fällen sogar 40 Prozent erreichen.

Wie läuft das Online-Bankgeschäft?

Wir müssen realistisch bleiben. Ich kann mich an den Boom des Telefon-Bankings und kürzlich auch des Internet-Bankings erinnern. In beiden Fällen wurde behauptet, dies sei der Anfang vom Ende der traditionellen Bank. Heute, nachdem die Aufregung vorbei ist, haben wir einige Banken, die ausschließlich im Internet arbeiten und ihre kleine Marktnische gefunden haben.

Wird das Internet der Kanal, über den die Bank in Zukunft ihre größten Gewinne erzeugen wird?

Nein, nicht heute. Trotzdem glaube ich, dass wir uns nach den Vorgaben des Marktes entwickeln müssen. Für mich ist der echte Durchbruch, wenn der Kunde einen ganzen Geschäftsvorgang unabhängig vom Kanal abwickeln kann. Das heißt, dem Kunden den Abschluss verschiedener Teile des Prozesses über verschiedene Kanäle zu ermöglichen. Im Moment ist das alles noch sehr vertikalisiert.

Was ist dafür notwendig?

Ein System, das dieses auf natürliche Weise unterstützt.

Ist diese Technologie bereits vorhanden?

Die Technologie wahrscheinlich schon. Ein Ende kann aber nie erreicht werden, da immer neue Kanäle und neue Einrichtungen entstehen werden. Die Regulatoren werden alles transparenter machen, was bedeutet, dass der Kunde genau weiß, was ihm angeboten wird. Sie sind bereits dabei.

Ein Thema, das die CIOs in allen Organisationen beschäftigt, ist die Sicherheit. Wie wird dieses Thema innerhalb der Santander Gruppe behandelt?

Leider sind wir Angriffsziel für eine Hacker-Attacke. Aber es ist auch wahr, dass die Bank heute mehr Vorkommnisse von Kreditkartenbetrug zu verzeichnen hat als von Phishing zum Beispiel. Wir verfügen aber über alle Mechanismen, um diese Art von Angriffen abzuwehren. Die Sicherheit ist für uns ein kritisches Thema. Wir bewahren Informationen von Kunden auf, also ihr Geld. Wir sind um die operative Sicherheit sehr besorgt und darum haben wir die EDV-Zentren repliziert, um die Kontinuität des Geschäfts zu gewährleisten. Wir bemühen uns auch um die Sicherheit aller Barzahlungen, die unsere Kunden an unseren Geldautomaten oder über das Internet vornehmen.

Wie wird die Santander der Zukunft aussehen?

Das ist etwas was sich nicht vorhersagen lässt. Tatsache ist aber, das die Bank die Zweite Liga verlassen hat und heute in der Champions League spielt.