Private-Cloud-Strategie

Citrix kauft cloud.com: Angriff auf VMware

12.09.2011 von Hartmut  Wiehr
Mit der Service-Plattform Cloud.com verfügt Citrix nun über ein weiteres Stück Open Source. Aber so ganz „offen“ ist das alles nicht.

Citrix Systems betreibt die Kommerzialisierung des einst offenen Virtualisierungsansatzes Xen. Neben VMware und Microsoft ist der US-Hersteller der dritte Anbieter im Bunde für professionelle Virtualisierung von Rechenzentren. Vor kurzem hat man das amerikanische Start-up Cloud.com übernommen, das sich einen Namen bei der Einrichtung von Private Clouds gemacht hatte.

Mark Templeton, CEO von Citrix, will sein Unternehmen mit dem Kauf von Cloud.com besser gegen VMware positionieren.
Foto: Citrix

Mit der Produktreihe CloudStack unterstützt Cloud.com die Einrichtung und Verwaltung kostengünstiger Cloud-Dienste, wie Citrix als Begründung für die Übernahme mitteilte. Die Cloud.com-Lösungen basieren demnach auf einer offenen Architektur: Nach der früheren Übernahme von XenServer bewegt sich Citrix damit erneut an der schmalen Scheidelinie zwischen den Open-Source-Entwicklungen für eine größere Community und der Kommerzialisierung von deren Projekten.

Citrix zielt mit der Übernahme auf den Ausbau privater Cloud-Installationen in den Unternehmen. Der ganze Hype um Cloud Computing scheint sich nun auch bei anderen Anbietern auf die Nutzung des Service-Prinzips innerhalb der Unternehmen zu konzentrieren. Von den großen Public-Cloud-Projekten ist kaum noch die Rede, nachdem sich die meisten Anwender sehr zurückhaltend zeigen und weiterhin auf den Betrieb einer eigenen IT-Infrastruktur setzen.

Kaufpreis angeblich bei 500 Millionen Dollar

Für den Ausbau der Private-Cloud-Stratgie hat Citrix, wie inoffiziell bekannt wurde, offenbar den beträchtlichen Kaufpreis von etwa 500 Millionen Dollar für ein Start-up auf den Tisch gelegt. Das dürfte sich für die bisherigen Anteilseigner und die involvierten Venture Capitalists auf jeden Fall gelohnt haben. Alle 70 Mitarbeiter des Start-ups wurden übernommen und in die neu geschaffene Business Unit "Cloud Platforms Group" integriert. CloudStack soll jetzt als "Citrix CloudStack" vertrieben werden.

Ein Aspekt der Transaktion verdient es, hervorgehoben zu werden: Citrix hat sich neben der Technologie einen äußerst wertvollen Domain-Namen zugelegt. "Cloud.com" ist laut dem Domain-Spezialisten Frank Schilling allein drei bis sieben Millionen Dollar wert. Jeder der zahlreichen Anbieter auf diesem bislang noch überschaubaren Sektor der IT-Wirtschaft würde nur zu gerne über diese Namensrechte verfügen.

Citrix geht von einem "Wechsel von der PC- zur Cloud-Ära" aus. Und das, so der Hersteller, führe „in Zukunft zu massiven Investitionen in Cloud-Infrastrukturen". Man stützt sich auf eine Prognose der Analysten von IDC aus dem letzten Jahr, nach der der Cloud-Markt bis Ende 2013 ein Volumen von mehr als elf Milliarden US-Dollar erreichen soll.

Citrix setzt auf Private Clouds

Bei Citrix glaubt man, dass die meisten Cloud-Installationen "nicht mehr viel mit einem traditionellen Rechenzentrum gemein" haben werden. Cloud-Dienste laufen dann laut Citrix auf spezialisierten Plattformen, für die die Produkte von Cloud.com konzipiert wurden: "Bieten herkömmliche Server-Virtualisierungsplattformen oft nur einfache Erweiterungen für ein rudimentäres Cloud-Management, so richtet sich Cloud.com mit umfassenden und hypervisor-unabhängigen Lösungen gezielt an die individuellen Anforderungen der Provider." Der Vorteil einer privaten Cloud liegt für Citrix in dem "internen Aufbau von skalierbaren und flexiblen Lösungen", so wie es sonst nur professionelle Provider mit ihren Modellen für Public Clouds bieten könnten.

Citrix-CEO Mark Templeton sieht sich als Verfechter von quell-offener Virtualisierungs- und Cloud-Lösungen. Doch eine Zusammenarbeit mit der Open Virtualization Alliance wird von Citrix strikt abgelehnt.
Foto: Citrix

Citrix sieht sich nun im Besitz eines "lückenlosen Portfolio zur Virtualisierung und Orchestrierung sowie für die Netzwerk-Infrastruktur im Cloud-Umfeld". Die Produkte seien dabei nicht an einzelne Hersteller gebunden und Kunden könnten "jederzeit die Hardware, Software und Service Provider ihrer Wahl" nutzen. Insofern "bekennt sich Citrix zu offenen Architekturen", wie das Unternehmen mitteilte.

Support für Oracle VM

Hintergrund dieser Aussagen ist, dass Cloud.com bisher in der Tat eine offene Architektur gewesen ist. Neben Citrix XenServer sind die führenden kommerziellen Produkte VMware vSphere und Microsoft Hyper-V sowie Open-Source-Hypervisoren wie Xen unterstützt worden. Die erste CloudStack-Version von Citrix bietet nun Support für Oracle VM. In der nächsten Version soll auch Bare Metal Provisioning enthalten sein. Cloud-Installationen würden damit "noch flexibler, weil sich Daten direkt auf physischen Servern ohne Hypervisor bereitstellen und verwalten" ließen, wie der Hersteller ankündigte.

Doch wie ernst ist es Citrix wirklich mit der Bekundung zu Open Source? Auf die Frage von CIO Drilldown Virtualisierung, ob man auch die offene Plattform der "Open Virtualization Alliance" (Mitglieder unter anderen IBM, HP, Intel und Reda Hat) unterstütze, erhielten wir folgende offene Antwort: "Der Zweck dieser Gruppe besteht darin, die Ausbreitung von KVM (Kernel Virtual Machine, Anm. d. Red.) voran zu treiben, das in direkter Konkurrenz zu Xen steht. Viele unserer Partner unterstützen das – und wir tolerieren das im Geiste der Offenheit. Aber unser Fokus ist Xen."

Keine Kooperation mit der Open Virtualization Alliance

KVM wurde von dem Linux-Anbieter Red Hat vorangetrieben. Die Open Virtualization Alliance und ihre Unterstützer wollen vor allem ein Gegengewicht zu der dominanten Position von VMware aufbauen. Doch Analysten von Gartner haben bereits ihr Urteil über diese Bemühungen gefällt: "Zu wenig und zu spät."

So betrachtet, könnte Citrix mit der Akquisition von Cloud.com und CloudStack einen strategischen Schachzug gelandet haben. Es müssen nur noch die Anwender mitmachen.