Lünendonk-Studie

Deutsche Banken bei Multi-Channel selbstkritisch

30.11.2012 von Christiane Pütter
Sieben von zehn Banken sehen sich in Sachen Mehrkanal-Vertrieb "noch nicht ideal aufgestellt". Dies sowie Compliance und Gesamtbanksteuerung stehen ganz oben auf der Agenda, wie eine Studie von Lünendonk ergab.
Compliance sehen deutsche Banken als ihre größte Herausforderung an, wie eine Lünendonk-Studie zeigt.
Foto: Lünendonk

Vor allem regulatorische und gesetzliche Vorgaben wie Basel III oder Stress-Tests beschäftigen Bank-Entscheider. Außerdem befassen sie sich mit dem veränderten Kundenverhalten und neuen Technologien. Das geht aus der Studie "Zukunft der Banken 2020" hervor, für die der Kaufbeurener Berater Lünendonk gemeinsam mit dem Branchenblatt Geldinstitute Entscheider aus Banken befragt hat. 110 Manager haben teilgenommen.

Die Befragten sollten verschiedene Themen auf einer Skala von eins (für "überhaupt nicht relevant") bis vier ("sehr relevant") beurteilen. Dabei fragte Lünendonk zwei Dimensionen ab: zum einen "Herausforderung", zum anderen "Optimierungsbedarf".

Auf Platz Eins rangiert ganz deutlich Compliance. Die Umsetzung von Regularien erhält auf der Herausforderungs-Skala eine 3,6 und beim Optimierungsbedarf eine 2,9.

Weitere drängende Themen sind Gesamtbanksteuerung, also die integrierte Betrachtung von Finanzen, Kunden, Risiken und Prozessen, sowie der Preisdruck bei Standardprodukten. Nicht zuletzt sorgen sich Banken wegen des Fachkräftemangels, der sinkenden Kundenloyalität - und wegen ihres schlechten Rufs.

Das Schlagwort Kunde fällt in der Studie mehrfach. Banken beobachten, dass Kunden schneller als früher zum Wechsel bereit sind. Ihre Ansprüche an Service-Qualität steigen, und sie fordern neue Kommunikationskanäle.

An dieser Stelle hat Lünendonk nachgehakt. Die Analysten wollten wissen, wie die Bank-Manager die Bedeutung einzelner Kanäle einschätzen - derzeit und mit Blick auf das Jahr 2020. Auch dabei gilt die Skala von eins bis vier.

Digitale Kommunikation wird die perönliche überholen

Banken erwarten, dass Online und Mobile im Jahr 2020 wichtiger sein werden als das persönliche Gespräch in der Filiale.
Foto: Lünendonk

Die Befragten gehen davon aus, dass digitale Kommunikation die persönliche überholen wird. In Zahlen: Das Gespräch in der Filiale bewerten die Bank-Manager derzeit mit 3,3 am höchsten. Online-Banking und Mobile Apps kommen derzeit auf einen Wert von 2,6.

Im Jahr 2020 wird es anders aussehen. Die Studienteilnehmer schreiben dem persönlichen Besuch in der Filiale dann einen Wert von 3,1 zu, während Online-Banking und Mobile Apps 3,6 erreichen.

Auch Call Centern messen die Befragten steigende Bedeutung bei. Aktuell liegen sie bei einem Wert von 2,2, der bis 2020 immerhin auf 2,6 steigen soll. Die Einbindung von Externen in den Vertrieb sowie Ideen wie Shop-in-Shop-Systeme oder Franchise-Modelle gelten dagegen als weniger wichtig.

Noch aber sind die Institute davon entfernt, das Prinzip Multi-Channel auch umzusetzen. Gut sieben von zehn Befragten (72 Prozent) üben denn auch Selbstkritik: Sie seien "derzeit noch nicht ideal aufgestellt" und hätten Optimierungsbedarf.

Komplexität der Prozesse bremst Multi-Channel

Mario Zillmann, Leiter Professional Services bei Lünendonk, sieht hier noch einiges an Arbeit auf die Banken zukommen. "Vielerorts werden derzeit Projekte zum Aufbau stringenter Kommunikation über Mehrkanal-Systeme noch durch die hohe Komplexität der Geschäftsprozesse gebremst", sagt er.

Zillmann widerspricht dem Klischee, dass es nur junge Kunden seien, die ihre Bankgeschäfte online oder über das Web abwickeln wollen. Immer öfter verlangten auch "reifere Kundenschichten", sowohl in der klassischen Bankfiliale als auch über das Internet und mobile Endgeräte mit dem Institut interagieren zu können.

Alles in allem sehen die Studienautoren Banken noch immer im Schatten der Finanzkrise. Die wesentlichen Herausforderungen seien in diesem Zusammenhang zu sehen, schreiben sie.