Umfassende Steuerung von Geschäftsprozessen noch in den Kinderschuhen

BPM: Große Hoffnungen, wenig Wissen

30.10.2008 von Nicolas Zeitler
Mangelndes Verständnis des Business Process Management ist das Haupthindernis für entsprechende Initiativen. Laut einer Studie ist nur in jedem vierten Unternehmen ausreichend Wissen über BPM vorhanden. Häufig fehlen auch klare Zuständigkeiten: Einen CPO (Chief Process Officer) haben die meisten Firmen nicht.

Jedes zweite Unternehmen sieht sich beim Business Process Management (BPM) noch im Anfangsstadium. Das hat eine Untersuchung der Association for Information and Image Management (AIIM) ergeben. Demnach haben 48 Prozent keine oder keine umfassende BPM-Strategie, das Thema wird nicht konsequent verfolgt.

BPM noch im Anfangsstadium
Mehr Effizienz und kontinuierliche Verbesserungen sind die Vorteile, die sich Firmen am häufigsten von BPM erwarten.
Die Hälfte der befragten Unternehmen hat eine weit gefasste Definition von BPM. Allerdings relativieren die Studienautoren diesen Befund: Die meisten seien mit dem Thema schon länger befasst und daher vertrauter damit als andere durchschnittliche Firmen.
Nur in jedem vierten Unternehmen wird BPM wirklich verstanden.
Den organisatorischen Aufwand für das Business Process Management haben viele vorab unterschätzt.
Bei den meisten Unternehmen verursacht die Umstellung auf neue Abläufe zumindest kurze Unterbrechungen im Geschäft.

Der auf Technologien für das Enterprise Content Management spezialisierte internationale Fachverband AIIM hat seine BPM-Studie dieses Jahr zum zweiten mal durchgeführt. Der Bericht trägt den Titel "Leveraging Competencies and Streamlining Processes to Achieve Operational Excellence". Die Umfrage fußt auf den Angaben von 354 Vertretern von Firmen unterschiedlicher Größe und Branchen aus der ganzen Welt. Die größte Gruppe der Umfrageteilnehmer waren mit 36 Prozent IT-Verantwortliche. Fast die Hälfte der Firmen hat zwischen 101 und 5.000 Mitarbeiter. 48 Prozent von ihnen sind in den USA ansässig, in Europa 18 Prozent. EMC, IBM und der BPM-Anbieter Risetime haben die Befragung gesponsert.

Die Studienautoren hatten fünf Reifegrade für die Erfahrung der Firmen mit BPM vorgegeben. Die zweitunterste Stufe war definiert als Zustand, in dem bestimmte Prozesse dokumentiert sind. Hier sieht sich fast jedes dritte Unternehmen. Weitere 14 Prozent ordneten sich unter "Standardisiert" ein, was bedeutet, dass es standardisierte Best Practices gibt und die Zuständigkeiten für Prozess-Verbesserungen unternehmensweit geregelt sind. Auf den beiden obersten Stufen siedelt sich nicht einmal jedes zehnte Unternehmen an. In diesen Firmen sind Prozesse verbindlich geregelt, Abweichungen von den Vorgaben sind selten. Es gibt umfassende Messungen und ständige Verbesserungen.

Business Process Management umfasst nach dem Verständnis der Studienautoren die Automatisierung, Gestaltung und Simulation von Geschäftsprozessen, außerdem deren Modularisierung, Service-Ausrichtung, Überwachung und Verbesserung. Die Hälfte der Befragten teilt eine solch umfassende Betrachtung, wonach beim BPM mittels Richtlinien, Messgrößen und Software die Vorgänge im Unternehmen gesteuert und ständig verbessert werden.

Der hohe Anteil derer, die diese Definition teilen, stößt zwar bei den Autoren auf ein positives Echo, allerdings betonen sie auch, dass die meisten Teilnehmer ja AIIM-Mitglieder und damit mit dem Thema eher vertraut seien als Vertreter anderer Firmen.

Verständnis von BPM bei jedem Vierten schwach

Gut verstanden wird das Business Process Management nur in jedem vierten Unternehmen. Ein Drittel hat ein vages Verständnis davon und 14 Prozent wissen nicht genau, wie das Konzept vom Begriff Workflow abzugrenzen ist. Kein klares Verständnis haben nach eigener Angabe 26 Prozent.

Das unklare Verständnis ist der Hauptgrund dafür, sich stärker mit BPM zu befassen. 21 Prozent gaben dies an. An zweiter Stelle rangiert die mangelnde Förderung des Themas durch die Führungsebene. Wer BPM-Projekten am ehesten vorantreibt, lässt sich indes aus der Studie nicht klar ablesen. Zu je 17 Prozent wurden CIOs und Managing Directors genannt, zu 18 Prozent Führungskräfte mit dem Status eines President. Jeder Fünfte allerdings kreuzte bei dieser Frage den Punkt "andere" an.

90 Prozent ohne CPO

Formell geregelt ist die Zuständigkeit für Prozesse in den meisten Organisationen nicht. Ein Dokument, in dem die Kompetenzen für die Regelung von Prozessen schriftlich niedergelegt sind, fehlt in 62 Prozent der Firmen. Nur jedes zehnte Unternehmen hat einen eigenen Chief Process Officer (CPO).

Trotz ihres in der Umfrage festgestellten eher geringen BPM-Reifegrads beurteilt mehr als die Hälfte die geldwerten Vorteile entsprechender Projekte als sehr positiv. Von den Firmen, die eine Untersuchung zum Return on Investment des Prozess-Managements durchgeführt haben, meinen 52 Prozent, dass sich in drei Jahren oder noch kürzerer Zeit ein positiver ROI erreichen lässt.

Mehr Effizienz und Produktivität ist die am häufigsten geäußerte Erwartung an das Prozessmanagement. 76 Prozent kreuzten diesen Punkt an. Drei Viertel der Befragten erwarten sich davon kontinuierliche Verbesserungen der Prozesse. Sieben von zehn Firmenvertretern hoffen auf bessere Qualität und eine in sich schlüssige Prozesslandschaft.

Organisatorische Schwierigkeiten

Bis diese Erwartungen erfüllt werden, müssen Firmen allerdings eine Reihe von Hürden nehmen. 45 Prozent gaben an, sie hätten die organisatorischen Schwierigkeiten bei der Implementierung von BPM unterschätzt. Bei vier von zehn zeigte sich, dass die Mitarbeiter zu wenig Erfahrung und Wissen zu dem Thema hatten.

Die Umstellung von Prozessen hat in der Mehrzahl der Firmen das Geschäft zumindest kurzzeitig unterbrochen. 31 Prozent registrierten geringe Einschnitte, weitere 19 Prozent solche von mittlerem Ausmaß. In jedem zwölften Unternehmen wurden Abläufe allerdings spürbar gestört, und drei von hundert gaben an, sie hätten diese Einschnitte bisher nicht überwunden.

Prozessverantwortliche wichtig

Die große Mehrheit von 87 Prozent der Befragten ist davon überzeugt, dass für wichtige Prozesse jeweils eine einzige verantwortliche Stelle geschaffen wird. Diese Prozessverantwortlichen müssen oft über die Grenzen von Abteilungen hinweg agieren. 61 Prozent der Firmen haben für die wichtigsten Prozesse jeweils eigene Zuständige.

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